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Bildung, Ausbildung, Weiterbildung

Im Dokument Nationaler Aktionsplan Integration (Seite 34-39)

Ständige Mitglieder

2. Bildung, Ausbildung, Weiterbildung

Bildung ist der Schlüssel für individuelle Entwick­

lungschancen in unserer Gesellschaft. Gleichzeitig bestimmen die Leistungs­ und Integrationsfähigkeit des Bildungssystems den sozialen Zusammenhalt und die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit des Landes wesentlich mit. Insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des wachsenden Fachkräftebedarfs gilt es, die Ressourcen und Poten­

ziale aller in Deutschland lebenden Menschen besser als bisher zu erkennen, zu fördern und auszuschöpfen.

Ein gleichberechtigter Zugang zu Bildung, bestmögli­

che individuelle Förderung sowie die Sicherung des Bildungserfolgs sind daher Leitprinzipien verantwort­

licher Bildungspolitik.

Der Nationale Aktionsplan Integration zielt auf mehr Chancengerechtigkeit für Personen mit Migrations­

hintergrund in sämtlichen Lebensbereichen und voll­

zieht damit einen Perspektivwechsel: Im Fokus steht das Fördern vorhandener Potenziale – unabhängig von der Herkunft der Betroffenen. Ziel ist es, stärker als bisher Vielfalt als wertvolle Ressource und als Erfolgsfaktor für Wirtschaft und Gesellschaft zu erkennen und auszuschöpfen. Integration muss als gemeinsame Verantwortung verstanden werden und setzt auch das eigenverantwortliche Engagement von Migrantinnen und Migranten voraus. Dafür stehen die vielfältigen Initiativen, die gerade im Bildungsbereich von zivilgesellschaftlichen Akteuren, so von Stiftun­

gen, der Wirtschaft, Verbänden und insbesondere auch von Migrantenorganisationen verantwortet werden.

Die Verbesserung der Bildungschancen und Bildungs­

beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen mit Migrationshintergrund stellt eine der zentralen Herausforderung für das gesamte Bildungssystem dar. Der Anteil dieser Kinder und Jugendlichen liegt bei den unter 25­Jährigen bei rund 29 %, in der Altersgruppe der unter 5­Jährigen stammt jedes dritte Kind aus einer Zuwandererfamilie (34,6 %).1 Im Hinblick auf die Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zeichnen sich in den letzten Jahren deutliche Verbesse­

rungen ab, die nicht zuletzt für eine hohe Bildungs­

motivation vieler Migrantinnen und Migranten spre­

chen. So sinkt der Anteil der Absolventen ohne

ländischen Jugendlichen.2 Zunehmend mehr ausländi­

sche Schülerinnen und Schüler verlassen die allge­

meinbildende Schule mit einer Hochschulreife3 und Studienberechtigte mit Migrationshintergrund neh­

men überdurchschnittlich häufig ein Studium auf.4 Als Hochschulstandort wirbt Deutschland im inter­

nationalen Wettbewerb seit Jahren erfolgreich auch ausländische Studierende an. Diese Entwicklungen verweisen auf erste Erfolge der bildungs­ und integra­

tionspolitischen Initiativen der vergangenen Jahre.

Um gleichberechtigte Teilhabechancen zu erreichen, sind jedoch weitere Anstrengungen notwendig. Die Unterschiede hinsichtlich Bildungsbeteiligung und

