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Sehr zu empfehlen für Schülerinnen und Schüler ist aus der Reihe „Erzählte Geschichte“ bei dtv junior 1991 erschienen „Hypatia“ von Arnulf Zitelmann. Auf dem Umschlag steht:

„Alexandria zur Zeit der Spätantike: Der junge Schreiber Thonis tritt als Sekretär in die Dienste der griechischen Philosophin und Mathematikerin Hypatia. Noch ahnt er nicht, dass er damit zwischen die Fronten einer blutigen Auseinandersetzung gerät. Denn Hypatia, eine politisch aktive und selbstbewusste Frau, ist Symbolfigur und entschiedene Verfechterin jenes griechisch-antiken Geistes, den der mächtige Christenbischof Kyrill ausrotten will.

In die bald mit voller Macht einsetzenden Glaubenskämpfe ist Thonis tiefer verstrickt als er es je für möglich gehalten hätte. Die Stelle bei Hypatia verdankt er nämlich seinem väterlichen Freund Petrus, und der ist nicht nur Christ, sondern auch Parteigänger Kyrills . . .“

Intelligente Ideen von Frauen werden neutralisiert. Die Kernphysikerin Rosalyn Yalow hatte eine solche Idee und sie brachte ihr 1977 den Nobelpreis ein. Der Name ihrer Erfinderin kommt allerdings nicht vor, wenn vom „Radioimmunoassay“ oder der „Radioimmunoprobe“

die Rede ist. Zur quantitativen Bestimmung winziger Mengen Protein im Blut, speziell für Insulin von ihr entwickelt, hat dieser Versuch inzwischen weltweit Hunderte verschiedener anderer Anwendungen gefunden und wird jährlich millionenfach praktiziert, ohne dass der Name „Rosalyn Yalow“ mit ihm in Verbindung gebracht wird. Die Nobelpreisträgerin kann im Chemieunterricht bei den Makromolekülen, aber auch in der Biologie bei den Hormonen gewürdigt werden. Und so funktioniert ihr Test:

1. Der zu bestimmende Stoff – bei Yalow war es Insulin – wird radioaktiv markiert.

2. Gegen ihn werden Antikörper erzeugt und im Unterschuss zugesetzt.

3. Die Radioaktivität im Niederschlag dieser „Blindprobe“ wird gemessen.

4. Zur gleichen Menge radioaktiver Probe gibt man die zu messende Substanz.

5. Man lässt das Gemisch wiederum um die gleiche Anzahl Antikörper im Unterschuss konkurrieren.

6. Beide Substanzen binden sich an die Antikörper im Verhältnis ihrer Konzentrationen.

7. Je mehr Radioaktivität – an die Antikörper gebunden – man findet, umso geringer war der Gehalt der Substanz in der zu bestimmenden Blutprobe.

Der Sachverhalt kann mit Hilfe von Papierschablonen für die Schülerinnen und Schüler erschlossen werden. Es ließe sich mit wenigen Punkten eine Wertetabelle und eine Eichkurve anlegen. (siehe „Roter Faden: Quantitative Beziehungen“ in 2.2.1.)

Radioaktiv markierte

Radio-Immuno-Assay von Rosalyn Yalow

Blindprobe

Antikörper zu messendes radioaktiv markiertes Molekül Molekül

In der Anfangsunterrichtseinheit wird von mir auch Carry Everson gewürdigt, ebenfalls im Buch von Vare und Ptacek zu finden (1989 S.228). Sie hat das weltweit angewandte Ölschwemmverfahren entwickelt, als sie als Lehrerin bei den Goldsuchern gelebt und gelegentlich ihrem Bruder bei seiner Arbeit geholfen hat. Auch von diesem Verfahren ist in Vergessenheit geraten, dass es von einer Frau stammt und wie sie hieß. Ein Text, den ich allen Schülerinnen und Schülern austeile, findet sich im selben eben erwähnten Buch.

