öffentlichen Dienst
3. Integration und gesellschaftlichen Zusammen halt im Quartier stärken
Stadt und Ortsteile sind Orte der Begegnung und ver
fügen damit über ein erhebliches Integrationspoten
zial. Dies betrifft insbesondere den öffentlichen Raum als Platz des Aufeinandertreffens von Menschen ver
schiedener Lebenssituationen und Herkunft. Gleiches gilt für öffentliche Einrichtungen als Orte der Versor
gung mit Dienstleistungen und Beratungsangeboten, die Bildungs und Arbeitsstätten als Orte gemeinsa
men Lernens und Arbeitens sowie die Wohnquartiere als Orte des Zusammenlebens. Die Entwicklung der gesellschaftlichen Vielfalt bedeutet Bereicherung.
Andererseits sind sozialräumliche Polarisierungen auch eine zentrale Herausforderung für die Stadtent
wicklung sowie die Bildungs und Teilhabechancen vor Ort.9 In vielen Kommunen ist eine deutliche Konzentration niedriger Einkommen in bestimmten Stadtgebieten festzustellen. In solchen Stadtteilen ist der Anteil an Familien mit geringem Einkommens
niveau und der Personen mit Migrationshintergrund in der Regel deutlich höher als im gesamtstädtischen Durchschnitt. Hier besteht die Gefahr, dass ein Groß
teil der Bevölkerung durch geringere Bildungs und Beschäftigungschancen den Anschluss verliert und schlechtere Wohn und Lebensbedingungen dazu bei
tragen, dass gerade junge Familien und gut integrierte Haushalte solche Gebiete verlassen.10
Bereits im Nationalen Integrationsplan wurde auf den besonderen Handlungsbedarf in Stadt und Orts
teilen hingewiesen, in denen sich sozioökonomische Benachteiligungen wie niedriges Einkommen, hohe Arbeitslosigkeit und geringer Bildungsstand mit städ
tebaulichen Defiziten und Problemen des Zusammen
lebens unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen über
lagern. Soziale und ethnische Polarisierungstendenzen stellen die Stadtentwicklungspolitik auch künftig vor besondere Herausforderungen. Mit der Verstärkung der Einkommensungleichheit in der Gesellschaft gehen Tendenzen einer stärkeren räumlichen Konzen
tration von Menschen in eher schwieriger sozialer Situation einher. Das Dialogforum hat ausdrücklich festgestellt, dass es für die Entwicklung solcher Quar
tiere auch künftig fachübergreifender, gebietsbezoge
ner Strategien mit entsprechender impulsgebender Förderung bedarf.
3.1. Stadtquartiere attraktiv gestalten und bedarfs-gerechte Infrastruktur schaffen
Die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in den Städten und Gemeinden ist eine der zentralen Zukunftsaufgaben der Stadtentwicklungspolitik.
Nicht zuletzt angesichts der demografischen Entwick
lung bedarf es einer generationengerechten, familien
freundlichen und altersgerechten Infrastruktur in
7 Die Jugendringe haben sich dem Thema der interkulturellen Öffnung ausführlich gewidmet, es fehlt allerdings meist der direkte Zugang zur Zielgruppe. Durch die Vernetzung der kommunalen Integrationsarbeit mit den Jugendringen können die Integrationskonzepte unterstützt und ein direkter Zugang zur Zielgruppe gewonnen werden. Weitergehende Ansätze zur interkulturellen Öffnung der Jugendverbandsarbeit werden auch im Dialogforum 9 „Bürgerschaftliches Engagement und Integration“
behandelt.
8 Darüber hinausgehende Formen politischer Partizipation, die u. a. in den Empfehlungen des kommunalen Qualitätszirkels zur Integrationspolitik
„Politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten“ (2010) behan-delt werden, wurden im Dialogforum nicht abschließend erörtert.
9 Zu diesem Befund kommt auch das von der Bundesregierung vorgelegte und in einem breiten Diskussionsprozess erarbeitete Weißbuch Innenstadt (BMVBS 2011).
