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kompetenzförderlichen Arbeitsgestaltung zu Sicherheit und Gesundheit in KMU

7.1 Kategorienbildung

Dieses Kapitel gibt einen Überblick zu Kriterien und Parametern zur lern- und kompe-tenzförderlichen Arbeitsgestaltung zu Sicherheit und Gesundheit. Die hier geschilder-ten Inhalte verweisen auf ein tabellarisches Instrument, welches im Anhang dieser Arbeit zu finden ist (siehe Anhang 3). Dieses Instrument soll eine schnelle Orientie-rung über wesentliche Einfluss- und Gestaltungsfaktoren zur lern- und kompetenz-förderlichen Arbeitsgestaltung für Sicherheit und Gesundheit sowie zum lernenden Unternehmen und einer entsprechenden Unternehmenskultur ermöglichen. Es soll dem Nutzer eine systematisierte Hilfestellung bei Reflexions- oder Gestaltungsauf-gaben in Forschung und Praxis an die Hand geben.

Dabei kann ein solches Instrument vor dem Hintergrund der Komplexität des Themas keine Vollständigkeit bieten. Vielmehr sollen die entwickelte Struktur und die darin enthaltenen Kriterien und Parameter einen systematischen Umgang mit dem The-menfeld befördern und auf zentrale Einflussfaktoren und Inhaltsperspektiven verwei-sen. In diesem Sinne sind die angeführten Kriterien und Parameter nicht als abge-schlossener Katalog zu verstehen. Vielmehr sollen sie exemplarisch auf mögliche Fragestellungen verweisen und den Nutzer dabei unterstützen, im konkreten Anwen-dungsfall selbst die situationsbedingt „richtigen“ Fragen stellen zu können.

Im Folgenden wird die inhaltliche Struktur des Instruments dargestellt (siehe Abb.

7.1). Die Systematik umfasst auf übergeordneter Ebene die Abschnitte:

 Auslöser für informelle Lernprozesse zu Sicherheit und Gesundheit im Prozess der Arbeit

 Organisatorische Kontextfaktoren für informelles Lernen zu Sicherheit und Ge-sundheit im Prozess der Arbeit

 Prinzipien und Kernelemente zum Lebenslangen Lernen zu Sicherheit und Ge-sundheit

Angrenzende und ergänzende Lernfelder zum informellen Lernen zu Sicherheit und Gesundheit

Die Abschnitte weisen jeweils Unterkategorien auf. Zu jeder dieser Kriterienkatego-rien werden Parameter aufgeführt, die beschreiben, welche Facetten das Kriterium

onkret umfasst. Die Beschreibung geht über drei Spalten:

k

1) Inhaltliche Beschreibung der Parameter

2) Kennzeichen und Merkmale zur Beurteilung der Parameter 3) Leitfragen zu den Parametern

Abb. 7.1 Kriterien einer lern- und kompetenzförderlichen Arbeitsgestaltung zu Sicherheit und Gesundheit durch informelles Lernen

7.2 Komponenten eines Konzepts zur Förderung von Sicher-heit und GesundSicher-heit durch informelles Lernen

Die individuelle Sicherheits- und Gesundheitskompetenz der Beschäftigten ist ein wesentlicher Baustein für den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen und der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit im Unternehmen. Obwohl mit der Si-cherheits- und Gesundheitskompetenz individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten von Personen beschrieben werden, kommt der Gestaltung des Arbeitsumfeldes eine ent-scheidende Bedeutung für den Kompetenzerwerb und dessen Performanz zu. In der Summe aller Beschäftigten stellt diese Sicherheits- und Gesundheitskompetenz ei-nen zentralen Faktor eines leistungsfähigen Unternehmens dar.