Textduette für Mädchen. Eine Möglichkeit, Mädchen einen Vorteil im Natur-wissenschaftsunterricht gegenüber den häufig von zu Haus besser vorbereiteten Jungen zu verschaffen, ist die oben erwähnte Methode des „Textduetts“, die die bessere Lese- und Sprechkompetenz der Mädchen honoriert. Als Beispiel, weil es in den Anfangsunterricht Chemie gehört, soll die Metallgewinnung dienen. Ein Text stammt von Plinius und findet sich in „Bronze, Eisen Stahl“ von Henseling (1984, S.185). Er schildert die Goldgewinnung durch Sklaven im ersten Jahrhundert nach Christus in Spanien (1984, S.181). Der zweite Text ist ein gekürzter Spiegelartikel 48/1991 und befasst sich mit der Silbergewinnung in unseren Tagen in Peru. Beide Schilderungen, obwohl sie 2000 Jahre zeitlichen Abstand haben, zeigen erschreckende Gemeinsamkeiten. Jeder der Schüler und Schülerinnen erhält einen der beiden Artikel und der Arbeitsauftrag für die auf verschiedenfarbigem Papier gedruckten Texte lautet:

„Lies Deinen Artikel sorgfältig durch, unterstreiche dabei wichtige Dinge, lies den Text einzweites Mal und wiederhole abschnittsweise das Gelesene mit geschlossenen Augen.

Dann suche Dir einen Partner oder eine Partnerin, die den anderen Text bearbeitet hat.

Erzählt Euch gegenseitig die beiden Texte und überlegt gemeinsam, was sie Euch zu sagen haben.“

Die Methode eignet sich auch dazu, den Schülern und Schülerinnen etwas Bewegung zu verschaffen. Es lässt sich das gegenseitige Erzählen der Texte sehr gut während eines kleinen Ganges durch die Schulflure machen. Die Anleitung, wie Texte zu lesen sind, habe ich zusammengefasst aus einer Anleitung des Heftes: „Drogen“ vom Deutschen Institut für Fernstudien.

Unattraktive Frauen gerade noch erträglich? Bei Abbildungen von Frauen in naturwissenschaftlichen Zusammenhängen ist, wenn sie nicht ganz weggelassen werden, häufig noch ein weiteres Defizit festzustellen. Wolfgang Hess, namhafter Redakteur bei „Bild der Wissenschaft“ brachte zu einem Vortrag in der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen ein Werbeheft mit „FORSCHER LIVE. Naturwissenschaftliche Berufe. Jobs mit Zukunft“. Es zeigt drei junge Frauen auf dem Titelbild, die für Berufe in der Chemie werben sollen. Das wird wohl so nicht gelingen, sehen sie doch mit Laborkitteln, wenig attraktiven Schutzbrillen, offen stehenden Mündern und Haarfransen im Gesicht ziemlich dümmlich aus. So verunstaltet sind Frauen offenbar gerade noch erträglich in der Männerdomäne Chemie! Das Institut Dr. Flad wirbt dagegen mit attraktiven jungen Frauen, ebenso Ratiopharm und Hexal, allerdings nur auf der mittleren Ebene der chemisch-technischen Assistentinnen.

Wieder nur Männer! In den Niveaukonkretisierungen der Bildungsstandards für 2004 werden bei der Klasse 10 unter dem Stichwort „Forscherpersönlichkeit“ vier Männer genannt.

Eine Frau kommt wie immer nicht vor. Die Mädchen freuen sich trotzdem über Menschen in der Chemie und mit Linus Pauling ist neben Berzelius, Liebig und Wöhler ein zweifacher Nobelpreisträger aufgenommen, der unsere Bewunderung verdient. Mit seinem Engagement gegen Atomversuche zeigt Linus Pauling doch sehr deutlich in seinem jahrzehntelangem Engagement für den Frieden, dass Naturwissenschaftler sehr wohl Anerkennung finden, wenn sie sich nicht nur für die Belange ihrer Wissenschaft, sondern auch gesellschaftspolitisch engagieren. Pauling hat auch zusammen mit Albert Schweizer und Martin Luther King gegen den Vietnamkrieg protestiert, sich gegen die Pershing II – Raketen- Stationierung gewandt und sich öffentlich bei Präsident Bush sr. gegen eine Eskalation am Golf nach Sadam Husseins Einfall in Kuweit eingesetzt Die Lehrplanmacher aber sagen im Bildungsplan 2004 für Baden-Württemberg (S.194): „Der Chemieunterricht soll dagegen vermitteln, dass sich aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen allein keine Werte und Normen für das

gesellschaftliche Leben ableiten lassen. Für die verantwortungsvolle Anwendung des chemischen Wissens zur aktiven und konstruktiven Mitgestaltung der Gesellschaft ist daher die Zusammenarbeit mit nicht naturwissen-schaftlichen Fächern bzw. anderen gesellschaftlichen Gruppen oder Institutionen notwendig.“ Diese Aussage aus dem „Erwerb allgemeiner Kompetenzen“ passt nicht zur Betonung der besonderen Verdienste von Linus Pauling.

