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lnnengerichtete Ressourcenverteilung und Markenleitbilder

Im Dokument Steuerung von Markenportfolios (Seite 88-93)

Zur Konkretisierung der strategischen Rollen sind die einzelnen Marken des Port-folios hinsichtlich ihrer essentiellen Merkmale bzw. Fähigkeiten und damit ihrer Kernkompetenzen abzugrenzen. Analog zum RBV ist hierzu insbesondere auf die Merkmals- bzw. Ressourcenheterogenität der einzelnen Marken Bezug zu nehmen. Durch die inhaltliche Charakterisierung können somit die Besonderheiten und Einzigartigkeiten der verschiedenen Marken zum Ausdruck gebracht werden.

Um mit jeder Marke einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erzielen, haben die hinter den einzelnen Marken stehenden Ressourcen und Fähigkeiten den in Kap.

3.12 dargestellten formalen Anforderungen zu genügen. Damit die markenspezifi-schen Fähigkeiten eine wertvolle Ressource im Portfolio darstellen, müssen die einzelnen Marken einen aus Kundensicht wahrgenommenen Nutzen schaffen.

Folglich sind die Abnehmerbedürfnisse für die verschiedenen Marken des Portfo-lios zu identifizieren, nach innen in das Unternehmen zu kommunizieren und in den markenspezifischen Erstellungsprozess einzubinden. Ferner sollten die mar-kenspezifischen Fähigkeiten rar und begrenzt imitierbar sein. Die Kompetenz einer jeweiligen Marke kann nur dann Quelle eines Wettbewerbsvorteils für die Marke sein, wenn die anderen Marken des Portfolios bzw. Wettbewerber nicht über die gleichen Fähigkeiten verfügen.172 Insbesondere dann, wenn Marken größtenteils auf „weichen", intangiblen Faktoren beruhen, erscheinen die zu einer Marke gehö-renden Fähigkeiten in ihrer Summe nur begrenzt imitierbar. Letztlich entsteht die Marke ausschließlich im Kopf des Konsumenten und ist insoweit stets

immateri-172 Die geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass produktbezogene Dimensionen einer Marke (Mar-ke als Produkt, vgl. Abb. 6) zentrale Quellen eines mar(Mar-kenspezifischen Wettbewerbsvorteils darstellen, liegt i.d.R. an der mangelnden Spezifität bzw. an der leichten lmitierbarkeit derarti-ger Fähigkeiten. Dies lässt sich insbesondere durch die bereits aufgezeigte physisch-technische Angleichung und Homogenität von Produkten verdeutlichen. Vor diesem Hinter-grund sind im Markenportfolio insbesondere intangible markenspezifische Ressourcen und Fähigkeiten zur Schaffung von markenspezifischen Wettbewerbsvorteilen hervorzuheben, welche eine Transferierbarkeit bzw. lmitierbarkeit verhindern.

ell.173 Schließlich sollten die markenspezifischen Fähigkeiten schwer substituierbar sein, d.h. der aus ihrem Einsatz resultierende Nutzen darf nicht ohne großen Auf-wand auch mit anderen Ressourcen erreichbar sein.

Zur Erreichung einer möglichst breiten Gesamtmarktabdeckung durch das Portfo-lio sollte jede Marke des PortfoPortfo-lios über andere Kernkompetenzen verfügen, auf deren Basis eine glaubhafte Differenzierung begründet sein kann. Ziel sollte es sein, differenzierte, auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse abzielende Marken zu schaffen. Hierzu sind die in der Abb. 6 dargestellten Komponenten der Markeni-dentität für jede Marke nunmehr im Sinne eines markenspezifischen „Kompetenz-bündels" derart miteinander zu kombinieren, dass sie die Marke von anderen Mar-ken dauerhaft unterscheidbar macht, wobei sich die einzelnen Merkmale gegen-seitig verstärken und ergänzen können. So werden mit der Produktdimension pro-duktbezogene Attribute der Marke betont, wobei die technisch-qualitative Gestal-tung eine der wichtigsten Komponenten darstellt.174 Insofern kann mit der „Marke als Produkt" eine spezifische Technologie-Kompetenz der Marke besonders be-tont werden.175 Eine solche Kompetenz ermöglicht der Marke vor allem den Auf-bau objektiv-technischer Wettbewerbsvorteile. In der „Marke als Organisation"