10 In mehr als drei Vierteln der Großstädte und 62 % der Mittelstädte sowie über drei Vierteln der Landkreise gibt es „besondere Sozialräume mit Integrationsdefiziten“ bzw. Regionen und/oder Orte mit besonderen integra tionspolitischen Herausforderungen (BMVBS/Beauftragte der Bundes regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2011).
die Aufwertung und bedarfsgerechte Gestaltung des Wohnumfelds, den qualitätsvollen Ausbau der Infra
struktur und die Verbesserung der Wohnbedingungen hierzu einen wesentlichen Beitrag. Sie setzt sichtbare Zeichen im Quartier, die notwendig sind, um das Engagement der Bürgerinnen und Bürger sowie priva
ter Partner im und für den Stadtteil anzuregen. Mit dem Programm „Soziale Stadt“ setzt die Städtebau
förderung gerade in benachteiligten, strukturschwa
chen Stadtteilen an. Hier ist die Notwendigkeit eines abgestimmten, fachübergreifenden Ansatzes beson
ders gegeben, da sich die vielschichtigen Probleme vor Ort nicht allein mit Mitteln der Städtebauförderung lösen lassen. Im Dialogforum bestand breiter Konsens, dass die Städtebauförderung des Bundes und der Län
der auch künftig geeignete Instrumente bereitstellen muss, damit sich nicht einzelne Stadtteile von der übrigen Stadtentwicklung abkoppeln. Darüber hinaus wurde die besondere Bedeutung von Bildungs und Gemeinschaftseinrichtungen als „Orte der Integra
tion“ im Quartier betont. Durch generationenüber
greifende Angebote und die Verortung im Stadtteil tragen sie maßgeblich zur Stärkung des nachbar
schaftlichen Zusammenlebens und zum Aufbau nachhaltiger Strukturen vor Ort bei.
→ Der Bund bekennt sich ausdrücklich zur Städte
bauförderung mit ihren hohen Anstoßeffekten bei Investitionen und Arbeitsplätzen und wird den Kommunen auch in Zukunft notwendige Investitio
nen in die Entwicklung benachteiligter Stadtteile und zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusam
menhalts in den Städten und Gemeinden ermögli
chen. Das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird ab 2012 weiterentwi
ckelt. Im Mittelpunkt stehen Investitionen in die Aufwertung des Wohnumfelds und des öffentlichen Raums sowie in eine familienfreundliche und gene
rationengerechte Infrastruktur. Mit der Einbezie
hung weiterer Partner und des ehrenamtlichen Engagements wird die Förderung stärker gebündelt, damit diese in Zukunft noch passgenauer vor Ort wirken kann.
→ Die generationenübergreifende Arbeit im Rahmen des Aktionsprogramms Mehrgenerationenhäuser des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird ab Anfang 2012 in einem dreijährigen Folgeprogramm weiterentwickelt wer
den. Dabei wird das Schwerpunktthema „Integra
bedarfsorientierte integrationsfördernde Angebote in den Kommunen weiter ausgebaut werden. Das Aktionsprogramm „Mehrgenerationenhäuser II“
mit einer dreijährigen Laufzeit (2012 – 2014) wird mit insgesamt 450 Standorten in fast jedem Land
kreis und in jeder kreisfreien Stadt eine flächen
deckende Präsenz sichern.
→ Im Rahmen des Experimentellen Wohnungs und Städtebaus wird das Bundesministerium für Ver
kehr, Bau und Stadtentwicklung von 2011 bis 2014 Modellvorhaben in Kommunen fördern, die durch einen Ausbau der Infrastruktur und innovative Träger strukturen Orte der Integration im Stadtteil schaffen. Die vor Ort vorhandenen Einrichtungen sollen ausgebaut und als Ankerpunkte im Stadtteil nachhaltig gestärkt werden.
→ Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen die positiven Wirkungen der Städtebauförderung aus
drücklich. Sie setzen sich gemeinsam mit Bund und Ländern dafür ein, dass die Kommunen ihre Auf
merksamkeit auch künftig auf Stadt und Ortsteile richten, in denen der Handlungsbedarf besonders groß ist. Dazu trägt der Erfahrungsaustausch der Kommunen unter Einbeziehung weiterer Partner bei.