­erfolgen von Personen mit und ohne Migrationshin­

tergrund sind nach wie vor groß: Selbst bei gleichem Sozialstatus sind Kinder und Jugendliche mit Migrati­

onshintergrund weiterhin seltener auf dem Gymna­

sium und häufiger in den niedriger qualifizierenden Schularten anzutreffen; überproportional häufig sind sie an Haupt­ und Förderschulen vertreten. 2009 ver­

ließen ausländische Jugendliche mit einem Anteil von rund 13,8 % mehr als doppelt so häufig wie deutsche Schülerinnen und Schüler (rund 5,7 %) die allgemein­

bildende Schule ohne Schulabschluss.5 In der Alters­

gruppe der 25 – 34­Jährigen verfügt nach dem Mikro­

zensus 2008 ein Anteil von 37,3 % der Personen mit Migrationshintergrund über keine abgeschlossene Berufsausbildung; bei ihren Altersgenossen ohne Mig­

rationshintergrund liegt dieser Anteil bei 10,8 %.6 Stu­

dierende mit Migrationshintergrund und deutschem Schulabschluss sind in höherem Maße als Studierende ohne Migrationshintergrund auf staatliche Studien­

finanzierungshilfen angewiesen, da sie vergleichs­

weise häufig aus sozial schwächeren Herkunftsfami­

lien stammen.7 Zudem schließt ein zu geringer Teil der ausländischen Studierenden sein Studium in Deutsch­

land erfolgreich ab.8 Die Beteiligung von Personen mit Migrationshintergrund an Maßnahmen der berufli­

chen und allgemeinen Weiterbildung liegt nach wie

1 Statistisches Bundesamt: Bevölkerung 2009 nach Migrationsstatus und Altersgruppen

2 Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2010. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel. Bielefeld 2010, S. 92, 270 3 Ebd., S. 92

4 Ebd., S. 119

5 Statistisches Bundesamt: Fachserie 11, Reihe 1, Schuljahr 2009/2010, S. 277 (eigene Berechnung)

6 8. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland (Juni 2010), S. 125

7 19. Sozialerhebung DSW/BMBF 2010

8 Studienerfolg im Ausländerstudium, HIS/DAAD 2004

vor niedriger als die der Deutschen ohne Migrations­

hintergrund.9 Diese Daten verweisen auf strukturelle Probleme im Bildungssystem, deren Ursachen gezielt zu untersuchen und denen geeignete Maßnahmen entgegenzusetzen sind.

2. Zielbestimmungen

Vor diesem Hintergrund formulieren die Teilneh­

merinnen und Teilnehmer des Dialogforums für die Durchführung von Integrationsmaßnahmen in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich vier strategische Ziele, die auch von der Kultusministerkonferenz der Länder10 geteilt werden:

1. Rahmenbedingungen für gleichberechtigte Teil­

habemöglichkeiten und Zugänge zu Bildung, Aus­

bildung und allgemeiner Weiterbildung optimieren;

2. Übergänge im Bildungs­, Ausbildungs­ und Weiter­

bildungssystem gestalten und Anschlüsse sichern;

Durchlässigkeit des Bildungssystems ausbauen;

3. Individuelle Förderung verstärken; Potenziale von Kindern, Jugendlichen und (jungen) Erwachsenen mit Migrationshintergrund erkennen und fördern;

4. Qualitätssicherung und ­entwicklung fortführen und Bildungsforschung differenzieren; Bericht­

erstattung über Bildung in Deutschland weiter­

entwickeln.

Diese Ziele knüpfen an laufende bildungspolitische Initiativen an, die auf eine Weiterentwicklung und Verbesserung des Bildungs­, Ausbildungs­ und Weiter­

bildungssystems gerichtet sind und dabei auch die Bildungssituation von Personen mit Migrationshinter­

grund verstärkt in den Blick nehmen:

Die „Qualifizierungsinitiative für Deutschland“

(QID), auf die sich die Regierungschefs von Bund und Ländern Ende 2008 geeinigt haben, umfasst viele Vorhaben, die direkt oder indirekt Kindern und (jungen) Erwachsenen mit Migrationshinter­

grund zu Gute kommen. Die Zielvereinbarungen und Maßnahmen der QID beziehen sich auf alle Stufen des Bildungssystems – vom Kindergarten bis zur beruflichen Weiterbildung – und zielen insbe­

sondere auf die stärkere Ausrichtung von Bildungs­

angeboten auf differenzierte Förderbedarfe, auf mehr Prävention und auf größere Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bildungsgängen. Die Konsense der QID begründen wesentlich die hohe Übereinstimmung der im Dialogforum 2 „Bildung, Ausbildung, Weiterbildung“ und im Beschluss der KMK vom 10. 06. 2011 formulierten strategischen und operativen Ziele.

