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Leben entzündet sich nur an Leben Wie die Schule zu ihrer eigenen Biografie

Im Dokument Umgang mit Heterogenität (Seite 91-100)

durchdringen kann

Der Phillipinenhof in Kassel ist derzeit vielen Pädagogen eine Reise wert. Denn in Kassels hinterer Nordstadt sind Gewalt und andere Formen der Kriminalität bei Jugendlichen stark zurückgegangen. Wie

durch ein Wunder, schwärmen Polizisten. Politiker lassen sich mit dem, der das vollbracht hat, gerne abbilden: Ein Boxer und

ehemaliger Knacki.

Lothar Kannenberg war mit 33 Jahren hessischer Meister im Schwergewicht. Als Bodyguard schützte er Tina Turner und die Hochzeit von „Schumi“

Schumacher. Daneben machte er eine Schläger- und Drogenkarriere, die im Gefängnis endete. Und dann? Nach seiner Entziehung gelang ihm ein dritter Weg. Er hörte, das Jugendzentrum Phillipinenhof sei

geschlossen worden, weil Jugendliche ihre Sozialarbeiter verprügelt hätten. Das klang wie eine Aufforderung, ja wie ein Ruf, gerichtet speziell an ihn, der aus miesen Verhältnissen kommt und für den lange galt, schlagen oder geschlagen werden. Der Boxsport war sein Ausweg.

„Respekt vor anderen habe ich im Ring gelernt.“ Inzwischen betreibt er im Phillipinenhof ein Box-Camp für Jugendliche. Die Kultivierung aggressiver Energie gelingt dort nicht nur, weil er ein so guter Boxlehrer ist, sondern weil er die Botschaft mit seiner Biografie beglaubigt. Die pädagogischen Touristen sind begeistert von seiner Authentizität. Sie scheint tatsächlich eine seltene Pflanze in der pädagogischen Landschaft. Ein Heilkraut?

300 Kilometer weiter östlich ein Treibhaus, in dem zwischen Hinterhöfen und einem Friedhof, auf dem Friedrich Schleiermacher begraben ist, diese Pflanze gedeiht. Es ist eine Hauptschule in Berlin Kreuzberg, die vor 15 Jahren am Boden lag. Heute ist die Ferdinand-Freiligrath-Schule eine der interessantesten in Deutschland.

Auf dem Schulhof meißeln Schüler mit einem Bildhauer. Ihnen sind schon beeindruckende Skulpturen gelungen. Der Unterricht allerdings bietet häufig noch ein eher jämmerliches Bild. Teilnahmslos hängen die

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Jugendlichen herum, als könnten sie nicht bis drei zählen. Rutschen hin und her wie eingesperrte Raubtiere. Sie bestätigen das Vorurteil: diese Flipper könnten sich nicht konzentrieren, ihr Spannungsbogen reiche nicht weiter als ein Schnitt im Videoclip. Und dann kommt in der

nächsten Stunde Andrei Patla, ehemaliger Nationaltrainer der polnische Turner, und baut mit ihnen vierstufige Pyramiden. Wofür bräuchte man mehr Konzentration? Was wäre folgenreicher als den Marmor zu

meißeln?

Seit mehr als 10 Jahren werden Künstler, Handwerker, Artisten, auch Schriftsteller und Computerfachleute an diese Schule geholt. Man nennt sie die Dritten. Sie schreiben mit den Schülern Gedichte, inszenieren Musicals oder nehmen Computer auseinander. Wie eine ansteckende Gesundheit verbreiten diese Botschafter aus der tätigen Welt die Lust am Handeln, die Kraft, sich etwas zuzutrauen und die Bereitschaft sich zu exponieren.

Schule = Schüler + Lehrer + Dritte

Manche Lehrer wurden allerdings eifersüchtig. Andere haben wohl auch Angst, mit den Dritten könnte das unvorhersehbare Dritte in die Schule kommen. Natürlich werden Lehrer nicht überflüssig. Im Gegenteil.

Ihnen bieten sich neue Chancen. Als Menschensammler, die sich auf die Suche nach diesen interessanten Dritten machen und diese engagieren, werden sie unternehmerischer. Wenn beide zusammenarbeiten, werden Lehrer wieder Lernende und Problemlöser. Damit gewinnen sie

Kompetenz und Würde, ja Autorität. Die neue Formel für Schule heißt nun: Schule = Schüler + Lehrer + Dritte.

Inzwischen wirkt an der Freiligrath-Schule der Sauerteig im Unterricht.

An die Stelle der Fächer ist eine Kombination von Kurs und Arena getreten. Arenen betreiben Lehrer und „Dritte“ gemeinsam. So werden Lehrer auch Manager und Regisseure der Schule. Ein Gewinn. Man muss sich die Arena als eine Mischung aus Projekt und der

Meisterklasse an einer Kunsthochschule vorstellen, jeweils 14

Wochenstunden in Theater, Medien, Akrobatik oder auch im Betrieb.

