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4. Ergebnisse

4.2 Ergebnisse der Interviews mit den Sachverständigen

4.2.2 Praxisbezogene Einflussfaktoren

4.2.2.3 Lage

Die Lage wurde von sieben Gutachtern als wichtig erachtet. Dabei wurde auch auf das BGH-Urteil165 verwiesen, welches über die Notwendigkeit der Einbeziehung der Praxislage entschied. ID 06: „Steht ja auch im BGH-Urteil drin, dass es ein Wertein-flussfaktor ist.“

- Anbindung (Parkplätze/ÖPNV)

Die Anbindung an die Praxis (Parkplätze/ÖPNV) wurde von sechs Sachverständigen als wichtiger Punkt genannt. Einige gaben aber zu bedenken, dass diese Punkte aufgrund der schlechten Wiedergabe in Zahlenwerten in den Gutachten keine Be-achtung fänden bzw. sich bereits im Umsatz widerspiegeln würden. ID 07: „Ich kann nicht eine Beziehung herstellen, also rechnerisch ja sowieso nicht – eine Praxis mit zehn Parkplätzen und mehr hat einen längeren EZR als eine mit fünf.“

- Zahnarztdichte vor Ort

Die Bedeutung der Zahnarztdichte wurde von den Sachverständigen sehr kontrovers gesehen. Es gab unterschiedliche Ansichten, die sich im Großen und Ganzen in zwei aufspalten lassen:

1. Der EZR steigt bei einer hohen Zahnarztdichte vor Ort. Diese Ansicht wird damit begründet, dass es länger dauert, eine Zahnarztpraxis zu reproduzieren, die sich in einem Ort mit hoher Zahnarztdichte befindet. (zwei Sachverständige)

2. Der EZR sinkt bei einer hohen Zahnarztdichte vor Ort. Hier wird mit der Verteilung der Einnahmen auf mehrere Praxen argumentiert. (sechs Sachverständige)

ID 09: „Ja, logisch. Ich kann Ihnen auch sagen warum: Nehmen Sie wieder München Innenstadt – riesige Konkurrenzsituation. Polnische Grenze: Null Konkurrenz. Warum ist das so? Weil die Nachfrage nach dem Standort hoch ist. Da geht’s gar nicht um

165 Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.2.2011, XII ZR 40/09

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die Praxis; die größten Praxen, die Praxen mit dem höchsten Umsatz und Gewinn, die wir bewertet haben, waren meist im ländlichen Raum. Deren Wert ist deutlich ge-ringer als eine kleinere Praxis in einem Ballungsgebiet (…). Genau aus dem Grund und die alte Redensart (…) ‚Konkurrenz belebt das Geschäft‘trifft genau zu.“ (Fakto-rerhöhung bei einer hohen Zahnarztdichte, Anm. der Verfasserin) ID 03: „Nein, güns-tiger. Weil dann ist der Kuchen ja auf mehrere Leute zu verteilen.“ (bei einer hohen Zahnarztdichte, Anm. der Verfasserin)

- Alter der Konkurrenz

Nur ein Sachverständiger führte das Alter der Konkurrenz als wichtigen Faktor an.

ID 03: „Wie gut ist das Unternehmen am Markt aufgestellt, wie ist die Lage, wie sind die betriebswirtschaftlichen Daten der Vergangenheit, wie ist die Umweltanalyse in Bezug auf rechtliche Situationen, auf Marktsituationen, auf Mitbewerber, und ähnli-che Dinge, welähnli-che Zukunftsprognosen ergeben sich aus mögliähnli-cherweise anstehen-den gesetzlichen Änderungen, Alter der Mitbewerber am Ort, das sind so die Haupt-kriterien, die da anstehen.“

Tabelle 13: Übersicht über die Befragung der SV: Lage: Praxislage, Anbindung, Zahnarztdichte, Alter der Konkurrenz

ID Praxislage Anbindung Zahnarztdichte Alter der Konkurrenz

01 2 1 2 0

02 2 2 3 0

03 2 2 3 2

04 2 2 1 0

05 1 1 3 0

06 2 2 3 0

07 1 1 3 0

08 1 1 1 0

09 2 2 2 0

10 2 2 3 0

Praxislage: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Anbindung (Parkplätze/ÖPNV): 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Zahnarztdichte vor Ort: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn hoch, EZR↑), 3 = ja (wenn hoch, EZR↓)

