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4. Diskussion

4.2 Limitationen und Schwierigkeiten

Die empirische Untersuchung der vorliegenden Arbeit beinhaltet mehrere Limitationen, welche die Interpretation der Ergebnisse begrenzen und rahmen.

Generell muss beachtet werden, dass es sich in der Erhebung um eine Querschnittsstudie handelt, weswegen nicht von kausalen Beziehungen, konkreten Einflüssen oder direkten Abhängigkeiten gesprochen werden kann. Allerdings legen die im theoretischen Teil erwähnten experimentellen Studien sowie Langzeituntersuchungen in vielen Fällen mögliche Richtungen und kausale Abhängigkeiten der untersuchten Variablen nahe, was in Kap. 4.1 erkennbar ist.

Überdies beruht die durchgeführte Umfrage auf einer Gelegenheitsstichprobe, was wiederum bedeutet, dass die Daten der Erhebung nicht bevölkerungsrepräsentativ sind (die Soziodemographie der Stichprobe ist in Kap. 3.2.1, Tab. 01 und Tab. 02 einsehbar). Da ein Großteil der Stichprobe durch den E-Mail-Verteiler der Universität Innsbruck rekrutiert wurde sowie durch persönlichen Kontakt innerhalb des universitären Kontextes, beinhaltet sie dementsprechend einen hohen Anteil an Studierenden und Personen des jüngeren Erwachsenenalters. Auch, dass die Umfrage Personen, welche jünger als 18 Jahre alt waren, exkludierte und lediglich deutschsprachige Menschen inkludierte, schränkt die Repräsentativität und Generalisierbarkeit der Ergebnisse zu Teilen ein.

Ein weiterer Punkt, welcher sowohl die Limitationen der Methodik als auch die entsprechende Generalisierbarkeit der Ergebnisse betrifft, ist der, dass die Erhebung zu Zeiten der Covid-19 Pandemie stattfand. Der Erhebungszeitraum wurde von der Studienleitung zwar absichtlich so gelegt, dass weder ein sogenannter Lockdown bestand noch, dass sich die Corona-Regelungen über den Zeitraum der Erhebung hinweg verändert hätten. Dennoch könnte es sein, dass bestimme der ausgewählten erhobenen Variablen zu den Zeiten der Covid-19 Pandemie zu anderen Ergebnissen führten als unter normalen Umständen – z.B. die Gefühle von Einsamkeit; die erlebte Sinnerfüllung oder auch die allgemeine Angst vor dem Tod. Die Umstände der Pandemie könnten bspw. ein Grund dafür sein, dass die Religiosität trotz des Säkularisierungstrend im deutschsprachigen Raum in einer negativen Beziehung zu den Gefühlen von Einsamkeit steht, wohingegen diese signifikant positiv mit Atheismus korrelieren. Es ist anzunehmen, dass die Teilhabe an einer religiösen Gemeinschaft unter den Umständen einer globalen Pandemie trotz des vorherrschenden Säkularisierungstrends eine besonders gute gemeinschaftsstiftende Funktion innehat.

Ferner unterliegt die Erfragung von verschiedenen psychologischen Variablen anhand eines Fragebogens immer gewissen möglichen Verzerrungen. Zum einen ist eine common method bias in Fragebogenuntersuchungen grundsätzlich nicht auszuschließen (vgl.

Podsakoff, MacKenzie, Lee & Podsakoff, 2003). Zum anderen kann es sein, dass die Proband:innen Items gemäß der entsprechenden sozialen Erwünschtheit beantwortet haben, was insbesondere bei der Erfragung unterschiedlicher weltanschaulicher Positionen eine größere Rolle gespielt haben könnte – bspw. bei den Skalen zum Humanismus oder dem ökonomischen Materialismus.

Zu den methodischen Limitationen ist weiter zu nennen, dass viele der zuvor berichteten Zusammenhänge lediglich auf kleinen – wenn auch signifikante – Effektstärken basierten. Allerdings ist die entsprechende Relevanz der Ergebnisse unter Anbetracht der

zuvor berechneten G-Power-Analysen mit Einbezug der zu erwartenden kleinen Effektstärken dennoch gegeben (siehe Kap. 3.2.1).

Die Auswertung der Ergebnisse der Sinnerfüllungs-Skala geht mit mehreren methodischen Limitationen einher, wobei eine Betrachtung dieser ein besseres Verständnis der starken Beziehung von Religiosität und der erlebten Sinnerfüllung gewährleistet. Die Items der Sinnerfüllungs-Skala wurden in dem Online-Fragebogen unter die Items zur Erfragung der säkularen weltanschaulichen Positionen gemischt. Es ist anzunehmen, dass eine Person, die kurz zuvor angemerkt hat, dass sie an keine höher geordnete Macht oder Gott glaubt (atheistisch), bei einer darauffolgenden Frage danach, ob ihr Leben einen tieferen Sinn hat, eher dazu gewillt ist, diese zu verneinen, als eine Person, welche angab, dass sie an eine höhere Macht glaubt. Somit könnte diese Positionierung der Items ebenso zur negativen Beziehung zwischen der Sinnerfüllungs-Skala und dem Atheismus beigetragen haben. Des Weiteren sollte hier noch genannt werden, dass die Religiosität mittels der Zentralitäts-Skala von Huber erhoben wurde (vgl. Huber, 2008b). Diese erhebt, wie zentral der jeweilige religiöse Glaube innerhalb des Lebens der entsprechenden Proband:innen ist. Insofern erhebt sie nicht nur, ob und wie stark eine Person an eine höhere Macht glaubt, sondern wie wichtig ihr dieser Glaube ist und wie viel Raum und Zeit dieser im jeweiligen Leben einnimmt.