Die Gemeinsame Erklärung der Kultusminister­

konferenz und der Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund von 2007 war ein erster wichtiger Schritt im verstärkten Dialog zwischen Bildungspolitik und Migrantenorganisationen.

Mit den dort getroffenen Vereinbarungen wurden Impulse für die Weiterentwicklung von Integrati­

onsmaßnahmen, insbesondere im Bereich der Schulbildung und Elternarbeit, gesetzt.

Mit dem Nationalen Pakt für Ausbildung und Fach­

kräftenachwuchs, der im Oktober 2010 bis 2014 ver­

längert wurde, verfolgen die Paktpartner das Ziel, für jeden ausbildungswilligen und ausbildungs­

fähigen Jugendlichen ein Ausbildungs­ oder Quali­

fizierungsangebot bereitzustellen, das zu einem anerkannten Berufsabschluss führt. Die deutliche Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung von Jugend­

lichen mit Migrationshintergrund ist dabei erklär­

tes Ziel aller beteiligten Partner.

Mit Blick auf die Internationalisierung von Deutschland als Hochschulstandort und den sich abzeichnenden Fachkräftebedarf wurden in den letzten Jahren von allen Verantwortlichen11 erheb­

liche Anstrengungen unternommen, um auslän­

dische Studierende für Deutschland zu gewinnen, ihren Studienerfolg zu sichern und sie dauerhaft zu integrieren.

2.1. Rahmenbedingungen für gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten und Zugänge zu Bildung, Ausbildung und allgemeiner Weiter-bildung optimieren

Gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten in Bildung, Ausbildung und Weiterbildung werden durch die ins­

titutionelle Ausgestaltung des Bildungswesens wesentlich mitbestimmt. Eine entscheidende Voraus­

setzung für eine bedarfsgerechte Ausgestaltung sind Investitionen in das Bildungssystem. Entscheidende Zielmarke ist hier das 10 %­Ziel, auf das sich die Regie­

rungschefs von Bund und Ländern 2008 im Rahmen der QID verständigt haben. Die Realisierung dieses Ziels rückt inzwischen in greifbare Nähe: Zwischen 2008 und 2009 stieg der Anteil von Bildung und For­

schung am Bruttoinlandsprodukt von 8,6 % auf 9,3 %.

2009 investierten Bund, Länder, Wirtschaft und pri­

vate Haushalte in Deutschland insgesamt 224 Mrd. € in Bildung und Forschung und damit 9,8 Mrd. € oder 4,6 % mehr als 2008. Diese Zuwächse gehen vor allem auf gesteigerte Investitionen der öffentlichen Hand zurück; zugenommen haben insbesondere die Bil­

dungsausgaben. Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt erhöhte sich zwischen 2008 und 2009 von 6,2 % auf 6,8 %.12

Die interkulturelle Öffnung aller Einrichtungen und Ins-titutionen im Bildungswesen (1), von den Kindertages­

stätten bis hin zu den Weiterbildungseinrichtungen, ist eine weitere zentrale Voraussetzung für verbesserte Bildungschancen von Kindern, Jugendlichen und (jun­

gen) Erwachsenen mit Migrationshintergrund. Neben gezielter interkultureller Organisationsentwicklung und der Förderung interkultureller Kompetenzen aller Kinder und Jugendlichen im Unterricht und Schul­

leben bedeutet dies insbesondere auch die Förderung eines diskriminierungsfreien Klimas in allen Bil­

dungseinrichtungen, insbesondere in den Schulen.13

Dies setzt u. a. die konsequente Verankerung entspre­

chender Qualifizierungsmodule in der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals (2) voraus. Der Bund unterstützt hier gemeinsam mit der Robert Bosch Stif­