Fazit: Mädchenbelange berücksichtigen, Forscherinnen sichtbar machen, Fakten an Bio-grafien knüpfen, sprachliche Methoden einbeziehen und auch attraktive Frauen in chemischen Berufen zeigen.

b) Der Chemieunterricht ist zu wenig „handgreiflich“

Langeweile lässt sich natürlich durch Schülerexperimente vertreiben, wenn sie nicht zu einfach sind. Bei Gruppen, die in Klasse fünf und sechs bei mir in den Naturphänomenen ausgiebig chemisch experimentiert haben, besteht die Gefahr, dass für sie manches eine Wiederholung ist. Wenn einmal alle Fünftklässler, wie es im Schuljahr 2004/2005 begonnen wurde, im Fach Naturphänomene gewesen sind, kann die erste Chemieeinheit der Stoffeigen-schaften und Stofftrennungen entfallen. Was sie allerdings erhaltenswert macht, ist die Teilchenvorstellung bei diesen Vorgängen, die in Klasse fünf und sechs noch kein Thema war. Ich beschreibe mit der Herstellung von Kochsalz aus Steinsalz ein Schülerexperiment in mehreren Schritten zum Einstieg in den Chemieunterricht. Seit Jahren bin ich auf der Suche nach einem Experiment, das in der Wiederholung in Klasse 9 der Steinsalzreinigung gleichwertig sein und sie ersetzen könnte, leider bisher ohne Erfolg. Die Arbeit mit dem Steckbaukasten zur Sauerstoffgewinnung in Raumstationen ist eine andere Art von Handgreiflichkeit, die meine Schüler meist sehr schätzen.

Stoffe trennen auf Grund ihrer unterschiedlichen Eigenschaften. In den neuen Bildung-standards werden am Anfang immer noch alle nur denkbaren Stoffeigenschaften aufgezählt.

Bei mir stellen seit Jahren zu Beginn des Chemieunterrichts in Klasse 9 die Schüler/innen aus Steinsalz Kochsalz her und lernen dabei mit vielen neuen Geräten umzugehen. Die Verfahren zur Trennung sind auf Grund der unterschiedlichen Stoffeigenschaften der zwei oder auch drei beteiligten Stoffe erfolgreich. Das Steinsalz im Mörser zerkleinern – das Gemisch im Becherglas in Wasser auflösen – die Emulsion durch ein Faltenfilter im Trichter in einen Erlenmeyerkolben filtrieren – das Wasser in einer Petrischale verdunsten lassen bzw. eine Variation für die nächste Stunde, das Wasser in einer Abdampfschale auf dem Dreibein mit Netz verdampfen lassen. Der Vorgang gelingt, weil 1. Salz sich in Wasser löst, Steinchen und Verunreinigungen nicht und 2. Wasser verdunstet, bzw. verdampft, Salz aber nicht. Im Protokoll werden die neuen Geräte und Begriffe unterstrichen. Bis zur nächsten Stunde sind die kubischen Kochsalzkristalle gewachsen und vermutlich der Wunsch von Schülerseite geäußert, weitere Kristalle zu züchten. Anbieten kann man im N- Profil mit dreistündiger Chemie Kupfersulfat oder Kaliumpermanganat, bei der die Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit thematisiert wird. Will man schnell Kochsalz erhalten, muss der Gasbrenner eingeführt werden, der erst das „richtige“ chemische Arbeiten ermöglicht. Ich schraube einen Brenner auseinander, die Schüler/innen werden zum Nachmachen aufgefordert, ein

„Herumspielen“ an Gas- und Luftzufuhr ist vor jeder Inbetriebnahme unserer Brenner erforderlich. Mit dem Thermofühler demonstriere ich die verschiedenen Temperaturzonen (bis 1100 Grad Celsius), und dann muss jeder Schüler und jede Schülerin den Brenner einmal an- und wieder ausmachen. Die „Notausanlage“ wird dabei überprüft. Ich versuche in den folgenden Wochen, den Brenner in jeder Stunde zum Einsatz zu bringen, um bei allen eine gewisse Routine zu erreichen.

Wenn wir unseren Aufenthaltsort in die Wüste verlegen, spielt Salz keine große Rolle, aber das Wasser unserer Salzlösung. Wie lässt es sich gewinnen? Im Gespräch wird eine Apparatur entwickelt, die zum Destillieren führt. In der Sammlung fehlen häufig die passenden

Ableitungsröhrchen und eine Sternstunde des Chemieunterrichts nimmt seinen Lauf, falls sie nicht schon bei den „Naturphänomenen“ als Zehnjährige diese Erfahrung machen konnten.

