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Aron Antonovsky wurde 1923 in den USA geboren und war als Medizinso-ziologe tätig. Sein hauptsächliches Interesse galt dabei der Stressfor-schung. In den siebziger Jahren übte Antonovsky Kritik an den damalig ausschließlich pathogenetisch orientierten Modellen und entwickelte das Konzept der Salutogenese.

Dieses Konzept zählt zu den Stressbewältigungsmodellen und hatte das Ziel, sich von den pathogenetischen Ansätzen abzuheben.

Das Wort „Salutogenese“ setzt sich aus den lateinischen Wörtern salus, was so viel bedeutet wie Gesundheit oder Wohlbefinden, und genese, gleichbedeutend mit dem Wort „Entstehung“, zusammen (vgl. Steinba-cher, 2011, S. 106).

Als Antonovsky 1979 ein Forschungsprojekt über den Einfluss des Klimak-teriums auf israelische Frauen leitete, fiel ihm auf, dass Frauen, die keine Verschleppung in ein Konzentrationslager erlebt hatten, zu einem wesent-lich größerem Ausmaß angaben, sich körperwesent-lich und emotional gesund zu fühlen, als jene Frauen, die sich in einem Konzentrationslager aufgehalten haben. Diese Ergebnisse legten nahe, dass die Gräueltaten auch viele Jahre später Einfluss auf das Gesundheitsempfinden hatten.

Sein besonderes Interesse galt allerdings jenen 29 % der Frauen, die sich trotz der außergewöhnlichen Belastungen eines Konzentrationslagers physisch und psychisch gesund fühlten. Dieses Forschungsprojekt brach-te ihn dazu, seine Leitfrage zu formulieren, aus der sich das Konzept ab-leitet. Diese Frage „Was hält den Menschen gesund?“ löste die pathog e-netischen Denkansatz „Was macht den Mensch krank?“ ab und ermö g-lichte einen bis dato völlig neuen Zugang (vgl. Renneberger, Hammel-stein, 2006, S. 14; Steinbacher, 2011, S. 87).

Die Salutogenese beschäftigt sich demnach mit der Entstehung von Ge-sundheit und allen Faktoren, die sich positiv auf unsere GeGe-sundheit aus-wirken können. In den folgenden Kapiteln wird das Salutogenese-Konzept genauer vorgestellt.

4.1.1 Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Antonovsky beschreibt in seinem Salutogenese- Konzept die zwei Pole, Gesundheit und Krankheit, und den Menschen, der sich im Laufe seines Lebens zwischen den beiden Polen hin und her bewegt (vgl. Antonovsky in: Renneberger, Hammelstein, 2006, S. 14).

Abbildung 2: Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Diese Abbildung versucht zu veranschaulichen, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens zu gewissen Zeitpunkten über mehr gesunde Anteile und zu anderen Zeitpunkten über weniger gesunde Anteile verfügen kann.

Daraus kann abgeleitet werden, dass auch chronisch kranke Menschen über gesunde Anteile verfügen.

Der eingenommene Blickwinkel, das bedeutet der Anteil, dem man mehr Beachtung schenkt, hat dementsprechend großen Einfluss auf das

Wohl-Großes Gewicht, ob man sich auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum in Richtung des gesunden Pols bewegt, hat das sogenannte Kohärenzgefühl (vgl. Antonovsky, 1997, S. 33).

1.1.4 Kohärenzgefühl

Unter dem Kohärenzgefühl versteht man, dass ein Mensch über ausrei-chend Ressourcen verfügt, um unterschiedlichste Anforderungen des Le-bens zu meistern. Wesentlich erscheint es dabei, dass die an einen Men-schen gestellten Anforderungen verständlich, sinnvoll und bewältigbar sind (vgl. Steinbacher, 2011, S. 108).

Die Verstehbarkeit auf der kognitiven Ebene ist umso besser ausgeprägt, je mehr Informationen ein Mensch über sein eigenes Leben sowie seine Umwelt hat. Dadurch wird das Leben in eine halbwegs vorhersehbare Bahn gelenkt.