Daneben gibt es in 12 Wochenstunden Kurse. Hier wird das

unvermeidliche Schwarzbrot des Lernens serviert. Lehrer trainieren die Schüler in Fremdsprachen, üben mit ihnen Kulturtechniken und

beheben gezielt deren Schwächen.

Der Weg der Freiligrath-Schule vom Lazarett zum Talentschuppen zeigt, dass es für eine Schule möglich ist, sich zur eigenen Biografie

durchzuringen, wenn sie den risikoreichen, aber erlösenden Schritt von der Not zur Wendigkeit wagt. In Berlin wie im Kassler Box-Camp hängt nun viel von einzelnen, „authentischen“ Menschen ab. Das ist die Stärke und die Empfindlichkeit von Organisationen, die an ihrer Biografie arbeiten. Es ist das Betriebsrisiko lernender Organisationen.

Empfindlichkeit ist allerdings eine Schwäche, aus der Stärken

erwachsen, wenn man sie nicht leugnet. Schulen müssen Orte werden,

die solche Dritten anziehen. „Leben entzündet sich an Leben“, sagte Jean Paul. Es ist das Motto der Freiligrath-Schule. Diese Idee muss ein Imperativ des anstehenden neuen Bildungsdiskurses werden.

Reinhard Kahl

Weitere Informationen zum Artikel

Zur Homepage der Ferdinand-Freiligrath-Schule in Berlin.

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Heft 1/2002 .inhalt

.editorial .thema .panorama .brennpunkt .zeitpunkt .angefragt .multimedia .fortbildung .exkursion .schulporträt .standpunkt .pinnwand .impressum

Schulsport NRW heißt das neue Internetportalauf learn:line, das im März 2002 ans Netz geht. Sportlehrerinnen und Sportlehrer finden unter „www.schulsport-nrw.de“ Tipps und Anregungen für einen abwechslungsreichen Schulsport. Darüber hinaus können sich auch Pädagoginnen und Pädagogen anderer Fachrichtungen informieren, wie Bewegung, Spiel und Sport in das Schulleben integriert werden können.

Schülerinnen und Schüler, die in den Kreisen Paderborn und Höxter einen Praktikumsplatz suchen, sollten einen Blick ins Internet werfen und die Praktikumsbörse im Hochstift anklicken. Mehr als 1.200 Betriebe aus der Region haben unter „www.die-praktikumsboerse.de“

ihre aktuellen Angebote veröffentlicht.

Vom 21. bis 25. Mai 2002 findet an der Uni Münster die 6.

Pfingsttagung statt. Unter der Überschrift „Neues Lernen – Neue Medien – Viele Projekte im Land“ können sich Lehrkräfte aus dem

mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich über moderne

mediengestützte Unterrichtskonzepte informieren. Anmeldeschluss ist der 31. März 2002. Kontakt: Zentrale Koordination Lehrerausbildung, Prinzipalmarkt 38, 48143 Münster, Tel.: (0251) 510380.

Nähere Infos: „www.zkl.uni-muenster.de/t3/Pfingsten2002“.

Mit dem Ziel, den Austausch zwischen Alt und Jung zu fördern, schreibt der Cornelsen Verlag den mit 9.000 Euro dotierten Förderpreis Dialog der Generationen aus. Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer aller Schulformen sind aufgerufen, Unterrichtseinheiten zu diesem Thema einzureichen, die der schülerorientierten Arbeit in den Klassen 5 bis 10 neue Impulse geben. Einsendeschluss ist der 1. September 2002.

Nähere Infos: Cornelsen Verlag, Stichwort: Cornelsen Förderpreis Deutsch, Mecklenburgische Straße 53, 14197 Berlin,

Tel.: (0180) 12 120 20.

Die bundesweite Messe für Abiturienten Einstieg Abi findet vom 15.

bis 16. März 2002 in Köln statt. Zwei Tage lang können sich Schülerinnen und Schüler über Ausbildung, Studium und Beruf

informieren. Kontakt: Einstieg Event GmbH, Martin-Luther-Platz 13-15,

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50677 Köln. Nähere Infos: „www.einstieg-abi.de“. Artikel drucken Artikel senden © forum schule, Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, Soest

Heft 1/2002

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen

Ruth Springer (verantwortlich),

Dr. Heinz Aschebrock, Adolf Bartz, Peter Dobbelstein, Dr. Werner Emler, Dr. Michael Gasse, Dr. Hans Haenisch, Jörg Harm, Anna-Marie Hauf-Tulodziecki, Edith Hochscherff, Jagoda Illner, Volker Kampmeier, Gisela Knaut, Frank Langner, Dr. Christiane Lehfeldt, Jutta

Maybaum-Fuhrmann, Gerald Mennen, Rosemarie Meyer-Behrendt, Dr. Frank Schindler, Dr. Heinz Schirp, Dr. Eike Thürmann, Wolfgang Weber, Hans-Herbert Weiß

Layout und Bilder:

L&K integrated communications gmbh Scheidtweilerstraße 63-65

Lajos G. Herpai, Dortmund www.herpai.de

Das Magazin wird auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.

