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Frühkindliche Förderung

Im Dokument Nationaler Aktionsplan Integration (Seite 197-200)

dEutschlandstiftung intEgration und vdz-mitgliEdsvErlagE

1. Frühkindliche Förderung

1.1. Lage und Herausforderung

Bildung ist heute die zentrale Voraussetzung zur Teil­

habe am ökonomischen, gesellschaftlichen, politi­

schen und kulturellen Leben. Unterschiede bei den Arbeitsmarktchancen, bei Einkommen und sozialer Sicherheit sowie Unterschiede in der gesellschaftli­

chen und politischen Beteiligung hängen eng mit den Bildungserfolgen von Kindern und Jugendlichen zusammen. Bildung ist ein entscheidender Faktor für individuelle Entwicklungs­ und Teilhabechancen, für die wirtschaftliche Entwicklung – einschließlich der Sicherstellung des Bedarfs an Fachkräften – sowie für den sozialen Zusammenhalt und die demokratische Entwicklung unserer Gesellschaft.

Die Länder haben das Ziel, jedem Menschen unabhän­

gig von seiner Herkunft und sozialen Lage umfassen­

den Zugang zu Bildung zu ermöglichen, eine gute Bildung auf fachlich wie pädagogisch hohem Niveau anzubieten und Bildungsaufstiege zu ermöglichen.

Bildung und Bildungsförderung müssen früh begin­

nen, denn bereits in den ersten Lebensjahren wird die Basis für eine erfolgreiche Bildungsbiografie gelegt.

Ein zentraler Bildungsort ist die Familie. Eltern sind Vorbilder und tragen die Verantwortung dafür, ihre Kinder zu unterstützen und zu begleiten und sie für das Lernen zu begeistern. Entscheidend für eine erfolgreiche frühe Förderung sind daneben ein aus­

reichendes und gutes Angebot an Bildungs­, Erzie­

hungs­ und Betreuungsangeboten sowie der Zugang aller Kinder zu vielfältigen Lerngelegenheiten. Dies gilt in besonderem Maße, wenn Eltern – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, ihren Bildungs­ und Erziehungsaufgaben umfassend nach­

zukommen. Frühkindliche Bildung und individuelle Erziehung können nur gelingen, wenn möglichst viele Akteurinnen und Akteure ihre Arbeit aufeinander abstimmen und die Eltern als aktive Partner einge­

bunden werden.

Frühkindliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftli­

che Aufgabe. Sie stellt hohe Ansprüche an die Aus­ und Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher sowie an die Qualität des Bildungsangebots, das die indivi­

duelle Förderung der Kinder in den Mittelpunkt stel­

len soll. Eine gute personelle und sachliche Ausstat­

tung ist dafür ebenso Bedingung wie gut qualifizierte Fachkräfte, die die Kinder in ihrer Vielfalt individuell fördern. Gerade Kinder aus sozial benachteiligten Familien oder Kinder nicht deutscher Herkunfts­

sprache profitieren vom Besuch frühkindlicher Bil­

dungseinrichtungen. Hier werden die Grundlagen für spätere Lernerfolge gelegt. Die Entwicklung von Sprachkompetenz ist dabei ein zentraler Schlüssel zur Bildung und unabdingbar für eine aktive und verant­

wortungsvolle Beteiligung an der Gesellschaft. Die Vergleichsstudien PISA und IGLU haben gezeigt, dass Kinder, die ohne ausreichende Sprachkenntnisse ein­

geschult werden, nicht die gleichen Aussichten auf eine erfolgreiche schulische und berufliche Laufbahn haben wie Kinder, die die deutsche Sprache gut beherrschen. Sprache allgemein ist eine Schlüssel­

kompetenz, deren Grundlagen frühzeitig – vornehm­

lich in der Familie – gelegt und deren Entwicklung und Förderung in der Kindertageseinrichtung fortge­

führt werden. Zentrales Ziel hierbei ist die umfassende sprachpädagogische Förderung aller Kinder; denn auch viele Kinder ohne Migrationshintergrund benö­

tigen eine intensive Sprachförderung. Die frühen Jahre sind dabei für die Sprachentwicklung entscheidend, damit alle Kinder möglichst kompetent Sprache als Mittel des eigenen Ausdrucks, der Beziehungsgestal­

tung und der Auseinandersetzung mit der Welt erfah­

ren. Sie ist folglich umso wirksamer, je früher sie einsetzt.

