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Maßnahmen und Empfehlungen

Im Dokument Nationaler Aktionsplan Integration (Seite 162-166)

Operative Ziele

3. Maßnahmen und Empfehlungen

3.1. Programminhalte und Berichterstattung

Medien sind in ihrer Berichterstattung und Pro­

grammgestaltung unabhängig. Dies gilt auch für die Berichterstattung über Sachverhalte und Problem­

stellungen im Zusammenhang mit Migration und Integration. Auf dieser Grundlage bekennen sich die Medien zu ihrer Verantwortung im Prozess der gesell­

schaftlichen Integration. Eine systematische Erfas­

sung interkultureller Beiträge und Aspekte in Berichter-stattung und Programmen der Medien liegt nicht vor.7 Nach Angaben der Sender und Verlage kommen

Einwanderungsgesellschaft thematisieren, in den letzten Jahren aber vermehrt vor. Insbesondere in den Mainstreammedien hat sich die Zahl der Pro­

gramminhalte, die sich mit Migration und Integration auseinandersetzen, nennenswert erhöht. Migrantin­

nen und Migranten treten vermehrt in relevanten Programmgenres und ­formaten als Protagonisten auf. Der CIVIS Medienpreis für Integration und kulturelle Vielfalt8 verzeichnet eine steigende Zahl von Programmangeboten im Themenbereich Inte­

gration und kulturelle Vielfalt.

In einer Sitzung des Dialogforums zum Thema

„Medien und ihre Wirkung in der Einwanderungs­

gesellschaft“ wurde allerdings konstatiert, dass vor allem in den – medial vermittelten – öffentlichen Diskursen und Debatten der letzten Jahre, wie z. B. der

„Sarrazin­Debatte“, nach wie vor eine problemorien­

tierte Berichterstattung von Migration und Migranten vorherrscht. Die mediale Darstellung ist dabei nicht selten eher durch die „gefühlte Wirklichkeit“ von Mig­

rationsproblemen als durch sozialwissenschaftliche Empirie und Alltagsrealität geprägt. Negativbilder existieren dabei vor allem in der Darstellung in Deutschland lebender Muslime.

Die Gründe für solche Darstellungsdefizite in der medi­

alen Berichterstattung sind vielfältig. Wahrnehmung von Nachrichtenwert und Publikumsinteresse, Bedin­

gungen journalistischer Arbeit und Recherche sowie auch die Zusammensetzung der Redaktionen spielen hierbei eine Rolle. In der alltäglichen redaktionellen Arbeit fehlt es auch oft an leicht zugänglichen Wissens quellen und an mediengerecht aufbereiteten Daten zum Themenfeld Migration/Integration. Daher empfiehlt das Dialogforum als Unterstützung der redaktionellen Arbeit die Einrichtung eines medien­

übergreifenden Informationsdienstes, der medien­

und sachgerecht Auskünfte über die Verhältnisse und Entwicklungen in der deutschen Einwanderungs­

gesellschaft geben kann, sowie journalistische Hand­

reichungen oder Medienhandbücher über einwande­

rungs­ und integrationspolitische Themen. Diskutiert wurde zudem eine für journalistische Zwecke ver­

wendbare Expertendatenbank, die den Bedarf an

Protagonisten mit anderen kulturellen Wurzeln aufgreift.

Zur weiteren Qualifizierung und Sensibilisierung wer­

den in einigen Sendern regelmäßig stattfindende Programmkonferenzen für Hörfunk­ und Fernseh­

redaktionen durchgeführt, in denen der Umgang mit dem Thema Migration/Integration im Redaktions­

alltag reflektiert wird (so im NDR, rbb, im SWR oder im WDR). Die CIVIS Medienstiftung bietet weiter­

führende nationale und europäische Programmdis­

kussionen zum Bild der Einwanderungsgesellschaft in den Medien (TV – Radio – Online).9 Im Mittelpunkt ste­

hen Darstellung und Perspektiven der interkulturellen Programmarbeit. Weitere Medienveranstaltungen sind für 2012 rund um das Jubiläum „25 Jahre CIVIS Medienpreis“ vorgesehen.

