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Eine leistungsstarke Schule soll

10. Ihre Qualität durch ständige Evaluation kontinuierlich verbessern

1.3. Mein biografischer Zugang

Studium: Biochemie zu studieren bedeutete nach einem von Justus von Liebig ab 1825 in Gießen entwickelten Verfahren zu studieren, das mit „Learning by doing“ am besten zu umschreiben ist und innerhalb der Naturwissenschaften ein einmaliges emanzipatorisches Konzept bedeutete. Liebig richtete das erste chemische Forschungslaboratorium für Studenten ein und führte einen sich ständig verbessernden Unterricht durch. Bei Günther Bugge (1979, S.24) heißt es „Schritt für Schritt hat Liebig seine Schüler zu selbstständigem Denken und zu selbstständiger Arbeit erzogen. Noch heute wird im Wesentlichen nach seinen Plänen verfahren: es wird zuerst die qualitative Analyse erlernt, dann die quantitative, weiter werden Präparate hergestellt, und schließlich beginnt der Jünger der Wissenschaft mit eigenen selbstständigen Untersuchungen.“ Zu dem zuletzt Genannten ist es bei mir dann leider wegen der rasch gewachsenen Kinderschar nicht mehr gekommen, was ich bis heute bedaure. Bei näherer Überlegung finde ich eigentlich erst das organische Praktikum, was ja auch Liebigs Arbeitsgebiet war, entscheidend für ein selbständiges Arbeiten im Chemie- Studium.

Gegenüber dem herkömmlichen Lehramtsstudiengang gab es bei meinem Studium durch den breiten Raum, den Biochemie und physikalische Chemie einnahmen, beste Vorraussetzungen für den Fächer verbindenden Unterricht innerhalb der Naturwissenschaften. Nach dem Vordiplom in den Fächern Anorganische und Organische Chemie, Physiologische und Physikalische Chemie fand meine „wissenschaftliche“ Laufbahn bald ein Ende, da inzwischen meine Tochter Christine mit gut zwei Jahren, mein Sohn Jochen mit zehn Monaten und die nächste Schwangerschaft im sechsten Monat einfach keinen Raum mehr zu den großen Praktika nach dem Vordiplom boten.

Praktikantin: In den Semesterferien der Anfangssemester habe ich regelmäßig in einem analytischen Labor mit quantitativen Metallanalysen gearbeitet und annähernd die Routine einer chemotechnischen Assistentin erlangt. Das wurde mit so genannten „Normalproben“

nachgewiesen, die parallel mit bearbeitet wurden und deren Metallanteil exakt bekannt war.

Gemessene Abweichungen von diesen Proben legten dann den Schluss nahe, dass auch die anderen Proben keine exakten Ergebnisse geliefert hatten.

Referendarin: Folgende Beobachtung, die ich als Referendarin 1974 im Wildermuth- Gymnasium in Tübingen machte, war für mich sehr aufschlussreich: Der Unterricht fand in Chemie und Biologie wie überall im fragend- entwickelnden Verfahren statt und spielte sich zwischen der Lehrkraft und zwei oder drei Schülern und Schülerinnen ab, wie ich beim Hospitieren beobachtete. Merkwürdigerweise trat eine Änderung ein, sobald ich für circa sechs Stunden den Unterricht übernahm. Nun beteiligten sich plötzlich ganz andere und ehemals engagierte und interessierte Schüler und Schülerinnen verschwanden in der schwei-genden Masse. Ich beschloss für meinen zukünftigen Unterricht nach Möglichkeiten zu suchen, alle Kinder am Unterricht zu beteiligen.

Lehrerin: Das war die Intention an der integriert- differenzierten Gesamtschule in Tübingen, an der meine Lehrerinnenlaufbahn mit kleiner Fakultas in Chemie und Biologie 1975 begann.

Im Zentrum des Unterrichts stand das Schülerexperiment. Die Herausforderung damals bestand z. B. darin, bis Ende der Hauptschulzeit, also bis zum Ende von Klasse neun alle Schüler und Schülerinnen in einer gemeinsamen Lerngruppe in Chemie und Biologie zu unterrichten. Die Fächerintegration hörte am Ende von Klasse acht auf. Da war es selbstverständlich, Gedankenkonstrukte wie das Mol handgreiflich auszustatten – jeder musste ein Mol Teilchen abwiegen! Gelegentlich gelang auch eine Binnendifferenzierung wie z. B. beim Vergleich von Mensch und Affe. Während die weniger Begabten sich ein Experiment zum Messen des Gehirnvolumens beim Mensch und verschiedenen Affenarten ausdenken und es anschließend ausführen mussten, gab es für andere Kurzfilme zum Werkzeuggebrauch und für die Anspruchsvollsten Texte zum Spracherwerb von Affen. Was vielleicht ungewöhnlich ist an unserer Schule, aber öfter vorkommt, ist die Tatsache, dass