manifestiert sich operationale Kompetenz, indem weniger auf spezifische Pro-dukteigenschaften einer Marke, als vielmehr auf die Kompetenz und Leistungsfä-higkeit des Unternehmens als Organisation abgestellt wird. Diese kann sich bei-spielsweise in besonderen Fähigkeiten bei der Auftragsabwicklung, im Verhalten der Mitarbeiter oder in Kundendienstprozessen ausdrücken, wobei die Kompetenz

173 Zur Markenbildung vgl. auch Meffert, H., Bunnann, Ch., Markenbildung und Markenstrategi-en, a.a 0., S. 5f; Farquhar, P.H., Managing Brand Equity, in: Journal of Advertising Research, Aug./ Sept 1990, S. ?ff.

174 Die wichtigsten Kaufkriterien sind einer repräsentativen Befragung von Automobilfahrern in Deutschland aus dem Jahr 1998 zu Folge [Nennungen in Prozent, Mehrfachnennungen mög-lich]: Hohe Zuverlässigkeit [71], Geringer Spritverbrauch [67], Airbag für den Beifahrer [63], Außerordentliche Sicherheit [59], Gute Straßenlage [57], Bequemlichkeit/Komfort [56], Seri-enm. Ausstattung [56], ABS [54], Geräumigkeit [50], Hohe Umweltfreundlichkeit [48], Neueste Technik [46], Seitlicher Aufprallschutz [46], Niedriger Kaufpreis [44], Styling [42], Wiederver-kaufspreis [40], Service-Netz [38], Herkunftsland des Wagens [31], Hohe Motorleistung [30], Hohes Ansehen der Marke [28], Sportlichkeit/Schnelligkeit [25], Geländetauglichkeit (11]. Vgl.

o.V., autofahren in deutschland 1999, a.a 0., S. 41.

175 Zur Unterscheidung der Kompetenzen vgl. Bunnann, Ch., Strategiewechsel in turbulenten Märkten - Neuere theoretische Ansätze zur Unternehmensflexibilität, a.a.O., S. 28 sowie die dort angegebene umfangreiche Literatur. Zur Markenkompetenz vgl. auch Schütz, K., Mar-kenkompetenz als Ansatz der Markenführung - dargestellt an einem ausgewählten Beispiel, unveröffentlichte Diplomarbeit am Institut für Marketing der Universität Münster, Münster 2000.

einer Marke durch ihre spezifische Zugehörigkeit zu einem Unternehmen beson-ders betont werden kann. In diesem Zusammenhang wurden die in der Vergan-genheit schwachen Markenidentitäten von SKODA und SEAT erheblich durch die Integration in den Volkswagen-Konzern beeinflusst. In der „Marke als Person"

kann sich schliesslich eine besondere Beziehungskompetenz ausdrücken. So ermöglichen eine spezifische kulturelle Verankerung der Marke (RollsRoyce mit britischer Herkunft) bzw. typische Verwender der Marke (RollsRoyce als Fahrzeug der Monarchen) dem Konsumenten verstärkt, sich mit der jeweiligen Marke zu identifizieren und ihr gegenüber ein Vertrauen aufzubauen.176 Die „Marke als Symbol" fasst letztlich die spezifischen Kompetenzen einer Marke zusammen, in-dem etwa mit Hilfe des Markenzeichens bzw. -namens oder durch eine besondere Kommunikation die Besonderheiten zum Ausdruck gebracht werden. Symbolische Werte einer Marke wie Kult und Mythos177 tragen insofern nur dann zu einer star-ken Marstar-kenidentität bei, wenn sie durch spezifische Kompetenzen der Marke be-gleitet werden.