tung die vielfältigen Initiativen der Länder durch die

„Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fach­

kräfte (WiFF)“. Im Rahmen dieses Projekts werden Qualifizierungsansätze und ­materialien für die Fort­

und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen erarbeitet. Mit Blick auf den Sprachförderbedarf von Kindern und Jugendli­

chen mit Migrationshintergrund ist insbesondere geboten, die Sprachförder­ und Diagnosekompetenz bei Lehrkräften und Lehramtsstudierenden zu stärken und den Ausbau der DaF­ und DaZ­Angebote14 an den Hochschulen voranzutreiben.

Ein wichtiges, von Bund und Ländern geteiltes Ziel, das aber auch Zuständigkeiten nicht staatlicher Träger von Bildungs­ und Sozialeinrichtungen betrifft, ist zudem die Erhöhung des Anteils von Lehrkräften, Erzie-herinnen und Erziehern, Sozialarbeiterinnen und Sozi-alarbeitern und Kursleiterinnen und Kursleitern mit Migrationshintergrund (3). Flankiert wird diese Ziel­

setzung u. a. durch die gezielte Unterstützung von Netzwerken für Lehrkräfte, Erzieher und Sozialpäda­

gogen durch die Länder.

Eine verstärkte Elternarbeit und die Aktivierung von Unterstützungspotenzialen der Migrantenorganisatio-nen (4) kann wesentlich zur Wirkung integrativer Arbeit in Kindertagesstätten und Schulen und zur gezielten Vorbereitung von Jugendlichen auf die Aus­

bildung beitragen. Die vielfältigen Initiativen unter­

schiedlicher Träger in diesem Bereich richten sich ins­

besondere auf zielgerichtete Elternansprache und

­information, die Stärkung und Qualifizierung ehren­

amtlichen Engagements von Migrantinnen und Mig­

ranten in diesem Feld sowie die gezielte Kooperationen mit Migrantenorganisationen als Bindeglieder zwi­

schen Regelanbietern und der jeweiligen Community.

Die Länder prüfen u. a. die Möglichkeit des Einsatzes und der Qualifizierung ehrenamtlicher mehrsprachi­

ger Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter. Zu den Angeboten des Bundes für Eltern mit Migrationshin­

tergrund gehören u. a. die Elternintegrationskurse des Bundes, das Programm „Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie das „Förderprogramm zur Stär­

kung der Erziehungskompetenzen von Eltern mit Migrationshintergrund“ des Bundesamts für Migra­

tion und Flüchtlinge, das u. a. auf die Ausbildung von Elternmultiplikatoren mit Migrationshintergrund gerichtet ist.

9 BMBF (Hrsg.): Weiterbildungsverhalten in Deutschland. AES 2010 Trend-bericht. Bonn, Berlin 2011. 2010 lag die Weiterbildungsquote bei Deut-schen ohne Migrationshintergrund bei 45 % (allgemeine Weiterbildung 12 %), bei Deutschen mit Migrationshintergrund bei 33 % (allgemeine Wei-terbildung 7 %) und bei Ausländern bei 29 % (allgemeine WeiWei-terbildung 11 %). Allerdings unterscheidet sich das in dieser Studie verwandte Konzept von „Migrationshintergrund“ von dem des Statistischen Bundesamtes: Der Personenkreis mit Migrationshintergrund umfasst hier neben Ausländern deutsche Staatsangehörige, die als erste Sprache nicht Deutsch gelernt haben.

10 Die Länder werden mit einem eigenen Beitrag im Aktionsplan vertreten sein. Zu den die Themen des Dialogforums 2 „Bildung, Ausbildung, Weiter-bildung“ betreffenden Maßnahmen der Länder wird auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) „Beitrag der Kultusminister-konferenz zum Nationalen Aktionsplan“ vom 10. 06. 2011 verwiesen.