Neben publizistischen Formaten wurden im Dialog­

forum interkulturelle fiktive und nonfiktive Unter-haltungsformate in Film und Fernsehen thematisiert.

In einer Bestandsaufnahme im Rahmen eines Work­

shops der Grimme­Akademie10 über aktuelle Pro­

duktionen zeigte sich, dass interkulturelle Themen durchaus in den Unterhaltungssendungen der Main­

streamprogramme angekommen sind. Eine Selbst­

verständlichkeit im Umgang mit interkulturellen Stoffen und Protagonisten gibt es am ehesten im deutschen Kinderfernsehen. Ähnlich verhält es sich in den erfolgreichen Daily­Soaps. Doch obwohl Stereo­

typisierungen zunehmend aufgebrochen werden, fokussiert sich die Darstellung weiterhin auf religiöse und kulturelle Probleme. Auffallend ist, dass aus der Vielfalt wenig positive Aspekte für die erzählten Geschichten entwickelt werden (z. B. Vorteil Mehr­

sprachigkeit oder Kenntnisse anderer Religionen).

Anscheinend existieren nach wie vor auffällige Un sicherheiten im Umgang mit interkulturellen Stoffen und deren Repräsentanten. Dies gilt für alle Beteiligten der Contententwicklung: Autoren, Produ­

zenten und Senderverantwortliche, die selbstver­

ständlich auch ökonomischen und beruflichen

5 Siehe auch: Geißler, Rainer, Pöttker, Horst: Mediale Integration von Mig-ranten. Ein Problemaufriss. In: Geißler, Rainer, Pöttker, Horst (Hrsg.): Inte-gration durch Massenmedien. Mass Media-InteInte-gration. Bielefeld 2006, S. 13 – 44.

6 Etwa das in Deutschland produzierte türkisch/deutschsprachige 24-Stun-den-Radioprogramm METROPOL FM, welches wechselnd in beiden Spra-chen sendet, die deutschsprachigen Internetangebote der Tageszeitungen Hürriyet (www.hurriyet.de) und Sabah (www.sabah.de) oder die TV-Sen-dung Perspektif, die seit 2006 in deutscher Sprache auf TGRT-EU TV (www.perspektif.de) ausgestrahlt wird

7 Siehe unter Medienforschung.

8 Der CIVIS Medienpreis zeichnet seit über 20 Jahren die besten Programme zum Thema Integration und kulturelle Vielfalt in Europa aus. Prämiert werden Programmleistungen im Radio, TV und Internet, die das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster nationaler, ethnischer, religiöser oder kultureller Herkunft fördern.

9 2005: Medienforum Berlin „Die Einwanderungsgesellschaft in den Medien“

– mit PHOENIX; 2008: „Ein Programm für alle!“ – mit WDR, Deutsche Welle, PHOENIX; 2009: CIVIS Dialoge Wien „Demokratie, Religion und Medien“ – mit ORF; April 2011: CIVIS Berlin „Ich klicke, also bin ich. Wie Soziale Medien den Journalismus verändern.“ – mit der Studie „Mediale Migranten“; Oktober 2011: CIVIS Dialoge Basel „Eine Stadt für alle! Her-ausforderungen der integrativen Stadtgesellschaft“ mit SRG SSR 10 Workshop „Vielfalt für Fortgeschrittene – Interkulturelle Film- und

Fern-sehstoffe in fiktionalen und nonfiktionalen Programmen“ am 31. 05. 2011 in Berlin

Z wängen unterliegen. Um pragmatische Impulse für Themen und Programmwege zu geben, plant die Grimme­Akademie für 2011 und 2012 weitere Work­

shops zu diesem Themenfeld. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang etwa die Initiative der ARD im Rahmen des Eurovision Song Contests, durch Kurzporträts von in Deutschland lebenden Menschen, die aus den am Wettbewerb beteiligten Ländern stam­

men, transnationale Bezüge als Selbstverständlichkeit darzustellen.

