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Weil es sich bei den Auszubildenden großteils um Jugendliche und junge Erwachsene handelt, werden diese beiden Altersgruppen im Hinblick auf ihr Gesundheitsverhalten genauer beschrieben.

Im Jugendalter verändern sich der Körper und die Einstellung zu eben diesem stark. Auch wenn in diesem Lebensabschnitt Krankheiten meist noch nicht vorhanden sind und auch Risikogruppen häufig schwer zu iden-tifizieren sind, macht es Sinn, bereits in diesem Alter präventiv vorzuge-hen. Denn diesen grundlegenden Einstellungen zum eigenen Körper steht wachsendes Interesse an risikoreichem Verhalten gegenüber (vgl. Haber-landt, et al., 1995, S. 87ff).

Die Häufigkeit von ungesunden Verhaltensweisen wie Drogenkonsum, ungesundem Ernährungsverhalten und anderen riskanten Verhaltenswei-sen erreicht häufig im Jugendalter ihren Höhepunkt (vgl. Hurrelmann et al., 2010, S. 70).

Andererseits erwirbt man bereits im Kinder- und Jugendalter Kompeten-zen, die sich auf die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten auswir-ken. Unter anderem entwickelt man in diesem Alter die ersten Coping-Strategien und andere Gesundheitsressourcen, die einen ein Leben lang begleiten. Diese Tatsachen erklären die Notwendigkeit, bereits in der Ju-gend und im jungen Erwachsenenalter ein Bewusstsein für die eigene Ge-sundheit zu schaffen. Besonders mit dem Wissen, dass einige Beschwer-den ab dem mittleren Lebensalter auf Verhaltensmuster aus jüngeren Jah-ren zurückfühJah-ren sind (vgl. Ramelow et al., 2011, S. 13; Hurrelmann, Rich-ter, 2006, S. 20).

Die Ursachen für das verstärkte Auftreten und Interesse an risikoreichem Verhalten dieser Altersgruppe sind multifaktoriell. Neurobiologische Ver-änderungen im Gehirn lassen Jugendliche stärker auf risikoreiche Verhal-tensweisen reagieren, außerdem können Menschen dieser Altersgruppe das Risiko häufig aufgrund von emotionalen und sozialen Unsicherheiten schlechter einschätzen. Das risikoreiche Verhalten dient allerdings auch entwicklungspsychologisch betrachtet der Abnabelung und Entwicklung in die eigene Unabhängigkeit. So wirkt sich dieses Verhalten positiv auf das Zugehörigkeitsgefühl bei Gleichaltrigen aus und unterstützt die Identitäts-findung (vgl. Hurrelmann et al., 2010, S. 71ff).

Der große HBSC-Bericht von 2012 untersuchte erstmals Schülerinnen und Schüler bis zum siebzehnten Lebensjahr und fand heraus, dass der Pro-zentsatz jener, die ihre Gesundheit als ausgezeichnet beschreiben, mit zunehmendem Alter stetig sinkt. Weiters fand man heraus, dass Mädchen ihren subjektiven Gesundheitszustand wie auch ihre Lebenszufriedenheit generell schlechter einschätzen als gleichaltrige Burschen (vgl. Ramelow et al., 2011, S. 15ff).

Diese Aussagen sind insofern relevant, weil man davon ausgehen kann, dass viele der Auszubildenden des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege weiblich und im nahezu entsprechenden Lebensalter sind.

Weiters untersuchte man das gesundheitsförderliche Verhalten der Schü-lerinnen und Schüler in Österreich und fand heraus, dass Mädchen ein gesundheitsförderlicheres Verhalten aufweisen als ihre männlichen Schul-kollegen. Dennoch nimmt das Risikoverhalten bei beiden Geschlechtern mit dem Alter zu (HBSC, 2010, S. 7ff).

Antonovsky (1997, S. 100ff) beschreibt in seinem Konzept der Salutoge-nese die altersabhängige Entwicklung des Kohärenzgefühls. Ein Kapitel widmet er der Adoleszenz und charakterisiert diese als oft konfliktreiche Zeit voller Selbstzweifel. Die seiner Meinung nach entscheidenden Ein-flussfaktoren für die Entwicklung eines gestärkten Kohärenzgefühls in die-ser Lebensspanne sind der kulturelle Kontext und die soziokulturelle Rea-lität. Antonovsky ist außerdem der Meinung, dass es besonders für junge Menschen wesentlich ist, Wahlmöglichkeiten nicht grenzenlos erscheinen zu lassen und zwischen Leistung und Misserfolg zu unterscheiden.