11 Neben den zuständigen Bundesressorts insbesondere Hochschulrektoren-konferenz, Deutscher Akademischer Austauschdienst, Deutsches Studen-tenwerk, Hochschulen, Wissenschaftsorganisationen und Studentenwerke.

12 Zahlen des Statistischen Bundesamts von Juni 2011

13 Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) setzt sich für ein diskrimi-nierungsfreies Klima an Schulen ein und wird dieses Thema stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Hierzu führt die ADS zwei Projekte durch, die sich übergreifend auf Merkmale des Allgemeinen

Gleichbehandlungs-gesetzes beziehen. 14 Deutsch als Fremdsprache, Deutsch als Zweitsprache

rung und Vernetzung bildungsbegleitender Integra-tions- und Förderangebote (5) erforderlich. Im Fokus steht hier insbesondere die enge Kooperation von Schulen, außerschulischen Bildungseinrichtungen, Jugendhilfe, Jugendmigrationsdiensten, Kommunen, Wirtschaft und sonstigen zivilgesellschaftlichen Akteuren. Mit den Vorhaben „Lokale Bildungsbünd­

nisse“ und „Allianz für Bildung“ wird das Bundes­

ministerium für Bildung und Forschung den Aufbau solcher Kooperationen und Netzwerke unterstützen, vorhandene Initiativen stärken und fachliche Exper­

tise vermitteln. Die Bildungsadministrationen der Länder unterstützen regionale und lokale Bildungs­

netzwerke in ihren Bemühungen um koordinierte Aktivitäten für Kinder und Jugendliche unter Einbe­

ziehung von Schulen.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migra­

tionshintergrund ist ein besseres Zusammenführen von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs­

markt und das gezielte Ausschöpfen von Ausbildungs-potenzialen (6). Die Anstrengungen der Partner im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenach­

wuchs leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Die demografische Entwicklung führt zu einer veränder­

ten Situation im Ausbildungsmarkt; in einzelnen Branchen und Regionen besteht bereits heute ein Bewerbermangel. Gleichwohl gibt es nach wie vor eine erhebliche Zahl von Ausbildungssuchenden, denen der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht sofort gelingt. Dies betrifft in hohem Maße auch Jugendliche mit Migrationshintergrund. Um die Ausbildungsbe teiligung auch dieser Jugendlichen zu gewährleisten, sind weitere Anstrengungen erforder­

lich. Einen besonderen Schwerpunkt setzt der Bund mit Programmelementen des Ausbildungsstruktur­

programms JOBSTARTER und der Initiative „Aktiv für Ausbildung“ bei der Gewinnung von Unternehmen mit Inhaberinnen und Inhabern ausländischer Her­

kunft für die Ausbildung. Die Aktivitäten der „Koordi­

nierungsstelle Ausbildung bei Selbstständigen mit Migrationshintergrund“ (KAUSA) werden gemäß den Vereinbarungen aus dem Nationalen Pakt für Ausbil­

dung und Fachkräftenachwuchs erweitert; künftig richtet sich die Initiative sowohl an Unternehmen als auch an Jugendliche mit Migrationshintergrund, um diese für eine Berufsausbildung zu gewinnen.

Rechtliche Hemmnisse für Bildungszugänge und Bil-dungserfolge (7) sollten identifiziert und abgebaut wer­

die 17. Legislaturperiode zugesagt, die Teilhabemög­

lichkeiten von Kindern und Jugendlichen ohne legalen Aufenthaltsstatus an Bildung durch Änderung der aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten öffentlicher Stellen zu verbessern sowie die Regelun­

gen zur Arbeitsplatzannahme für ausländische Studien absolventen mit deutschem Hochschulab­

schluss zu prüfen und zu vereinfachen, um ihren Ver­

bleib im deutschen Arbeitsmarkt zu fördern. Derzeit verbleibt nur ca. ein Drittel der ausländischen Hoch­

schulabsolventen nach dem Studium in Deutschland.15 Integrationsfördernde Programme zur Sicherung des Studien erfolgs von Bildungsausländern haben sich hier bewährt und sind zu verstetigen bzw. auszubauen.