Für die Verankerung der Themen „Migration“ und

„Integration“ als Querschnittsthemen in allen Medien­

angeboten ist entscheidend, ob und wie Verlage und Medienunternehmen die Zielgruppe Migranten als signifikanten Teil ihres Publikums wahrnehmen. Dies geschieht bisher nur unzureichend.11 Dabei ist es nicht nur aus gesellschaftspolitischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive sinnvoll, Migranten stär­

ker als bisher als Konsumenten medialer Inhalte zu verstehen und anzusprechen. Hierfür müssen die medialen Inhalte und Darstellungen die Lebenswelten und Interessen dieser Zielgruppen mit aufgreifen. Um eine Sensibilisierung für die ökonomischen Chancen einer gezielten Ansprache von Migranten zu fördern, sollten die bestehenden Instrumente und Maßnahmen der Zielgruppenforschung durch eine systematische Erfassung der Zielgruppe Migranten ergänzt werden (Einbindung in Mediamarketing, Programmplanung und ­research). So untersucht der WDR mit Befragun­

gen von Zuschauern türkischer und russischer Her­

kunft die „Lindenstraße“ und den preisgekrönten Mehrteiler „Im Angesicht des Verbrechens“ auf Wir­

kungen und Stereotypen. Zudem können Analysen zur Kaufkraft und zum allgemeinen Konsumverhalten von Migrantinnen und Migranten diese Gruppen stär­

ker in das Blickfeld von Medienschaffenden, Werbe­

treibenden und Wirtschaftsunternehmen rücken.

Um zum Abbau von Vorurteilen und Stereotypisierun-gen beizutraStereotypisierun-gen, sind in der jüngsten Zeit weitere Initi­

ativen in den einzelnen Medienhäusern erfolgt. Die Sendergruppe ProSiebenSat.1 veranstaltete im April 2011 den „Tolerance Day“, der auch im Folgejahr statt­

findet. Themenbezogene Sendungen warben zusam­

men mit einer Social­Media­Kampagne für mehr Tole­

ranz und ein respektvolleres Miteinander. In einem UNTER­DEN­LINDEN­SPEZIAL beschäftigte sich

PHOENIX im selben Monat vier Tage lang mit Integra­

tion in Deutschland. RTL sendete im Juni 2011 eine eigenständige Schwerpunktwoche „Integration“, die genreübergreifend in TV und Internet aufgegriffen und mediengruppenweit beworben wurde. Zudem sind durch die Mitwirkung des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) im Rahmen des Nationalen Integrationsplans die Aufmerksamkeit der Mitgliedsunternehmen für die große gesellschaft­

liche wie (wirtschafts­)politische Relevanz des Inte­

grationsthemas und das entsprechende Bewusstsein weiter gewachsen. Die Deutschlandstiftung Integra­

tion und die Mitglieder des Verbandes Deutscher Zeit­

schriftenverleger werben seit 2010 mit der Anzeigen­

kampagne „Raus mit der Sprache. Rein ins Leben.“ für das Erlernen der deutschen Sprache. Es beteiligten sich bisher rund 100 Zeitungs­ und Zeitschriftentitel mit fast 300 Gratisanzeigen. Diese Kampagne wird 2012 fortgesetzt.

3.2. Interkulturelle Öffnung der Medien/Diversität in der Medienproduktion

Ziel der gleichnamigen Arbeitsgruppe des Dialog­

forums war es, Strategien und Maßnahmen zu ent­

wickeln, die eine „interkulturelle Öffnung“ in den Bereichen Personalmanagement und Aus­ und Fort­

bildung fördern. Um Veränderungen in der Personal­

gewinnung und journalistischen Praxis einzuleiten, ist es erforderlich, „interkulturelle Kompetenz“ als Schlüsselqualifikation in den Medienberufen zu etablieren. Damit wird generell der kompetente und kultur sensible Umgang mit Fakten und Stoffen aus der Lebenswirklichkeit der Einwanderungsgesellschaft angestrebt.