Sind die spezifischen Merkmale der einzelnen Marken identifiziert und zu einem markenspezifischen Kompetenzbündel integriert, lässt sich dieses Kompetenz-bündel schliesslich in Form eines Markenleitbildes anschaulich verdeutlichen.178 Das Markenleitbild bringt als „realistisches Idealbild" einer Marke die spezifische Kompetenz, die Visionen, die grundlegenden Wertvorstellungen und Ziele sowie

176 Der Aufbau von Vertrauen lässt sich in diesem Zusammenhang insbesondere mit der hohen Affinität zwischen dem Selbstbild des Konsumenten und den mit der Marke assoziierten Per-sönlichkeitsmerkmalen begründen. Nach F0URNIER ist die Persönlichkeit einer Marke eine we-sentliche Grundlage der Beziehung Marke-Konsument. Vgl. Fournier, S. M., Consumers and Their Brands: Developing Relationship Theory, in: Journal of Consumer Research, Vol. 24., March 1998, S. 343ft.

177 Automobile haben besondere Chancen, Mythen zu zeugen, da sie dem Menschen immanente Sehnsüchte nach individueller Mobilität verkörpern. Die Mythodologie basiert dabei auf der Theorie des Animismus (Theorie der Kulturanthropologie), die durch S. FREUD (Mythos ist Re-flex verdrängter individueller Wünsche) und C. G. JUNG (Mythos ist die seelische Erfahrung überindividueller Wahrheiten) psychologisch gedeutet wurde. Vgl. hierzu Kinast, K., Das Ent-stehen von Mythos und die Erstarrung einer Marke als Höhepunkt ihrer Entwicklung, in: der markt, Heft 2, 1995, S. 73ft. Vgl. hier auch Schweiger, G., Friederes, G., Vom Markenmythos zum Markenwert, in: Werbeforschung und Praxis, Heft 1, 1995, S. 26ft.

178 Vgl. Kapferer, J.-N., Die Marke - Kapital des Unternehmens, a.a.O., S 110f; Matje, A., Un-ternehmensleitbilder als Führungsinstrument: Komponenten einer erfolgreichen Unterneh-mensidentität, Wiesbaden 1996, S. 54. Zur Rolle des Leitbildes eines Unternehmens vgl.

Roth, F., lckstadt, C., Die geheime Quelle der Stärke, in: Horizont Magazin, Nr. 3, 1999, S.

92. Vgl. zu Leitbildern auch Carbon, M., Leitbilder, in: Effizientes Informationsmanagement in dezentralen Organisationsstrukturen, Bullinger, H.-J. (Hrsg.), Berlin u.a., S. 87ft.

das Verhältnis der Marke zu den wesentlichen internen und externen Bezugs-gruppen „plakatii/'179 zum Ausdruck. In Abb. 8 sind beispielhaft die Leitbilder aus dem Markenportfolio des Volkswagen-Konzerns angeführt.180

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Abb. 8: Markenleitbilder in der Automobilindustrie

Dabei kommen Markenleitbildern unterschiedliche Funktionen zu:

• Entwurf einer realistischen Zukunftsvorstellung der Marke

• Festigung der Markenidentität nach innen und aussen.

• Identifikations- und Motivationsfunktion

• Orientierungs- und Stabilisierungsfunktion

• Erleichterung der Koordination

Im Markenleitbild drückt sich das artikulierte, zukunftsorientierte Selbstbild der Marke aus Sicht der Unternehmung aus, so dass seine Formulierung alle Betei-ligten zum Entwurf einer derartigen Zukunftsvorstellung zwingt.181 infolge der an-schaulichen Darstellungsform entfalten Markenleitbilder eine

Kommunikationswir-179 So C0LLINS/P0RRAS: ,,Anders als die Unternehmensphilosophie, die als dauerhaftes Tragwerk im Hintergrund bleibt, steht das Leitbild vom im Blickfeld und lenkt die Aufmerksamkeit aller im Unternehmen auf ein konkretes Ziel. Die Unternehmensphilosophie ist ihrem Wesen entspre-chend tief und ruhig, das Leitbild hingegen kühn, aufregend und emotional fordernd." Vgl.

Collins, J., Porras, J., Werkzeug Vision - Wie Unternehmensphilosophie und Leitbilder visio-näre Unternehmen prägen, in: Harvard Business Manager, Heft 4, 1992, S. 113. Ähnlich für das Unternehmensleitbild Bleicher, K., Das Konzept integriertes Management, 4. Aufl., Frankfurt a. M., New York, 1996, S. 218.

