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Die Chancenungleichheit an unseren Schulen

Im Dokument Umgang mit Heterogenität (Seite 26-29)

Hinweise aus der Bildungsforschung gibt es schon lange, dass es mit der Chancengleichheit nicht weit her ist in unserem Land und die soziale Herkunft weiterhin die Bildungschancen unserer Kinder bestimmt. Die PISA-Ergebnisse bestätigen jetzt die Befürchtungen und zeigen, dass es andere Länder mit einer ähnlichen Sozialstruktur weit besser können als wir. In keinem anderen Land bestimmt die Sozialschichtzugehörigkeit die Leistungsunterschiede so stark wie bei uns. Noch immer gilt: In Deutschland sind die Chancen für Kinder aus der Oberschicht, ein Gymnasium zu besuchen, fast sechsmal so hoch wie die von Kindern aus Arbeiterhaushalten.

Bei Kindern aus Zuwandererfamilien sind die Differenzen besonders hoch. Denn wenn Sprachschwierigkeiten und ein niedriger sozialer Status zusammenkommen, verschärft sich die Situation. Fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler aus Migrantenfamilien überschreitet im Leseverstehen nicht die elementare Kompetenzstufe I und das, obwohl 70 Prozent in Deutschland eingeschult wurden.

Wenn bei uns über Konsequenzen und Fördermöglichkeiten

nachgedacht wird, so wird schnell eine in der deutschen Diskussion altbekannte Abwehrhaltung erkennbar: Die Vorstellung, mehr soziale Integration und bessere Bildungschancen für alle müssten mit

Qualitätseinbußen und zu Lasten der „Spitzenleistungen“ erkauft werden. Finnland, Japan, Schweden oder Kanada führen uns jedoch vor, dass weit höhere Leistungen und bessere Bildungsabschlüsse (50 bis 70 Prozent erreichen abiturvergleichbare Abschlüsse – bei uns nur 33 Prozent) bei sehr viel geringerer Streuung und Segregation erzielt werden können.

Schlaglicht Migrantenförderung

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, liegt derzeit bei 22 Prozent. Tendenz steigend. Da macht es Sinn, einen Blick auf diesen Bereich zu werfen, in dem sich

Fördermaßnahmen in Nordrhein-Westfalen quantitativ ja durchaus sehen lassen können. Vielfältige Integrationshilfen für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse werden angeboten. Seit Jahren stehen etwa 5.000 zusätzliche Lehrerstellen für die Förderung dieser Kinder zur Verfügung, davon rund 3.700 Stellen für die sprachliche Förderung von

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Deutschkenntnissen.

2001 wurden landesweit etwa 800 Sprachkurse für Kinder im

Vorschulalter gefördert. In verschiedenen Regionen wird koordinierte Sprachförderung an Grundschulen beim Schulanfang mit Kindern ohne ausreichende Deutschkenntnisse erprobt. 200 Stellen stehen seit dem Schuljahr 2001/2002 für die Förderung der Fünft- und Sechstklässler an 136 Haupt- und Gesamtschulen mit besonders hohem Migrantenanteil zur Verfügung. Und „last but not least“: Mit rund 130 Lehrerstellen wird seit diesem Schuljahr das Projekt „Beruf und Schule“ unterstützt. Es soll Jugendlichen, die keine Aussicht auf einen Schulabschluss haben, durch eine intensive Zusammenarbeit mit örtlichen Unternehmen den

Übergang in ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis ermöglichen.

Bislang konnte man in Nordrhein-Westfalen auch auf Erfolge stolz sein:

Während im Bundesdurchschnitt etwa 19 Prozent der ausländischen Jugendlichen ohne Schulabschluss bleiben, sind es hierzulande nur gut 12 Prozent. Über die Hälfte der ausländischen Jugendlichen erreicht in NRW mehr als den Hauptabschluss, bundesweit sind es nur 30 Prozent.