3.2.1. Personalmanagement

In vielen großen Medienhäusern wurde in den letzten Jahren eine aktive Unternehmenspolitik eingeleitet, um Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund zu gewinnen. Folglich ist „Diversity­Management“ in vie­

len Unternehmen als Bestandteil der Unternehmens­

führung verstärkt in den Fokus gerückt – auch im Hinblick auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend vielfältigeren Gesellschaft. Dabei haben einzelne Medienunternehmen erste Schritte unter­

nommen, Diversity-Ansätze fest im Unternehmen auf Leitungsebene zu institutionalisieren. So wirken im SWR und im WDR seit mehreren Jahren Integrations­

beauftragte, die der Intendanz direkt zugeordnet sind.

Die Mediengruppe RTL verfügt seit 2011 über einen

Diversity­Beauftragten auf Geschäftsführungsebene.

Im rbb wurde 2009 die „AG Integration“ bei der Inten­

danz angesiedelt. Im NDR wurde eine Arbeitsgruppe

„Charta der Vielfalt“ ins Leben gerufen. In der Axel Springer AG existiert bereits seit 1997 der Arbeitskreis

„Chancengleichheit und Diversity“, der paritätisch mit je vier Vertretern der Unternehmensleitung und des Betriebsrats besetzt ist. Dabei zeigen die Erfahrungen der bereits aktiven Medienunter nehmen, dass es der Einführung von Diversity­Maßnahmen förderlich ist, wenn das Thema von der Leitungsebene aktiv voran­

getrieben wird.

Neben einer institutionellen Verankerung erweist es sich in der Praxis als zielführend, in den Medienunter­

nehmen entsprechende Leitbilder und Zielvorgaben zu formulieren. Formulierte Zielvorgaben und Leitbilder existieren z. B. im ZDF und in den Programmleitlinien der ARD. Im Axel Springer Verlag gelten Regelungen, bei denen eine zielgerichtete Personalpolitik eng mit Reformen in der verlagseigenen Ausbildung verbun­

den ist. Darüber hinaus hat das Unternehmen mit leitenden Angestellten Zielvereinbarungen getroffen, um den Anteil von Mitarbeitern mit Migrationshinter­

grund auszubauen. Beim WDR gehört die Förderung von kultureller Vielfalt in der Personalentwicklung seit 2006 zum Anforderungsprofil von Führungs­

kräften. Dem ZDF ist es gelungen, bei seinen Mitarbei­

terinnen und Mitarbeitern einen Anteil von Migran­

ten zu erreichen, der ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.

Um vereinbarte Ziele zu überprüfen, empfiehlt es sich begleitend, regelmäßig über Stand, Probleme, Aktivi­

täten und Erfolge des Diversity­Managements in den Medienunternehmen zu berichten. Auch hier gibt es Medienunternehmen, die bereits eine regelmäßige Berichterstattung und Monitoringverfahren eingerich­

tet haben. So werden entsprechende Aktivitäten im jährlichen „Integrationsbericht“ des WDR (seit 2004) oder des rbb (seit 2009) veröffentlicht. Im ZDF wird der Fernsehrat kontinuierlich über die Entwicklung von Integration und Vielfalt im Programm und im Unter­

nehmen unterrichtet.

Zusätzlich zu unternehmenseigenen Monitoring­

verfahren sind medienübergreifende Maßnahmen möglich, um den Stand der ethnischen Vielfalt im Journalismus und anderen Öffentlichkeitsberufen transparenter zu machen. Als Träger solcher Projekte kommen öffentliche und private Einrichtungen der Sozialforschung in Frage. Vorbildlich beim überbe­

trieblichen Diversity­Monitoring sind die USA. Hier erheben und publizieren Berufsverbände wie die

„American Society of Newspaper Editors“ (ASNE) regelmäßig die Anteile der ethnischen Minderheiten am Redaktionspersonal der Zeitungen.12

