D) Professionelle Kompetenz
5 Kompetenzentwicklung und informelles Lernen
5.2 Kompetenzentwicklung durch informelles Lernen in der Arbeit
5.2.1 Ansätze zur Kompetenzentwicklung durch arbeitsbezogenes Lernen Das informelle Lernen stellt für die Kompetenzentwicklung einen entscheidenden Faktor dar und hat auf das Handeln in der Arbeits- und Lebenswelt große Wirkung (DEHNBOSTEL, 2005, S. 148). Ihm wird in den Modellen für die Entwicklung berufli-cher Handlungskompetenz unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Gemeinsam sind solchen „arbeitsbezogenen Lernkonzepten“ die Orientierung der Inhalte und der Lernprozesse auf die Arbeit und die Arbeitsabläufe. DEHNBOSTEL unterscheidet fünf Modelle arbeitsbezogenen Lernens, in dem informelles Lernen eine Rolle spielt, Lernen durch:
Arbeitshandeln im realen Arbeitsprozess (situiertes Lernen durch Handlungen und alltägliches Tun in der Gemeinschaft der praktisch tätigen Menschen)
Instruktion und systematische Unterweisung am Arbeitsplatz (Cognitive Apprenti-ceship-Konzept)
Integration von informellem und formellem Lernen (z. B. durch Lerninseln und gezielte Schaffung von Lernsituationen)
Hospitationen und betriebliche Erkundungen (betriebliche Praktika)
Simulation von Arbeitsprozessen (Schaffung von realitätsnahen Lernsituationen außerhalb des realen Arbeitsvollzugs)
Lernen und Arbeiten sollten nicht als Gegensätze aufgefasst werden, sondern als zu verbindende Elemente. Die Auswahl und Gestaltung von neuen Lernmodellen zur Stärkung des informellen Lernens müssen auf die betriebliche Situation (BECKER, SPÖTTER, STOLTE, 2001) zugeschnitten sein. Die einzusetzenden und zu entwi-ckelnden Lernarrangements müssen den Arbeitnehmer wie Arbeitgeber überzeugen.
Sie müssen konsequent aus einer gründlichen Bedarfsanalyse abgeleitet werden Nachfrage- statt Angebotsorientierung).
(
Das Konzept zur Förderung der Kompetenzentwicklung durch informelles Lernen muss nach den Grundprinzipien der Ermöglichungsdidaktik vom Individuum und sei-nem biografischen Kontext ausgehen. Auf entsprechend gestaltete
Rahmenbedin-ungen, die Kompetenzentwicklung benötigt, verweist BERNHARD (2008):
g
„Wenn der Kompetenzbegriff auf den individuellen Dispositionen eines Menschen be-ruht und der Handlungs- und Situationsbezug eine Verknüpfung zwischen theoreti-schem Wissen und praktischer Anwendung erforderlich macht, dann ist es konse-quent, Rahmenbedingungen bereitzustellen, in denen sich Kompetenzen entwickeln können. Statt passiver Wissensvermittlung hat Bildungsarbeit eine aktive und per-sönliche Wissensaneignung zu ermöglichen. Beteiligungsorientierte Lehr-Lern-Prozesse sowie ermöglichungsdidaktische Grundlagen bilden hierfür die
Vorausset-ung.“ (BERNHARD, 2008, S. 35f) z
Nach Möglichkeit sollte den Beschäftigten deshalb Partizipation an der eigenen Wei-terbildungsplanung eingeräumt werden. Bei der Schaffung neuer Lernmöglichkeiten
im Betrieb sollten diese für alle Mitarbeiter transparent eingebettet werden, um Wi-derstände von vornherein auszuschließen oder abzubauen (besonders im Hinblick auf ältere Arbeitnehmer ist „Niederschwelligkeit“ eine wichtige Determinante).
5.2.2 Gestaltung des informellen Lernens im Betrieb über die Bezugs-punkte Lernende – Lernwelt – Lernwerkzeuge
Die Konstruktion der Lernwelt, wie der Lernende Zugang gewinnt und sich in ihr be-wegt, welche Lernwerkzeuge er nutzt, mit denen er sich die Lernwelt erschließt, ma-chen die Lernumgebung aus und sind konstituierend für die Lernkultur eines Unter-nehmens, einer Organisation (vgl. Abb. 5.3).
Lernkultur Konstruktion
Zugang Bew
egung
Ers chlie
ßung
Nutzung Lernwelt
Soziale Räume
Objekte,Inhalte
Akteure
Lernwerkzeuge
Methoden
Medien
Wissensspeicher Lernende
Biografie
Lernperspektiven
Lernpfade
Abb. 5.3 Offene Lernumgebung und Lernkultur
Ein morphologischer Kasten (Abb. 5.4) strukturiert und differenziert die Lernumge-bung weiter aus.