→ Die Verbände der Wohnungs und Immobilienwirt
schaft werden auch künftig ihren Beitrag zur Stadt
entwicklung und zur Stärkung des gesellschaftli
chen Zusammenhalts in den Stadtteilen leisten und sich als strategischer Partner einbringen, um die langfristige Entwicklung der Wohnquartiere zu sichern.
→ Die Verbände der BAGFW werden durch die Öff
nung und Umnutzung bestehender Einrichtungen und Gebäude als Stadtteilzentren, Bürgerhäuser oder Treffpunkte sowie die Etablierung stadtteil
bezogener Angebote, Dienste und Einrichtungen der sozialen und gesundheitlichen Versorgung eine soziale und kulturelle Infrastruktur in den Quartie
ren bereitstellen und einen Beitrag zur Ausgestal
tung leisten.
3.2. Bildungs- und Teilhabechancen von Migran-tinnen und Migranten vor Ort verbessern
Angesichts der besonderen Herausforderungen in strukturschwachen Stadtteilen kommt der Verbesse
rung der Bildungs und Teilhabechancen und der
scheidende Bedeutung zu. Denn Bildungseinrichtun
gen sind diejenigen Orte, in denen die Grundlagen für eine erfolgreiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gelegt werden. Viele Jugendliche verlassen zur Zeit die Schule ohne die nötigen Kompetenzen für einen erfolgreichen Übergang in das Ausbildungs
system oder den Arbeitsmarkt. Dies spiegelt sich vor allem vor Ort wider. Zur Verbesserung der Bildungs
chancen sind Schulen, Kindertages und weitere Bil
dungseinrichtungen in solchen Gebieten gezielt zu stärken und im Sinne lokaler Bildungspartnerschaften mit weiteren Partnern zu vernetzen.11 Die Zusammen
arbeit von Land, Kommune und Einrichtungen im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft mit dem Ziel der strategischen Steuerung ist dabei ein entscheiden
der Erfolgsfaktor. Dazu gehört auch eine bedarfsorien
tierte Ressourcenplanung in den Stadtteilen. Eine abgestimmte Maßnahmenplanung erfordert die Einbe
ziehung aller relevanten Akteure, einschließlich Ver
waltung, öffentlichen Einrichtungen und Wirtschaft.
Die Verknüpfung von Stadtentwicklungspolitik und Bildungspolitik hat hier höchste Priorität. Durch die Vernetzung qualifizierter Bildungsangebote und ein attraktives Umfeld werden die gesellschaftliche Inte
gration im Quartier und die Qualität des Wohnstand
ortes vor allem für junge Familien wirksam gestärkt.
→ Mit dem Programm „Lernen vor Ort“ unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgewählte Kreise und kreisfreie Städte bei der Entwicklung eines kohärenten Bildungsmanage
ments vor Ort. Der Bund wird den Transfer in weitere Kommunen befördern und übertragbare Erkenntnisse und Empfehlungen vorlegen. Eine Fortsetzung des Programms über den Förderzeit
raum hinaus wird ausdrücklich empfohlen.
→ Mit dem Programm „STÄRKEN vor Ort“ als ein Baustein der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die schulische, soziale und berufliche Integration von Jugendlichen bzw. jun
gen Erwachsenen und Frauen mit Problemen beim Einstieg und Wiedereinstieg in das Erwerbsleben.
Das Programm wird gezielt in großstädtischen
setzt. Mit seinem lokalen Ansatz setzt „STÄRKEN vor Ort“ genau dort an, wo der Handlungsbedarf am größten ist, und bindet alle relevanten Akteure vor Ort aktiv ein. Es trägt damit maßgeblich zur Verbes
serung der Zugangschancen zum Ausbildungs und Arbeitsmarkt und zur gesellschaftlichen Teilhabe bei. Der Bund prüft eine Fortsetzung für die neue ESFFörderphase.