180 Vgl. auch Clef, U., Mehrmarkenstrategie für die Pole-Position, a a.O., S. 78.

181 Nach BLEICHER fordert die vielfach vorhandene Lücke zwischen tatsächlichem und für die Bewältigung der Zukunft notwendigem Verhalten aller Mitarbeiter den Entwurf eines Zukunfts-fits von externen und internen Unternehmensentwicklungen, welcher über eine längere zeitli-che Strecke gültig sein kann. Vgl. Bleicher, K., Leitbilder: Orientierungsrahmen für eine inte-grative Management-Philosophie, Stuttgart 1992, S. 21.

kung zur innen- und aussengerichteten Festigung der Markenidentität im Sinne gelebter „shared values". Als Identifikations- und Motivationsanker dient das Mar-kenleitbild unternehmensintern zur Bündelung der „Zentrifugalkräfte"182 aller durch die Arbeitsteilung bedingten bereichsbezogenen Aktivitäten und fördert damit eine integrative Wirkung aller markenbezogenen Maßnahmen im Portfolio. Gleichzeitig stellt das Markenleitbild einen Fokus zur Imagebildung bei den externen An-spruchsgruppen dar, auf den sich die operative und strategische Markenführung beziehen kann und das damit als Grundlage für jegliche Markendarstellung dient.

Zur Erfüllung ihrer Funktionen müssen Markenleitbilder prägnant, glaubwürdig und authentisch sowie auf längere Sicht bestimmt sein. Dabei tragen insbesondere das Verhalten und die Wertvorstellungen der obersten Markenführungskräfte zur Glaubwürdigkeit des Markenleitbildes bei. Allerdings „gibt es kein Rezept für die Formulierung und Gestaltung von Leitbildern [. . .} Würden diese Grundsatzpapiere nämlich nach normierten Erkenntnissen verfaßt, entstünden uniforme [Marken, Anm. d. V.]. Nicht die Eigenständigkeit würde damit gefördert, sondern gerade das Gegenteil [. . .]. "183

zusammenfassend umfasst die innengerichtete Definition von strategischen Rol-len somit die Identifikation einzigartiger und dauerhaft haltbarer Merkmale und Fä-higkeiten für jede Marke des Portfolios.184 Durch die Merkmalsbündelung lässt sich die spezifische Kompetenz einer jeden Portfoliomarke zum Ausdruck bringen.

Mit Bezug auf den RBV kann mit BURMANN gerade in dieser kombinatorischen bzw. koordinativen Fähigkeit des Management eine wichtige Bedingung zum Auf-bau von Wettbewerbsvorteilen mit den Marken im Portfolio gesehen werden.185 Die inhaltliche Charakterisierung der einzelnen Marken kann jedoch nicht losgelöst von der Marktperspektive vorgenommen werden, da über die Relevanz von

182 Bleicher, K., Leitbilder: Orientierungsrahmen für eine integrative Management-Philosophie, a.a.O., S. 5. Zentrifugalkräfte rekurrieren auf ein suboptimales Streben bei der Durchsetzung von individuellen Interessen.

183 Fankart, P., Widmer, H., Rezept - Corporate ldentity. Leitbild, Erscheinungsbild, Kommuni-kation, Zürich, Wiesbaden 1987, S. 25. Vgl. zu den Anforderungen auch Langen, A., Leitbild und Unternehmenskultur: Die Rolle des Topmanagements, in: Herausforderung Unterneh-menskultur, Simon, H., (Hrsg.), Stuttgart 1990, S. 43.

184 So wird Audi beispielsweise eine besondere Technologiekompetenz, VW aufgrund eines um-fangreichen Händlernetzes eine besondere Servicekompetenz zugeschrieben.

185 Vgl. Burrnann, Ch., Strategiewechsel in turbulenten Märkten - Neuere theoretische Ansätze zur Unternehmensflexibilität, a.a.O., S. 24f.

Merkmalen und Fähigkeiten einer Marke letztlich immer der Markt entscheidet. Vor diesem Hintergrund soll die marktgerichtete Sichtweise näher beleuchtet werden.

Im Dokument Steuerung von Markenportfolios (Seite 88-93)