In Kindertagesstätten begegnen sich Kinder und Erwachsene unterschiedlicher sozialer Herkunft, Nationalität, Kultur und Religion. Fachkräfte mit Mig­

rationshintergrund können das gedeihliche Miteinan­

der in besonderer Weise unterstützen, indem sie dazu beitragen, Zugangshindernisse und Sprachbarrieren zu überwinden und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen.

Die Länder haben die hohe Bedeutung der frühen Bildung bereits im Nationalen Integrationsplan her­

vorgehoben und beispielhafte Maßnahmen im ersten Fortschrittsbericht dargestellt.

Es geht um die ganzheitliche Förderung der Kinder einschließlich der Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten und um die Unterstützung der Eltern bei allen auftretenden Erziehungs­ und Bildungsfragen.

Für Kinder nicht deutscher Herkunftssprache ist die kindgerechte Heranführung an die deutsche Sprache von besonderer Bedeutung. Die durchgängige Sprach­

förderung von Anfang an in der Kindertagesbetreuung und an Schulen und der Ausbau der frühkindlichen Förderung stehen daher im Zentrum der bildungs­, familien­ und integrationspolitischen Arbeit der Länder. Von besonderer Bedeutung ist dabei die frühe

Sprachentwicklung beginnt mit der Geburt. Eine effektive Unterstützung muss deshalb frühzeitig in drei Bereichen ansetzen: der Familie, der frühkind­

lichen Erziehung, Bildung und Betreuung in Kinder­

tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege sowie im schulischen Bildungssystem. Dabei bietet gerade die Kindertagesbetreuung durch ihren ganz­

heitlichen, umfassenden Förderauftrag vielfältige Möglichkeiten die Sprachentwicklung frühzeitig und alltagsintegriert anzuregen, zu begleiten und fördernd Einfluss zu nehmen. Die in den frühen Jahren erwor­

benen Kompetenzen werden in der Schule aufgegrif­

fen und weiterentwickelt.

Entsprechend ihrer Festlegungen im Nationalen Aktionsplan zur frühzeitigen Förderung in Kinder­

tagesstätten gehört in allen Ländern die allgemeine Sprachförderung zum Bildungsauftrag der Kinder­

tageseinrichtungen. Als erste außerfamiliäre Bil­

dungseinrichtung legen sie mit ihrem eigenständigen Bildungsauftrag elementare Grundlagen für das wei­

tere Lernen in der Bildungsbiografie von Kindern.

Je besser die Sprach­ und Sprechentwicklung im Elementarbereich gelingt, desto besser sind die Vor­

aussetzungen für einen Erfolg in der Schule. Darüber hinaus sind die Entwicklung von sozialen und inter­

kulturellen Kompetenzen wichtige Erziehungsziele.

Die enge Kooperation von Kindertagesstätte und Grundschule und übergreifende Bildungs­ und Erzie­

hungspläne erleichtern den Übergang ins Schulsystem und die Fortführung individueller Förderung über die Kindertagesstätte hinaus. Die Länder sichern die Qualität der frühkindlichen Bildung und eine den Anforderungen entsprechende Aus­ und Fortbildung des Personals. Dazu gehört auch die Vermittlung von interkultureller Kompetenz zur Erleichterung des Umgangs mit Kindern und Eltern mit Migrations­

hintergrund.

Für diese erziehungs­ und bildungspolitischen Ziele stellen die Länder und ihre Kommunen erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Der Ressourcen­

einsatz für die frühkindliche Bildung berücksichtigt dabei auch die Vielfalt und die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den Ländern.

Die Jugend­ und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) betont in ihrem Beschluss vom 26./27. 05. 2011 die Bedeutung der frühkindlichen Förderung für die Integration und insbesondere den Stellenwert der Förderung von Kindern bereits unter

auf den Grundsatzbeschluss zum U3­Ausbau. Die Jugend­ und Familienministerkonferenz begrüßt die im Dialogforum 1 „Frühkindliche Förderung“ unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erarbeiteten Ziele zur Stärkung der Teilhabe von Kindern mit Mig­

rationshintergrund für den Nationalen Aktionsplan:

Chancengerechtigkeit für alle Kinder durch Angebote früher Erziehung, Bildung und Betreuung, Weiterent­

wicklung der Qualität früher Erziehung, Bildung und Betreuung sowie Partizipation von Eltern als Quali­

tätsmerkmal frühkindlicher Bildung. Sie entsprechen den Zielen der Länder, die ihre Umsetzungsstrategien in diesem Beitrag darstellen. Die Umsetzung und die Kontrolle der Zielerreichung liegen in der Verantwor­

tung der Länder.

