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Um die Licht-Materie-Wechselwirkung theoretisch zu beschreiben, wird in der nicht-linearen Optik meistens eine Reihenentwicklung der Polarisation vorgenommen. Die quantenmechanische Betrachtung eines Atoms mit zahlreichen Niveaus ist sehr kom-pliziert und oft gar nicht nötig. Daher wird ein Atom vorzugsweise als quantenme-chanisches Zwei-Niveau-System approximiert [CT77a]. Infolgedessen muss nicht mehr über alle atomaren Zustände summiert werden, die in dem allgemeinen quantenme-chanischen Ausdruck für χ(3) enthalten sind. Trotz dieser Näherung ist es möglich, Sättigungseffekte [Kne91], Rabi-Oszillation [Mil88], den optischen Stark-Effekt [Hak04]

und das Verhalten eines FWM-Signals mit diesem einfachen Modell zu beschreiben.

Für eine theoretische Behandlung optischer Medien müssen die Maxwell-Gleichungen mit einfließen. Dabei werden auch Propagationseffekte berücksichtigt. ZIOLKOWSKIet al.

führen einen Algorithmus ein, um die Wechselwirkung ultrakurzer Impulse mit einem Medium, in dem die Atome vereinfacht als Zwei-Niveau-Systeme behandelt werden, zu beschreiben [Zio95]. Dabei wird weder die Drehwellennäherung (engl.:rotating wave approximation) angewendet noch die Annahme einer sich langsam verändernden Einhül-lenden gemacht. Ein iteratives Prediktor-Korrektor-Verfahren mit finiten Elementen löst

dieses Problem in der Zeit-Domäne.

Zunächst werde die Entwicklung atomarer Operatoren unter dem Einfluss eines Licht-feldes betrachtet. In einem quantenmechanischen System mit zwei Niveaus sei der angeregte Zustand |2ivom Grundzustand |1idurch die Energie ¯hω0 getrennt. Die Übergangsfrequenzω0des Zwei-Niveau-Systems ist über die EnergienW1undW2der beiden Zustände definiert:

¯

0=W2−W1 (3.4.1)

Grundlage zur Beschreibung der Licht-Atom-Wechselwirkung ist der Hamilton-Operator des Zwei-Niveau-System:

Hˆ = Hˆ0+Vˆ(t) (3.4.2)

mit Hˆ0=

¯ 0

2 0

0 −¯20

!

und Vˆ(t) =E(t)·qˆ=E(t)· 0 d

d 0

!

Dabei ist ˆH0der Hamilton-Operator des ungestörten Systems (hier des Atoms) und ˆV(t) die zeitabhängige Störung beziehungsweise der Licht-Atom-Wechselwirkungsanteil. Da die Wellenlänge des elektrischen Feldes im hier untersuchten Fall im THz-Bereich liegt und somit wesentlich größer als die Ausdehnung eines einzelnen Atoms ist, kann die räumliche Veränderung des Feldes über das Atom hinweg in erster Ordnung vernachläs-sigt und das Feld lediglich am Ort des Atoms ausgewertet werden (elektromagnetische Dipolnäherung). Der Wechselwirkungs-Operator ˆV(t)setzt sich aus dem elektrischen FeldE(t)und dem Dipol-Operator ˆqbeziehungsweise dem Dipolmomentdzusammen.

Der Dipol-Operator ˆqeines realen Atoms ist definiert durch∑ierˆi. Dabei ist ˆrider Orts-Operator desi-ten Elektrons der Ladungeeines Atoms. Dem Zwei-Niveau-System liegt keine räumliche Struktur zugrunde, so dass die genaue geometrische Orientierung von Atom und elektrischem Feld vernachlässigt werden kann und das Problem auf eine Dipolkoordinate reduziert wird.

Der Hamilton-Operator lässt sich mit Hilfe der Pauli-Matrizenσzundσxfolgendermaßen darstellen:

Hˆ = ¯ o

2 ·σz+d·E(t)

| {z }

¯ h(t)

·σx (3.4.3)

Ω(t)steht für die momentane Rabi-Frequenz, die eine beliebige Zeitabhängigkeit des elektrischen Feldverlaufs tragen kann.