Trotz der erfolgten Anstrengungen gestaltet es sich weiterhin schwierig, Migrantinnen und Migranten für die Medienarbeit und insbesondere für den Journalis­

mus zu gewinnen. Für die Medienunternehmen wird daher ein „Employer Branding“13 angeregt, das Welt­

offenheit und Diversität als Markenkern der entspre­

chenden Medien kommuniziert. Ein Praxisbeispiel bietet die ProSiebenSat.1 Media AG mit ihrer neu ein­

gerichteten Karriere­Website. Ähnliche Seiten sind beim Auftritt von WDR und SWR abrufbar. Teil einer gezielteren Ansprache potenzieller Nachwuchskräfte ist zudem die inhaltliche Anpassung von Stellenaus­

schreibungen: Dort kann z. B. darauf hingewiesen wer­

den, dass qualifizierte Bewerbungen aus den Migran­

tengruppen willkommen sind (wie etwa bei Radio Bremen und dem WDR) oder die Zusatzqualifikation

„interkulturelle Kompetenz“ erwünscht ist.

Talentsuche bedeutet darüber hinaus auch die früh­

zeitige Ansprache von qualifizierten Nachwuchs­

kräften. RTL bietet mit einem jährlich ausgeschriebe­

nen Medienpreis zu den Themen Integration und Migration (RTL Com.mit Award) zum nunmehr vier­

ten Mal Schülerinnen und Schülern und neuerdings auch angehenden Journalisten die Möglichkeit, prakti­

sche Grundlagen journalistischen Arbeitens in audio­

visuellen Medien kennen zulernen. Den Gewinnern werden unter anderem Praktika vermittelt und Men­

toren zur Seite gestellt. Preisträger sind mittlerweile für die Mediengruppe RTL journalistisch tätig.

Weiterhin sollten traditionelle Auswahlverfahren überdacht werden. So kommen bei Zulassungstests einiger Journalistenschulen und Ausbildungsinstitu­

tionen Fragebögen zum Einsatz, die Qualifikations­

kriterien abrufen, denen ein einseitiges und kultur­

homogenes Verständnis von Bildungsgütern zugrunde liegt.

11 Im Workshop „Migranten als Zielgruppe“ berichteten nur einzelne der gro-ßen Medienhäuser von expliziten Strategien, Migranten als Zielgruppe zu erreichen.

12 http://asne.org/key_initiatives/diversity/newsroom_census/table_a.aspx 13 Employer Branding (dt. Arbeitgebermarkenbildung) ist eine

unternehmens-strategische Maßnahme, bei der Konzepte aus dem Marketing insbeson-dere der Markenbildung angewandt werden, um ein Unternehmen insge-samt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen.

ihre Anstrengungen im Bereich „Diversity“ weitest­

gehend eigenständig. In einem Netzwerk für Medien-vielfalt soll daher ein regelmäßiger Austausch etabliert werden, um Erfolgsfaktoren und Beispiele gelungener Praxis zu definieren. Diskutiert wurde im Dialog­

forum auch eine gemeinsame Testimonial­Kampagne, die anhand von Vorbildern über die Karrieremöglich­

keiten in den deutschen Medien aufklärt und das Thema „Diversität“ als gemeinsames Anliegen der Medien deutlicher als bisher in der Öffentlichkeit kommuniziert. Eine direktere Kommunikation mit der Zielgruppe kann zudem durch die Einführung einer gemeinsamen Website, die alle Ausbildungs­ und Stellenangebote der beteiligten Medien publiziert und weiterführende Informationen zum Berufsweg „Jour­

nalismus“ zur Verfügung stellt, erreicht werden.