Alter der Konkurrenz: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja

77 4.2.2.4 Raumkosten/Mietvertrag

- Raumkosten/Mietvertrag

Den Raumkosten maßen die Sachverständigen keine Bedeutung bei (abgesehen von ihrer Entwicklung). Wichtig seien aber die Mietverträge der Praxis. Dabei spiele insbesondere die Möglichkeit, die Praxis in den bisherigen Räumen weiterzuführen, eine Rolle. Wenn der Mietvertrag vom Vermieter aus kündbar ist oder nicht verlän-gert wurde, sei der EZR niedriger anzusetzen. Der Standort solle 10-20 Jahre gesi-chert sein. Der EZR einer Praxis, deren Mietvertrag nur noch drei Jahre läuft und nicht verlängerbar ist, könne keine vier Jahre betragen.

Außerdem seien die Vereinbarungen des Mietvertrages zu prüfen, da Formfehler zu einer vorzeitigen Kündigung führen könnten. ID 02: „Natürlich gucke ich mir die Miet-verträge an. Erstens wie lange laufen sie noch, zweitens sind sie, von wem sind sie kündbar, gibt es Verlängerungsoption.“

Eine Ausnahme stellen laut Aussage eines Gutachters Käufer dar, die einen Umzug der Praxis geplant hätten. In diesem Fall könnte eine kurze Mietdauer den Wert der Praxis erhöhen. ID 06: „Ne, also ich sag mal – das ist Voraussetzung, dass die Praxis in den Räumen fortgeführt werden kann, weil sonst habe ich eigentlich gar keinen Goodwill oder ist der Goodwill sehr eingeschränkt. Also in meinen Bewer-tungsverfahren ist es so, dass es irgendwie immer kein Problempunkt ist, weil das hat sich inzwischen rumgesprochen, bei den Ärzten und Zahnärzten, dass ich einen langfristigen Mietvertrag haben muss. Und dann gibt es natürlich auch die Fälle, wo der Zahnarzt sagt: ‚Ich will sowieso umziehen‘ und dann ist das sogar von Vorteil, wenn der Mietvertrag nicht mehr lange läuft, weil dann kann er vorzeitig raus. Also ich würde sagen, das ist ein nicht sehr wichtiger Faktor, aber ist schon bedeutend. Im Ausnahmefall wäre es aber genau umgekehrt.“

Tabelle 14: Übersicht über die Befragung der SV: Betriebswirtschaftliche Aspekte: Raumkosten/Mietvertrag

ID Raumkosten/Mietvertrag

01 1

02 2

03 1

04 2

05 2

06 1

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ID Raumkosten/Mietvertrag

07 2

08 2

09 1

10 1

Raumkosten/Mietvertrag: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

4.2.2.5 Personal

- Fluktuation des Personals

Ein Sachverständiger sagte aus, dass dieser Punkt im Gegensatz zu den anderen Punkten des Bereiches „Personal“ gegebenenfalls beurteilbar sei. Die Fluktuation wurde aber nicht als besonders wichtiger Faktor erachtet. ID 09: „Das würde ich doch sehr stark annehmen. (…) Qualitative und quantitative Dinge müssen Sie über diese Sachen abbilden und das dann mit dem Standort korrelieren (…). Also das hat absolute Auswirkung (…).“

- Qualifikation des Personals

Die Bedeutung der Qualifikation wurde unterschiedlich gesehen. Einige Sachver-ständige hielten eine gute Qualifikation des Personals für unwichtig, während andere dies als wichtig und kaufpreissteigernd erachteten, zum Beispiel weil eine Prophyla-xemitarbeiterin eine umsatzsteigernde Komponente sei. Andere Sachverständige hielten die Qualifikation zwar für wichtig, jedoch nicht für kaufpreisverändernd, da sie nicht beurteilbar sei. ID 03: „Natürlich, das ist von großer Bedeutung. Wenn es (das Personal, Anm. der Verfasserin) super qualifiziert ist für einen potenziellen Käufer.“