Erscheinungsweise: dreimal jährlich Auflagenhöhe: 100.000

Das Magazin wird kostenlos an die Schulen des Landes NRW verteilt.

Weitere Interessenten wenden sich bitte an den Herausgeber.

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Heft 1/2002

Erscheinungsdatum: 13. Mai 2002

Im nächsten Heft: Die nächste Ausgabe von forum schule wird sich u.a. mit dem Thema Schulprogrammarbeit beschäftigen: Was hat den Schulen in Nordrhein-Westfalen die Arbeit mit dem Schulprogramm bisher gebracht? Was sind Merkmale erfolgreicher

Schulprogrammarbeit? Welche Arbeitsschritte sind unverzichtbar und warum? Welche Bedingungen fördern bzw. erschweren den Prozess der Schulprogrammarbeit? Was ist erforderlich, um Kontinuität in den Entwicklungsprozess zu bekommen und wie kann es mit dem Schulprogramm weitergehen? Das und mehr in der nächsten Ausgabe des Magazins für Lehrerinnen und Lehrer.

Druckauflage:

ca. 5 Wochen vor Erscheinen Beilagenschluss:

ca. 8 Wochen vor Erscheinen Rücktrittsrecht:

bis Anzeigenschluss Druckverfahren:

Offset (Computer to Plate) Druckunterlagen:

PDF- (press optimiert) oder EPS-Datei mit 3 mm Anschnitt Bankverbindung:

IMAGE TRANSFER GmbH,

Commerzbank AG Essen, BLZ 360 400 39, Konto Nr. 3001401 Zahlungsbedingungen:

Der Ausgleich der Rechnungen versteht sich innerhalb 14 Tagen nach Rechnungsdatum.

Es gelten unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen.

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Format Anschnittformat

(BxH in mm) s/w-Preis vierfarbig

(Euroscala) TKP s/w TKP 4c 1/1 Seite 210 x 285 3.600,00

7.040,99 DM 5.600,00

10.952,65 DM 60,00

117,35 DM 93,33 182,54 DM 1/2 Seite 210 x 140 1.900,00

3.716,08 DM 3.400,00

6.649,82 DM 31,66

61,92 DM 56,66 110,82 DM

Malstaffel (Schaltungen) Mengenstaffel (Seiten)

ab 3 Anzeigen 5% ab 3 Seiten 5%

ab 6 Anzeigen 10% ab 6 Seiten 10%

ab 9 Anzeigen 12% ab 9 Seiten 12%

Nachlässe: Buchverlage erhalten 10% Rabatt auf die Anzeigengrundpreise, ohne weiteren Mengennachlaß.

Beihefter (im Heftformat in der Heftmitte für die gesamte Auflage)

4-seitig 80 bis 170 g/qm Papier 100,00 ‰

8-seitig 80 bis 170 g/qm Papier 150,00 ‰

Beschnittzugaben: 5 mm plus einen 8 mm starken Nachfalz. Ein 8-Seiter muss aus einem Bogen kreuzbruchgefalzt sein. Vor Drucklegung bitte Muster einsenden. Die Preise für Beihefter verstehen sich zuzüglich Postgebühren.

Teilbelegung und Beilagen auf Anfrage.

Alle Preise zuzüglich gesetzlich gültiger MwSt.

forum schule richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer sowie Referendare aller Schulformen. Bei dieser Zielgruppe handelt es sich um eine

einkommensstarke Leserschaft, die sich durch ein hohes Bildungsniveau auszeichnet sowie überdurchschnittlich neue Medien nutzt.

Anzahl der Lehrkräfte in NRW

Quelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, MSWWF, Stand Sommer 2000

Die Anzahl der Exemplare forum schule, die an eine Schule verschickt wird, beläuft sich auf 32% der dort unterrichtenden Lehrkräfte. Es erhält also jede dritte Lehrkraft eine Ausgabe.

1Zu den sonstigen Schulen gehören 23 Abendrealschulen, 16

Abendgymnasien, 16 Kollegs, 45 Freie Waldorfschulen und 3 Schulen für Zirkuskinder.

2Schulaufsicht, Ministerium, Bezirksregierungen, Studienseminare, Bibliotheken, Archive, Verbände, Landesinstitute, Einzelanfragen.

IMAGE TRANSFER GmbH Zindelstr. 12

45128 Essen

Tel.: 0201/872 28-0 Fax: 0201/872 28-72

Email: anzeigen@forum-schule.de Internet: www.image-transfer.de

Anzeigenpreisliste 1/2002 gültig ab 1.12.2001 Alle Preise zuzüglich gesetzlich gültiger MwSt.

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