Ergebnisse aus dem Integrationsmonitoring der Länder

In den Ländern lag im Jahr 2009 der Anteil der Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren in den Kindertages­

einrichtungen, deren Familiensprache nicht vorrangig Deutsch war, zwischen 2,6 % in Brandenburg und 30,3 % in Berlin. Bundesweit betrug der Anteil 17,0 %, bei Jungen waren es 17,2 % und bei Mädchen 16,8 %.

Dass zuhause vorrangig eine andere Sprache gespro­

chen wird, bedeutet jedoch nicht, dass die deutsche Sprache nicht altersgerecht beherrscht wird. Denn in vielen Familien ist das gleichzeitige Erlernen mehrerer Sprachen die Regel. Viele Kinder ohne Migrationshin­

tergrund haben ebenfalls Sprachförderbedarf, gerade wenn sie aus sozial benachteiligten Familien stam­

men. Hohe Anteile von Kindern, die in ihren Familien nicht vorrangig Deutsch sprechen, bleiben jedoch weiterhin ein statistischer Hinweis für erhöhten Förderbedarf in den Kindertageseinrichtungen.

Kindertageseinrichtungen und Schulen sind in den zurückliegenden Jahrzehnten durch Migration beson­

ders stark verändert worden. Bundesweit haben 16,8 % aller Kinder unter 3 Jahren und 27 % aller Kinder von 3 bis unter 6 Jahren einen Migrationshintergrund.1 Der Anteil schwankt in den einzelnen Ländern deutlich und liegt in den ostdeutschen Flächenländern deutlich unter dem der westdeutschen Länder (bei den unter

über 40 %).

Auffällig ist, dass Kinder mit Migrationshintergrund meist deutlich seltener als Kinder ohne Migrations­

hintergrund Angebote der U3­Betreuung nutzen. Das kann an mangelnder Information, einem zu knappen Platzangebot oder einer gewissen Zurückhaltung der Eltern liegen. Allerdings ist die Entwicklung positiv.

Insgesamt ist die Zahl der unter 3­Jährigen in Kinder­

tageseinrichtungen bundesweit von 224.457 im Jahr 2006 auf 356.274 im Jahr 2009 und damit um 63 % gestiegen. Der Anteil der Kinder mit Migrationshinter­

grund an allen unter 3­Jährigen stieg von 14 % auf 16,8 %.

1.2. Ziele und Strategien der Länder

1.2.1. Chancengerechtigkeit für alle Kinder durch Angebote früher Erziehung, Bildung und Betreuung

1.2.1.1. Bedarfsgerechtes Angebot als Voraussetzung für einen früheren Zugang zu Bildungs-einrichtungen

Die Länder und ihre Kommunen unternehmen gemeinsam mit dem Bund große Anstrengungen zum bedarfsgerechten Ausbau der Betreuung für unter dreijährige Kinder. Der Ausbau der frühkindlichen Bildung hat für die Länder weiterhin oberste Priorität mit dem Ziel, ab 2013 dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr gerecht zu werden. Je früher Kinder eine gute, ganzheitliche Förderung erfahren, desto erfolg­

reicher schließen sie an die weiteren Etappen im Bildungssystem an. Trotz der Einschränkung ihres finanziellen Spielraums wenden die Länder erhebliche Mittel für die Weiterentwicklung des Kindertages­

betreuungs­Angebots auf, zum Teil über Investitions­

programme. Darüber hinaus erfolgt die Betriebs­

kostenförderung in einigen Ländern (wie z. B.

Schleswig­Holstein), die nach Qualitätskriterien wie familiengerechte Öffnungszeiten ausgerichtet sind und Zuschläge für Kinder aus überwiegend nicht deutsch sprechenden Familien gewähren.

Einige Länder haben bereits den uneingeschränkten Anspruch auf einen Kindertagesstättenplatz für unter dreijährige Kinder gesetzlich verankert (z. B.

Rheinland­Pfalz ab dem vollendeten zweiten Lebens­

Lebensjahr) oder planen einen gesetzlichen Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung (z. B.

Sachsen­Anhalt).