- Erscheinungsbild des Personals, Atmosphäre in der Praxis/im Team

Die Erscheinung des Personals sei wichtig, da die Bindung der Patienten an die Praxis zu einem Großteil über das Personal erfolge. Das Personal führe zu einer Stabilisierung des Zukunftsertrages. Die Mitarbeiter sollten freundlich und flexibel sein. Für die Patienten sei die Erscheinung des Personals unter Umständen wichti-ger als die Qualifikation, da sie diese nicht beurteilen könnten. Die fehlende Möglich-keit der Bewertung als Käufer wurde jedoch angeführt und so sei dieser Punkt schwer bei der Wertermittlung zu erfassen. ID 02: „Ja, weil (…) dass ein Teil des Praxiswertes, der – ja also überhaupt der des Erhalts des Patienten oder die Bindung der Patienten auch durch gutes und geschultes Personal. (…) Und dann halte ich

79 das tendenziell für werterhöhend, ja. Ich kann nicht sagen, mit wieviel Prozent ich das dann bewerten würde. Aber wenn es denn darum geht sich zu entscheiden, ja, mache ich – bin ich tendenziell – gehe ich noch eine Stufe höher oder gebe dem noch 0,5 mehr oder nicht, würde ich das alles mit einbeziehen.“

Tabelle 15: Übersicht über die Befragung der SV: Personal: Fluktuation, Qualifikation, Erscheinungsbild/Atmosphäre

ID Fluktuation Qualifikation Erscheinungsbild/

Atmosphäre

01 1 1 1

02 2 2 2

03 2 2 2

04 1 1 1

05 1 2 1

06 0 2 2

07 2 2 2

08 1 1 1

09 2 2 2

10 2 2 2

Fluktuation: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑) Qualifikation: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Erscheinung des Personals, Atmosphäre in der Praxis/im Team: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

4.2.2.6 Patienten

- Altersstruktur der Patienten

Die Altersstruktur der Patienten hielten fast alle Sachverständigen für kaufpreisän-dernd (neun von zehn). Allerdings gebe es auch hier Überlagerungen mit den Um-sätzen. Eine Überalterung habe eine geringere Übertragbarkeit zur Folge und damit eine Erniedrigung des EZR. Die Altersstruktur sei besonders bei speziellen Leistun-gen zu betrachten (zum Beispiel junge Altersstruktur bei einer kieferorthopädischen Praxis). ID 08: „Die Altersstruktur, wenn ich jetzt hier an eine Praxis denke – der Kie-ferorthopäde hat letztlich eine eigene Altersstruktur der Patienten, der Zahnmedizi-ner, gut, wenn er eine Altersstruktur hätte, die sechzig und älter ist würde es mich sicherlich nachdenklich machen.“

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- Einkommensniveau der Patienten, Einwohnerzahl und -struktur vor Ort

Ungefähr die Hälfte der Sachverständigen hielt diese Punkte für wertverändernd.

ID 01: „Denn wenn ich in einer Großstadt wie München bin, dann habe ich eine Be-völkerung, die verdient relativ gut Geld, denen fällt es einfacher beim Zahnarzt eine Zuzahlung für eine Prothetik zu leisten oder sich ein Implantat setzen zu lassen im Vergleich zu jemandem in Meck-Pom, die nicht über dieses Einkommen verfügen und nicht so locker mal 800 Euro für ein Implantat hinlegen können.“ Einer davon gab an, dass durch die geringere Reproduktionsdauer einer Praxis in einer Gegend mit niedrigem Einkommensniveau/schlechter Einwohnerstruktur zwar der EZR sinke, dies aber nicht mit dem wirtschaftlichen Misserfolg einer Praxis gleichzusetzen sei.

Ein anderer Sachverständiger sagte aus, dass das Einkommensniveau nur bei einer Neugründung zu beachten sei, da sich eine bestehende Praxis bereits am Markt be-wiesen hätte. ID 08: „Bei einer Neueinrichtung werde ich sicherlich diese Betrachtung einbeziehen, bei einer niedergelassenen Praxis hat es sich ja schon in den Einnah-men niedergeschlagen.“

- Einwohnerentwicklungspotenzial

Das Einwohnerentwicklungspotenzial hielten fünf Sachverständige für wichtig (Ent-stehung von Wohnraum, Neubaugebiete). Besonders bei spezialisierten Praxen (zum Beispiel kieferorthopädische Praxen) spiele dieser Punkt eine Rolle. ID 07: „Ja absolut, bei einem Kieferorthopäden zum Beispiel spielt das eine große Rolle logi-scherweise. (…) Auch bei normalen Zahnärzten, also nicht bei Kieferorthopäden, natürlich manchmal lukrativ da mit einem Neubaugebiet mitzuschwimmen.“