Lehrkräfte in allen drei weiterführenden Schultypen unterrichten. Natürlich ist bekannt, dass der Aufwand beim Korrigieren im Gymnasium mehr Zeit beansprucht als in der Hauptschule, dass das Unterrichten in der Hauptschule aber ganz eindeutig nur bei Lehrkräften mit pädagogischen Fähigkeiten funktioniert. Auch heute noch bin ich in allen drei Schularten, in Haupt-, Realschule und Gymnasium, zu Hause. In einer äußerst schwierigen Hauptschulklasse vor vier Jahren, in der mehrere stark von zu Hause unterdrückte muslimischen Mädchen mit brachliegenden Talenten, einigen mit ihrer ganzen Lebenssituation unzufriedenen, in der Hauptschule eher unterforderten Gruppe von männlichen Aussiedlern und wenigen tatsächlich mit Lernschwierigkeiten behafteten deutschen Jugendlichen zusammentrafen, habe ich ein dreitägiges Projekt initiiert und nicht ohne Schwierigkeiten, aber mit viel Resonanz durchgeführt. Es wird später kurz skizziert und hieß: „Augen auf beim Kleiderkauf“.

Meine Beziehung zur Mathematik möchte ich als „unerfüllte Liebe“ bezeichnen. In der Schule war sie ganz klar mein Lieblingsfach, in dem ich gut und manchmal glänzend war. Als Mädchen ist mir allerdings nie der Gedanke gekommen, Mathematik studieren zu wollen. An der Universität in Tübingen gab es zu meiner Zeit eine hinreißende Vorlesung: „Mathematik für Chemiker und Biologen“, vielleicht auch für „Nichtmathematiker“ von Prof. Wilhelm Schweizer, gleichzeitig Direktor des Keplergymnasiums. Diese Veranstaltung fand zwei Semester lang sommers wie winters von montags bis freitags von 7.15- 8.00 statt und stellte hohe Anforderungen an die Disziplin, die ich nicht immer aufgebracht habe. Was der begeisterte Pädagoge zu sagen hatte – meiner Schwester Dorle verdanke ich ein vollständiges Manuskript – habe ich mehrmals wieder durchgearbeitet. Im Jahr 1991/92 ergab sich aus einem Mangel an Mathematiklehrern an der Geschwister- Scholl- Schule die Möglichkeit für mich, fachfremd in der fünften und sechsten Klasse Mathematik zu unterrichten. In den insgesamt 13 oder 14 Lehraufträgen, die ich in den folgenden sieben Jahren in einer der beiden Klassen als Klassenlehrerin mit Biologie als zweitem Fach gehalten habe, ist meine Begeisterung für dieses Fach ständig gewachsen. Vielleicht können die folgenden Stichworte zeigen, in welche Richtung mein Mathematikunterricht gelaufen ist: naturwissenschaftlich Mathematik betreiben mit Waagen, Landkarten, Busfahrplänen, Medaillenspiegeln, Mond- und Sonnendaten, beim Denken zuschauen, Katrin und die Elferteilungsregel, Mathematik- Olympiade, Aufgaben erfinden im Förderunterricht, Minderheitenschutz, intelligentes Runden. Für den Chemieunterricht hat sich die Erfahrung sehr positiv ausgewirkt, weil seither bei allen Rechnungen nicht nur die Maßzahlen, sondern auch die Maßeinheiten stimmen.