1.2.1.2. Bedarfsgerechte Gewinnung zusätzlicher männlicher und weiblicher Fachkräfte in Kindertagesstätten und Kindertagespflege, insbesondere von Fachkräften mit

Migrationshintergrund

Mit dem steigenden Angebot an Kinderbetreuung wachsen auch die Anstrengungen zur Rekrutierung und Ausbildung des pädagogischen Personals. Dabei erproben die Länder auch neue Wege, um insbeson­

dere männliche Fachkräfte und solche mit Migrati­

onshintergrund heranzubilden. Ein Beispiel ist die Öffnung für qualifizierte Seiteneinsteigende in Bran­

denburg oder das zweijährige Sonderprogramm zur Schaffung zusätzlicher Plätze für Berufspraktiker von angehenden Erzieherinnen und Erziehern in Nord­

rhein­Westfalen. In Baden­Württemberg ist geplant, mithilfe eines Aktionsplans mehr junge Männer und Menschen mit Migrationshintergrund für den Erzie­

herberuf zu motivieren.

1.2.1.3. Mehr Teilhabe durch Abbau von Zugangs-barrieren und Steigerung der Nachfrage

Um Zugangsbarrieren abzubauen, sind in einigen Ländern Betreuungsangebote teilweise beitragsfrei (z. B. Berlin für drei Kindergartenjahre, Rheinland­

Pfalz ab dem vollendeten 2. Lebensjahr, Nordrhein­

Westfalen, Hamburg und Niedersachsen das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung). Nahezu alle Eltern von Kindern mit Sprachförderbedarf, die die Kindertagesstätte nicht besucht hatten, melden ihre Kinder im letzten Jahr vor der Einschulung in der Kindertagesstätte an.

1.2.2. Weiterentwicklung der Qualität früher Erziehung, Bildung und Betreuung in allen Formen der Kindertagesbetreuung

1.2.2.1. Individuelle Förderung, interkulturelle Öffnung

Die Länder haben sich bereits im Nationalen Integrati­

onsplan zu zusätzlichen Fördermaßnahmen für Ein­

richtungen bekannt, die überwiegend oder zu einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund besucht werden.

1 Die Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst den Migrationshintergrund über die ausländische Herkunft mindestens eines Elternteils.

Auch weiterhin ist ein Weg zur Verbesserung der Qualität der Arbeit in den Kindertagesstätten der Ein­

satz zusätzlicher, oft besonders qualifizierter Kräfte dort, wo besonderer Bedarf besteht, etwa bei einem erhöhten Anteil von Kindern mit überwiegend nicht deutschen Familiensprachen oder – wie etwa in Meck­

lenburg­Vorpommern oder wie in Hamburg geplant – auch bei einem erhöhten Anteil von Kindern mit Bezug von Transfer­Leistungen. Damit wird eine intensive individuelle Förderung ermöglicht. Basis ist oftmals eine auf wissenschaftliche Verfahren gestützte Beobachtung und Dokumentation des kind­

lichen Entwicklungsprozesses. Gleichzeitig wird die Integration auch durch die Vermittlung interkultu­

reller Kenntnisse für alle Kinder und ihre Eltern gestärkt.

Die Länder fördern die interkulturelle Öffnung der Träger von Kindertageseinrichtungen. Sie ist Teil der Bildungs­ und Erziehungspläne und der Aus­ und Fortbildung des Personals. Z. B. bietet Niedersachsen den Trägern für ihr pädagogisches Personal Fortbil­

dungen in interkultureller Kompetenz an, die durch das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) mit finanzieller Förderung des Landes durchgeführt werden.

1.2.2.2. Verbesserung der sprachlichen Bildung

Die sprachliche Bildung ist als Querschnittsaufgabe in die Konzepte der Kindertageseinrichtungen in den Ländern verankert.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Förderung legen die Länder einen besonderen Schwerpunkt auf die Sprach­

entwicklung aller Kinder. In der Aus­ und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher hat die frühkindliche Sprachförderung einen besonderen Stellenwert (z. B. in Baden­Württemberg sollen mit einer Qualifizierungs­

offensive Erzieherinnen und Erzieher auch für die Aufgabe der Sprachkursdiagnose qualifiziert werden, in Niedersachsen das Qualifizierungsangebot „Sprach­

förderung im Elementarbereich – Spracherwerb und Sprachförderung in der frühen Kindheit als zentrales Thema in der Ausbildung von Sozialassistentinnen und Erzieherinnen“, in Sachsen das Projekt „Sprache fördern“ zur Stärkung der Erzieherinnen und Erzieher als Sprachvorbilder, in Schleswig­Holstein erwerben die Erzieherinnen und Erzieher im Rahmen eines ver­

pflichtenden Moduls von 120 Stunden die für die Sprachförderung notwendigen Kenntnisse). Vielfach werden die Kindertagesstätten durch besondere