Lernende
Biografie Werde-gang
Erfahrun-gen Wissen Lernbiografie
Erleb-nisse ...
Organisation ...
Lernpfade Eigene
Such-maschinen Podcast WBT/CBT Mobile Learning
Betriebliche Lernkultur
Abb. 5.4 Morphologischer Kasten – Komponenten der Lernumgebung für informel-les Lernen
In diesem Sinne offen gestaltete Lernumgebungen bieten für das informelle Lernen eine Fülle an neuen Lerngelegenheiten, die innovative, lernmethodische Entwicklun-gen begünstiEntwicklun-gen.
Um informelles Lernen im Betrieb zu fördern, sind insbesondere folgende Ansätze und Kriterien zu berücksichtigen:
Selbstreflexionsfähigkeit der Beschäftigten herausfordern und stärken: Unterstüt-zung leisten, dass Beschäftigte ihren persönlichen Lernbedarf erkennen, kom-munizieren und eigene Lernperspektiven entwickeln können
Konstrukte in Frage stellen, emotional verunsichern, fördern neue Wege zu be-schreiten
Beschäftige fördern, eigene (Arbeits-) Erfahrungen, Erlebnisse und vorhandene explizite Wissensbestände in Kommunikationsprozessen und in Arbeitsprozesse einzubringen
Unterstützung leisten, um implizites Wissen bewusst zu machen, die Weitergabe an andere fördern
Selbstorganisationsfähigkeiten der Beschäftigten fordern, fördern und stärken
äftigten anregen, sich
ßerbetriebliche Umfeld auf Lerngelegenheiten
überprü-
Zugänge,
s Lernbegleiter, Coaches, für kollegiale Beratung und
Un-n, Stehcafé, Arbeitsplatz und
Arbeits-
swi- erksamkeit auf Lernprozesse zu lenken
ensbeständen und –quellen
ngsmöglichkeiten einrichten und für Lernprozesse nutzen
Lernbedarfe der Organisation auch unter dem Gesichtspunkt der kommenden Anforderungen erkennen, kommunizieren und die Besch
damit auseinander zu setzen
Veränderungsprozesse als Lernchancen nutzen
Lernen in die Wertschöpfungskette integrieren Das betriebliche und au
fen, Lernanreize setzen
Beraten und unterstützen der Beschäftigten bei der Gestaltung eigener Lernpfa-de (eigene Erlebnisse, formale Anlässe, verschieLernpfa-den thematische
spontane Ereignisse als Ausgangspunkte für Lernen nutzbar machen) Betriebliche Akteure al
terstützung gewinnen
Arbeitsorganisation so gestalten, dass Zeit und Raum für Lernen entsteht
Betrieb als Lernort etablieren (Lerninsel gruppen als Lernorte, ...)
Arbeitsinhalte lernförderlich gestalten
Fehler erlauben und als Lernchance nutzen
Über Informationstechnologien Lernräume eröffnen (Intranet, Blogs, Betrieb kis, Lernplattformen, virtual classroom)
Führungskräfte befähigen, die Aufm
Wissen entsprechend den biografischen Voraussetzungen der Beschäftigten be-reitstellen und zugänglich machen
Orientierungshilfen zum Erschließen von neuen Wiss
anbieten (Wissenslandkarten, Identifizierung von Wissensträgern)
Klima von Zusammenarbeit und Vertrauen schaffen Beteiligu
Lernwerkzeuge so gestalten, dass sie die Beschäftigten bei ihrer Arbeit unter-stützen
„Lernbegleiter“ etablieren: Die Betreuung des Lernens erfolgt durch „Lernbeglei-ter“, die in den arbeitsintegrierten Lernumgebungen die Lernprozesse vor- und nachbereiten und sie begleiten. Als Modell für die Betreuung eignen sich die Konzepte der kognitiven I
nstruktionspsychologie und des cognitive
Apprentices-
nter Beachtung dieser Aspekte sind Lernlandschaften zu gestalten, in denen sich ie Beschäftigten selbstständig bewegen und orientieren können, aber dennoch
hin-itendem Erfahrungslernen und hip. „Lernbegleiter“ sollen neben einer Metaebene der Steuerung durch Experten (wie zum Beispiel aus dem Personalentwicklungs-Bereich) vor allem Beschäftigte und Führungskräfte sein
Betriebliche Leitsysteme zur Gestaltung der Lernwelt, Lernwerkzeuge und der Lernkultur zur Förderung des informellen Lernens etablieren, Steuerungsmecha-nismen entwickeln
Anerkennungs- und Nachweissysteme einführen für die durch informelles Lernen im Prozess der Arbeit gewonnen Kompetenzen
U