TEIL C: Biodiversitätsschädigende Subventionen je Sektor
3 Verkehr auf Strasse, Schiene und in der Luft 22
4.9 Kantonale landwirtschaftliche Subventionen am Beispiel Luzern
4.9.2 Kosten landwirtschaftlicher Investitionskredite des Kanton Luzern
Vom Kanton Luzern wurden 2018 zinsfreie Darlehen in der Höhe von CHF 23.38 Mio. vergeben, die bei einem Zinssatz von 2.2 % einer jährlichen Subvention von CHF 0.5 Mio. der neuen Darlehen ent-sprechen (Landwirtschaftliche Kreditkasse Luzern, 2019, S. 17).
4.9.3 Mögliche Lösungsansätze
Investitionskredite haben eine hohe Hebelwirkung. Deshalb sollen Investitionshilfen nur gewährt wer-den, wenn der Gesuchsteller mit einer standortangepassten Bewirtschaftungsweise die Umwelt und die
93 In der AP22+ sind Zwischenziele für den Absenkpfad des Stickstoffüberschusses eingeplant (https://www.par-lament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20194602 abgerufen am 09.07.2020)
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natürlichen Ressourcen schont sowie die Biodiversität fördert (Akademien der Wissenschaften Schweiz, 2019b).
Tabelle 7: Übersicht Subventionen in der Landwirtschaft mit (potentiell) negativer Wirkung auf Biodiversität (in grau: die in vorliegender Studie beschriebenen Subventionen).
Subventionsbezeichnung Subventionsart Jährliche Subvention [Mio. CHF/Jahr] Bewertung der negativen Wirkung der Subvention auf Biodiversität Biodiversitätsschädigender Anteil der Subvention Schwierigkeit bei Umlei- tung / Umgestaltung der Subvention Quellen undVerweise auf relevante Studien
Grenzschutz 3’108 OECD 2019, Dümmler &
Roten 2018
Basisbeitrag 745.5 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Weitere Nettoausgaben Kantone 281.6 Agristat 2017
Verkäsungszulage 263.2
Offenhaltungsbeitrag 140 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Hangbeitrag 126.6 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Übergangsbeitrag 113.8 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Offene Ackerfläche 112.6 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
79
Graslandbasierte Milch- und
Fleisch-produktion 110.8 BLW 2019c
Alpungsbeitrag 108.5 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Motorfahrzeugsteuer Reduktion 86.4 Dümmler & Roten 2018
Tierwohl BTS 83.9
Einzelkulturbeiträge 59.6 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018 Investitionskredite für
Strukturverbesse-rung 56.3 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018 Beitrag für Entsorgung tierischer
Ne-benprodukte 47.3 Schweizerischer
Bundes-rat 2009, BLW 2018, Dümmler & Roten 2018
Reduzierter MwSt. Satz 40.6 Interpellation 15.3467,
Eigene Berechnungen, Dümmler & Roten 2018
Ausnahme von LSVA 35
Dümmler & Roten 2018;
Schweizerischer
Zulage bei silofreier Milchviehfütterung 29.8
BLW 2019c,
Hangbeitrag Rebflächen 11.5 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Steillagenbeitrag 11.3 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Landwirtschaftliche Beratung 10.8 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
80
Vollzug Schlachtvieh und Fleisch 6.6 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Finanzierung der Zulassungsevaluation 6 Bossard 2016
Marktstützung Fleisch /
Einlagerungs-beiträge Kalbfleisch 3.1 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Administration Milchproduktion und
-verwertung 2.7 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018
Marktstützung Eier 1.7 BLW 2019c, Dümmler &
Roten 2018 Externe Kosten
Externe ökologische Kosten
Stickstoffe-intrag 520
Brink, C. & van Grins-ven, H. 2011, Schweize-rischer Bundesrat 2016, Dümmler & Roten 2018 Externe Kosten
Treibhausgasemissio-nen 370.8 Dümmler & Roten 2018
Externe Kosten Phosphoreintrag 200 Dümmler & Roten 2018
Externe Kosten Pestizide 75 Infras 2014, Dümmler &
Roten 2018
81
Tabelle 8: Übersicht Subventionen in der Landwirtschaft im Kanton Luzern mit (potentiell) negativer Wirkung auf Biodiver-sität.