Sprachberatungs­ oder ­förderkräfte beraten und unterstützt (z. B. Baden­Württemberg, Bayern, Rhein­

land­Pfalz, Schleswig­Holstein). Der Sprachstand wird im Rahmen der Beobachtung der Entwicklung2 und durch Sprachstandsmessungen dokumentiert. Die integrativen Sprachförderkonzepte3 setzen auf Unter­

stützung beim Erwerb der deutschen Sprache mit Beginn des Kindertagesstättenbesuchs. Auf Grundlage der Sprachbeobachtung durch die Erzieherinnen und Erzieher werden die Kinder bei Bedarf von Beginn an kontinuierlich gefördert. Für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, die im Jahr vor der Einschu­

lung noch über geringe oder keine Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, gibt es zusätzlich eine Sprachintensivförderung. Diese Förderung setzt z. B. in Nordrhein­Westfalen zwei Jahre vor der Einschulung ein. Wie das bayerische Beispiel der „Vorkurse Deutsch 240“ zeigt, gelingt mit dieser Unterstützung nahezu allen Kindern der Übergang in die Schule. Dabei spielt auch die enge Zusammenarbeit zwischen Kindertages­

stätten und Grundschulen, zu der auch gemeinsame Fortbildungen gehören (Bayern), eine wichtige Rolle.

Zu den fachlichen Grundlagen zählen Handlungs­

empfehlungen zur Sprachbildung und ­förderung (wie z. B. in Niedersachsen) und Bildungs­ und Erziehungs­

pläne, die auf Kindertagesstätten und Schulen gemein­

sam abgestimmt sind (z. B. in Nordrhein­Westfalen) oder sogar alle einschlägigen Bildungsorte miteinan­

der verzahnen (Beispiele: Orientierungsplan für Bil­

dung und Erziehung Baden­Württemberg, Hessischer Bildungs­ und Erziehungsplan für Kinder von 0 – 10 Jahren, Schleswigholsteinische Bildungsleitlinien für 0 – 12­jährige Kinder) und übergreifende Bildungs­

und Erziehungsziele einbeziehen, einschließlich Musik und Kunst, Bewegung, Gesundheit, Mathematik und Naturwissenschaften (Beispiel Mecklenburg­Vorpom­

mern: Bildungskonzeption für 0 – 10­jährige Kinder).

Forschungsprojekte wie das Bund­Länder­Projekt des DJI „Sprachliche Bildung und Förderung für Kinder unter Drei“ werden ausgewertet und die Ergebnisse in die Praxis überführt (Beispiel Hessen).

Zur Förderung der Sprachentwicklung gehört auch die Mehrsprachigkeit. In Rheinland­Pfalz wurde das

bundesweit erste Europäische Sprachenportfolio für Kindergartenkinder nach den Richtlinien des Europa­

rats entwickelt. Es dient der Entwicklung eines mehr­

sprachigen Ansatzes für den pädagogischen Alltag in Kindertagesstätten. Kinder mit und ohne Migrations­

hintergrund entwickeln Kenntnisse und Freude an anderen Sprachen, vor allem solche, die im betreffen­

den Kindergarten ohnehin stark vertreten sind. Das Europäische Sprachenportfolio ist ein Schritt in Rich­

tung der Zielvorgabe der Europäischen Union, nach der jeder EU­Bürger in drei verschiedenen Sprachen kommunizieren können soll.

1.2.3. Partizipation von Eltern mit Migrations-hintergrund als Qualitätsmerkmal frühkindlicher Bildung

Die Länder sehen in der Elternarbeit und in der Stär­

kung der Familien mit Migrationshintergrund einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Sie legen großen Wert darauf, Eltern frühzeitig einzubeziehen, ihnen das notwen­

dige Wissen über das Bildungssystem zu vermitteln, ihre Erziehungskompetenzen zu unterstützen und insgesamt die Familien zu stärken. Dazu gehören beispielsweise auch die Kooperation mit Migranten­

selbstorganisationen oder niedrigschwellige Deutsch­

kurse insbesondere für Frauen und Männer, deren Kinder in der Kindertagesstätte Sprachförderung erhalten.

