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5. Diskussion

5.3 Limitationen

Für die Befragung der Sachverständigen lag die vorher gewünschte Rekrutierungsra-te bei zehn Sachverständigen, die auch eingehalRekrutierungsra-ten wurde. Bei der Befragung der Zahnärzte war eine Rekrutierung von 50 Zahnärzten gewünscht. Über Dentaldepots und andere Firmen konnten nicht so viele Zahnärzte erreicht werden wie gewünscht (ca. 300), so dass auf andere Methoden zurückgegriffen wurde. Beispielsweise wur-den willkürlich Webseiten von Zahnarztpraxen aufgesucht und über die Vita der Zahnärzte das Übernahmejahr ermittelt. Dieses Vorgehen induziert einen Selekti-onseffekt (nur Zahnärzte mit Homepage), die Ergebnisse sind aufgrund ihrer Hetero-genität aber dennoch verwendbar. Insgesamt konnten über verschiedene Wege 23 Zahnärzte befragt werden. Die Rekrutierung gestaltete sich aufgrund der telefoni-schen Ansprache schwieriger als beim direkten persönlichen Kontakt, aufgrund des Zeitdrucks und der überregionalen Verteilung der Zahnärzte war dies aber nicht an-ders möglich. Durch die Ansprache am Telefon waren eventuell mehr Zahnärzte be-reit, persönliche und sensible Daten preiszugeben als bei einer schriftlichen Befra-gung. Unklarheiten konnten am Telefon besser beseitigt und Fragen besser geklärt werden. Andererseits kann es am Telefon zu Missverständnissen oder unklaren Antworten kommen (auch aufgrund der Akustik), sodass einzelne Fehlinterpretatio-nen von Antworten nicht ausgeschlossen werden könFehlinterpretatio-nen. Verständnisprobleme kön-nen auch durch die fehlende Gestik und Mimik am Telefon herbeigeführt werden. Bei einem Face-to-Face-Interview erfährt man möglicherweise mehr Informationen als bei einem telefonischen Interview, vor allem mehr persönliche Details, die man zwar nicht abgefragt hat, die aber dennoch von Bedeutung sind. So können wichtige In-formationen verloren gehen. Zudem ist die Konzentrationsspanne begrenzt und lässt bei längerer Interviewdauer nach. Auch haben Interviewpartner, vor allem die Sach-verständigen, einen anderen Hintergrund als die Autorin aus dem zahnärztlichen Be-reich, sodass sie sich in unterschiedlichen Sprachwelten und Terminologien bewe-gen. Dies kann dazu führen, dass Fragen im Interview aber auch die Antworten der Sachverständigen nicht richtig verstanden werden. Dieses Risiko wird durch die vie-len Interviewpartner reduziert. Insgesamt war das gewählte Verfahren nach Ansicht der Verfasserin dem Vorhaben angemessen.

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Vor dem Hintergrund des Selektionseffekts in beiden Gruppen (nur motivierte Zahn-ärzte und Sachverständige sowie nur ZahnZahn-ärzte mit Homepage) sind die Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren.

Alternativ zum telefonischen Interview wären neben Face-to-Face-Interviews auch Fokusgruppendiskussionen denkbar gewesen. Dabei diskutieren die Teilnehmer un-tereinander und schätzen die verschiedenen Themen ein. Dies wäre insbesondere bei Punkten interessant, die gegensätzlich gesehen werden. Allerdings könnte es dabei zu einem schiefen Bild zugunsten der Meinung von „lauteren“ oder motivierte-ren Teilnehmern kommen. Dieses Risiko wird durch die Einzelbefragung minimiert, da die Interviewpartner sich nicht auf der Antwort anderer ausruhen können oder „auf einen Zug aufspringen“ können.