Bei dem Gefühl der Bewältigbarkeit handelt es sich ebenfalls um eine kognitive Bewertung. Dabei geht es um die Einschätzung der eigenen Ressourcen und das Gefühl, ob diese zur Bewältigung ausreichen.

Die Sinnhaftigkeit besagt, dass ein Mensch nur dann motiviert ist, sich ei-ner Aufgabe zu stellen, wenn es für diesen von Wert ist. Dieser Kompo-nente wird die größte Bedeutung zugeschrieben (vgl. Steinbacher, 2011, S. 108; Faltermaier, 2005, S. 165ff).

Alle drei Merkmale sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Erscheint die Anforderung beispielsweise unverständlich, so wird ein Mensch diese auch nicht zuversichtlich wahrnehmen (vgl. Fal-termaier, 2005, S.166)

Diese Zusammensetzung aus Sinnhaftigkeit, Verstehbarkeit und Hand-habbarkeit findet sich auch in zahlreichen anderen Stressmodellen. Ähn-lich wie in anderen Stressmodellen geht das Salutogenese-Konzept davon aus, dass Personen mit einem hohen Kohärenzgefühl, Anforderungen prinzipiell nicht negativ bewerten und dadurch dazu neigen, die an sie ge-stellte Aufgabe besser wahrzunehmen (vgl. Faltermaier, 2005, S. 167).

Das bedeutet ein starkes Kohärenzgefühl ermöglicht den Menschen ihre Widerstandsressourcen zu aktivieren und diese Ressourcen gezielt für die jeweilige Anforderung auszuwählen.

1.1.5 Widerstandsressourcen

Der Begriff „Widerstandsressourcen“ kommt ursprünglich aus der Stress- und Copingforschung und beschreibt all jene Fähigkeiten, die uns ermög-lichen, negative Beeinflussungen einzudämmen oder zu meistern.

Generell werden interne und externe Ressourcen unterschieden. Unter externen Ressourcen werden alle von außen abhängigen Faktoren ver-standen wie beispielsweise der materielle und soziale Status. Die inneren Ressourcen setzen sich aus individuellen Merkmalen zusammen und be-schreiben beispielsweise körperliche Fähigkeiten, charakterliche Eigen-schaften und wie gut man sich selbst kennt beziehungsweise einschätzen kann (vgl. Renneberger, Hammelstein, 2006, S. 15).

Die Salutogenese hat nach wie vor großen Einfluss auf die Gesundheits-förderung und den Umgang mit Menschen. Zum einen werden sie anhand des Konzeptes der Salutogenese dazu angehalten, ressourcenorientiert zu denken, und zum anderen wird der betroffene Mensch selbst zum Ex-perten seiner Gesundheit.

Es ist davon auszugehen, dass sich sowohl Widerstandsressourcen als auch das Kohärenzgefühl im Laufe des Lebens verändern. Durch die zu-nehmende Lebenserfahrung und eine sich ständig weiterentwickelnde Ich-Identität werden Anforderungen in verschiedenen Lebensabschnitten un-terschiedlich wahrgenommen (vgl. Antonovsky, 1997, S. 92ff). In einem der nächsten Kapitel „Gesundheitsverhalten im Kontext zum Lebensalter“

wird näher auf die wesentliche Altersgruppe der Auszubildenden der Ge-sundheits- und Krankenpflege eingegangen.

Nichtsdestotrotz bemängeln Kritikerinnen und Kritiker bei dem Konzept die fehlenden positiv orientierten Definitionen und die zu stark ausgeprägte Orientierung an dem Fehlen von Krankheiten.

Bei dem im nächsten Kapitel vorgestellten Modell handelt es sich eben-falls um ein Stressbewältigungsmodell, welches sich allerdings im Unter-schied zur Salutogenese auch mit internen Anforderungen auseinander-setzt.