- Langjährige und vertrauensvolle Bindung der Patienten an die Praxis und das Team

Diesem Punkt wird wenig Bedeutung beigemessen. Eine langjährige Bindung der Patienten sei zwar wichtig, habe aber keinen Einfluss auf den Kaufpreis. Mehrere Sachverständige sahen diesen Punkt kontrovers: Zwar spreche eine langjährige Bin-dung für spezielle Leistungen und führe damit zu einer erhöhten Reproduktionsdau-er, andererseits sei sie aber ein Zeichen der Überalterung der Patienten oder der (zu) engen Bindung zum abgebenden Zahnarzt. ID 08: „Das kann sowohl werterhö-hend als auch werterniedrigend sein. Wenn ich hier als Übernehmer daran denke, die Praxis ist ja schon ewig lang bestehend, hat sich auf den bisherigen

Praxisinha-81 ber eingeschossen, das aus Argumentationsgründen für den Nachfolger schon nega-tiv sein, andererseits posinega-tiv, weil er sich hier auf eine fundierte Basis zurückgreifen kann.“

- Anteil an Privatpatienten

Über den Einfluss des Anteils der Privatpatienten gibt es unter den Sachverständigen Diskussionen. Während einige Sachverständige von einer wertsteigernden, da um-satzsteigernden Komponente und längeren Reproduktionsdauer ausgehen, sprachen sich andere für eine Wertminderung aufgrund der geringeren Standorttreue von Pri-vatpatienten (Gefahr des Patientenweggangs höher) aus. Fast alle Sachverständigen erklärten zwar beide Ansätze, die meisten (sechs von zehn) sahen einen hohen An-teil an Privatpatienten aber als wertsteigernd an, einer davon bis zu einem gewissen Prozentsatz. ID 03: „Bis zu einem bestimmten Punkt ja, wenn das zu viele Privatpati-enten sind, muss man genau schauen, ob die nicht eine sehr starke persönliche Bin-dung an den abgebenden Arzt haben und weg sind, sobald der Wechsel kommt.“ Die anderen vier Sachverständigen teilten sich auf in „wertmindernd“ und „nicht wertän-dernd“. ID 09: „Das ist erst einmal positiv. Weil es ist ja schwieriger, einen Privatpati-enten zu gewinnen (…) und somit muss sich rein aus der Logik heraus der EZR ver-längern. Weil um die Praxis mit 100% Privatanteil zu reproduzieren brauchen Sie länger als 100% Kassenanteil.“

Tabelle 16: Übersicht über die Befragung der SV: Patienten: Altersstruktur, Einkommensniveau, Einwohnerzahl/

-struktur, langjährige Bindung, Privatpatientenanteil

Altersstruktur: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn alt, EZR↓) Einkommensniveau: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

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Einwohnerzahl/-struktur vor Ort: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Einwohnerentwicklungspotenzial: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Langjährige Bindung der Patienten an die Praxis: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn lang, EZR↑)

Anteil an Privatpatienten: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn hoch, EZR↑), 3 = ja (wenn hoch, EZR↓)

4.2.2.7 Sonstiges

- Arbeitsschwerpunkte

Die Spezialisierungen des Praxisinhabers wurden von einigen Gutachtern zu der Gruppe der wichtigsten Faktoren gezählt. So wurde dieser Punkt von drei Sachver-ständigen explizit genannt. Dabei sagte einer aus, dass es hierbei vor allem um Al-leinstellungsmerkmale ginge; ist zum Beispiel im näheren Umkreis nur in der zu be-wertenden Praxis ein DVT-Gerät vorhanden oder wird nur in dieser Praxis Implanto-logie angeboten, steige der EZR. Diese Spezialisierung müsse allerdings auch signi-fikant zum Umsatz beitragen.

Ein anderer Sachverständiger wiederum bezieht die Spezialisierungen als Faktor nur dann werterhöhend ein, wenn diese nach seiner Auffassung auf den neuen Inhaber übertragbar seien, das heißt ab einem gewissen Grad der Spezialisierung wirke sich diese nicht mehr werterhöhend aus. ID 02: „Die Grenze ist dann der Guru-Faktor.