Mutter: Meine eigenen drei Kinder und ihre Freunde kannte ich als neugierig, wissbegierig, hartnäckig fragend, heftig arbeitend, wenn sie etwas interessierte. Meine Tochter Christine fand irgendwo ein Kinderlexikon mit Bildern von Gegenständen und dem deutschen, englischen und französischen Begriff. Das fand sie praktisch – zwei Fremdsprachen auf einmal zu lernen. In der Grundschule gab es damals für sie Englisch ab Klasse drei. In den Sommerferien in Schweden hat sie sich etliche Brocken Schwedisch beigebracht mit Hilfe eines Buches über Patiencen. Die Regeln für das Legen der Karten hat sie Abbildungen ent-nommen und dann den Text der Anleitungen übersetzen können. Mein Sohn Jochen zeichnete früh sehr verwinkelte Gebäude, z. b. fünfeckige Türme mit Balkons samt umlaufendem Geländer, perspektivisch korrekt, fand ich. Später überraschte ich ihn an meiner Nähmaschine – eine Einweisung hat er nie gebraucht – wie er mit selbst hergestelltem Schnittmuster ein Turnierhemd für seine Tanzwettkämpfe nähte. Mein Sohn Volker übertraf alle im Kopf-rechnen und machte seinen Geschwistern vor, wie man 199 plus 199 rechnet – vermutlich war er damals im ersten Schuljahr. Er war einer Zuschauergemeinde sicher, wenn er, noch mit Schwimmflügeln am Arm, pfeilschnell meterweite Kopfsprünge ins Wurmlinger Lehr-schwimmbecken setzte. In der Grundschule Winkelwiese/ Waldhäuser- Ost bei Schulleiterin Liegle war mir nie ein Zweifel gekommen, dass meine Kinder dort optimal betreut und gefördert wurden. Grundschulen sind auch heute noch Gesamtschulen und können niemand

abschieben, wollen das aber auch ganz offensichtlich nicht. Hartmut von Hentig betont, dass er Erzieher war bevor er Lehrer wurde, und betrachtet das als glücklichen Umstand für seine Schüler und Schülerinnen. Ich war Mutter, bevor ich Lehrerin wurde, und das hat meine Einstellung zu meinen Schülern und Schülerinnen ebenfalls nachhaltig geprägt. Was wollte ich anders machen? Die Antwort fand ich bei Erich Fromm, der Bachofen zitiert: „Mütter lieben alle ihre Kinder, so unvollkommen und unvermögend sie auch sein mögen. Väter sind auf der Suche nach dem Lieblingssohn, der tüchtig und erfolgreich ist.“ Weiter fand ich heraus, dass unsere Schulen von Männern für Jungen gemacht wurden und Mädchen dort mit unterrichtet werden. Die Vorstellungen von Lehrerinnen kommen insbesondere in den Naturwissenschaften nicht vor. Nach wenigen Monaten Schulpraxis war ich Feministin geworden. Meine Intention, allen so viele Kenntnisse und Fähigkeiten wie möglich beibringen zu wollen, stand konträr zum Vorhaben, die Besten auszuwählen. An einem der ersten „Pädagogischen Tage“ habe ich nach einem Referat von Andreas Flitner die Frage gestellt, warum man die Schwächsten nach Klasse neun aus der Schule entlässt, die Intelligenten aber bis Klasse dreizehn weiter lernen dürfen.

Integrierte Naturwissenschaften ab Klasse fünf: Anfangs gab es viel Motivation und Aufbruchstimmung, ich kam 1975 dazu, als wir als ungefähr zehnköpfiges Gremium mit Wolf- Dieter Hasenclever das Curriculum für einen integrierten Naturwissenschaftsunterricht für Schüler und Schülerinnen aller Schularten konzipierten. Das Schülerexperiment stand im Mittelpunkt und inhaltlich wurde zusammengefügt, was aus Kindersicht zusammengehört. Ich zitiere mich aus der Broschüre „Wortmeldungen“, die der Lehrerarbeitskreis der Grünen zur Lehrplanrevision von 1994 anlässlich der Landtagswahl 1996 herausgegeben hat:

„Lehrplanrevision hätte 10- jährigen Kindern das Fach „Naturwissenschaften“ bescheren können, in dem ihre Fragen nach dem Funktionieren des eigenen Körpers, nach Lebewesen und Vorgängen in der Natur, nach Stoffen, sowie Stoffveränderungen durch eigenes und partnerschaftliches Experimentieren beantwortet werden. In einer Unterrichtseinheit „Ohr und Schall“ z. B. lässt sich herausfinden, wie Töne erzeugt werden, wie die Schallgeschwindigkeit selbst ausgemessen werden kann und wie Laute im Ohr wahrgenommen werden. Oder die Schüler und Schülerinnen erproben Methoden der Wasserreinigung, z. B. Dekantieren, Filtrieren und Destillieren, und überprüfen die Wasserqualität ihrer heimischen Gewässer.