2.2. Übergänge im Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungssystem gestalten und Anschlüsse sichern; Durchlässigkeit des Bildungssystems ausbauen

An den Schnittstellen von frühkindlicher Bildung, Schule, Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung erfolgen wichtige Weichenstellungen für individuelle Bildungsverläufe. Eine möglichst frühzeitig begin­

nende Förderung, die die Entwicklung individueller Potenziale optimal fördert und möglichst nahtlose und erfolgreiche Anschlüsse an die weiterführenden Etappen des Bildungs­, Ausbildungs­ und Weiterbil­

dungssystems ermöglicht, ist daher von zentraler Bedeutung. Die verstärkte Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen ist darüber hinaus wichtig, um auch nachträglichen Bildungsaufstieg zu ermöglichen und einmal vorgenommene Weichenstellungen nicht zur „Sackgasse“ werden zu lassen.

Frühkindliche Bildung kann die individuellen Voraus­

setzungen für schulisches Lernen entscheidend ver­

bessern, indem Potenziale von Kindern in altersge­

rechter Form entwickelt und die sprachlichen Voraussetzungen für schulische Lernprozesse gelegt werden. Kinder mit Migrationshintergrund können davon besonders profitieren. Die Verbesserung der indi-viduellen Lernvoraussetzungen im Übergang Kinderta-gesstätten-Grundschulen (8) ist eines der Ziele, auf das sich Bund und Länder im Rahmen der QID verständigt haben. Ziel führend ist hier insbesondere eine stärkere Verzahnung von frühkindlicher und schulischer Bil­

dung. Die Länder haben sich daher im Rahmen der

Kindertages einrichtungen und Grundschulen ver­

bindlich zu gestalten und aufeinander abgestimmte Bildungsziele für Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu entwickeln. Angesichts der zentralen Bedeutung des frühen Spracherwerbs unterstützt der Bund die Bemühungen der Länder im Bereich der vor­

schulischen Sprachförderung insbesondere durch die Förderung entsprechender Forschung zu Sprachförde­

rung und Sprachdiagnostik.

Gleichfalls im Rahmen der QID formulierten Bund und Länder das gemeinsame Ziel, den Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss und damit auch die überproportional hohe Quote der Schulabbrecher mit Migrationshintergrund deutlich zu senken (9) und so ihre Qualifikationsvoraussetzungen für ein erfolg­

reiches Einmünden in eine Ausbildung zu verbessern.

Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es gezielter Unter­

stützungsmaßnahmen für abschlussgefährdete Schü­

lerinnen und Schüler, die möglichst früh in der Schule ansetzen und den Übergang in die Ausbildung vorbe­

reiten, sowie auch für schulverweigernde Jugendliche, um sie wieder in die Regelschulsysteme einzubinden.

Die im Rahmen der Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsab­

schluss“ in der Vorabgangsklasse einsetzende Berufs­

einstiegsbegleitung unterstützt förderungsbedürftige Jugendliche unter anderem auch bei der Erreichung des Schulabschlusses. Das „Programm Schulverweige­

rung – Die 2. Chance“ zur Reintegration schulverwei­

gernder Jugendlicher in den Schulbetrieb des Bundes­

ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend leistet hier einen wichtigen Beitrag. Die KMK hat im März 2010 eine Förderstrategie für leistungs­

schwächere Schülerinnen und Schüler beschlossen, um ihre Anschlusschancen zu erhöhen. In den Blick zu nehmen sind zudem auch ausreichende Möglichkeiten und Unterstützungsangebote zum Nachholen von Regelschulabschlüssen, so zum Beispiel die Vorberei­

tung auf den Hauptschulabschluss im Rahmen von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit. Hier sind wesentlich auch die Länder, etwa bei entsprechenden Angeboten an den beruflichen Schulen, gefordert.