Nur unter diesen Voraussetzungen ist es den jungen Menschen möglich, eine Sinnhaftigkeit und eine Handhabbarkeit verständlich zu vermitteln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die frühe Sozialisation großen Einfluss auf das spätere Gesundheitsverhalten hat. Unabhängig von durchaus entwicklungsbedingt relevantem Risikoverhalten erscheint es wichtig, jungen Menschen die Sinnhaftigkeit eines positiven Gesundheits-verhaltens zu vermitteln und bereits vorhandene Kompetenzen zu stärken.

Das Erwachsenenalter stellt meist die längste Lebensphase dar, beson-ders nachdem die Lebenserwartung stetig steigt. Es beginnt etwa mit dem zwanzigsten Lebensjahr und reicht bis zum Tod. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit von gesundheitlichen Problemen merklich.

Unabhängig von genetischen Dispositionen ist es in dieser Lebensphase wesentlich, Risikofaktoren zu identifizieren und ihre Menge und Zeitdauer zu reduzieren. Es ist uns in der heutigen Zeit nicht mehr möglich, durch normative Vorgaben Lebensläufe einheitlich zu beschreiben. Das Erwach-senenleben verläuft heutzutage vielfältig und ist individuell wesentlich stärker beeinflussbar als noch vor einigen Jahren. Je nachdem, welcher Aspekt im Erwachsenenalter besonders beleuchtet wird, fallen die Struktu-rierungen für gesundheitsförderliche oder präventive Ansätze unterschied-lich aus. So kann man beispielsweise anhand von Belastungen und deren Bewältigung den Lebenslauf Erwachsener beschreiben. Lebensereignisse wie Trennungen, Verluste, aber auch andere Anforderungen werden posi-tiv bewältigt und tragen zu einem posiposi-tiven, erwachsenen Gesundheits-verhalten bei. Lebensziele werden durch die eigene aktive Mitgestaltung erreicht und haben positive Auswirkungen auf das Gesundheitsverhalten.

Das Gesundheitsverhalten im Erwachsenenalter hat häufig auch ent-scheidenden Einfluss auf nachkommende Generationen (vgl. Hurrelmann et al., 2010, S. 70; Faltermaier, 2005, S. 269ff).

Risiken und Ressourcen des frühen Erwachsenenalters stellen zunächst berufliche Herausforderungen und die Abnabelung von der Ursprungsfa-milie dar. So erscheinen die Ausbildung sowie die ersten Berufsjahre häu-fig als psychisch sehr belastend. In dieser Zeit ist mit Rückschlägen und Erfolgen zu rechnen, die einen wesentlichen Einfluss auf das Gesund-heitsverhalten haben können. Hinzu kommt der Wunsch nach einer selbstständigen Lebensführung und eventuell das Bedürfnis nach einer intakten Partnerschaft (vgl. Faltermaier, 2005, S. 270).

All dieses altersspezifische Hintergrundwissen und die Rahmenbedingun-gen einer Ausbildung gilt es zu berücksichtiRahmenbedingun-gen, um die Auszubildenden

besser zu verstehen und um geeignete gesundheitsförderliche oder prä-ventive Maßnahmen anbieten zu können.

Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit den ausgewählten Parametern im Kontext gesunden und krankmachenden Verhaltens. Dabei wurden allgemeine österreichische Daten mit unterschiedlichsten Studien von Auszubildenden der Gesundheits- und Krankenpflege verglichen.

6.3 Bewegungsverhalten

Durch regelmäßige körperliche Aktivität verbessern sich das Wohlbefinden und der Gesundheitszustand, wodurch zahlreichen chronischen Erkran-kungen vorgebeugt werden kann. Laut der Gesundheitsberichterstattung des Robert-Koch-Institutes sollte Bewegung als Prävention größte Auf-merksamkeit geschenkt werden, weil sie sowohl primär und sekundär als auch tertiär wirksam ist. Trotz dieses Wissens steigen die Zahlen der kar-diovaskulären Erkrankungen sowie die Zahl der Menschen mit Adipositas weiter an.

Allerdings nicht nur körperlich hat Bewegung positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden, auch für die psychische Gesundheit ist ein geregeltes Maß an sportlicher Aktivität fördernd (vgl. Rennberger, Hammelstein, 2006, S.

196f; Statistische Bundesamt, 2006, online).

