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3   FORSCHUNGSMODELL UND HYPOTHESEN

3.3   K LIMA FÜR E IGENINITIATIVE UND KOLLEKTIVES V ERHALTEN

3.3.2   Klima für Eigeninitiative und kollektives exploratives Verhalten

Wie im Rahmen der Einleitung zu diesem Kapitel beschrieben wurde, verbinden He und Wong (2004) Attribute wie Suche, Risikoorientierung und Innovation mit kollektiven explo-rativen Verhalten. Diese Umschreibung steht im Einklang mit der Forschung um das Entre-preneurship im Strategischen Management, wonach ein derartiges kollektives Verhalten not-wendig ist, um als Unternehmen grundlegend neue technische sowie produktbezogene Inno-vationen mit dem Ziel der Marktführerschaft entwickeln zu können und sich damit aus kom-petitiver Perspektive stark gegenüber dem Wettbewerb positionieren zu können. (vgl. Covin

& Slevin, 1991). Um als Unternehmen neue innovative Produkte, Dienstleistungen oder Pro-zesse entwickeln zu können, ist es notwendig, dass die Mitarbeiter ihren Fokus auf Forschung und Entwicklung legen, um die Ressourcen eines Unternehmens für neue Produkte kombinie-ren zu können und dazu korrespondiekombinie-rend Wissen suchen oder aufbauen, das es bislang noch

nicht im Unternehmen gab (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001). Dazu ist es wichtig, Risiken einzugehen, da es für neue Ideen nicht die Garantie gibt, dass diese sich auch wie intendiert auszahlen bzw. die innovativen Wege erfolgreich zum Ziel führen (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001). Im Einklang mit dem Eingehen von Risiken ist es notwendig, seine Ziele aggressiv gegenüber dem Wettbewerb zu verfolgen, um neue Chancen im Markt als erstes Unterneh-men aufzuspüren und für die Erlangung einer starken Position im Wettbewerb auszunutzen (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001). Mit der Konzentration auf die Entwicklung grundlegend neuer Produkte und Dienstleistungen sowie deren radikaler Veränderung unterscheidet sich das kollektive explorative Verhalten von exploitativen Verhaltensweisen, bei denen die Suche nach optimaler Nutzung und Positionierung von Dienstleistungen und Prozessen sowie deren inkrementelle Anpassungen und Verbesserungen im Vordergrund steht. Kennzeichnende Di-mensionen eines kollektiven explorativen Verhaltens sind die Innovativität des Unterneh-mens, das kompetitive Auftreten des Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb sowie das Eingehen von Risiken durch das Top Management (vgl. Covin et al., 1991).

Die erste Dimension des explorativen Verhaltens ist vor diesem Hintergrund die Innovativität bzw. die Entwicklung und Einführung vieler für den Markt grundlegend neuer innovativer Produkte oder Dienstleistungen sowie radikale Veränderungen an bestehenden Produkten (vgl. Covin et al., 1991). Die Innovativität eines Unternehmens ist verbunden mit der kol-lektiven Identifikation von Marktchancen, der Generierung von neuen Ideen sowie der Im-plementierung neuer Produkte und Prozesse in einem Unternehmen (vgl. Seibert, Kraimer, &

Crant, 2001). Das Klima für Eigeninitiative motiviert gemäß Rosing et al. (2010) die Mitar-beiter, ihre Unternehmensumwelt aktiv zu gestalten und eine führende Position gegenüber dem Wettbewerb einzunehmen. Der Gestaltungswille der Mitarbeiter in einem Klima für Ei-geninitiative unterstützt die Suche der Mitarbeiter nach neuen Marktchancen und neuen Ideen, da die Mitarbeiter aus der Position des bloßen Empfangens von Aufgaben heraustreten, Ver-antwortung übernehmen und in unternehmerischer Weise nach Gestaltungsmöglichkeiten suchen (vgl. Baer et al., 2003; Fay, Luehrmann, & Kohl, 2004; Frese et al., 2001). Bledow et al. (2009) heben hierbei die in einem Klima für Eigeninitiative geförderten Initiativen der Mitarbeiter hervor, die sie als „origin of innovation“ (Bledow et al., 2009: 330) betrachten.

Für die Entwicklung von Initiativen ist laut Bledow et al. (2009) Kreativität notwendig, aus der neue, innovative Ideen entwickelt werden. Kreativität wird durch ein Klima für

Eigenini-tiative unterstützt, da es in diesem Klima zum Alltag gehört, nach optimalen Lösungen für die Herausforderungen im Unternehmensalltag zu suchen (vgl. Baer et al., 2003). Werden schließlich innovative Ideen in einem Unternehmen entwickelt, weisen Bär und Frese (2003) in ihrer Studie darauf hin, dass in einem Klima für Eigeninitiative die Implementierung von Innovationen besser gelingt, weil die Mitarbeiter bei den typischerweise zu Beginn der Im-plementierung einer Innovation auftretenden Problemen ausdauernd und kreativ an der Lö-sung der Probleme arbeiten. Daher wird nicht nur die Entwicklung von Innovationen durch ein Klima für Eigeninitiative nachhaltig gefördert, sondern auch deren erfolgreiche Imple-mentierung und somit die Innovativität eines Unternehmens als Ganzes durch ein Klima für Eigeninitiative positiv beeinflusst.