Maßnahmen zur Verbesserung des schulischen Bildungserfolgs von Jugendlichen mit Migrations­

hintergrund im Hinblick auf anschließende Bildungs­

abschnitte sollten sich jedoch nicht nur auf Leistungs­

schwächere beziehen. Gleichfalls bereits in der Schule sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mehr

schulstudium aufnehmen. Gemeinsames Ziel von Bund und Ländern ist es, die Studienanfängerquote im Bundesdurchschnitt auf 40 % eines Jahrgangs zu stei­

gern. Dies setzt eine deutliche Erhöhung des Anteils von Jugendlichen mit Migrationshintergrund voraus, die die Schule mit der (Fach-)Hochschulreife verlassen (10). Hier zeichneten sich in den letzten Jahren positive Ent­

wicklungen ab.16 So nehmen Schulabsolventen mit Migrationshintergrund, wenn sie eine Studienberech­

tigung erworben haben, überdurchschnittlich häufig auch ein Studium auf.17 Insgesamt liegt der Anteil der ausländischen Absolventinnen und Absolventen mit einer (Fach­)Hochschulreife jedoch weiterhin deutlich unter dem aller Absolventinnen und Absolventen der allgemeinbildenden Schule (2009: 12,9 % vs. 31,5 %).18 Hier besteht weiter Handlungsbedarf.

Gezielt an Mädchen und junge Frauen mit und ohne Migrationshintergrund auch an der Schnittstelle zwi­

schen Schule und Studium richtet sich der „Nationale Pakt für Frauen in MINT­Berufen“. Ziel dieser Initia­

tive von Bundesregierung, Bundesagentur für Arbeit, Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften, Hoch­

schulen, Forschungs­ und Wissenschaftseinrichtun­

gen, Frauen­Technik­Netzen, Medien und öffentlichen Einrichtungen ist es, Mädchen und Frauen für natur­

wissenschaftlich­technische Studiengänge und Berufe zu gewinnen.

Der Übergang von der Schule in die Ausbildung (11) stellt für viele Jugendliche mit Migrationshintergrund eine besondere Herausforderung dar. So lag die Aus­

bildungsbeteiligungsquote der ausländischen Jugend­

lichen 2009 mit 31,4 % deutlich niedriger als die ihrer deutschen Altersgenossen (64,3 %). Zur besseren Gestaltung dieses Übergangs trägt der Bund mit einer ganzen Reihe von Initiativen und Förderprogrammen bei, die die Dienstleistungsangebote der Agenturen für Arbeit und Jobcenter, z. B. zur Berufsorientierung und Ausbildungsvermittlung, ergänzen. Das Förderpro­

gramm „Passgenaue Vermittlung Auszubildender an ausbildungswillige Unternehmen“ unterstützt die Ver­

mittlung von Jugendlichen, auch mit Migrationshin­

tergrund, in Ausbildungsverhältnisse. Einen integrier­

15 DAAD, November 2010

16 Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2010. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel. Bielefeld 2010, S. 92 17 Ebd., S. 119

18 Statistisches Bundesamt: Fachserie 11, Reihe 1, Schuljahr 2009/2010, S. 277 (eigene Berechnung)

ten Ansatz verfolgt die Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungs­

abschluss“, die frühzeitige Potenzialanalysen bereits in der Schule, eine praxisorientierte Berufsorientierung und eine ganzheitliche Förderung und individuelle Begleitung ab der 7. Klasse bis zum Ausbildungsab­

schluss umfasst. Maßnahmen zur besseren Berufs­

orientierung und zur individuellen Begleitung von Jugendlichen am Übergang Schule­Ausbildung werden

orientierung und zur individuellen Begleitung von Jugendlichen am Übergang Schule­Ausbildung werden

Im Dokument Nationaler Aktionsplan Integration (Seite 34-39)