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Das Ganztagsangebot der Lutherschule Bielefeld

Im Dokument Umgang mit Heterogenität (Seite 87-91)

Ein Internetcafé, eine Schülerdisco, ein umfangreiches

Sportprogramm mit Angeboten von Fußball bis Tischtennis – aus dem Nachmittagsangebot des

Schülerclubs „Relax“ hat sich an der Lutherschule ein

umfangreiches Ganztagsangebot entwickelt mit Mittagsbetreuung und Hausaufgabenhilfe.

Donnerstagnachmittag, 14.30 Uhr.

In der Aula der Lutherschule Bielefeld herrscht geschäftiges Treiben. Faton, Suleyman und die 15 anderen aktiven Mitglieder des Schülerclubs „Relax“ rücken Tische und Stühle für eine dringende Besprechung des Clubrates zusammen. Um 15 Uhr beginnt hier das Tischtennisturnier des Schülerclubs. Noch eine halbe Stunde, dann müssen die letzten Vorbereitungen abgeschlossen sein. Wer kümmert sich jetzt um den Aufbau der Tischtennisplatten?

Haben wir auch genügend Reservebälle? Wer holt die Schläger aus der Gerätekammer? „Wir müssen darauf achten, dass die Großen nicht gegen die Kleinen spielen“, gibt Serdal zu bedenken, „das wäre

ungerecht.“ Die anderen stimmen zu und checken schnell noch einmal den Spielplan: alles in Ordnung, es kann losgehen.

„Schüler für Schüler“ lautet das Motto des Schülerclubs „Relax“, dessen Nachmittagsveranstaltungen zusammen mit den Ganztagsangeboten, die im Rahmen des Landesprogramms „13 plus“ gefördert werden, heute von 60 bis 70 Kindern und Jugendlichen genutzt werden. Dabei hat alles ganz klein angefangen: vor rund fünf Jahren mit einem einfachen Frühstücksverkauf. Dank der Initiative einer engagierten Schülerschaft, die bereit war, den Betrieb des Kiosks von der Warenbereitstellung über den Verkauf bis hin zur Abrechnung weitestgehend selbstständig zu organisieren, konnte der einfache Tresenverkauf zu einem Café mit Sitzplätzen ausgebaut werden.

Unterstützt und begleitet wurde die Caféinitiative u.a. von Franziska

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Putz, der Schulsozialarbeiterin von der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Bielefeld, womit ein erster Schritt in Richtung außerschulische

Kooperation getan wurde.

Computer-, Sport- und Tanzangebote

Mit dem Zusatzangebot einer Spielausleihe nahm dann der Schülerclub in ersten Umrissen Gestalt an. Nach und nach wurde die

Angebotspalette erweitert. So gibt es heute ein Internetcafé, in dem man nicht nur im „World Wide Web“ surfen kann. Wer will, kann an den Computerplätzen auch Bewerbungsschreiben aufsetzen und Lebensläufe schreiben. Besonders nachgefragt werden an der Lutherschule die Sportangebote. Tiziana ist eine von sieben Sporthelferinnen bzw.

Sporthelfern, die am Nachmittag die Schlüsselhoheit über die Sporthalle innehaben und dort die verschiedenen Sportangebote von Basketball bis Volleyball leiten. Tizianas Lieblingsbeschäftigung: Sie pfeift mit Vorliebe Fußballspiele – mit reiner Jungenbeteiligung. Gurbet, ein weiteres Mitglied des Schülerclubs, freut sich unterdessen über den großen Zuspruch, den ihr Bauchtanzkurs findet. Insgesamt zehn Mädchen wollen unter ihrer Anleitung diesen orientalischen Schautanz erlernen.

Mit einem Team von neun bis zehn Schülerinnen und Schülern organisiert Constantin eine Schülerdisco, zu der auch Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil eingeladen werden. Alle fünf bis sechs Wochen findet diese Disco statt, die ein fester Bestandteil des

Ganztagsangebots der Lutherschule ist. „Mit Ton- und Lichteffekten kenne ich mich inzwischen super aus“, sagt Constantin, der nach der Schule sein Geld als Veranstaltungstechniker verdienen will und in diesem Bereich bereits ein Praktikum absolviert hat. Gegenwärtig bietet Constantin ein Blockseminar für Schülerinnen und Schüler an, die seine Nachfolge antreten und die nächste Schülerdisco organisieren.

Offenheit und Durchlässigkeit sind maßgebliche Organisationsprinzipien des Schülerclubs. So können die „Relax“-Angebote an zwei

Nachmittagen in der Woche auch von Kindern und Jugendlichen aus dem Stadtteil in Anspruch genommen werden. Außerdem hat sich der Schülerclub bezüglich sportlicher Events schulformübergreifend mit fünf weiteren Schülerclubs in Bielefeld zusammengeschlossen. In dieses Netzwerk konnten auch die Sportjugend Bielefeld und die städtische

„Mobile Jugendarbeit“ mit einbezogen werden. Die Koordinierungsstelle dieses Netzwerks liegt in Verantwortung der RAA-Bielefeld („Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus

Zuwandererfamilien“).