Die Schülerinnen und Schüler erleben, dass Glas sich schneiden und biegen lässt; außerdem erfahren sie hoffentlich für ihr Leben, dass vorgefundene nicht optimale Bedingungen sich ändern lassen. Das Destillieren wird von den schnell arbeitenden Paaren mit Kaliumpermanganat wiederholt, um letzte Zweifel auszuräumen, dass Salze nicht mit

„übergehen“. Kaliumpermanganat ist nach Salz und Wasser der dritte Stoff, der in meinem Unterricht immer wieder vorkommt. Kaum jemand kennt ihn noch als Gurgelmittel bei Halsweh, wie er sich in der Hausapotheke meiner Mutter befand. Dem blinden Schüler Jakob Hermann, den ich zwei Jahre in Chemie und Biologie unterrichtet habe, verhalf er zu einem Ersatzerlebnis für die für ihn nicht wahrnehmbare Veränderung der lila gefärbten Lösung zum glasklaren Destillat. Ich habe ihn beides probieren lassen.

Steckbaukästen sind besser als nur Theorie. Im ersten Jahr in Klasse 9 stehen Schülerexperimente bei mir im Mittelpunkt, im zweiten Jahr in Klasse 10 überwiegt schon die Theorie. Da sind die Steckbaukästen zum „Begreifen“ besser als gar nichts. In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal „Reaktionsgleichungen“ von allen basteln lassen, indem links und rechts nach dem Gesetz von der Erhaltung der Masse gleich viele Atome in unterschiedlicher Kombination vorliegen müssen. Der Ausgangspunkt war ein Zeitungsartikel zum Thema

„Leben im All“: „Der Sauerstoff muss chemisch hergestellt werden.“ In einer Raumstation, die thermodynamisch ein „geschlossenes System“ darstellen soll – so die Zukunftsvision - kann Energie z. B. in Form von Sonnenenergie aufgenommen werden, Stoffe aber nicht. Der Sauerstoff der Atemluft wird aus Wasser mit Hilfe einer Elektrolyse gewonnen, der Strom wird von Solarzellen geliefert.

2 H2 O 2 H2 + O2

In wenigen Jahren soll, so der Zeitungsartikel aus dem Jahr 2002, mit dem Kohlenstoffdioxid der Ausatmungsluft und dem Wasserstoff aus der Elektrolyse wieder Wasser für weitere Elektrolysen und Methan als Treibstoff für die kleinen Raketenmotoren produziert werden, die zum Steuern im Weltraum notwendig sind.

CO2 + 4 H2 C H4 + 2 H2 O

Allerdings braucht man zur Verwertung des Methans als Treibstoff natürlich Sauerstoff zur Verbrennung, der aber auch der Mannschaft zum Atmen dienen muss.

C H4 + 2 O2 CO2 + 2 H2 O

Ich hatte den Eindruck, dass bei einigen Schülern und Schülerinnen jetzt endlich, indem die Teilchen vor und nach der Reaktion vor ihnen auf dem Tisch lagen, klar wurde, was bei einer chemischen Reaktion vor sich geht und was es mit dem Gesetz von der Erhaltung der Masse auf sich hat. Mit diesen Modellen lässt sich schon bei der Behandlung der Atombindung in Klasse 10 ein Zuckermolekül basteln. Im ersten Schritt haben die Schülerinnen und Schüler alle Freiheiten des Zusammensteckens von 6 C- Atomen, 6 O- Atomen und 12 H- Atomen und erhalten eine Ahnung von der Vielfalt der organischen Verbindungen. Dann wird Schritt für Schritt eingeschränkt. Zunächst müssen alle C- Atome in einer Reihe zusammenhängen;

dann darf an jedes C- Atom nur ein O- Atom angehängt werden; zuletzt muss ein doppelt gebundenes O- Atom an C1 = Glucose oder an C2 = Fruktose sitzen.

Zusammengefasst: Wenn sich schon nicht immer ein für Schülerhände geeignetes Experiment finden lässt, dann sind die Steckbaukästen wenigstens ein schwacher Ersatz.

Besser jedenfalls, als wenn es nur einen Aktiven im Raum – die Lehrkraft – gibt.

c) Der Chemieunterricht fasziniert kaum jemanden

Die Faszination der Experimente zeige ich an Hand der „Natriumchlorid-Synthese“, den

„Naturfarbstoffen“, den „pH-Indikatoren“ und der Fortbildung „Farben und Quantenchemie“.

