• Keine Ergebnisse gefunden

2. Theorie

2.1 Der Tod in der Existenzphilosophie und der existenziellen Psychologie

2.1.4 Die Meaning-Management-Theory

Die Meaning-Management-Theory (MMT) hat ihren Ursprung in der positiven-humanistischen Psychologie und in der existenziellen Psychotherapie (vgl. Wong, 2008). Ihr Begründer Paul Wong geht davon aus, dass es ein menschliches Grundbedürfnis gibt, welches nach dem Erleben von Sinn und Bedeutung verlangt. Zusammengefasst bietet die MMT einen

5 McGregor, Zanna, Holmes und Spencer (2001) konnten diese Überlegung zum Teil bestätigen indem sie Probanden auf andere Art und Weise verunsicherten und ähnliche Effekte wie herkömmliche MS-Untersuchungen erzielten.

6 Siehe hierzu die Self-Determination-Theory (SDT) von Ryan und Deci (2004).

7 Wie z.B. die des Lebenssinns und die der erlebten sozialen Unterstützung/Einbindung (vgl. Wong, 2008;

Mikulincer et al., 2003)

erweiterten positiven und wachstumsorientierten Blick darauf, wie der Mensch mit der Wahrnehmung seiner eigenen Endlichkeit umgehen kann, wobei sie sowohl als Alternative zur TMT verstanden werden kann, wie auch als komplementärer Ansatz. Das Meaning-Management der MMT konstituiert sich auf Basis von persönlicher Identitätssuche, dem Etablieren eines individuellen Wertesystems, dem Integrieren von persönlichen Lebenszielen und dem Führen eines glücklichen Lebens trotz des Wissens um die unausweichliche Finalität des eigenen Seins. Wong betont, dass dieser Prozess insbesondere in einer Zeit wie Heute – welche von einer Vielzahl an gesellschaftlichen Entwicklungen und Umbrüchen gekennzeichnet ist – fundamental ist, um sich seiner Selbst bewusst zu sein und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Diesbezüglich führt Wong im Rahmen der Erforschung der Angst vor dem Tod die fundamentale Bedeutung von Todesakzeptanz aus:

By accepting our mortality, we declare our intention to invest our energy and time in living the good life rather than defending ourselves against the inevitable death. Ideally, death acceptance should set us free from anxiety and energize us to live with vitality and purpose.

By the same token, when we have lived a wonderful life and completed our life’s mission, we would be prepared to face death. Ultimately, death acceptance is one of the cornerstones for the good life. (Wong, 2008, S. 69)

Das Akzeptieren der Endlichkeit, führe dazu, dass anstatt, dass Energie in die Verdrängung des Bewusstseins über die eigene Sterblichkeit gesteckt wird, diese Energie in das Leben an sich investiert werden kann, was zu einem verstärkten Erleben von Sinnerfüllung führen sollte. Im Sinne der MMT sind Todesfurcht und Todesakzeptanz komplementär und nicht vollständig widersprüchlich. Den Tod zu akzeptieren bedeutet nicht zwangsläufig, dass man ihn nicht fürchtet – wobei für eine Untersuchung dieser Interaktion, in Anlehnung an die Entwicklungsstadien von E. Erikson, ein Blick auf den Lebensabschnitt des Individuums geworfen werden muss (vgl. Wong, 2008; Wong & Tomer, 2011; Brudek & Sekowski, 2019).

Die MMT basiert auf drei Prozessen: Meaning-Seeking, Meaning-Making und Meaning-Reconstruction (vgl. Wong, 2008).