→ Stiftungen sind schon heute maßgebliche Partner von Bund, Ländern und Kommunen bei der Ent
wicklung und Umsetzung lokaler Bildungspartner
schaften. Dies gilt sowohl für den nationalen Stif
tungsverbund „Lernen vor Ort“ als auch für herausragende Eigeninitiativen der Stiftungen. Die Freudenberg Stiftung bietet mit dem Programm
„Ein Quadratkilometer Bildung“ ein Konzept für eine langfristig angelegte Lern und Entwicklungs
plattform für alle Akteure, die in einem Stadtteil Bildung gestalten. Die Freudenberg Stiftung erklärt sich bereit, die Programmbasis weiter auszubauen und den Erfahrungstransfer zu unterstützen. Sie wird zudem mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Regionalen Arbeitsstellen die Kooperation zwischen Kita, Schule und Eltern gezielt befördern.
→ Darüber hinaus kommt der Verbesserung der Bil
dungschancen von Anfang an in „Brennpunkt“
Gebieten und strukturell benachteiligten länd
lichen Räumen besondere Bedeutung zu. Mit der Initiative „Offensive Frühe Chancen“ wird der Bund von 2011 bis 2014 den Ausbau von bis zu 4.000 Ein
richtungen zu „SchwerpunktKitas Sprache & Inte
gration“ unterstützen. Weitergehende Ziele und Maßnahmen des Bundes, der Länder und Kommu
nen sowie nicht staatlicher Partner wurden im Dia
logforum 1 „Frühkindliche Förderung“ formuliert.
→ Der vhw Bundesverband für Wohnen und Stadt
entwicklung wird zudem den Dialog zum Thema Bildung und Integration mit und zwischen den Kommunen im Rahmen des Städtenetzwerks „Stär
kung lokaler Demokratie durch bürgerorientierte integrierte Stadtentwicklung“ unterstützen. Ziel ist eine ganzheitliche Konzeption von Bildung als inte
grationspolitisches Handlungsfeld integrierter Stadtentwicklung.
11 Knapp zwei Drittel der Großstädte und rund ein Drittel der Mittelstädte und Landkreise nutzen kommunale und regionale Bildungslandschaften als ein Instrument zur Unterstützung benachteiligter Quartiere (BMVBS/
Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integra-tion 2011).
3.3. Integration in den Ausbildungs- und Arbeits-markt vor Ort befördern
Die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen und die Förderung der Ausbildung sind zentrale Zukunfts
aufgaben in den Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit, hoher Schulabbrecherquote, geringer Ausbildungs
beteiligung. Menschen mit niedrigen Bildungsvoraus
setzungen oder Mobilitätseinschränkungen werden häufig von vorhandenen Angeboten nicht erreicht.
Wichtig ist eine zielgerichtete Ansprache von Jugend
lichen und Langzeitarbeitslosen vor Ort, in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld. Der strategischen Ver
zahnung städtebaulicher Investitionen und arbeits
marktpolitischer Maßnahmen wird dabei ebenso strukturpolitische Bedeutung beigemessen wie der sozialräumlichen Ausrichtung und interkulturellen Öffnung der Regelinstitutionen vor Ort (wie z. B.
Agenturen für Arbeit, Jobcenter). Verschiedene Pro
gramme und Initiativen tragen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung schon heute dazu bei. Daneben setzen sich zahlreiche Kommunen im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit für die berufliche Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ein. Die Aktivitäten werden im Zuge des Nationalen Aktions
plans fortgesetzt und vertieft.
→ Mit dem ESFBundesprogramm „Bildung, Wirt
schaft, Arbeit im Quartier“ (BIWAQ) des Bundes
ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent
wicklung werden in Programmgebieten der Städtebauförderung gezielt städtebauliche Inves
titionen zur Verbesserung des Wohn und Lebens
umfelds durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ergänzt. Ziel ist, die Perspektiven der in diesen Stadtteilen lebenden oftmals gering qualifizierten Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen auf dem Ausbildungs und Arbeitsmarkt zu verbessern und zugleich den Stadtteil aufzuwerten.
→ Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entwickelt und erprobt das Netzwerk
„Integration durch Qualifizierung – IQ“ seit 2005 neue Ansätze für eine verbesserte Arbeitsmarkt
integration von Erwachsenen mit Migrationshinter
grund auf der Basis der Weiterentwicklung und migrationssensiblen Gestaltung der arbeitsmarkt
politischen Instrumente. Ab Mitte 2011 wird das gemeinsam von BMAS, BMBF und BA getragene Förderprogramm IQ operativ zu einer bundeswei
ten Struktur regionaler Netzwerke ausgebaut. Es zielt auf den Auf und Ausbau der migrationssensib
len und interkulturellen Kompetenz in den Regel
institutionen vor Ort, wie z. B. Agenturen für Arbeit, Jobcentern, zuständigen Stellen im Anerkennungs
verfahren, den Sprachkurs und Bildungsträgern und Unternehmen, ab. Eine weitere Schwerpunkt
aufgabe der regionalen Netzwerke wird in der Verzahnung der Unterstützungsleistungen liegen.
Sämtliche Förderangebote, die in der Region ange
boten werden und für die Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund rele
vant sind (z. B. Beratung, Kompetenzfeststellung, Qualifizierung, Anerkennung ausländischer Berufs
abschlüsse und begleitende Sprachförderung), sollen hierbei in enger Abstimmung mit den regionalen Akteuren koordiniert bzw. sinnvoll verzahnt wer
den (vgl. Dialogforum 3 „Arbeitsmarkt und Erwerbsleben“).
→ Darüber hinaus wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen seiner Zuständig
keit die Verbreitung guter Beispiele auch für eine Sozialraumorientierung anregen.
→ Um Angebote zum Übergang von der Schule in den Beruf vor Ort zu verankern, haben sich Mentoring
und Patenschaftsprogramme an Schulen bewährt, die in Zusammenarbeit mit der lokalen Wirtschaft/
Ausbildungsbetrieben durchgeführt werden. Die Stiftungen erklären sich bereit, gemeinsam mit ört
lichen Partnern solche Ansätze zu unterstützen.
→ Daneben bildet die lokale Ökonomie gerade in innerstädtischen Quartieren ein Entwicklungs
potenzial sowohl als Arbeitgeber als auch für die wirtschaftliche Stabilisierung der Gebiete. Neben der Förderung durch das ESFBundesprogramm
„Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“ (BIWAQ) können Maßnahmen zur Existenzgründung und
festigung dazu beitragen (vgl. Dialogforum 3
„Arbeitsmarkt und Erwerbsleben“).
3.4. Stabile Nachbarschaften schaffen, Zugang zum Wohnungsmarkt verbessern
Die Schaffung und Sicherung von attraktivem und bedarfsgerechtem Wohnraum und die Förderung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft sind zentrale Rahmen
bedingungen für den Erfolg der Integrationsprozesse vor Ort. Dies gilt für mietpreisgünstige innenstadt
nahe Altbaugebiete ebenso wie für große Wohn
siedlungen, die typische Wohn und Anlaufquartiere
für Menschen mit Migrationshintergrund und Perso
nengruppen mit geringem Einkommen sind. Die Attraktivität und Lebensqualität der Quartiere sollte durch gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Wohn und Wohnumfeldbedingungen gestärkt wer
den, auch um junge Familien und gut integrierte Haushalte im Quartier zu halten. Der Erhalt gemisch
ter Bewohnerstrukturen bleibt ein wichtiges Ziel der Stadtentwicklungspolitik. Das Städtebauförderungs
programm „Soziale Stadt“ als Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen zur Stabilisierung und Entwicklung benachteiligter Wohnquartiere hat durch seinen integrierten strategischen Ansatz hier wichtige Impulse gesetzt. Auch die Förderung der Wohneigentumsbildung und genossenschaftliches Wohnen können einen Beitrag leisten. Darüber hinaus kommt dem nachbarschaftlichen Miteinander durch Orte der Begegnung und bürgerschaftliches Engage
ment eine wichtige Rolle zu. Hierzu sollte die Koope
ration zwischen Kommunen, Eigentümern und Einrichtungen vor Ort ausgebaut werden. Mit der sozialen Wohnraumförderung der Länder können preiswerte Mietwohnungen für Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten am Wohnungsmarkt geför
dert und die Bildung selbst genutzten Wohneigen
tums, vor allem für Haushalte mit Kindern, unter
stützt werden. Auch Wohnungsunternehmen sind wichtige Partner für die Stadtentwicklungs und Integrationspolitik. Die auf eine nachhaltige Bewirt
schaftung ihrer Bestände ausgerichteten Unterneh
men haben ihre strategischen Unternehmenskonzepte zunehmend auf eine sozial und ethnisch vielfältige Mieterschaft angepasst.
