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Energieproduktion und -konsum

TEIL D: SCHLUSS

12 Zusammenfassung, Ausblick und Empfehlung

12.2 Überblick über die Hauptergebnisse in den einzelnen Sektoren

12.2.4 Energieproduktion und -konsum

Im Bereich Energieproduktion und -konsum wurden 31 biodiversitätsschädigende Subventionen identifiziert. 20 davon führen zu innerökologischen Zielkonflikten (v.a. Subventionen für erneuerbare Energieträger mit biodiversitätsschädigenden Effekten). Davon sind 13 On-Budget Subventionen, 16 Off-Budget Subventionen sowie 1 implizite Subvention und 1 finanzieller Fehlanreiz.

Abbildung 8: Biodiversitätsschädigende Subventionen im Bereich Energieproduktion und -konsum bezogen auf die Subven-tionssumme

Während die Energieproduktion auf Basis fossiler Energieträger sowie die Aufbereitung fossiler Ener-gieträger (Raffinerie) hauptsächlich durch Abgabevergünstigungen subventioniert werden (z.B. Rück-erstattung Netzzuschlag und Mineralölsteuer, Befreiung von der CO2-Abgabe, Befreiung vom Emissi-onshandelssystem), erhalten erneuerbare Energien vor allem Subventionen in Form von Beiträgen und Vergütungen. Diese Förderung der erneuerbaren Energie dürfte positive Auswirkungen auf Biodiver-sität haben, wenn dadurch fossile Energieträger ersetzt werden. Gleichwohl belasten einzelne erneuer-bare Energieproduktionsverfahren die Biodiversität stark. Zu erwähnen ist hauptsächlich die Klein-wasserkraft, die durch verschiedene Generationen der Einspeisevergütung subventioniert wurde und wird. Ausserdem gibt es im Bereich der Wasserkraft eine Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen, die die Wasserkraft begünstigen und dadurch die Stromproduktion verbilligen. Auch Windkraftanla-gen an naturnahen Standorten können biodiversitätsschädiWindkraftanla-gend sein. Die Förderung der Energiepro-duktion aus Kehrichtverbrennungsanlagen wird hier als partiell biodiversitätsschädigend eingestuft, da sie dazu beiträgt, das enorme Schweizer Abfallaufkommen auf einem hohen Niveau zu halten.

Schliesslich wird die Kernkraft als partiell biodiversitätsschädigend eingestuft. Sie wird mittels zu ge-ringer Versicherungssummen und möglicherweise zu geringen Einlagen in den Stilllegungs- und Ent-sorgungsfonds subventioniert.

Neben der Produktion wird der Energiekonsum201 energieintensiver Unternehmen durch Abgabever-günstigungen subventioniert (z.B. Rückerstattung Netzzuschlag, Befreiung von der CO2-Abgabe auf-grund Einbindung in das Emissionshandelssystem oder Zielvereinbarung, kostenlose Zuteilung von Emissionsberechtigungen).

201 Energieverbrauch durch Treibstoffe wird im Kapitel 3 diskutiert.

44%

55%

1%

BIODIVERSITÄTSSCHÄDIGENDE ANTEILE DER SUBVENTIONEN IM BEREICH ENERGIEPRODUKTION UND -KONSUM

(GESAMTSUMME= CHF 1,7 MRD.) (N=16, PLUS 15 NICHT QUANTIFIZIERBAR) Vollständig Partiell Je nach Umsetzung

167 12.2.5 Siedlungsentwicklung

Im Bereich Siedlungsentwicklung wurden 28 Subventionen identifiziert. Davon sind 6 On-Budget Subventionen, 21 Off-Budget Subventionen und 1 implizite Subvention.

Es lassen sich zwei biodiversitätsschädigende Subventionsarten und -wirkungsmechanismen beobach-ten:

Zum einen wird die Flächeninanspruchnahme durch Siedlung mittels einer Vielzahl steuerlicher Be-günstigungen subventioniert. Diese Subventionen sind schwer quantifizierbar. Dabei profitieren so-wohl Wohneigentum als auch Industrie- und Gewerbeinfrastruktur von steuerlichen Abzugsmöglich-keiten, zweitere auch von Krediten und Bürgschaften. Die Erhebung und Ausgestaltung der Steuern und Steuererleichterungen ist auch Sache der Kantone und entsprechend unterschiedlich.

Zum anderen gibt verschiedene finanzielle Fehlanreize bei der Gestaltung des Siedlungsraumes, wel-che Biodiversität schädigen. Oft bestehen dabei innerökologiswel-che Zielkonflikte: bei der Förderung der Verdichtung oder bei Beiträgen resp. steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für energetische Sanierungen (z.B. von Gebäudehüllen) wird die Biodiversität nicht ausreichend berücksichtigt und somit gehen Ha-bitate im Siedlungsbereich verloren. Auch gibt es gesetzliche Fehlanreize, die Versiegelung oder eine geringe Wohnauslastung begünstigen.