Stattdessen werden sie wie bisher mit ihren Fragen nach physikalischen und chemischen Sachverhalten im Gymnasium drei bzw. vier Jahre auf Klasse acht oder neun vertröstet, wenn die biologischen Fakten über das Ohr längst vergessen sind und sie sich das Fragenstellen häufig schon abgewöhnt haben. Diese Aufsplitterung in Spezialdisziplinen ist an der gymnasialen Oberstufe sicher notwendig, für Kinder macht sie aber überhaupt keinen Sinn.“

Soweit das Zitat. Ich war damals an den Unterrichtseinheiten „Wasser“, Teilchenmodell“,

„Boden“, „Erdöl und Energie“ und „Verhaltenskunde“ beteiligt. Heute gibt es wenigsten die

„Naturphänomene“, die leider noch nicht alle Kinder erreichen und Fächerverbände sind wieder im Kommen.

Soziales Lernen in den Naturwissenschaften: Im bundesweiten Zusammenhang engagierte ich mich, obwohl allein erziehend mit drei Kindern ziemlich stark familiär eingespannt, schon im ersten Jahr als Lehrerin bei der GGG (Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule) im AK „Soziales Lernen in den Naturwissenschaften“. Für das soziale Lernen waren eigentlich andere Fächer zuständig wie Religion oder Gemeinschaftskunde, für mich war aber der umfassendere Blick auf die Unterrichtsthemen prägend und ich habe ihn bis heute beibehalten. Als Ergebnis eines solch sozial lernenden Schülers, Mädchen hatte damals noch niemand im Blick, erwarteten wir einen kreativen, kooperativen, geschichts- und zukunfts-bewussten und politisch engagierten Menschen. Die Ergebnisse sind in einer Broschüre der GGG nachzulesen. Ich habe eine Einheit „Erdöl und Energie“ aus unserem integrierten Curriculum vorgestellt und sie um das Thema „Ölverschmutzung der Meere und Gegenmaßnahmen“ erweitert. Dabei handelte es sich um einen arbeitsteiligen

Gruppen-unterricht mit einer experimentierenden Gruppe; die anderen hatten Texte zu bearbeiten über Folgen des Öls bei Tieren und Pflanzen, internationale Schutzabkommen und Überwachungsmöglichkeiten.

Kommunalpolitik: Ab 1984 saß ich als Stadträtin der „Alternativen Liste“ im Schul-, Umwelt- und Kulturausschuss des Tübinger Gemeinderats statt. Dort setzte ich mich dafür ein, dass die Hauptschulen mit den schwierigsten Schülern und Schülerinnen nicht mit den geringsten Lehrmittelzuweisungen auszukommen hatten, während die Gymnasien, insbeson-dere die gymnasiale Oberstufe, sich der größten Geldmittelzuweisung erfreuen durften. An einer Gesamtschule lassen sich die Anforderungen an die Lehrkräfte der verschiedenen Schularten, wie es sich auch bei uns nach der Umwandlung der integrativ- differenzierten in eine kooperative Gesamtschule ergab, gut vergleichen. Häufiger Methodenwechsel, kleine Schritte, Handlungsorientierung sind in der Hauptschule erfolgreicher als die Kopfarbeit im Gymnasium. Dazu sollte es am erforderlichen Anschauungsmaterial nicht fehlen.

Projektunterricht: Seit Anfang der achtziger Jahre fanden an unserer Schule regelmäßig am Ende des Schuljahres Projektwochen statt, die mit viel Engagement und Aufwand organisiert wurden. Meine Themen waren z. B. „Biologische, chemische und physikalische Untersuchung an der Echaz von der Mündung bis zur Quelle“, „Amnesty international“,

„Tänze einstudieren und einen Rock dazu nähen“, „Wollefärben mit Naturfarben“,

„Donauuntersuchung“, „Kosmetika herstellen“, „Menschenrechte für Kinder“, „Chemisch experimentieren lernen“, „Nachwachsende und fossile Rohstoffe vergleichen“, „Aids eine Krankheit – zwei Welten“ usw.. Am IPN in Kiel nahm ich 1982 bei Prof. Karl Frey an einer Fortbildung zur Projektmethode teil und bin seither überzeugt, dass so intensiv, engagiert, mit viel Spaß und Kreativität in der Schule gearbeitet werden kann.