Ursächlich für den in Österreich vorherrschenden Bewegungsmangel ist die Tendenz hin zu stehenden oder sitzenden Tätigkeiten. Diese Bewe-gungsarmut kann bereits bei Kindern zu degenerativen Organ- und Mus-kelschäden führen (vgl. Schober, 2000, S. 215ff).

Diese Entwicklung scheint nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass bereits Kinder sowohl in der Schule als auch bei der Freizeitgestal-tung häufig sitzen. Häufig wird die Freizeit zum Entspannen vor dem Fernseher oder der Spielkonsole verbracht.

Diese Annahme wird durch den österreichischen Gesundheitsbericht (2009, S. 34) bestätigt, in dem 16 % der Österreicherinnen und

Österrei-cher angaben, dass sie im letzten Jahr in ihrer Freizeit fast ausschließlich mit lesen und fernsehen verbracht haben.

Die Bewegungsempfehlungen vom Fonds gesundes Österreich für Er-wachsene besagen, dass zweieinhalb Stunden Bewegung mittlerer Inten-sität oder ein einviertel Stunden mit hoher IntenInten-sität pro Woche bereits ausreichen würden, um das Gesundheitsempfinden zu steigern und Krankheiten vorzubeugen (vgl. Fonds gesundes Österreich, 2012, online).

Die Befragung zum Gesundheitsbericht Österreich (vgl. 2009, S.34) ergab, dass lediglich 8 % der Bevölkerung mehr als einmal pro Woche körperlich aktiv sind. Die regionale Differenzierung ergab, dass die Be-wohnerinnen und Bewohner der Bundesländer Wien, Niederösterreich, Vorarlberg und Burgenland am wenigsten Sport betreiben. Gleichzeitig wurde erhoben, dass dreimal mehr Männer Leistungssport betreiben als Frauen.

Nachdem es sich bei den gehobenen Gesundheits- und Krankenpflege-personen um eine frauendominierte Profession handelt, könnte man aus den Daten des Gesundheitsberichtes schließen, dass ebendiese weniger Sport betreiben als Angehörige männerdominierter Berufe.

Wiens und Coers (vgl. 2013, S. 159ff) haben sich im Zuge ihrer For-schungsarbeit mit dem Thema der Gewichtsveränderung während der Ausbildung zur gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegeperson be-schäftigt. Zur Datenerhebung diente ein Fragebogen, der sowohl an Aus-zubildende der gehobenen Gesundheits- und Krankenpflege als auch an Auszubildende der Metall- und Elektrotechnik ausgegeben wurde. Die Er-gebnisse wurden miteinander verglichen und in Beziehung gestellt. Die Fragen orientierten sich an den Themenfeldern Sport, Essen und Trinken, Ausbildung, Wohlbefinden und Gewicht.

Die Ergebnisse ebendieser Studie besagen, dass lediglich 45% der Be-fragten der Gesundheits- und Krankenpflegeauszubildenden regelmäßig Sport betreiben, bei der Gruppe der Technikerinnen und Techniker waren

der zukünftigen gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegepersonen höher einzustufen als bei den angehenden Technikerinnen und Techni-kern. Mögliche Erklärungen dieser Ergebnisse wurden dem Geschlecht und den ungünstigen Arbeitsbedingungen zugeschrieben. Die Auszubil-denden für den gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst be-klagten sich über zu kurze Essenspausen, die Schichtarbeit und mangeln-de Möglichkeiten, sich gesund zu ernähren.

Diese Tendenz zum Bewegungsmangel bestätigt auch die Studie zur Ge-sundheit der gehobenen GeGe-sundheits- und Krankenpflegeschülerinnen und -schüler in Oberösterreich, in der lediglich 2% der Befragten angaben, täglich Sport zu betreiben. Es konnte außerdem belegt werden, dass das Sportpensum der Lernenden während der Ausbildung weiter sinkt. So ga-ben die Auszubildenden des ersten Ausbildungsjahres an, in der vergan-genen Woche zweimal sportlich aktiv gewesen zu sein. Im zweiten Ausbil-dungsjahr waren sie durchschnittlich an keinem Tag körperlich aktiv und im letzten Jahr durchschnittlich einmal pro Woche (vgl. Freudenthaler, Müller, 2013, S. 409f).