„NO“ und andere Radikale werden von mir angesprochen, die während meines Studiums kaum eine Rolle gespielt haben. Man muss selbst noch fasziniert sein. Zur Vermittlung der faszinierenden Seiten der Chemie muss ein Lehrer oder eine Lehrerin selbst noch fasziniert sein oder doch wenigsten Spuren der alten Faszination in sich spüren. Es gibt Dinge, die ich vermutlich schon dreißig mal unterrichtet habe und die ich immer noch faszinierend finde. Im experimentellen und gleichermaßen theoretischen Bereich fällt mir dazu spontan die

„Kochsalzsynthese“ ein, ein etwas „kniffeliges“ Lehrerexperiment, an dem ich schon manchmal eine ganze Schulstunde herumgetüftelt habe. Normalerweise läuft es aber schneller ab und irgendwann ging es bei der 10c in wenigen Minuten vonstatten. Dazu muss, während ein Natriumstückchen in einer Magnesiarinne in einem Glasrohr zum Schmelzen gebracht wird, gleichzeitig ein satter Chlorstrom über das Natrium streichen. Dann kommt es zu einem grellgelben Aufleuchten und aus den beiden unangenehmen Stoffen – Chlor giftig, ätzend, stinkend und Natrium, in Luft sofort oxidierend und gefährlich in Berührung mit Wasser – wird als weißer Beschlag das allgegenwärtige, für Menschen und Tiere wichtige Kochsalz am Glasrohr sichtbar. „Kann man das jetzt wirklich essen?“ werde ich regelmäßig von einer Schülerin oder einem Schüler gefragt. „Ja, natürlich.“ Ganz geheuer ist mir die Sache aber nicht und deshalb wird wegen evt. noch vorhandener Natriumreste lieber vorher umkristallisiert. An Hand der würfeligen Kristalle lässt sich dann beweisen, dass wirklich Natriumchlorid entstanden ist. Wenige Wochen später kommt dann der theoretische Hintergrund dieser Reaktion ins Blickfeld. Es wird klar, was ich ebenfalls faszinierend finde, dass bei dieser eindrucksvollen Reaktion nichts weiter passiert ist, als dass ein fast masseloses Teilchen, ein Elektron, von jedem Natriumatom zu jedem der vorhandenen Chloratome wanderte und wir das stabile Kochsalz vor uns haben. An ihm sind die Schülerinnen und Schüler, zumindest im N- Profil im Biologiepraktikum, beim Versuch es im Reagenzglas zu schmelzen meist gescheitert!

Es gibt einfach hochinteressante Stoffe. Erwähnen will ich die Naturfarbstoffe, mit denen sich durch Beizen oder mit einem etwas veränderten pH–Wert vielfältige Farbnuancen an Wolle oder Seide erzielen lassen. Das Johanniskraut mit seinem Wirkstoff Hypericin, zu dem im Tübinger „Studium generale“ Prof. Zeller im Dezember 2000 eine interessante Vorlesung gehalten hat, könnte von den Naturphänomenen bis in die neue Kursstufe ein spannendes Thema im Chemieunterricht sein. Hierher passt vielleicht auch das „Praktikum Indikatoren“, das ich vor Jahren in einer AG entwickelt und jetzt im Jahr 2004 zum ersten Mal im Unterricht eingesetzt habe. Die sauren und alkalischen wässrigen Lösungen sind dazu da, die Indikatoren und die pH-Wert-Skala einzuführen. Über den „sauren Regen“ wissen Schüler und Schülerinnen schon Bescheid, spätestens wenn im Chemieunterricht Schwefel verbrannt und das Schwefeldioxid in Wasser aufgelöst wird. Unser Ausgangspunkt fand sich im Video

„Living Lakes“, in dem der stark alkalische Mono Lake in Kalifornien vorkommt. Aus der Encarta Enzyklopädie 2002 (Microsoft) gebe ich einen Text aus: „Die chemische Zusammensetzung des Sees ist einzigartig – er ist dreimal salziger als Meerwasser. Eine stark alkalische Mischung aus Carbonaten, Bicarbonaten und Sulfaten bewirkt eine so hohe Wasserdichte, dass selbst Bimssteinstücke, die man am Ufer findet, darauf schwimmen.“ Zur Bearbeitung erhielten die Schülerinnen und Schüler das folgende Arbeitsblatt. Bei Versuch 5 wird folgendermaßen vorgegangen: Die Schüler und Schülerinnen stellen sich verschieden verdünnte Natronlaugen her und teilen sie jeweils auf zwei Reagenzgläser auf. In das erste RG geben sie Universalindikator und stellen den pH-Wert fest, ins zweite kommt der Indikator Phenolphthalein.