Dementsprechend steht die Zentralität des Glaubens dem Konzept des Lebenssinns näher als andere Religiositätsskalen (vgl. Schnell, 2010; Huber, 2011).

Die Verwendung der Zentralitäts-Skala von Huber bringt eine weitere methodische Schwierigkeit mit sich (vgl. Huber & Huber, 2012). Diese wurde grundsätzlich für diese Erhebung ausgewählt, da sie eines der verlässlichsten Screeningverfahren zur Untersuchung von Religiosität darstellt und somit besonders hilfreich dabei ist, die Funktionen und Auswirkungen von religiösem Glauben zu untersuchen (vgl. Chmielewski et al., 2019).

Allerdings misst sie nicht direkt die Stärke der Überzeugtheit eines Glaubens bzw. der Identifizierung mit diesem, sowie es bspw. die Skala Atheismus (DoS) für atheistische Überzeugungen tut, sondern die grundsätzliche Zentralität des Glaubens. Wenn eine vollkommene Ablehnung der Items der Atheismus-Skala anzunehmender Weise für eine nicht-atheistische Überzeugung einsteht, bedeutet eine vollkommene Ablehnung der Items der Z-10-Skala nicht zwangsläufig eine starke nicht-religiöse Überzeugung. Diese Ablehnung der Items der Z-10-Skala würde grundsätzlich lediglich bedeuten, dass der religiöse Glaube im Leben des Individuums keine zentrale Rolle einnimmt. Insofern hilft die Untersuchung der zuvor genannten quadratischen Zusammenhänge anhand dieser Skala zwar dabei ein besseres Verständnis für die untersuchten Beziehungen zu bekommen, allerdings ist anzunehmen, dass

eine anderes Fragebogeninventar für Religiosität – welches sich lediglich auf die Stärke der Überzeugung bezogen hätte – zu teilweise anderen Effektstärken geführt hätte als die Analyse anhand der Z-10-Skala. Allerdings ließ sich auch mittels der Verwendung der Z-10-Skala die primäre Hypothese des kurvilinearen Zusammenhangs der religiösen Weltanschauungen und der wahrgenommenen Todesfurcht bestätigen. Dies spricht dafür, dass eine starke Ablehnung der Items der Skala von Huber (2008b) zumindest teilweise auch dafür einstehen kann, dass eine verstärkte nicht-religiöse Überzeugung vorliegt.

Eine weitere Einschränkung der Ergebnisse beruht darauf, dass die einzelnen Lebensbedeutungen des LeBe aufgrund ihres Umfangs nicht miteinbezogen wurden, weswegen hinsichtlich dieser bspw. keine Unterteilung in verschiedene Subtypen möglich war, so wie sie von Schnell und Keenan (2011) vorgenommen wurde (siehe Kap. 2.3.1).

Diese Unterteilung und die dem vorangehende Erhebung der Lebensbedeutungen hätte dabei helfen können, die Zusammenhänge des Konstrukts des Lebenssinns spezifischer zu erkunden und ebenso die Beziehung von weltanschaulichen Positionen mit dem Konstrukt der Sinnerfüllung expliziter zu untersuchen.

Abschließend muss der explorative Charakter der Erfragung der Berührungspunkte mit dem Tod und des Psychedelika-Konsums als Limitation der Untersuchung berücksichtigt werden. Beide dieser Konstrukte wurden durch Items erfragt, welche von der Studienleitung und Kolleg:innen dieser selbst entworfen wurden, da es für sie keine etablierten deutschsprachigen Fragebögen gibt. Dementsprechend können die Ergebnisse der einzelnen Items nicht anhand der Ergebnisse anderer Studien verglichen oder validiert werden. Für die Berührungspunkte gilt weiter, dass sie sich lediglich auf verschiedene Arten von persönlichem Kontakt zu dem Thema Tod bezogen haben und nicht zwangsläufig auf direkte Konfrontationen mit diesem – bspw. persönliche Nahtoderfahrungen – oder gar auf ein als traumatische Erfahrungen zu wertendes Erlebnis. Eine weitere Kritik an der Erfragung des Psychedelika-Konsums ist der geringe Umfang dieser und die fehlende Spezifität der Untersuchung des Konsumverhaltens. Die Proband:innen wurden weder nach der Höhe der Dosis des jeweiligen Psychedelikums befragt noch nach dem Setting, in welchem sie diese konsumiert haben, oder danach, welche subjektive Wirkung der Konsum ihrer Meinung nach hatte. Alle diese Faktoren wären sehr förderlich für die weitere Interpretation der Ergebnisse gewesen sowie für die Abgrenzung und Rahmung dieser und ebenso für ihre allgemeine Aussagekraft. Anhand eines experimentellen Designs hätte bspw. auch abgegrenzt werden können, ob der zustande gekommene Effekt wirklich lediglich auf den Konsum zurückzuführen ist, oder ob dieser vielleicht auf speziellen Persönlichkeitseigenschaften

beruht, welche ebenso das individuelle Konsumverhalten der Personen bedingen. Insofern könnte es sein, dass diese Konsument:innen generell eine Art von Subpopulation darstellen, wobei die Zugehörigkeit zu dieser mit Persönlichkeitseigenschaften zusammenhängen könnte, die – unabhängig von dem Konsum von Psychedelika – mit einer geringeren Angst vor der eigenen Endlichkeit einhergehen. So kann es bspw. sein, dass Menschen, die gewillt sind eine solche – in den weitesten Teilen der Welt illegale – Substanz zu konsumieren, auch eine andere Einstellung zum Leben an sich haben als Personen, für die ein solcher Konsum nicht in Frage kommt (vgl. Pollan, 2018). Eine solch spezifische Untersuchung des individuellen Konsumverhaltens zum einen und der verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften zum anderen hätte allerdings den explorativen Charakter der Erhebung überschritten.