Der Landverbrauch durch die Siedlungsentwicklung ist hoch und die staatliche Förderung von Wohn-eigentum scheint ein wichtiger Treiber dafür zu sein. Zu betonen ist, dass von den vielen Subventio-nen im Bereich Siedlungsentwicklung jede einzeln betrachtet eine kleine Wirkung auf die Biodiversi-tät haben dürfte, sie aber in der Summe die BiodiversiBiodiversi-tät merklich beeinträchtigen: bei 24 der insge-samt 28 Subventionen wurden die negativen Auswirkungen auf Biodiversität als gering (19) oder nicht eindeutig (5) eingestuft. Bei vier Subventionen besteht ein innerökologischer Zielkonflikt.

Bei knapp 80 % der Subventionen konnten die Beträge nicht quantifiziert werden, da es sich um schwer messbare Steuerreduktionen handelt. Deshalb wird zum Bereich Siedlungsentwicklung keine Gesamtsubventionshöhe genannt.

12.2.6 Tourismus

Im Bereich Tourismus wurden neun potenziell biodiversitätsschädigende Subventionen identifiziert.

Davon sind 5 On-Budget Subventionen, 3 Off-Budget Subventionen und 1 finanzieller Fehlanreiz.

Abbildung 9: Biodiversitätsschädigende Anteile der Subventionen im Bereich Tourismus bezogen auf die Subventionssumme 2%

98%

BIODIVERSITÄTSSCHÄDIGENDE ANTEILE DER SUBVENTIONEN IM BEREICH TOURISMUS

(GESAMTSUMME= CHF 0,37 MRD.) (N=9) Vollständig Partiell

168

Eine von neun Subventionen in diesem Bereich wirkt vollständig biodiversitätsschädigend, die restli-chen acht wirken partiell biodiversitätsschädigend. Die Subventionen fördern touristische Einrichtun-gen wie Strassen, Bergbahnen, WintersportanlaEinrichtun-gen oder FreizeitanlaEinrichtun-gen mittels Krediten, Bürgschaf-ten, Steuervergünstigungen und Beiträgen, womit das touristische Angebot ausgebaut wird. Andere Subventionen unterstützen touristische Werbung im In- und Ausland. Beides kurbelt die touristische Nachfrage an und kann Biodiversität schädigen.

Die Finanzierung touristischer Einrichtungen erfolgt hauptsächlich über die NRP (Neue Regionalpoli-tik) und damit zugunsten Regionen ausserhalb der Wirtschaftszentren, die oft noch hohe Naturwerte aufweisen. Vielmals sind die Förderungen an Eigen- und Drittmittel gebunden, so dass starke Hebel-wirkungen entstehen. Auch Steuervergünstigungen werden gewährt und ein finanzieller Fehlanreiz wurde identifiziert.

12.2.7 Abwasserentsorgung

Im Bereich Abwasserentsorgung wurden vier Subventionen identifiziert. Alle 4 sind implizite Sub-ventionen.

Die Abwasserentsorgung ist eine kommunale Aufgabe, die nach dem Verursacherprinzip finanziert wird. Dieses wird aber nur teilweise umgesetzt. Somit wird Abwasser, mit durchaus negativen Aus-wirkungen auf Biodiversität, zu verbilligten Konditionen entsorgt. Ein Beispiel sind die oft nicht oder ungenügend berücksichtigten Werterhaltungskosten des Abwassersystems, was Kosten auf künftige Generationen überwälzt oder die künftige Abwasserentsorgung verschlechtert. Weiter sind die exter-nen Kosten der Abwasserentsorgung zu exter-nenexter-nen, z.B. in Form belasteter Gewässerhabitate und abneh-mender Gewässerbiodiversität. Diese Kosten entstehen durch stoffliche Belastungen und dadurch er-höhter Sauerstoffzehrung sowie durch hydraulische und physikalische Belastung der Gewässerqualität.

Auch entstehen externe Kosten durch den Verlust von Kleingewässern im Siedlungsraum, weil Regen-wasser aus Siedlungen vollständig abgeleitet wird. Auch wenn die AbRegen-wasserentsorgung in der

Schweiz in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert wurde und somit Biodiversität stofflich weniger belastet wird, gibt es Verbesserungspotenzial. Da die Abwasserentsorgung zu einem Grossteil durch nicht quantifizierte externe Kosten subventioniert ist, wird keine Gesamtsubventionshöhe genannt.

12.2.8 Hochwasserschutz

Im Bereich Hochwasserschutz wurden drei Subventionen identifiziert. Davon sind 2 On-Budget Sub-ventionen und 1 implizite Subvention.

Es ist schwierig abzuschätzen, welche Anteile der Subventionen, die in gewässerbauliche Massnah-men fliessen, eine biodiversitätsschädigende Wirkung haben. Solche MassnahMassnah-men können durchaus positiv für die Biodiversität sein, da Hochwasserschutzprojekte heutzutage oftmals mit Revitalisierun-gen von Gewässerabschnitten einhergehen. Gleichwohl schaden die bestehenden Hochwasserschutz-bauten sowie die Aufrüstung des Hochwasserschutzes der Gewässerbiodiversität. Haberthür (2009) schätzt, dass die Hälfte der gesprochenen Mittel für Hochwasserschutz biodiversitätsschädigend ist.