→ Die Verbände der Wohnungs und Immobilienwirt
schaft setzen sich auch künftig für die Schaffung und Sicherung von bedarfsgerechtem Wohnraum und die Förderung des nachbarschaftlichen Zusam
menlebens ein. Dazu zählen insbesondere die Instandhaltung und Modernisierung der Woh
nungsbestände, die Gestaltung von Freiräumen, die Bereitstellung von Gemeinschaftsräumen sowie ein aktives Belegungsmanagement. Darüber hinaus wird die Wohnungswirtschaft bewährte Instru
mente wie das Quartiersmanagement eigenständig unterstützen und eigene Formen der Mieterbetreu
ung durchführen, um damit zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gebiete beizutragen.
→ Eine wichtige Bedeutung kommt einem dezentra
len, wohnortnahen Angebot von sozialen Diensten und Einrichtungen in Quartieren mit hohem Mig
rantenanteil zu. Die Verbände der BAGFW fördern nachbarschaftliche Begegnung und die Stärkung nicht beruflicher, nachbarschaftlicher Unter
stützungssysteme durch die Etablierung nieder
schwelliger, sozialräumlich ausgerichteter und interkultureller Angebote, insbesondere von Begegnungsgelegenheiten.
3.5. Lokale Netzwerke unterstützen
Die Förderung der Integration und des gesellschaft
lichen Zusammenhalts erfordert integrierte Hand
lungsansätze sowie die Vernetzung der Akteure vor Ort. Dies setzt Kooperationen zwischen Kommunen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft ebenso voraus wie eine Transparenz über bestehende Maßnahmen und Instrumente vor Ort. Den Kommunen kommt dabei eine wichtige Rolle als Moderatoren und Gestalter der Stadtentwicklungs und Integrationsstrategien zu. Um Transparenz über Akteure und Netzwerke, bestehende Angebote und Projekte zu schaffen und Kooperationen zielgerichtet zu unterstützen, haben sich die Einrich
tung von Koordinierungsstellen in den Kommunen sowie die in einigen Programmen wie der Städte
bauförderung geschaffenen Strukturen wie das Stadt
teilmanagement vor Ort bewährt. Eine solche Form der Prozessinitiierung, koordination und moderation sollte auch langfristig über die Förderung hinaus ver
ankert werden. Die Schaffung von Trans parenz und lokaler Netzwerke wird zudem durch Länderpro
gramme wie das Programm „KOMMIN NRW“ und das Programm „Modellregionen Integration“ in Hessen wirksam unterstützt. Auch die Beratungseinrichtun
gen der Migrationsberatung für erwachsene Zuwande
rer (MBE) spielen als bewährte lokale Netzwerkpartner eine wichtige Rolle. Der Verzahnung von Programmen von Bund, Ländern und Kommunen und einer Einbe
ziehung und Stärkung der Regelstrukturen kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu.
→ Um die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Integration vor Ort zu verbessern und die Bünde
lung der Förderinstrumente zu unterstützen, wird der Bund Synergien zwischen den Programmen herstellen und den Aufbau von Strukturen und Netzwerken vor Ort befördern.
→ Für den bedarfsgerechten Einsatz der vom Bundes
amt für Migration und Flüchtlinge bereitgestellten Angebote zur sprachlichen Bildung, berufsbezoge
nen Sprachförderung, Migrationsberatung sowie der geförderten Projekte stehen vor Ort in 850 Netz
Verfügung.
→ Die Verbände der BAGFW erklären sich bereit, an lokalen Netzwerken mitzuwirken und durch die sozialräumliche und quartiersbezogene Ausrich
tung der Dienste und Einrichtungen vor Ort struk
turelle und qualifizierende Unterstützungsleistun
gen für lokale Kooperationen und Netzwerke zu übernehmen. Die Einrichtungen und Dienste vor Ort werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Orte der Begegnung verstanden und gestaltet.