Subventionsbezeichnung Subventionsart Jährliche Subvention [Mio. CHF/Jahr] Bewertung der negativen Wirkung der Subvention auf Biodiversität Schwierigkeit bei Umlei- tung / Umgestaltung der Subvention Biodiversitätsschädigen- der Anteil der Subvention Quellen und Verweise auf relevante Studien
Agrarkredite für bauliche
Mass-nahmen 14.2
Landwirtschaftliche Kre-ditkasse Luzern 2019
Investitionskredite 0.5
Landwirtschaftliche Kre-ditkasse Luzern 2019
Agrarkredite für
gemeinschaft-liche Massnahmen 5.5
Landwirtschaftliche Kre-ditkasse Luzern 2019
Tierseuchen-kassenbeitrag 1.6
Luzerner Tierseuchen-verordung Nr 845, Ein-wohnerzahlen LU Gebirgshilfefonds
0.34 Kanton Luzern 2018c
Beiträge Tierzucht-verbände 0.1 Kanton Luzern 2018c
Subventionsart
On-Budget Subvention Off-Budget Subvention Implizite Subvention Finanzieller Fehlanreiz
Grad der schädigenden Wirkung einer Subvention
nicht eindeutig gering mittel stark
Biodiversitätsschädigender Anteil einer Subvention
vollständig partiell je nach Umsetzung innerökologischer Zielkonflikt
Schwierigkeitsgrad, eine Subvention umzugestalten
gering mittel hoch abschaffen
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5 Forstwirtschaft
945.1 Wirkung auf Biodiversität
Der Wald bedeckt 31.9 % der Schweizer Landesfläche (Brändli et al., 2020) und beherbergt rund 40 % der in der Schweiz vorkommenden Arten (Rigling & Schaffer, 2015). Aus diesem Grund sind Forst-wirtschaft und Umgang mit Wald zentral für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität.
Der Wald erfüllt verschiedene Funktionen, die sich teilweise überlagern. Dazu gehören der Erhalt von Lebensraum für Tiere und Pflanzen, der Schutz vor Naturgefahren, die Holzproduktion, die Kohlen-stoff-Speicherung, die Filtrierung von Trinkwasser sowie die Bereitstellung von Erholungsmöglichkei-ten.
Basierend auf der kantonalen Waldplanung werden Vorrangfunktionen für Teilgebiete festgelegt. Der grösste Teil der Waldfläche dient vorrangig dem Schutz vor Naturgefahren (42-49 % der Waldfläche), gefolgt von der Holzproduktion (32 %), dem Natur- und Landschaftsschutz (12 %) und der Erholung (1 %) (Rigling & Schaffer, 2015). Dabei ist zu beachten, dass Biodiversität oft in Produktionswäldern gefördert wird (Boch et al. 2013), nicht nur auf Flächen für Natur- und Landschaftsschutz oder für Er-holung. Somit schliessen sich im Wald Biodiversitätsförderung und Bewirtschaftung respektive Schutzwaldpflege nicht aus; teils bestehen Synergien, teils Zielkonflikte. Wegen Letzterem führt die Bewirtschaftung zu Defiziten in Bezug auf die Waldbiodiversität (Lachat et al., 2010, Imesch et al., 2015): Bei der Bewirtschaftung werden in der Regel alte und dicke Bäume eliminiert; in Wäldern, in denen die Holzproduktion Vorrang hat, werden Bäume mit geringem Holzwert entfernt, diese sind aber oft wertvolle Habitatbäume. Zudem vermindert die Holzentnahme die Menge und Qualität von Totholz, auf das eine Vielzahl von Arten angewiesen ist (Lachat et al., 2019). Die auf Holzproduktion ausgerichtete Bewirtschaftung trägt dazu bei, dass lichte Waldränder und andere Lebensräume wie be-sonnte Standorte selten geworden sind (Imesch et al., 2015), die wichtig für viele Arten sind. Hinzu kommen Erschliessungsstrassen95, deren Wirkung auf die Biodiversität unterschiedlich eingeschätzt wird: Erschliessungsstrassen können gebietsfremde invasive Arten fördern und störende Freizeitaktivi-täten begünstigen. Sie tragen zur Zerschneidung des Lebensraums bei und schaffen neue Strukturen, was Arten und Lebensräume stören oder auch die Diversität erhöhen kann.