Kompetenzen beschreiben individuelle Leistungskapazitäten. Diese werden in kon-kreten Situationen kontextspezifisch angewandt. Anders als z. B. die Intelligenz wer-den Kompetenzen durch Erfahrung bei der Bewältigung konkreter Aufgaben und Herausforderungen in spezifischen Kontexten erworben. Für die Sicherheits- und Gesundheitskompetenz in Unternehmen bedeutet dies, dass die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten von den Beschäftigten in ihrem Arbeitskontext erworben werden. Entsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Kompe-tenzen von vorneherein in ausreichendem Maße vorhanden sind. Vielmehr werden die notwendigen spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Erhalt der Sicherheit und Gesundheit und zum Ausbau der Beschäftigungsfähigkeit von den Beschäftigten im Laufe ihrer Berufstätigkeit im Kontext der Anforderungen und Chancen ihres spe-zifischen Arbeitsumfeldes erworben und angewandt.

Ob und wie gut dieser Kompetenzerwerb im Prozess der Arbeit gelingt, und ob diese Kompetenzen am Arbeitsplatz gezeigt werden, hängt in hohem Maße vom konkreten Arbeitsumfeld im Unternehmen ab. Über die Gestaltung der verschiedenen Kompo-nenten des Arbeitssystems lässt sich ein lern- und kompetenzförderliches Arbeitsum-feld schaffen, indem der Umfang und die Qualität der Fähigkeiten und Fertigkeiten zu Sicherheit und Gesundheit befördert werden.

Anders als in Weiterbildungsmaßnahmen, betrieblichen Schulungen oder Ausbildun-gen findet ein solches Lernen direkt am Arbeitsplatz statt. Der Kompetenzerwerb ist das Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem lernförderlichen Arbeitsumfeld, das den Beschäftigten dazu anregt und stimuliert, sich aktiv mit Problemen und Frage-stellungen auseinander zu setzen und sukzessive neue Fertigkeiten auszubilden und vorhandene Kompetenzen auszubauen. Lernen und Kompetenzaufbau finden häufig von selbst – by the way – statt, d. h. es wird vom Lernenden nicht bewusst ange-strebt, ein bestimmtes Lernziel zu erreichen. Man spricht hier auch von unbewussten oder impliziten lernen.

In der Interaktion des Lernenden mit seiner betrieblichen Lernwelt (dinglich und sozi-al) und den zur Verfügung stehenden Lernwerkzeugen entsteht auf diese Weise eine Lernkultur, die informelles Lernen im Prozess der Arbeit ermöglicht und befördert.

Die das Lernen begünstigenden Elemente der Arbeitsgestaltung verschränken sich mit individuell vorhandenen Erfahrungen und Kompetenzen. Die Vorteile solcher Lernprozesse liegen darin, dass das Lernen im unmittelbaren Erfahrungsraum des Beschäftigten stattfindet und aufgrund der hohen Relevanz für den Lernenden an

dessen Bedürfnissen, Erfahrungen und Interessen anknüpft und dabei auf dessen biografischen Hintergrund aufbaut.

Die aufgeführten Kriterien beruhen auf soliden Erkenntnissen dieser Forschungsfel-der. Dennoch muss die Interpretation aus Sicht des informellen Lernens zu Sicher-heit und GesundSicher-heit am Arbeitsplatz zu diesem Zeitpunkt als vorläufig betrachtet werden und bedarf zumindest in Teilen einer weiteren Validierung in der Praxis. Die vorliegende Zusammenstellung dient in diesem Sinne der Orientierung und Übersicht über einen komplexen und vielfältigen Gestaltungsraum und soll Anregungen und Hilfestellung zur Auswahl und Umsetzung geeigneter Maßnahmen geben. Diese Auswahl und ihre Umsetzung muss in jeder Organisation spezifisch auf das entspre-chende Arbeitssystem zugeschnitten sein und sollte idealerweise systematisch und anforderungsspezifisch erarbeitet werden (siehe dazu genauer die Auflistung der ge-samten Kriterien unter Anhang 4).