Die bereits beschriebenen Ergebnisse wurden durch eine in Deutschland bundesweit durchgeführte Studie neuerlich bestätigt. Die Zahlen entspre-chen denen aus Österreich. Die eben genannte Studie beschäftigte sich mit Gesundheitsförderung und Prävention in Pflegeschulen. Ihre Ergeb-nisse erhielten die Autoren mittels Fragebögen, wobei die Auswertung von 854 Fragebögen ein Fehlen von körperlicher Betätigung sowohl während der Schulzeit als auch in der Freizeit bestätigte. Die Auszubildenden des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege gaben zu 60,2%

an, nie oder selten mit dem Rad zu fahren, 54 % betreiben selten Einzel-sport und 72,7% betreiben nie oder selten GruppenEinzel-sportarten (vgl. Bom-ball et al., 2011, S. 1048ff)

In den drei Ausbildungsjahren zur diplomierten Gesundheits- und Kran-kenpflegeperson erhalten die Auszubildenden umfangreiche theoretische Inhalte zum Thema berufsspezifische Ergonomie und Körperarbeit. Diese umfassen im ersten Ausbildungsjahr 40 Unterrichtseinheiten und im zwei-ten Ausbildungsjahr 30 Unterrichtseinheizwei-ten. Dadurch sollen die

Auszubil-denden ihr eigenes Bewegungsverhalten reflektieren und für die späteren Praktika sowie für den Berufsalltag gewappnet werden. Von den 40 richtseinheiten im ersten Ausbildungsjahr werden lediglich zehn richtseinheiten mit theoretischen Inhalten gefüllt. Die restlichen 30 Unter-richtseinheiten werden für sportliche Aktivitäten genutzt (vgl. ÖBIG, 2003, S. 461ff).

Zusätzlich bieten einige Schulen im schulautonomen Bereich sportliche Veranstaltungen an, um die Auszubildenden für mehr Bewegung zu be-geistern.

Die Möglichkeiten, körperliche Ertüchtigung großzügiger in den Unterricht einzugliedern, erweisen sich aufgrund der ungeeigneten Rahmenbedin-gungen als äußerst schwierig. Gesundheits- und Krankenpflegeschulen haben selten Turnsäle oder andere für Sport geeignete Räumlichkeiten.

Wenn diese Räumlichkeiten vorhanden sind, werden sie laut Studien sel-ten genutzt. (vgl. Schwanke et al., 2011, S. 211).

Dementsprechend muss es das Ziel der Ausbildung für den gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege sein, den Lernenden Informa-tionen über die Notwendigkeit und den persönlichen Nutzen von Sport nä-herzubringen.

Auszubildende im sozialpflegerischen Bereich in Sachsen (BRD) wurden in einer weiteren groß angelegten Studie befragt, weshalb sie Sport be-treiben. Die häufigsten Nennungen waren, um sich körperlich fit zu halten, gefolgt von dem Wunsch nach Ausgleich und dem Bedürfnis Spaß zu ha-ben (vgl. Neumann, Kiewer, 2010, S. 674).

Gerade unter der Berücksichtigung, dass die Lernenden vor der Ausbil-dung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ihren Gesundheitszustand als besser beurteilen als nach der Ausbildung, macht deutlich, welche Möglichkeiten durch vermehrten Einsatz sportlicher Aktivi-täten geschaffen werden könnten (vgl. Umbescheidt, 2013, S. 142).

Zusammenfassend sollte bedacht werden, dass die Auszubildenden der

Ausbildung zum überwiegenden Teil sitzend verbringen. Lediglich für praktische Demonstrationen ist es ihnen möglich, körperlich aktiv zu wer-den. Die Unterrichtszeiten sind in Österreich meisten von Montag bis Frei-tag 8:00 – 16:30. Im Anschluss an den Unterricht müssen viele Auszubil-dende für anstehende Prüfungen lernen und verhalten sich auch am spä-ten Nachmittag oder Abend nicht körperlich aktiv, sondern entspannen neuerlich in sitzender Position.

Diese körperliche Inaktivität kann, wie bereits erwähnt, auch negative Fol-gen für das psychische Wohlbefinden nach sich ziehen. Es wurde bereits in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass sportliche Betätigung eine angst- und stressreduzierende Wirkung hat. Außerdem konnte der positive Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Selbstsicherheit und Selbstachtung nachgewiesen werden (vgl. Renneberger, Hammelstein, 2006, S. 199; Moser, 2010, S. 17ff).

Diese Ergebnisse sind gerade für junge Menschen, die sich in der manchmal durchaus fordernden Phase einer Ausbildung befinden, äußerst bedeutsam.