Auch wenn der Anteil gefährdeter Arten, die auf den Wald als Lebensraum angewiesen sind, mit 8 % deutlich geringer ist als in anderen Habitaten, machen diese Arten 36 % (1334 Arten) aller in der Schweiz als gefährdet eingestuften Arten (3741 Arten) aus (Cordillot & Klaus, 2011). Somit ist in der
94 Die identifizierten Subventionen in diesem Sektor werden ab Kap. 5.2 beschrieben und sind tabellarisch in Ta-belle 9 aufgelistet.
95 Insgesamt wurden seit dem 2. Landesforstinventar (1993-1995) 1377 km Waldstrassen neu gebaut oder ausge-baut. Die Erschliessungsdichte mit lastwagentauglichen Strassen ist in der Schweiz mit durschnittlich 25.7 m/ha hoch (Brändli et al. 2020).
83 Schweiz der Wald mit Abstand das Habitat mit der grössten absoluten Zahl an gefährdeten Arten. Da auf fast 80 % der Waldfläche in der Schweiz die Schutzwaldpflege und Holzproduktion Vorrang ha-ben (Rigling & Schaffer, 2015) und es negative Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf die Bio-diversität gibt (Lachat et al., 2010, Imesch et al., 2015), ist davon auszugehen, dass die Forstwirtschaft zumindest teilweise zur hohen Zahl an gefährdeten Arten im Wald beiträgt.96
Die Forstwirtschaft wird vorwiegend über die «Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufga-benteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA)» staatlich gefördert. Rund 90 % der Gelder gingen 2017 in die Förderung von Schutzleistungen (Kap. 5.2.1 und 5.2.2) und Produktionsleistungen des Waldes (Kap 5.2.3, 5.2.4 und 5.2.5), der Rest wird weitgehend für die Förderung der Biodiversität ver-wendet. Auch wenn eine vorbildliche Schutzwaldpflege und Waldbewirtschaftung die Biodiversität fördern kann, sind die fast 90 % der forstwirtschaftlichen Subventionen für Schutz- und Produktions-leistungen nicht an Naturschutzauflagen gebunden, d.h. es werden auch Aktivitäten gefördert, welche die Biodiversität beeinträchtigen.
Zusätzlich zu den in Kapitel 5.2 genauer beschriebenen Subventionen wurden in einem Experten-workshop für die vorliegende Studie weitere staatliche Unterstützungen der Forstwirtschaft genannt, welche für Biodiversität von Bedeutung sein könnten. Dazu gehören die folgenden finanzielle Förde-rungen, deren Umfang schwierig zu bestimmen ist und deren Relevanz im Rahmen dieser Studie nicht weiter recherchiert wurde:
- Der Mehraufwand für die Borkenkäferbekämpfung wird von einzelnen Kantonen unterstützt, was den Anstieg der Totholzmenge verlangsamt.97
- Wiederaufforstungen von Windwurfflächen können die grossräumige Waldheterogenität be-einflussen. Ob nur die Wiederaufforstung oder auch die eigentlichen Räumungen finanziell gefördert werden, ist unklar. Dies scheint fall-, kantons- und gemeindespezifisch zu sein.
Beide Förderungen hängen mit Schadensereignissen zusammen, für die eine Zunahme als Folge des Klimawandels erwartet wird. Der Umgang mit den «freiwerdenden» Flächen könnte eine Chance für die Biodiversität im Wald bieten. Experten gehen aber davon aus, dass als Folge solcher Schadenser-eignisse in naher Zukunft vermehrt Pflanzungen mit gebietsfremden Baumarten finanziell gefördert werden, was zu Zielkonflikten zwischen dem Erhalt der Produktions- und Schutzleistungen einerseits und dem Naturschutz im Wald andererseits führen dürfte.