Ein Grund sind gewichtige Zielkonflikte zwischen Bevölkerungsschutz, Kulturlandschutz und Gewäs-serbiodiversität.

169 12.3 Datenlücken und Forschungsbedarf

Mit der Ratifizierung der Biodiversitätskonvention (1994) sowie mit der Biodiversitätsstrategie (2012) hat sich die Schweiz verpflichtet, Fehlanreize zulasten der Biodiversität und biodiversitätsschädigende Subventionen abzuschaffen. Die vorliegende Studie legt erstmals eine einigermassen umfassende Er-hebung der biodiversitätsschädigenden Subventionen und Fehlanreize vor. Allerdings war bei zahlrei-chen Subventionen (hauptsächlich Steuerreduktionen) eine Quantifizierung im Rahmen der Studie nicht möglich. Ausserdem beruhen verschiedene Quantifizierungen in dieser Studie auf veralteten Da-ten der Steuerverwaltung202 aus dem Jahr 2011 oder davor.

Im Folgenden werden die Lücken dieser Studie und im Themenbereich insgesamt genannt und aufge-zeigt, welche weiteren Untersuchungen zu biodiversitätsschädigenden Subventionen und Fehlanreizen gemacht werden sollten.

a) Zu berechnen sind die Steuerausfälle der direkten Bundessteuer, der Kantons- und Gemeindesteu-ern, die aufgrund von Steuervergünstigungen mit biodiversitätsschädigender Wirkung entstehen.

Die vorliegende Studie liefert erste grobe Hinweise.

b) Inkonsequenter Gesetzesvollzug oder die Erteilung von Ausnahmebewilligungen können eine Subventionswirkung mit negativer Auswirkung auf Biodiversität haben. Zu untersuchen sind das Ausmass und die Gründe für ungenügenden Gesetzes- und Verordnungsvollzug zu Lasten der Biodiversität.

c) Zu untersuchen ist die Biodiversitätsrelevanz des Risikomanagements in verschiedenen Bereichen.

Teilweise wurde das biodiversitätsrelevante Risikomanagement in der Studie berücksichtigt, wenn damit Subventionen einhergehen, wie zum Beispiel die Wiederaufforstungen nach Borkenkäferbe-fall oder der Hochwasserschutz. Doch auch nicht subventioniertes Risikomanagement kann bio-diversitätsrelevant sein. Beispiele sind:

1. Gesundheit: Mückenbekämpfung in Feuchtgebieten mit Insektiziden

2. Strassen- und Wegebau: Ausholzen von toten und kranken Bäumen entlang von Strassen und Wegen zur Prävention von Windwürfen

3. Abfallmanagement: Auffüllen von Ruderalstandorten in Kies-Felsabbaugruben mit Bauschutt zur Verhinderung von Absturz- und Rutschgefahren

4. Siedlungsgebiet: Helle Beleuchtung im Siedlungsgebiet zur Vorbeugung von Kriminalität d) Zu identifizieren sind unzureichend subventionierte Förderziele im Bereich Natur- und

Biodiversi-tätsschutz. So sind folgende Sachverhalte beobachtbar:

1. Es werden Massnahmen im Naturschutz subventioniert, obwohl diese für die Erreichung der Biodiversitätsziele nicht ausreichen (z.B. zu geringe Zahl von Habitatbäumen).

2. Massnahmen werden gefördert, die in einzelnen Bereichen des Umweltschutzes positive Wir-kung entfalten, die aber zugleich die Biodiversität schädigen (meist liegt ein innerökologischer Zielkonflikt vor wie bei Massnahmen zur Reduktion des Klimawandels oder zur Verbesserung der Energieeffizienz).

e) Zu prüfen ist die Rolle und das Potential der Forschung bei der Lösung der Biodiversitätskrise.

Zwei eher selten genannte Aufgaben der Forschung seien genannt:

1. Analyse der biodiversitätsrelevanten Subventionen: Bislang wurden kaum Studien dazu erarbei-tet; die vorliegende Studie füllt diese Lücke erst teilweise.

202 Ein aktualisierter Bericht der ESTV zu den Steuerausfällen beim Bund ist in Vorbereitung (Badran, 2018a).

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2. Forschung zu neuen Technologien sollte eine Technologiefolgeabschätzung beinhalten, die sich auch auf Biodiversität bezieht.

f) Zu untersuchen sind die Wirkung inländischer Produktion und inländischen Konsums auf Bio-diversität im Ausland sowie die Auswirkung des für die Schweiz relevanten globalen Handels auf Biodiversität. Bekannt ist, dass die biodiversitätsschädigenden Auswirkungen des Konsums in der