Landesarbeitsgemeinschaft Schule: Seit 1992 arbeite ich beim damaligen LAK (Landes-arbeitskreis), heute heißt er LAG (Landesarbeitsgemeinschaft) Schule der Grünen im Landtag von Baden- Württemberg. Ich habe beim Landesfrauenrat 1993 den Lehrplan Chemie aus Lehrerinnen- und Schülerinnensicht beurteilt, wenig Gutes vorgefunden, abgesehen von den neuen „Fächer verbindenden Themen“ und so gut wie keine Resonanz dieser Arbeit im Lehr-plan bemerkt. Unter der Leitung von Monika Schnaitmann als bildungspolitischer Sprecherin der Landtagsgrünen gab es von 1994 – 1995 insgesamt elf „runde Tische zur Schulreform“

mit bis zu 60 Teilnehmenden aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Von alarmierenden Signalen wie TIMSS und PISA noch nicht aufgeschreckt, gab es bei der Landesregierung unter der Kultusministerin Schultz- Hecktor kaum ein Interesse. Fazit: Frage eines ratlosen Referendars: „Warum werden die seit Jahrzehnten vorhandenen Reformideen nicht umgesetzt?“ Ratschlag eines ebenfalls ratlosen, von mir dennoch sehr geschätzten Professors der Erziehungswissenschaften: „Bis in der Kultusministerbürokratie etwas bemerkt wird, kann man eine ganze Menge Reformen einfach machen!“

Netzwerk „Frauen verändern Schule“: Ich bin seit über 10 Jahren im Organisationsteam des „Netzwerks Frauen verändern Schule“ und habe mit anderen Frauen gemeinsam mädchengerechte Lerninhalte entwickelt, über neue Entwicklungen berichtet, Frauen-vertreterinnen unterstützt und einen Netzbrief heraus gegeben. Aus dem Jubiläumsnetzbrief

„Zehn Jahre Frauen verändern Schule“ vom Herbst 2002 stammt folgendes Fazit:

Fortbildungen gestalten: Wir Lehrerinnen vom „Netzwerk Frauen verändern Schule“ haben uns gegenseitig befähigt, Fortbildungen zu mädchengerechtem Unterricht zu veranstalten.

Erstmals fand das im Jahr 1994 beim DIFF (Deutsches Institut für Fernstudien) mit dem Seminar „Frauen machen Schule“ statt; kurz darauf ließen wir uns dort auch selbst bei einer Tagung „Seminare erwachsenengerecht gestalten“ weiterbilden. Dann folgten Fortbildungen bei der GEW und anderen Trägern mit Themen wie „Mädchen interessieren und befähigen“,

„Mädchen lernen anders“, „Selbstbewusste Mädchen in der Schule“, „Naturwissenschaftliche Fächer – eine Chance für Mädchen? Mädchen - eine Chance für naturwissenschaftliche Fächer!“ unter der Leitung von Elisabeth Frank mit Hans Muckenfuß. Bei der Landeszentrale

für politische Bildung gab es Seminare mit folgenden Themen: „Soziale Kompetenzen in der Schule“, „Reizwort Feminismus“ und „Nicht für die Schule lernen wir… Wie fördert Schule Mädchenwege in die Arbeitswelt?“ Im „Aktionskreis Frauen bilden“, einem Zusammenschluss von sieben akademischen Frauenfortbildungsgruppen, gab es einen Workshop zu „Frauen und neue Medien“, an dem ich nur an der Konzeption beteiligt war, dann aber als Fortzubildende teilgenommen habe. Eine andere Tagung trug den Titel

„Technikverständnis – männliche Euphorie, weibliche Distanz“, die ich maßgeblich mitgestaltete. Insgesamt haben inzwischen über dreißig Fortbildungen unter meiner Mitwirkung oder Leitung stattgefunden. Das „Netzwerk Frauen verändern Schule“ hat mehrfach das Kultusministerium in Stuttgart und die vier Oberschulämter über unsere Aktivitäten informiert, Listen mit Referentinnen und Themen angegeben und angefragt, ob es ein Interesse daran gibt, unsere Arbeiten in die Lehrerfortbildung zu integrieren. Außer dem Eingang des Schreibens, das von Freiburg und Karlsruhe bestätigt wurde, gab es nie auch nur den Hauch einer Resonanz. Kürzlich hat die Akademie in Donaueschingen um Referenten und Referentinnen geworben, ein absolutes Novum.