Die vorliegenden Kriterien und Parameter sollen Entscheider im Unternehmen dabei unterstützen, die verschiedenen Komponenten des Arbeitssystems so zu gestalten, dass der Erwerb der Sicherheits- und Gesundheitskompetenz der Beschäftigten im Prozess der Arbeit ermöglicht und befördert wird. Im Sinne einer Checkliste sollen die Kriterien in der ersten Spalte Anregungen geben, welche Aspekte des Arbeitsum-feldes bei der Gestaltung eines lernförderlichen Arbeitsplatzes zu Sicherheit und Ge-sundheit einbezogen werden können und sollen. Die dargestellten Parameter in der zweiten Spalte differenzieren die Kriterien weiter aus und konkretisieren für das je-weilige Gestaltungsfeld die Maßnahmen. Die dritte Spalte enthält beispielhaft einzel-ne Elemente des Arbeitssystems die im Sineinzel-ne des Kompetenzerwerbs zu Sicherheit und Gesundheit gestaltet werden. Diese Darstellung ist nicht erschöpfend sondern soll Anregungen geben und verdeutlichen, wie die Ausgestaltung konkret aussehen kann.

7.3 Zusammenhangsmodell zum informellen Lernen zu Sicher-heit und GesundSicher-heit in Unternehmen

Basierend auf den bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten Daten, entsteht Zusam-menhangsmodell, wie Informelles Lernen im Arbeitskontext gefördert werden kann.

Dieses ist das Ergebnis einer Zusammenstellung potenziell lernförderlicher Kriterien der Arbeitsgestaltung zu Sicherheit und Gesundheit und entsprechender Parameter der Umsetzung im Unternehmen. Diese Zusammenstellung basiert auf der Verknüp-fung verschiedener Forschungsfelder, insbesondere den Erkenntnissen zu informel-len Lernen, Lernen im Prozess der Arbeit, Arbeitsschutz und Gesundheitsmanage-ment (siehe Abb. 7.2).

Informelles Lernen zu Sicherheit und

Gesundheit

Komponenten der Sicherheits- und Gesundheitskompetenz im Unternehmen

Grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse

Weiterentwickelte Fähigkeiten und Kenntnisse Angrenzende

Lernfelder

Formale Weiterbildung

Gesundheits-angebote

Andere

Rahmenbedingungen der Arbeit

Organisation, Unternehmenskultur, Personalentwicklung, Lernprozesse etc.

Externe Antreiber informeller Prozesse

Prinzipien und Paradigmen

Positiver

Gesundheitsbegriff

Präventives Vorgehen

Berücksichtigung individueller Voraussetzungen

Abb. 7.2 Zusammenhangsmodell zum informellen Lernen zu Sicherheit und Gesundheit im Prozess der Arbeit

Das Modell benennt zuerst übergeordnete Auslöser informeller Lernprozesse zu Si-cherheit und Gesundheit innerhalb und außerhalb der Organisation. Diese befördern informelles Lernen zu Sicherheit und Gesundheit weniger durch ihre Strukturmerk-male sondern erzeugen eine Art Lernnotwendigkeit oder Lerndruck indem sie für den Beschäftigten die Notwendigkeit der Überwindung von Routinen sichtbar werden las-sen und im positiven Sinne Veränderungsdruck erzeugen.

Im Anschluss werden organisatorische Kontextfaktoren informellen Lernens zu Si-cherheit und Gesundheit im Prozess der Arbeit dargestellt. Anhand verschiedener Handlungsfelder im Unternehmen werden Kriterien zur und Parameter zur lernförder-lichen Gestaltung informellen Lernens dargestellt. Diese Darstellung organisatori-scher Kontextfelder zum informellen Lernen bildet den Kern der vorliegenden Über-sichtsarbeit und soll Unternehmern und Entscheidungsträgern eine umfassende Ori-entierung zu Kriterien und Parametern möglicher Gestaltungsfaktoren zum informel-len Lernen an die Hand geben. Die Gestaltungsfelder sind im Einzelnen:

 Management und Führungsprozesse zu Sicherheit und Gesundheit in der Arbeit

 lernförderliche Unternehmenskultur zu Sicherheit und Gesundheit

 Veränderungsprozesse als Lernfelder zu Sicherheit und Gesundheit

 sicherheits- und gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung

 Netzwerke zu Lernzwecken zu Sicherheit und Gesundheit in der Arbeit, und

Lernarrangements und Lernansätze zu Sicherheit und Gesundheit

Die Umsetzung dieser Gestaltungsfaktoren im Unternehmen muss gewissen Prinzi-pien oder Grundsätzen folgen um ihre Wirksamkeit voll entfalten zu können. Diese Prinzipien und Kernelemente zum lebenslangen Lernen zu Sicherheit und Gesund-heit sind im dritten Abschnitt der Tabelle wiedergegeben. Sie dienen der Orientierung in qualitativer Hinsicht. Jede Maßnahme zur Gestaltung des informellen Lernens im Unternehmen sollte im Kern mit diesen Prinzipien vereinbar sein und entsprechend in der Planung und Umsetzung mit ihnen abgeglichen werden. So werden die ent-sprechenden psychologischen Prozesse auf Seiten der Lernenden angebahnt, die in-formelles Lernen auslösen. Dazu gehören die Triade Selbstbestimmtheit – Kompe-tenzerleben – positive Bezogenheit, die eine innere Anteilnahme und Bereitschaft der Lernenden gewährleistet wird, ein inneres Commitment zum Lernen, zu den Lernzie-len und Lerninhalten. Die Prinzipien der Ermöglichungsdidaktik schaffen eine Biogra-fieorientierung und Kontextabhängigkeit des Lernens. Den Lernprozessen zu Sicher-heit und GesundSicher-heit muss ein positives GesundSicher-heitsverständnis zugrunde liegen, welches eine Reduzierung der Thematik auf die Vermeidung von Unfällen und Krankheiten überwindet und gleichermaßen Gesundheitspotenziale einbezieht, die vornehmlich durch präventive Ansätze erschlossen werden. Ein weiteres Kriterium ist die Orientierung an den individuellen Leistungsvoraussetzungen und dem tungswandel des Lernenden. Erst in der Passung der Lernerfordernisse mit den Leis-tungsvoraussetzung und der flexiblen Anpassung an den Leistungswandel wird ein optimales Lernklima geschaffen. Zuletzt wird die bevorzugte Bedeutung systemati-scher und umfassender Maßnahmen gegenüber Einzelmaßnahmen hervorgehoben.

Je stärker Maßnahmen in der Organisation und Unternehmensprozesse integriert sind, und je stärker sie verhältnisorientiert sind, umso größer ist ihre Wirksamkeit und Reichweite. Einzelmaßnahmen, unsystematische Aktionen oder die Konzentration

uf einzelne Beschäftigte sind in ihrer Wirksamkeit und Reichweite nachgeordnet,

sicherlich nicht für jedes Unternehmen eine realistische Option

dar-Befragung ergänzt, sodass ein ganzheitliches Modell zur Förderung informellen Ler-nens am Arbeitsplatz vor dem Hintergrund von Sicherheit und Gesundheit entsteht.

a

wenn auch manchmal notwendig.

Den letzten Teil der Darstellung bilden ergänzende Lernfelder zum informellen Ler-nen am Arbeitsplatz. Damit sind Schnittstellen benannt, die sinnvoll an Lernprozesse im Kontext der Arbeit anschließen oder diese Auslösen. Über die Lernfelder Ernäh-rung – Bewegung – Entspannung können informelle Lernprozesse ausgelöst werden, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten fördern. Auch Lernfelder, die gänz-lich außerhalb des Arbeitskontextes liegen, können in ihrer Wirkung informelles Ler-nen zu Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten unterstützen und zu einem um-fassenden Kompetenzaufbau beitragen. Beispiele dafür sind ehrenamtliche Enga-gements der Beschäftigten beim Katastrophenschutz oder der Feuerwehr, in der um-fassende Kompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit erworben werden, die auch im Kontext der Arbeit zum Tragen kommen können. Weitere Anschlusspunkte bilden die Gestaltung der Work-Life-Balance sowie überbetriebliche Netzwerke, Aktionen und Zusammenschlüsse, die vor allem für KMU den Möglichkeitsraum für Maßnahmen deutlich erweitern können. Abschließend werden perspektivisch innovative Ansätze geschildert, die

stellen, jedoch eine Idee davon geben, wie man informelles Lernen perspektivisch treiben kann.

Das beschriebene Modell wird unter Kapitel 8 durch die Auswertung der

Delphi-Teil 2:

Expertenbefragung zur Sicherheits- und