Nach dem quantenmechanischen Dichtematrixformalismus lässt sich der Zustand eines Systems über einen Dichte-Operator ˆρbeschreiben, der folgendermaßen definiert ist:

ˆ

ρ= ρ11 ρ12 ρ21 ρ22

!

(3.4.4) Die Diagonalelemente der Dichtematrixρ11undρ22beschreiben die Besetzungswahr-scheinlichkeit der beiden Niveaus. Die Spur Tr(ρˆ)als Summe der Diagonalelemente ist eins:ρ11+ρ22 = 1. Die gesamte Besetzung bleibt also erhalten: ˙ρ11+ρ˙22 = 0. Die Nebendiagonalelemente der Dichtematrixρ12 undρ21beschreiben den Polarisations-zustand und sind komplexe Amplituden mit einer Phase. Verschwinden diese, so sind die Zustände|1iund|2ikomplett dephasiert. Des Weiteren ist der Dichte-Operator hermitesch, das heißtρ12=ρ21. Die Zeitentwicklung ist durch die Liouville-Gleichung gegeben:

i¯h∂ρˆ

∂t =H, ˆˆ ρ

= (Hˆρˆ)−(ρˆHˆ) (3.4.5) Wird der Hamilton-Operator (3.4.3) in die Liouville-Gleichung (3.4.5) eingesetzt, so ergibt sich für jedes Matrixelement des Dichte-Operators (3.4.4) eine Differenzialgleichung.

Eine davon ist wegen Tr(ρˆ) =1 trivial. Durch Linearkombination reduzieren sich die Differenzialgleichungen auf drei Gleichungen:

i¯h(ρ˙21+ρ˙12) =¯hω0(ρ21ρ12)

i¯h(ρ˙21ρ˙12) =¯hω0(ρ21+ρ12) +2 ¯hΩ(ρ11ρ22)

i¯h(ρ˙22ρ˙11) =2 ¯hΩ(ρ12ρ21) (3.4.6)

Es ist sinnvoll, ein neues Koordinatensystem einzuführen und den Blochvektor r= (u,v,w)zu definieren:

u= ρ12+ρ21 v=i(ρ21ρ12)

w= ρ22ρ11 (3.4.7)

Dabei beschreibtudie dispersive Komponente der Polarisation,vdie absorptive Kompo-nente undwdie Inversion. Das jeweilige Verhalten ist in Abbildung 3.8 dargestellt.wist

1

Abbildung 3.8:Darstellung der Komponenten des Blochvektors: (a) Bewegung des Blochvektors auf der Oberfläche einer Kugel mit dem Einheitsradius für eine vollständi-ge Populationsinversion. (b) Zeitlicher Verlauf der dispersiven (u) und absorptiven (v) Komponente des Blochvektors und der Inversion (w).

die Besetzungsdifferenz zwischen dem angeregten Zustand|2iund dem Grundzustand

|1i. w = −1 bedeutet, dass das Atom im Grundzustand ist und w = +1 bedeutet, dass es sich im angeregten Zustand befindet. Für den Fall, dass keine Dämpfung vor-handen ist, giltu2+v2+w2 = 1. In diesem Fall bewegt sich der Blochvektor auf der Oberfläche einer Kugel mit dem Einheitsradius. In diesem Koordinatensystem sieht das Gleichungssystem (3.4.6) folgendermaßen aus:

Dieses Gleichungssystem wird nun um einen Relaxationsprozess erweitert. Effekte wie Rekombinationen und Wechselwirkungen mit anderen elektronischen und phononi-schen Freiheitsgraden führen einen Halbleiter zum Beispiel zurück in sein thermisches Gleichgewicht [Yu05]. Für eine korrekte Beschreibung müssen die relativen Zeitskalen solcher Prozesse berücksichtigt werden im Verhältnis zu charakteristischen Zeiten des Systems, wie zum Beispiel der Impulsdauer des einfallenden Lichtfeldes. In der Quanten-mechanik wird zwischen der Energierelaxation dichteartiger Größenρnn(longitudinale Relaxation) und der Phasenrelaxation polarisationsartiger Nebendiagonalelementeρnm (transversale Relaxation) unterschieden. Der angeregte Zustand |2izerfalle mit der Rateγ1in den Grundzustand|1i. Damit ist die longitudinale Relaxationszeit bzw. die Lebensdauer des angeregten Zustandes durch T1 = 1/γ1 gegeben. Die transversale Relaxationszeit wird analog mit der Dephasierungsrate des atomaren Dipolmomentsγ2