Generell zeigt die vorliegende Arbeit die Diversität der Antworten. Nicht eingeschätzt werden kann das Know-How der Interviewpartner. So antworteten manche Teilneh-mer eher aus ihrem Bauch heraus und „erzählten“ mehr geradeaus, während andere nach einem Modell vorgingen und dieses „abarbeiteten“ und begründeten. Das be-deutet, dass die Arbeit auch limitiert ist durch die Erfahrung und das Wissen der Teil-nehmer (in diesem Falle insbesondere der Gutachter), wodurch die Ergebnisse be-einflusst werden. Durch die wenige Literatur und die schlechte Studienlage fehlt eine solide Basis und es kommt zu einer großen Uneinigkeit. Die Bewertungslehre und -methodik ist historisch gesehen noch relativ jung; die Vielfalt an Methoden deutet darauf hin, dass es nicht das eine Verfahren gibt, das für alle Bewertungsanlässe anwendbar ist. Es muss also geschaut werden, welches Modell zu welchem konkre-ten Anlass passt. Je nach Unternehmen gibt es unterschiedliche Bewertungstheo-rien, die besonders häufig genutzt werden, sodass es denkbar wäre, auch für Zahn-arztpraxen ein neues Verfahren je nach Bewertungszweck zu entwickeln.

Eine genaue Empfehlung für eine Bewertungsmethode oder den Ergebniszeitraum kann in dieser Arbeit nicht gegeben werden.

Von niemandem thematisiert wurden die Zahnärztekammern, die den Auftrag haben, die Interessen der Zahnärzte zu vertreten. Dieser Aspekt taucht nirgends auf, auch bei Beginn dieser Arbeit wurde nicht daran gedacht. Doch unter kritischer Würdigung der Ergebnisse muss man sich fragen, welche Rolle die Kammern einnehmen (müssten). Blickt man zu den humanmedizinischen Kollegen, wird es bei Themen

133 wie Enteignungen, Umstrukturierungen oder Über-/Unterversorgung umso brisanter und notwendiger, dass die zuständigen Behörden wie Kammern oder Kas-sen(zahn)ärztlichen Vereinigungen regulatorisch bzw. unterstützend eingreifen.

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6. Zusammenfassung

Die Bewertung von Zahnarztpraxen gewinnt aufgrund der steigenden Anzahl von zum Verkauf stehenden Praxen und der rechtlichen Brisanz zunehmend an Bedeu-tung. Es gibt derzeit kein alleinig anerkanntes Verfahren zur Ermittlung von Ver-kehrswerten des immateriellen Wertes von Zahnarztpraxen. Üblich ist die Anwen-dung des modifizierten Ertragswertverfahrens unter Einbeziehung verschiedener Faktoren. Ziel der Arbeit ist es, die gängigen Definitionen und Bewertungstheorien bei der Wertermittlung von Zahnarztpraxen zu beleuchten und die Einflussfaktoren zu untersuchen. Dabei wurden Interviews mit Zahnärzten, die in den letzten acht Jahren eine Zahnarztpraxis gekauft haben, und mit Sachverständigen, die an der Bewertung von Zahnarztpraxen beteiligt sind, geführt. Die Interviews wurden telefo-nisch und leitfadenbasiert durchgeführt. Anschließend wurden die Interviews ausge-wertet und die Antworten Kategorien (zum Beispiel „Ja/Nein“) zugeordnet. Es ist festzustellen, dass eine definitive Ermittlung der maßgeblichen Einflussfaktoren schwer fällt. Aus Sicht der Sachverständigen wurden 21 von 35 Punkten für wichtig erachtet. Die Zahnärzte hielten nur die Punkte „Modernität/Erscheinungsbild“, „Pra-xislage“, „Fallzahlen“, „Zukünftig erwartete Gewinnveränderungen“ und „Persönliche Verhältnisse“ für wichtig. Eine Einigkeit zwischen Sachverständigen und Zahnärzten herrscht somit nicht, aber auch zwischen den Sachverständigen kam es zu unter-schiedlichen Ansichten bezüglich einzelner Einflussfaktoren. So wurden einige Punk-te von Sachverständigen als werPunk-terhöhend und von anderen als wertmindernd ange-sehen. Die Ergebnisse der Befragung wurden mit Ergebnissen aus der Literatur und einem theoretisch ermittelten Wert verglichen. Eine Angleichung an diesen theoreti-schen Wert konnte nur über die Modifikation weiterer Parameter (hier: Unternehmer-lohn) erreicht werden.

Die Thematik bedarf aufgrund der diversen Ergebnisse und der uneinheitlichen Be-wertungsmethoden weitergehender Untersuchungen.

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