PISA macht jedoch deutlich, dass man sich mit diesen ersten Erfolgen nicht zufrieden gegen kann und dass sich die sprachlichen Defizite nicht automatisch mit der Verweildauer zugewanderter Familien lösen. Es gehört sicherlich einiges auf den Prüfstand, Systemisches und

Pädagogisch-Didaktisches: Für welche Zwecke und wie wirksam werden Fördermittel und Stellen vor Ort eingesetzt? Bestimmt Selektion oder Förderung die Philosophie des Unterrichts einer Schulform, einer Schule, einer Erprobungsstufe, eines Lehrers? Welche pädagogischen und fachlichen Strategien haben sich in den Schulen bewährt? Wie können Lehrerinnen und Lehrer besser unterstützt werden? Müssen wir über eine längere Grundschulzeit diskutieren? Und so weiter.

Aufgeschreckt und sensibilisiert hat die Studie in diesem Bereich allemal und eine fruchtbare Diskussion angeregt.

Jagoda Illner

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Schriftliche Materialien:

Die Ergebnisse der PISA-Studie haben wir unter thematischen Gesichtspunkten ausgwertet:

Aspekte familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb (PDF-Datei, 5 Seiten, 129 KB)

Aspekt Migration (PDF-Datei, 2 Seiten, 99 KB)

LSW (Hrsg.): Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund im Deutschunterricht. Texte schreiben und verstehen. Materialien für Unterricht und Lehrerfortbildung.

Bönen 2001, DruckVerlag Kettler, Postfach 1150, 59193 Bönen.

Best.-Nr. 2282, Preis: 10

LSW (Hrsg.): Zweisprachigkeit und Schulerfolg. Band I. Die

Wirksamkeit von schulischen Modellen zur Förderung von Kindern aus zugewanderten Sprachminderheiten. Ergebnisse der Schulforschung.

Bönen 2001, DruckVerlag Kettler, Postfach 1150, 59193 Bönen. Best.-Nr. 4190, Preis: 6

LSW (Hrsg.): Zweisprachigkeit und Schulerfolg. Band II. Beiträge zur Diskussion. Bönen 2001, DruckVerlag Kettler, Postfach 1150, 59193 Bönen. Best.-Nr. 4198, Preis: 8

Schulanfang mit Kindern ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Ein Schulentwicklungsprojekt im Regierungsbezirk Düsseldorf. Bestelladresse:

LSW, Paradieser Weg 64, 59494 Soest Preis: 2,50 (per Rechnung)

Die Ergebnisse der PISA-Studie haben wir unter thematischen Gesichtspunkten zusammengestellt:

Aspekt Lernen (PDF-Datei, 7 Seiten, 178 KB)

Aspekt Geschlechterunterschiede in Basiskompetenzen (PDF-Datei, 2 Seiten, 99 KB)

Aspekt Lebens- und Lernbedingungen von Jugendlichen (PDF-Datei, 6 Seiten, 156 KB)

Aspekte familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb (PDF-Datei, 5 Seiten, 129 KB)

Aspekt Migration (PDF-Datei, 2 Seiten, 99 KB) Angebote und Hinweise aus dem Netz:

"learn:line" bietet Hilfen für Sprachkurse vor der Einschulung, ebenso Kontaktadressen zum Projekt "Betrieb und Schule" (BUS) in den jeweiligen Arbeitsbereichen.

An der Universität Essen wird eine Sprachenerhebung Essener Grundschulen (SPREEG) durchgeführt.

Aktuelle Ergebnisse der Sprachforschung im Bereich natürlicher Zweisprachigkeit, Deutsch als Zweitsprache und Erziehung zu Mehrsprachigkeit finden Sie in der online-Zeitschrift ELiSe.

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Heft 1/2002

Die Schule auf die Schüler abstimmen

Im Dokument Umgang mit Heterogenität (Seite 26-29)