überT2=1/γ2beschrieben. Mit dieser phänomenologischen Einführung ergeben sich aus den Differenzialgleichungen (3.4.8) die sogenannten optischen Bloch-Gleichungen:

Eine ausführliche Beschreibung der theoretischen Grundlagen zu den optischen Bloch-Gleichungen findet sich in Lehrbüchern [Boy08; Yar89; Man95; Mes09].

Ein anregender elektrischer Feld-Transient falle nun in z-Richtung ein und sei in x-Richtung polarisiert:

E(r,t) = Ex(z,t)ex

H(r,t) = Hy(z,t)ey (3.4.10) Das Dipolmoment ist quantenmechanisch über den Erwartungswerthqˆi=hΨ|qˆ|Ψides Dipol-Operators ˆqdefiniert. Über die Definition der Polarisation aus Gleichung (1.1.1) ergibt sich:

P= N·d= N·Tr(ρˆ·qˆ) =d·N·Tr ρ12 ρ11 ρ22 ρ21

!

= d·N·u (3.4.11)

Die Polarisation kann mit den Bloch-Gleichungen (3.4.9) berechnet werden. Das Ergebnis eingesetzt in die Maxwell-Gleichungen (1.1.3) ergibt die Maxwell-Bloch-Gleichungen direkt in der Zeit-Domäne:

Electric field (norm.)

time medium π-pulse

2π-pulse π/10-pulse

Abbildung 3.9:Simulation zur selbst-induzierten Transparenz: Einπ/10-Impuls, ein π-Impuls und ein 2π-Impuls passieren jeweils das gleiche Medium. Die transmittierten Impulse besitzen die gleiche Normierung wie deren entsprechenden Impulse vor dem Medium. Derπ-Impuls wird größtenteils absorbiert und der 2π-Impuls erhält seine maximale Feld-Amplitude.

Die Nichtlinearitäten in diesen Differenzialgleichungen sind durch die TermeExvund Exwgegeben undw1ist die anfängliche Populationsinversion.

Die Maxwell-Bloch-Gleichungen stellen einen Formalismus dar, der die Dynamik von Licht-Materie-Wechselwirkungen inklusive kohärenter Phänomene sehr gut beschreibt, wenn das Vielteilchen-System durch ein Zwei-Niveau-System approximiert wird. Diese Gleichungen lassen sich durch den im Anhang A gezeigten Algorithmus lösen und können nun genutzt werden, um zum Beispiel den Effekt der selbst-induzierten Trans-parenz zu simulieren [McC69; Gie98]. Dazu wird ein 1µm dickes Medium mit einem Brechungsindex von 4, einem Dipolmoment von 2,4 eÅ und einer Resonanzfrequenz von 25 THz des Zwei-Niveau-Systems gewählt. Die simulierten sech-Impulse besitzen eine Zentralfrequenz von 25 THz und eine Dauer von 100 fs bei der Hälfte des Maxi-mums der Intensität. Einπ/10-Impuls mit einer maximalen Feldstärke von 50 kV/cm folgt dem linearen Absorptionsgesetz (siehe Abbildung 3.9). Einπ-Impuls mit einer Feld-Amplitude von 0,5 MV/cm wird vergleichsweise stark absorbiert, wie es auch die Theorie zur selbst-induzierten Transparenz vorhersagt. Der interessanteste Fall ist jedoch bei einem 2π-Impuls gegeben, der das Medium nahezu unverändert in der Amplitude passiert.

Delay time τ (ps)

Abbildung 3.10:(a) Ovales FWM-Signal bei einem externen Feld von 2 MV/cm. (b) S-förmige FWM Signatur erzeugt durch ein externes Feld von 3,5 MV/cm. (c) Aufgespal-tenes FWM-Signal bei einer externen Anregungsfeldstärke von 5,3 MV/cm. (d-f) Be-rechnete FMW-Signale, die die wesentlichen Merkmale der entsprechenden gemessenen FWM-Signale darüber reproduzieren.