Ein zentraler Punkt ist die aktive Mitwirkung der Eltern in den Bildungseinrichtungen. In den Kinder­

tagesstätten sind die Hemmschwellen für deren Mit­

wirkung niedriger als in den Schulen. Die Länder unterstützen niedrigschwellige Möglichkeiten, sich zu beteiligen, informieren und unterstützen die Eltern, auch durch speziell geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Die Fähigkei­

ten der Eltern, den Bildungsweg ihrer Kinder bereits in der Kindertagesstätte zu unterstützen und zu beglei­

ten, wird gestärkt durch Maßnahmen wie Bildungs­

und Erziehungspartnerschaften (wie in Baden­Würt­

temberg im Rahmen des Projekts „Integration gemeinsam schaffen – für eine erfolgreiche Bildungs­

partnerschaft mit Eltern mit Migrationshintergrund“

oder in Hessen im Rahmen des Projekts „frühstart.

Deutsch und interkulturelle Bildung im Kindergar­

ten“), Lotsen­ und Mentoringprojekte für Eltern und Familien oder die Förderung spezieller frühkindlicher Eltern­Kind­Lernprojekte wie HIPPY, Rucksack oder Opstapje.

Vielfach erweitern oder ergänzen die Länder ihr Kin­

dertagesstättenangebot um ganzheitliche Angebote zur Förderung von Familien. Beispiele sind die Famili­

enzentren in Nordrhein­Westfalen, die Häuser der Familien in Rheinland­Pfalz, Eltern­Kind­Zentren in Hamburg bzw. ­Gruppen in Brandenburg. Durch Bil­

dung, Beratung und Betreuung wird eine umfassende Familienförderung gewährleistet, die Eltern passge­

naue Unterstützung anbietet, die Kinder so früh wie möglich fördert und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärkt. Zu den Aufgaben gehört die Integration von Familien mit Migrationshintergrund einschließ­

lich der interkulturellen Arbeit mit allen Familien sowie der Begegnung von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund; die Einrichtungen bieten auch vielfältige niedrigschwellige Möglichkeiten für Eltern, sich einzubringen und mitzuwirken (z. B. im Rahmen des Projekts „Integration gemeinsam schaf­

fen“ stehen in Baden­Württemberg den örtlich Agie­

renden Beraterinnen und Berater zur Seite, die helfen, gemeinsam Möglichkeiten zu erarbeiten, um Eltern mit Migrationshintergrund stärker einzubinden).

Auch in Mehrgenerationenhäusern sind vielfach der­

artige integrations­ und familienpolitische Aktivitäten angebunden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche spezi­

ell auf Migrantenfamilien und ­eltern zugeschnittene Programme und Projekte (zum Beispiel das Projekt

„Auf die Eltern kommt es an“ in Hessen oder „EFi – Elternarbeit, Frühe Hilfen und Migrationsfamilien“

in Niedersachsen oder das Familienorientierte Inte­

grationstraining – FIT – in Bremen, das bereits im Länderbeitrag zum 1. Fortschrittsbericht des Natio­

nalen Integrationsplans dargestellt ist).

2 U. a. in Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein mithilfe von SIS-MIK, dem Beobachtungsbogen „Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen“; und SELDAK,

„Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern“

3 In Schleswig-Holstein existiert seit 2003 das „Integrative Sprachförder-konzept“. Es verknüpft die Arbeit der beteiligten Institutionen und Perso-nen in der Sprachförderung zu einem Netzwerk.

BEITRAG DER LÄNDER

2. Bildung, Ausbildung, Weiterbildung

Bildungsauftrags gehört es, für alle Heranwachsenden das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung zu sichern, die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu för­

dern sowie die Kinder und Jugendlichen individuell und umfassend auf das gesellschaftliche und beruf­

liche Leben vorzubereiten. Die Länder unternehmen enorme Anstrengungen – auch ausgelöst durch die PISA­Ergebnisse –, um eine adäquate Bildung für Men­

schen mit und ohne Migrationshintergrund auf allen Ebenen zu ermöglichen.

2.1. Lage und Herausforderung

Anders als bei klassischen Einwanderungsländern wie

Anders als bei klassischen Einwanderungsländern wie

Im Dokument Nationaler Aktionsplan Integration (Seite 197-200)