Meaning-Seeking steht in Anlehnung an V. Frankl dafür, dass der Mensch seinen Sinn vielmehr suchen muss, anstatt ihn selbst zu kreieren, da der Lebenssinn auf tief verwurzelten persönlichen Werten beruht, welche sich im Laufe des Lebens gebildet haben (siehe hierzu Kap. 2.3.1). Diese Suche stellt einen Prozess dar, welcher das Ziel hat, am Ende Kohärenz auf Basis der persönlichen Werte auszumachen. Im Gegensatz dazu geht es bei Meaning-Making um den aktiven Prozess der Sinnkonstruktion. Aufbauend auf dem Prozess des Meaning-Seeking, versucht der Mensch das Gefundene in eine einheitliche Weltanschauung zu

integrieren, eine persönliche Geschichte zu entwickeln und sein Leben sozial zu konstruieren – ein Prozess, in welchem Sprache und Kultur eine große Bedeutung einnehmen.

Infolgedessen sollten die persönlichen Werte mit der einen umgebenden Kultur in Verbindung gebracht werden und zusätzlich sollten sich eigene Ziele gesetzt werden.

Meaning-Reconstruction bezieht sich auf den Vorgang, der eintritt, wenn bisherig etablierte Annahmen und Wertesysteme durch unvorhergesehene Ereignisse in ihrem Fundament erschüttert worden sind. In diesem aktiven Prozess geht es z.B. darum negative Erfahrungen zu verarbeiten und sie in die eigene Lebensgeschichte zu integrieren. Des Weiteren nehmen hier Akzeptanz und Reflektion des Erlebten eine nicht zu vernachlässigende Rolle ein.

Zusammengenommen stellen diese drei Prozesse, welche größtenteils nicht singulär vonstatten gehen, sondern sich fortwährend gegenseitig ergänzen, einen aktiven Vorgang der Bewusstwerdung des eigenen Seins und der eigenen Bedeutung dar.

In Anbetracht des Zusammenspiels von Meaning-Management und der Angst vor dem Tod, geht die MMT ferner davon aus, dass ein sinnerfülltes Leben auch den Tod mit einer Bedeutung versieht und folglich eine erhöhte Akzeptanz gegenüber der eigenen Sterblichkeit etabliert wird. In diesem Sinn führt die wahrgenommene Sinnerfüllung und die damit einhergehende Schätzung des eigenen Lebens dazu, dass der Tod als natürlicher Teil des Lebens betrachtet werden kann:

Do I embrace life, or do I prepare to die? And for all of us, the answers are ultimately similar.

Living fully and dying well involve enhancing one's sense of self, one's relationships with others, and one's understanding of the transcendent, the spiritual, the supernatural. And only in confronting the inevitability of death does one truly embrace life. (Kuhl, 2002; zitiert nach Wong, 2008, S. 78)

Um die MMT und die Bedeutung von Todesakzeptanz zu untersuchen, entwickelten Wong, Reker und Gesser (1994) ein Fragebogeninventar – das sogenannte Death-Attitude-Profile-Revised (DAP-R). Dieses gewährleistet im Gegensatz zu anderen Messinstrumenten (für einen Überblick dieser siehe Neimeyer, Moser und Wittkowski, 2003), eine multidimensionale Erfassung des Konstrukts der Angst vor dem Tod und der Todesakzeptanz. 2019 veröffentlichten Jansen et al. eine deutsche Version des DAP-R – den DAP-GR –, um auf diesem Wege eine Lücke hinsichtlich der Forschung im Bereich der existenziellen Psychologie im deutschsprachigen Raum zu schließen. Der Fragebogen unterteilt sich in fünf Dimensionen. Die ersten zwei dieser Dimensionen beschreiben die Todesfurcht und das

Vermeidungsverhalten8 (von Gedanken zum Thema Tod) und die anderen drei verschiedene Arten von Akzeptanz – Neutrale Akzeptanz, Akzeptanz des Todes als Schwelle zum Jenseits9 und Akzeptanz des Todes als Ausweg10. Anhand des spezifischen Untersuchens der Todesakzeptanz lässt sich die Bedeutung, welche Sinnerfüllung in Zusammenhang mit der Angst vor dem Tod einnimmt, besser verstehen und explorieren.