Den kann man nicht festmachen. Aber (…) diese Praxis ist nicht übertragbar. Gibt zwar viel Geld, aber ist nicht übertragbar. Das ist also die Grenze, so nur um das mal so zu sagen. Aber wenn es eben eine gut durchorganisierte spezialisierte Praxis ist und es wird ein Nachfolger gefunden, (…) denke ich, dass es werterhöhend ist.“

Je breiter gefächert eine Zahnarztpraxis sei, desto höher könne man den EZR ver-anschlagen, sagte ein Gutachter. Ein Sachverständiger verringert den EZR bei einer Spezialisierung, da diese zu einer schlechteren Übertragbarkeit und einer erhöhten Bindung an den Abgeber führe.

- Ruf der Praxis/des Abgebers

Ein guter Ruf der Praxis könne den EZR erhöhen, sagten fünf der zehn Sachver-ständigen. ID 07: „Das spielt eine große Rolle, ja.“

83 - Marketingaktivitäten des Abgebers

Vier Sachverständige hielten Marketingaktivitäten, wie zum Beispiel eine gute Inter-netpräsenz, für einen werterhöhenden Faktor. ID 07: „Ich kann damit eben werben, das sind ja weiche Faktoren zum Beispiel oder eben es gibt da ja auch richtige Mar-ketingstrategen unter den Zahnärzten, die also mit einem sehr guten Internetauftritt arbeiten, die gute Flyer haben, die eben vom Gesamteindruck her mir zukunftsfestig erscheinen, die haben dann eher die Chance über drei Jahre hinaus dann auch be-rücksichtigt –weil das kann ich nicht in den Zahlen abbilden, (…) also kann ich es im EZR berücksichtigen.“ Hier spiele die Nachhaltigkeit der Praxis und der Neupatien-tenzulauf durch das Marketing eine Rolle. Ein Sachverständiger konnte sich diesen Punkt als werterhöhend vorstellen, wenn der Übernehmer gedanklich die Kosten für das Marketing der nächsten Jahre streiche, da er darauf verzichten wolle.

Seien die Marketingaktivitäten sehr reduziert und fehle zum Beispiel eine Internet-präsenz gänzlich, könne sich dies wertmindernd auswirken, so ein Gutachter.

Die anderen Sachverständigen hielten die Marketingaktivitäten des Abgebers nicht für wichtig. ID 08: „Die Marketingaktivitäten spiegeln sich wieder nieder in den Ein-nahmen des Arztes.“

- Zukünftig erwartete Gewinnveränderungen

Die meisten Gutachter gaben an, dass sie die zukünftig erwarteten Gewinnverände-rungen zwar in die Gutachten mit einfließen ließen, ihrer Erfahrung nach aber die wenigsten Übernehmer diesen Punkt beachteten. Daher sei der Einfluss auf den Kaufpreis eher als gering anzusehen. ID 09: „Also die Erfahrung zeigt, dass sie im-mer auf die Vergangenheit schauen, wobei die natürlich für mich völlig irrelevant ist.

(…) Und das sollten dann natürlich auch die jungen Zahnärzte genauso handhaben.“ Einige sahen diesen Punkt aber auch als einflussreich an. ID 08: „Das wird er sicher-lich tun, dass er auch eine Zukunftsprognose sich selber stellt. Letztsicher-lich wenn er zur Finanzierung der Bank kommt, wird die Bank ihn fragen, was er denn in der Zukunft meint erbringen zu können.“

- Mitarbeit des Abgebers nach Übernahme

Dieser Punkt wurde von sechs Gutachtern als wichtig und werterhöhend angesehen.

ID 03: „Wichtig ist zum Beispiel, dass er ein halbes Jahr Übergabezeit anbietet.“

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ID 07: „Ja, also gerade beim EZR, weil ich dann ja die Gewähr habe, dass der abge-bende Zahnarzt die Überleitung persönlich vornimmt und da die Patienten übergibt.“

Tabelle 17: Übersicht über die Befragung der SV: Sonstiges: Arbeitsschwerpunkte, Ruf der Praxis, Marketing, Gewinnveränderungen, Mitarbeit des Abgebers

Arbeitsschwerpunkte: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn spezialisiert, EZR↑), 3 = ja (wenn spezialisiert, EZR↓)

Ruf der Praxis: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Marketingaktivitäten des Abgebers: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn gut, EZR↑)