Für die gezielte Personalgewinnung und ­entwicklung sind außerdem Mentorenprogramme für junge Nach­

wuchskräfte mit Migrationshintergrund empfehlens­

wert. Die Einführung solcher Programme kann den Zugang in die Medien erleichtern. Zugleich werden die Redaktionen sensibilisiert, dass mit den „Neuen“

zusätzliche Qualifikationen und Sichtweisen in die Redaktionen strömen. Ein offenes, medienüber­

greifendes Mentorenprogramm wird vom Verein

„Neue deutsche Medienmacher“ umgesetzt und sollte gemeinsam mit den Medienhäusern ausgebaut werden.

3.2.2. Aus- und Fortbildung

In den Volontariaten, in Schulen, in Akademien und Journalistik­Studiengängen wird seit einigen Jahren versucht, Migrantinnen und Migranten für die Ausbil-dung zu gewinnen. In der betrieblichen AusbilAusbil-dung hat sich gezeigt, dass sich die Einstellungschancen für potenzielle Mitarbeiter aus der Zielgruppe Migranten durch zusätzliche vorgelagerte Ausbildungselemente erhöhen. Durch entsprechende Maßnahmen wie die Talentwerkstatt „Grenzenlos“ konnte z. B. der WDR erreichen, dass in der letzten Dekade durchschnittlich 17 % der Programmvolontäre über eine Migrations­

biografie verfügen. „Grenzenlos“ bietet seit 2005 konti­

nuierlich jungen Medienschaffenden mit ausländi­

schen Wurzeln Professionalisierungsseminare und Praktika in Programm und Produktion. Im NDR haben 15 % der Volontäre der letzten zwei Jahrgänge einen Migrationshintergrund, ebenso hoch ist der aktuelle Anteil in der Axel­Springer­Akademie. Beim ZDF liegt der Anteil der Auszubildenden mit erkenn­

Bevölkerungsdurchschnitt.

Ein spezielles Ausbildungsmodell für die Zielgruppe Migranten wurde am Berliner BildungsWerk in Kreuz­

berg (BWK) eingerichtet und geht in den mittlerweile dritten Ausbildungsjahrgang. Das Modell kombiniert eine betriebsübergreifende neunmonatige cross­

mediale Ausbildung für junge Menschen mit bikultu­

rellem Hintergrund mit einer fünfmonatigen Prakti­

kumsphase in verschiedenen Redaktionen.

Interkulturelle Kompetenz sollte neben den Fach­, Sach­

und Vermittlungskompetenzen als weiteres Berufs­

merkmal in der journalistischen Aus- und Fortbildung verankert werden. Interkulturelle Kompetenz meint die Fähigkeit zur Interaktion mit Menschen anderer Kulturen und den kompetenten und kultursensiblen Umgang mit Fakten und Stoffen aus der Lebenswirk­

lichkeit der Einwanderungsgesellschaft. Bisher ver­

suchen deutsche Medienunternehmen auf ganz unter­

schiedliche Weise das Thema in ihre Aus­ und Fortbildungsstrukturen zu integrieren. So verpflichtet der WDR alle Führungskräfte für einen Tag im Jahr zum Weiterbildungsbaustein „Vielfalt in der Führung“.

Volontäre lernen durch Stationen in den Fachpro­

grammen Cosmo TV und Funkhaus Europa14 den journalistischen Umgang mit Integrationsthemen.

Der NDR hat jeweils einen Tag Diversity­Training für die Volontäre und die sonstige Belegschaft eingeführt.

Dieses Angebot wird zusätzlich durch Fortbildungs­

angebote für Programmverantwortliche mit dem Ziel der interkulturellen Sensibilisierung ergänzt. Beim BR ist das „Interkulturelle Modul für die Journalisten­

ausbildung“ seit 2011 fester Bestandteil des Ausbil­

dungsprogramms der BR­Volontäre. Auch die Fach­

redaktionen von BR und SWR vermitteln

programmbezogene Erkenntnisse auf diesem Feld.