Förderprogramm „13 plus“

Die Lutherschule ist eine Hauptschule in der Innenstadt von Bielefeld mit einem sehr hohen Anteil von Schülerinnen und Schüler

ausländischer Herkunft. Vor diesem Hintergrund einer stark

multikulturell geprägten Schülerschaft hat es sich die Lutherschule zum

Ziel gesetzt, den Kindern und Jugendlichen ein umfangreiches

Ganztagsangebot zu bieten, das alle Voraussetzungen erfüllt, um der Forderung nach einer umfassenden Persönlichkeitsbildung und -stärkung zu entsprechen. So ist es u.a. gelungen, im Anschluss an einen dreijährigen Förderzeitraum für den Schülerclub „Relax“ mit Hilfe des landesweiten Förderprogramms „13 plus“ das Ganztagsangebot mit dem außerschulischen Kooperationspartner AWO weiter auszubauen. So werden die Mittagsbetreuung und auch die Hausaufgabenhilfe, die zentraler Bestandteil des Ganztagsangebots sind, von vier

Teilzeitkräften der AWO bestritten, die aus dem „13 plus“-Fördertopf bezahlt werden. Dazu kommt die Schulsozialarbeiterin als

koordinierende Fachkraft, die aus kommunalen und Mitteln der AWO finanziert wird.

In Anlehnung an den Clubrat ist in den „13 plus“-Gruppen eine Kinderkonferenz eingerichtet worden, um die Kinder aus den Jahrgangsstufen 5 und 6 an der Gestaltung des Nachmittags zu

beteiligen. „Es gab häufig Streit über Angebote in den Gruppen“, räumt Schulsozialarbeiterin Franziska Putz ein, „wir haben gemeinsam über eine demokratische Plattform nachgedacht und sind so auf diese Institution gekommen. Die Kinder haben diese Form der Beteiligung angenommen. In den Konferenzen besprechen wir Probleme, die in der Gruppe auftreten, und wir planen Angebote und Aktionen wie

Kinobesuche und Ferienaufenthalte.“

Die positiven Effekte der Ganztagsbeschulung liegen für Franziska Putz und ihre Lehrerkolleginnen und -kollegen auf der Hand. Die Erfahrungen zeigen, dass die Kinder aus den „13 plus“-Gruppen allmählich lernen Regeln zu beachten und Vereinbarungen einzuhalten. Sie sind insgesamt verlässlicher geworden mit einem höheren Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Auch die Zahl der

Schulschwänzer ist zurückgegangen. Zum anderen haben auch die aktiven Mitglieder des Schülerclubs nicht nur großen Spaß an ihrer Arbeit, ihre Mitschülerinnen und Mitschüler bringen ihnen auch ein hohes Maß an Anerkennung und Akzeptanz entgegen. All diese Effekte haben letztlich auch positive Auswirkungen auf den Unterricht am Vormittag, der natürlich das primäre Geschäft der Schule bleibt. Das alles hat dazu geführt, dass der Schülerclub mit seinen verschiedenen Projekten vor drei Jahren ins Schulprogramm aufgenommen wurde.

Manfred Grimm, Rosemarie Meyer-Behrendt

Das Förderprogramm „13 plus“

Die nordrhein-westfälische Landesregierung fördert im Rahmen des Programms „13 plus“ die Einrichtung von verlässlichen

Ganztagsangeboten für Kinder und Jugendliche. Die Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe, Sport und anderen Partnern steht dabei im Mittelpunkt. Nicht zuletzt geht es dabei auch um die Verknüpfung des

Unterrichts mit dem ergänzenden

Nachmittagsangebot zu einem pädagogisch abgestimmten integrativen Konzept. Nähere Infos zu „13 plus“ finden Sie auf dem NRW-Bildungsserver „learn:line“: www.learn-line.nrw.de/angebote/dreizehnplus.

Im Rahmen von „13 plus“ werden

Maßnahmen gefördert, die ein verlässliches Ganztagsangebot sicherstellen und somit einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung des Schullebens leisten. Konzeptionelle

Grundelemente sind dabei ein gemeinsames Mittagessen, die

Hausaufgabenbetreuung und so genannte „offene Angebote“ wie sie z.B. an der Lutherschule in Bielefeld umgesetzt werden. Bei der

Durchführung dieser Vorhaben empfiehlt sich erfahrungsgemäß, bereits vorhandene Aktivitäten bzw. Angebotsstrukturen sowohl im schulischen Rahmen als auch im Bereich der Jugendhilfe einzubeziehen und

miteinander zu verknüpfen.

Weitere Informationen zum Artikel

Hinweise, Hilfen und Tipps zum Förderprogramm „13 plus“ bietet die vom LSW herausgegebene Handreichung „Verlässliche Ganztagsangebote für Kinder und Jugendliche in nordrhein-westfälischen Schule“. 2001. Sie ist zu beziehen über den DruckVerlag Kettler, Postfach 1150, 59193 Bönen, Best.Nr.: 4192, Preis: 9

Online-Bestellung

Nähere Informationen zum Förderprogramm "13 plus" erhalten Sie auf dem NRW-Bildungsserver im Angebot Dreizehnplus.

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Heft 1/2002

Leben entzündet sich nur an Leben

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