Anhörungen der Grünen im Landtag: Themen waren die TIMS- Studie, „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“, die Studie von Nordrheinwestfalen oder kürzlich die

„Bildungsstandards“. Als Außenseiterin stand ich mit meiner Meinung bei NRW- Studien- Diskussion da, als ich bemerkte, dass in Baden- Württemberg alle Innovationen der letzten Jahre in der Grundschule entwickelt worden waren z. B. unter den Stichworten „Freiarbeit“,

„Wochenplan“ oder „Lernzirkel“. Das sind Entwicklungen zu selbst bestimmtem, indivi-duellem Lernen. Leider sei das Ansehen der beinah ausschließlich weiblichen Lehrkräfte der Grundschulen in der Schulhierarchie ganz unten angesiedelt , während die reformresistenten Lehrkräfte der Gymnasien - hier besonders die Männer und unter den Männern besonders die mit den naturwissenschaftlichen Fächern - ganz oben in der Hierarchie stehen und leider an keinerlei Reform interessiert sind. Das einstündige Fach „Naturwissenschaftliche Lernin-halte“, das für die Bildungsreform von 1994 für Klasse elf vorgeschlagen worden war, hatten sie damals gleich erfolgreich abgewehrt. Prof. Weinmann, ein Gründungsvater der Gesamt-schule, und Leiter des Tübinger Studienseminars sagte damals nach der Anhörung zu mir:

„Frau Klein, die Gymnasiallehrer ändern Sie nicht!“ Inzwischen hat immerhin IGLU (Internationale Grundschul-Leseuntersuchung) meine Ansicht bestätigt – in den Grundschulen wird sinnvoll gearbeitet, die Defizite treten später auf.

Neues Fach Naturwissenschaften und Technik: Mein Interesse und meine Fähigkeit zur Mitwirkung am neuen Fach NuT (Naturwissenschaft und Technik) habe ich bei zwei Fort-bildungen eingebracht, im Juli 1999 in Donaueschingen bei der Fortbildung „Das Praktikum im N- Profil“ und im Januar 2000 auf der Comburg beim pädagogischen Lehrgang „Weiter-entwicklung des Biologie- und Chemieunterrichts an Gymnasien“. Im Februar 2000 leitete ich bei der „Landeszentrale für politische Bildung“ in Bad Urach mit Unterstützung durch Herrn Templ selbst ein Seminar zum neuen Fach in den Naturwissenschaften mit dem Titel

„Globales Lernen in den Naturwissenschaften“, das ich auch konzipiert hatte, nachdem von der Kultusverwaltung weiter kein Interesse an meinem Engagement bestand. Die Doku-mentation ist Ende 2002 erschienen und kann bei der Landeszentrale oder bei mir bestellt werden. Im Zentrum stehen unter den Stichworten „Faszination“, „Nachhaltigkeit“, Kom-plexität“, Ambivalenz“, Parteilichkeit“, „Medienkompetenz“ und „Verantwortung“ sieben Werkstätten, in denen Naturwissenschaften auf eine „etwas andere“ als die übliche Art vermittelt werden. Im Faltblatt der Ausschreibung steht:„Das neue Fach will stärker als bisher Akzeptanz bei Schülerinnen und Schülern für die Naturwissenschaften erzeugen. In

„Modulen“ soll Fächer verbindend, experimentell, Computer gestützt und im Team unterrichtet werden. Wir wollen mit diesem Seminar zusätzlich globale, soziale und ethische Aspekte einbeziehen, weil junge Menschen Orientierung in einer komplexen und widersprüchlichen Welt suchen und Möglichkeiten zum Handeln finden wollen. Lehrend und

lernend wollen wir diskutieren und computern, experimentieren und philosophieren, im Weltraum schweben und in Koffern und Kisten wühlen.“

Kisten und Koffer: Mit diesen Materialien können Kinder und Jugendliche allein arbeiten.

Sie sind also für „Freiarbeit“ konzipiert und erschließen Themen, an die sich Lehrer und Lehrerinnen bei Fächer verbindenden Projekten möglicherweise nicht herantrauen, weil sie fachfremd für sie sind. Experten für diese Materialien findet man im EPIZ (Entwicklungspädagogisches Informationszentrum) in Reutlingen. Die Wasserkiste, an deren Erstellung ich beteiligt war, ist inzwischen auf zwei Kisten angewachsen und benötigt

Sie sind also für „Freiarbeit“ konzipiert und erschließen Themen, an die sich Lehrer und Lehrerinnen bei Fächer verbindenden Projekten möglicherweise nicht herantrauen, weil sie fachfremd für sie sind. Experten für diese Materialien findet man im EPIZ (Entwicklungspädagogisches Informationszentrum) in Reutlingen. Die Wasserkiste, an deren Erstellung ich beteiligt war, ist inzwischen auf zwei Kisten angewachsen und benötigt