Auf der Fortbildungsebene kann man allerdings beob­

achten, dass freie Angebote zum Thema „interkultu­

relle Kompetenz“ wenig nachgefragt sind. Eine Lösung sind Fortbildungsmodule, die das Thema spezifischer und der jeweiligen Redaktionssituation angepasst kommunizieren. Der NDR hat mit solchen „direkten“

Gesprächen bereits erste Erfolge gehabt. Auch der rbb plant regelmäßige Diversity­Workshops für seine

Ergänzung bereits etablierter Ausbildungs­Module um Diversity­Themen. Neben den Bildungseinrichtungen der Medienunternehmen sind die Hochschulen aufge­

fordert, standardisierte Curricula der „interkulturellen Kompetenz“ aufzubauen. Ebenfalls sollte die Journa­

lismusforschung verstärkt dazu beitragen, diese neue Zusatzqualifikation für die Berufspraxis besser hand­

habbar zu machen.

3.3. Medienforschung/Neue Medien/Medien-kompetenz

Aufgabe der Forschung im Themenfeld „Medien und Integration“ ist es, einerseits grundlegendes Wissen über die Handlungsfelder einer auf mediale bzw.

kommunikative Integration ausgerichteten Politik bereitzustellen. Andererseits soll sie die Annahmen im politischen und öffentlichen Raum reflektieren, analy­

sieren und wenn notwendig auch korrigieren. Die am Dialogforum 10 „Medien und Integration“ mitwirken­

den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schla­

gen daher vor, eine auf diesen Problemzusammenhang bezogene interdisziplinäre Forschungsplattform einzu­

richten und eine Forschungsprogrammatik im Rahmen eines fachübergreifenden Dialogs zu entwickeln.

Nachfolgend werden Befunde, Defizite und For­

schungslücken für das Themenfeld „Medien und Inte­

gration“ zusammengefasst. Dabei orientiert sich die Aufstellung an den einleitend formulierten operativen Zielen.

Medieninhalte: Zu der Art und Weise, wie sich die Mainstreammedien in Deutschland mit Migration und Integration befassen, gibt es eine ganze Reihe aus­

sagefähiger Einzelstudien. Problematisch ist jedoch die Generalisierbarkeit der Einzelbefunde im Hinblick auf „die“ Repräsentation „der“ Menschen mit Migrati­

onshintergrund in „den“ deutschen Medien. In zwei Projekten der kontinuierlichen Fernsehprogramm­

forschung kann der Stellenwert der Integrations­

problematik und die Repräsentanz von Migrantinnen und Migranten in einem Mediensegment, den Fern­

sehnachrichten (ARD/ZDF) bzw. der Fernsehpublizis­

tik (Medienanstalten), ermittelt werden. Die Medien­

anstalten führen hierzu seit 2008 eine Piloterhebung durch; eine entsprechende Ergänzung der ARD/ZDF­

Nachrichtenstudie wird geprüft. Die hierdurch ermit­

telten Basisdaten können in Anschlussstudien durch weiterführende Analysen des archivierten Fernseh­

materials vertieft werden.

in zukünftigen Studien den medialen Unterhaltungs­

angeboten mehr Aufmerksamkeit geschenkt und der Blick nicht nur auf die Mainstream­ und auch nicht nur auf die klassischen Massenmedien gerichtet wer­

den. Die Analyse der Selbstrepräsentationen von Mig­

ranten in ihren eigenen und hier besonders in Neuen Medien und Kommunikationsformen ist ebenso von Interesse.

Medienproduktion: Zum Anteil der Migrantinnen und Migranten am gesamten Berufsfeld der Medienschaf­

fenden in Deutschland gibt es keine repräsentativen Daten. Gleiches gilt für das journalistische Berufsfeld.

Hier gehen Schätzungen von einem Anteil von 2 – 3 % aus. Angesichts der Heterogenität der Medienberufe ist zu klären, in welchen Teilbereichen repräsentative Studien zum Anteil von Migrantinnen und Migranten gesellschaftspolitisch wünschenswert und wissen­

schaftlich machbar sind. In dem Maße, in dem die berufsstatistische Forschung im Bereich der Medien­

produktion an ihre methodischen Grenzen stößt,

produktion an ihre methodischen Grenzen stößt,

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