Zukünftig erwartete Gewinnveränderungen: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja Mitarbeit des Abgebers: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (EZR↑)

4.2.2.8 Kaufverhandlungen

- Mitbewerbersituation bei den Kaufverhandlungen

Durch den derzeitigen Käufermarkt seien Konkurrenzsituationen unter den potenziel-len Übernehmern eher unwahrscheinlich, weshalb dieser Punkt eher selten eine Rolle spiele. ID 07: „Wenn ich mehrere habe? Ja, das kommt immer seltener vor.“ Zudem fänden viele Übergaben nach vorheriger Mitarbeit des Übernehmers statt (zum Beispiel im Rahmen der Assistenzzeit oder als angestellter Zahnarzt), wodurch eine Konkurrenzsituation nicht entstehe. In einigen Fällen – gerade in Ballungsgebie-ten – könne diese Situation jedoch vorkommen und sich wertsteigernd auswirken.

Zwei Gutachter maßen diesem Punkt Bedeutung bei. ID 06: „Auf jeden Fall, wie in jedem anderen Kauf auch. Da wird man ja leicht unter Druck gesetzt – entscheiden Sie sich bis morgen, sonst kriegt es der Herr Soundso.“

85 - Sympathie zwischen Abgeber und Übernehmer, Bekanntheitsverhältnis

Die meisten Sachverständigen gaben an, dass sie bei einem bestehenden Bekannt-heitsverhältnis oder einer Sympathie zwischen Abgeber und Übernehmer bereits Zeuge eines „Freundschaftspreises“ geworden seien bzw. sich dieses Szenario vor-stellen könnten. ID 06: „Ja, also das habe ich immer wieder erlebt, dass die Leute zu mir sagen – der Herr Soundso bietet zwar mehr, aber der ist mir sympathisch und das ist schließlich mein Lebenswerk (…) und da habe ich ein gutes Gefühl, wenn der das macht.“ Andersherum könne eine extreme Abneigung auch zu einem Abbruch der Verhandlungen führen. Es wurde zu bedenken gegeben, dass dieser Punkt für die Wertermittlung unerheblich sei.

- Geschlecht von Übernehmer oder Abgeber

Einen konkreten Zusammenhang zwischen Kaufpreis und Geschlecht von Verkäu-fer/Käufer konnte kein Sachverständiger ausmachen; einige konnten sich aber durchaus einen Einfluss vorstellen. ID 01: „Ich kann Ihnen sagen, also mit Frauen zu verhandeln ist zum Teil schwerer als mit Männern. Das sage ich jetzt aber einfach aus meiner Erfahrung, ich kann es nicht beweisen.“

Tabelle 18: Übersicht über die Befragung der SV: Kaufverhandlungen: Mitbewerber, Sympathie, Bekanntschaft, Geschlecht

ID Mitbewerber Sympathie Bekanntschaft Geschlecht

01 0 0 0 2

02 0 1 0 0

03 1 3 0 0

04 1 3 0 0

05 0 3 0 1

06 2 2 2 2

07 1 2 2 1

08 1 3 2 1

09 2 2 2 0

10 1 1 2 1

Mitbewerber: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja

Sympathie zwischen Abgeber und Übernehmer: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja, 3 = vielleicht

Bekanntschaft: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja (wenn ja, KP↓) Geschlecht: 0 = der Teilnehmer ist nicht darauf eingegangen, 1 = nein, 2 = ja

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4.2.2.9 Zusätzlich genannte Faktoren - Kreditfinanzierung durch die Bank,

- Potenzial, die Praxis auszubauen, das heißt gegebenenfalls in einigen Jahren eine Gemeinschaftspraxis zu gründen,

- finanzielle Situation von Verkäufer und Käufer,

- persönliche Verhältnisse des Übernehmers (zum Beispiel Schulen in der Nähe),

- Fallzahlen und

- Alter der Konkurrenz.

4.2.3 Zusammenfassung

Tabelle 19: Zusammenfassung der Befragung der SV: Auflistung aller Faktoren und deren Einfluss auf den EZR

Faktor Kein Einfluss/

nicht angesprochen Einfluss

Einzelpraxis vs. Gemeinschaftspraxis 1 9

Einfluss des Gutachtens 4 6

Kaufkraft 7 3

Modernität/Erscheinungsbild 7 3

Technik/EDV 7 3

Technik/EDV 7 3