Das Vorangehen bzw. die Aggressivität gegenüber dem Wettbewerb als zweite Dimension des kollektiven explorativen Verhaltens zeichnet sich dadurch aus, dass ein Unternehmen als erstes Unternehmen in der Branche Aktivitäten ergreift, die grundlegende neue strategische Optionen eröffnen und auf die der Wettbewerb reagieren muss. Das Unternehmen ist damit das erste, das neue Prozesse einführt oder Produkte auf dem Markt bringt, um die wettbe-werbsbezogene Bedrohung durch andere Unternehmen im Markt auszuschalten (vgl. Covin &

Slevin, 1989). Ein die Proaktivität bzw. Aggressivität gegenüber dem Wettbewerb unterstüt-zendes kollektives Verhalten der Mitarbeiter wird durch ein Klima für Eigeninitiative dahin-gehend gefördert, da es die Mitarbeiter dazu anhält, Initiativen schneller als andere Unter-nehmen zu ergreifen (vgl. Baer et al., 2003). Damit kann die erforderliche Geschwindigkeit als Voraussetzung eines gegenüber dem Wettbewerb aggressiven Verhaltens überhaupt erst erreicht werden (vgl. Baer et al., 2003; Covin et al., 1989). Darüber hinaus fördert ein Klima für Eigeninitiative das Suchverhalten der Mitarbeiter nach Hinweisen und neuen Informatio-nen aus der Umwelt, was für die Mitarbeiter eine weitere Grundlage für ein exploratives Ver-halten darstellt. Denn erst, wenn die Mitarbeiter erkennen können, wie der Status quo in ei-nem Markt aussieht, können sie dementsprechend die Position ihres Unternehmen gegenüber dem Wettbewerb einschätzen und Initiativen entwickeln, die den Status quo verändern (vgl.

Menon et al., 1992). Zudem sorgt ein Klima für Eigeninitiative analog zur Innovativität als erste Komponente des kollektiven explorativen Verhaltens dafür, dass die Mitarbeiter stetig dazu angehalten werden, Prozesse, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und diese auch erfolgreich zu implementieren (vgl. Baer et al., 2003; Frese et al., 2001). Mit der

Konti-nuität der Förderung von kollektiven explorativen Verhaltensweisen ist sichergestellt, dass ein derartiges Verhalten nicht nur einmalig in einem Unternehmen auftritt und damit die positi-ven Aspekte eines exploratipositi-ven Verhaltens der Mitarbeiter für das Unternehmen schnell ver-loren gehen, sondern dass das Unternehmen derartige kollektive Verhaltensweisen je nach Bedarf langfristig ausüben kann und damit seinen Wettbewerbsvorteil in einer Branche auch dementsprechend langfristig sichern kann.

Die dritte Komponente eines kollektiven explorativen Verhaltens in einem Unternehmen ist die Risikoorientierung des Top Managements. Sie zeichnet sich zum einen durch meist weit-reichende und bedeutende strategische Schritte zur Erreichung der Unternehmensziele aus (vgl. Covin et al., 1991). Zum anderen macht sich die Risikoorientierung durch den Mut des Top Managements bemerkbar, eine eher aggressive Haltung bei der Entscheidungen zur Nut-zung von potentiellen Marktchancen einzunehmen. Um mutige und weitreichende Entschei-dungen in einem Unternehmen fällen zu können, muss sich das Top Management darauf ver-lassen können, dass sich die Mitarbeiter, insbesondere das mittlere Management, auch im Sinne der gefällten Entscheidungen verhalten können und werden (vgl. Floyd & Wooldridge, 1997; Rauch, Wiklund, Lumpkin, & Frese, 2009b). Darüber hinaus hängt die Risikoorientie-rung auf Unternehmensebene auch von der individuellen RisikoorientieRisikoorientie-rung der einzelnen Mitglieder des Top Managements ab (vgl. Antoncic, 2003). Ein Klima für Eigeninitiative hat positive Effekte auf beide prägenden Aspekte der Risikoorientierung eines Unternehmens. In einem Klima für Eigeninitiative wird tagtäglich innovatives und ausdauerndes Verhalten der Mitarbeiter im Hinblick auf die Optimierung der zukünftigen Position des Unternehmens im Wettbewerb unterstützt (vgl. Baer et al., 2003; Frese et al., 2001). Daher kann sich das Top Management darauf verlassen, dass die Mitarbeiter des mittleren Managements ein derartiges Verhalten internalisieren und damit willens und in der Lage sind, Entscheidungen zur Nut-zung von potentiellen Marktchancen mitzutragen und auch einen aktiven Beitrag zur Zieler-reichung der Entscheidungen leisten zu können. Mit einem derartigen Klima im mittleren Management können auch die Mitglieder des Top Managements das notwendige individuelle Vertrauen für ihre eigene Risikoorientierung schöpfen und sich selbst dadurch ermutigen, kompetitive Entscheidungen zu fällen. Analog zur Diskussion des positiven Zusammenhangs eines Klimas für Eigeninitiative mit dem kollektiven exploitativen Verhalten in einem Unter-nehmens kann auch für den Zusammenhang des Klimas für Eigeninitiative mit dem

kol-lektiven explorativen Verhalten in einem Unternehmen ein positives Fazit gezogen werden.

Es wurde gezeigt, dass das Klima für Eigeninitiative alle drei kennzeichnenden Komponenten eines kollektiven explorativen Verhaltens positiv beeinflussen kann. Aufgrund dieses Fazits wird die nachfolgende Hypothese postuliert:

Hypothese 2b: Ein Klima für Eigeninitiative ist positiv verbunden mit dem kollektiven explo-rativen Verhalten der Mitarbeiter in einem Unternehmen.