• Keine Ergebnisse gefunden

3   FORSCHUNGSMODELL UND HYPOTHESEN

3.3   K LIMA FÜR E IGENINITIATIVE UND KOLLEKTIVES V ERHALTEN

3.3.1   Klima für Eigeninitiative und kollektives exploitatives Verhalten

Wie im Rahmen der vorstehenden Einleitung bereits dargestellt, kennzeichnen He und Wong (2004) Exploitation in einem Unternehmen mit Attributen wie Verbesserung, Effizienz oder Implementierung. Eine derartige, eher abstrakte Umschreibung stellt die Frage nach einem konkret beobachtbaren Verhalten der Mitarbeiter im Sinne der Exploitation im

Unterneh-mensalltag. Dazu werden die von He und Wong (2004) angeführten Attribute aufgegriffen und mit Hilfe der bestehenden Literatur zur Forschung um kollektive exploitative Verhal-tensweisen der Mitarbeiter spezifiziert. Hinsichtlich der Attribute Verbesserung und Effizienz weisen Atuahene-Gima et al. (2001) darauf hin, dass es notwendig ist, Wissen über aktuelle interne Prozesse und Kundenwünsche aufzubauen und diese zu verstehen, um daraus schließ-lich notwendige Anpassungen oder Optimierungen an aktuellen Prozessen und Produkten eines Unternehmens ableiten zu können. Dementsprechend ist die aktive Informationsbe-schaffung der Mitarbeiter zur Eruierung der Kundenwünsche hinsichtlich aktuell nachgefrag-ter oder zu verändernder Produkte und Dienstleistungen in einem Markt ein kennzeichnendes Merkmal kollektiven exploitativen Verhaltens in einem Unternehmen (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001; Jaworski & Kohli, 1993). Anschließend ist es im Sinne der Attribute Effizienz und Implementierung notwendig, das aktiv beschaffte Wissen im Unternehmen zu verteilen, damit ein adaptives Lernen bei den Mitarbeitern überhaupt stattfinden kann bzw. das Wissen verar-beitet wird (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001). Das Ergebnis der Informationsbeschaffung und anschließenden Informationsverarbeitung ist schließlich die Reaktion der Mitarbeiter auf das neue Wissen, in deren Rahmen die tatsächlichen Anpassungen und Verbesserungen an Pro-zessen und Dienstleistungen hinsichtlich der erkannten Kundenbedürfnisse stattfinden (vgl.

Atuahene-Gima et al., 2001; Jaworski & Kohli, 1993). Das kollektive exploitative Verhalten besteht insofern aus den drei Dimensionen der Gewinnung von Markt-Informationen, der in-ternen Weitergabe von Informationen sowie der Reaktionsfähigkeit auf Markt-Informationen (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001; Hakala, 2011; Ketchen Jr, Hult, & Slater, 2007; Morgan & Berthon, 2008). Zusammenfassend betrachtet beschreibt das kollektive ex-ploitative Verhalten der Mitarbeiter kollektive Verhaltensweisen, mit denen es dem Unter-nehmen ermöglicht wird, bestehende Produkte im Markt optimal zu positionieren und diese ggf. mit inkrementellen Innovationen zu verfeinern, um die interne Effizienz zu steigern und aktuell bestehende Kundenbedürfnisse ohne hohes Risiko zu befriedigen, anstatt neue Pro-dukte für aufstrebende Märkte zu entwickeln (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001; Hakala, 2011). Dabei steht das adaptive Lernen der Mitarbeiter im Vordergrund (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001).

Nach Rosing et al. (2010) fördert das Klima für Eigeninitiative das kollektive exploitative Verhalten, indem es die Mitarbeiter dazu anhält, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten im Hinblick

auf die kontinuierliche Verbesserung bestehender Prozesse oder Produkte eigenmotiviert, proaktiv und beständig zu nutzen und anzupassen. Im Detail betrachtet motiviert das Klima für Eigeninitiative die Mitarbeiter, sich für ihre Aufgaben verantwortlich zu fühlen und sich mehr Gestaltungsfreiraum für die Erfüllung der Aufgaben zu nehmen sowie intensiver an Ideen zu arbeiten, um diese in brauchbare Verbesserungsvorschläge umzuwandeln (vgl. Baer et al., 2003). Außerdem sorgt das Klima für Eigeninitiative gemäß Bär und Frese (2003) da-für, dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben mit einer Langfristperspektive erfüllen und mit Aus-dauer dafür sorgen, dass Probleme in Wertschöpfungsprozessen kontinuierlich gelöst oder gar verhindert werden, so dass im Ergebnis die Wertschöpfung insgesamt störungsfreier, rei-bungsloser bzw. optimaler abläuft. Vor diesem Hintergrund sorgen insbesondere die Lang-fristperspektive, die Proaktivität sowie die aktive Herangehensweise der Mitarbeiter in einem Klima für Eigeninitiative dafür, dass die Gewinnung von Markt-Informationen als erste Di-mension des kollektiven exploitativen Verhaltens im Sinne der aktiven Suche nach Signalen und Informationen aus der Unternehmensumwelt zur Antizipation von Chancen und Risiken im Markt gefördert wird (vgl. Atuahene-Gima et al., 2001; Fay et al., 2001; Frese, Garst, &

Fay, 2007). Die proaktive Grundhaltung der Mitarbeiter in einem Klima für Eigeninitiative unterstützt die selbstständige Sammlung von Wissen zu gegenwärtigen Kundenwünschen.

Dieses Wissen kann dafür genutzt werden, bestehende Produkte und Dienstleistungen in ei-nem Unternehmern mit den bestehenden Kundenwünschen zu vergleichen, um schließlich notwendige Anpassungen abzuleiten, bevor Probleme mit bestehenden Produkten und Dienst-leistungen entstehen (vgl. Frese et al., 2001; Jaworski, Kohli, & Sahay, 2000; Matsuno, Mentzer, & Ozsomer, 2002; Schmelter, Mauer, Boersch, & Brettel, 2010). Somit stehen die Mitarbeiter in einem Klima für Eigeninitiative der Informationssuche offen gegenüber, was sich positiv auf das tatsächliche Suchverhalten auswirken sollte. Mit der Studie von Matsuno et al. (2002) kann der postulierte positive Zusammenhang zwischen einer proaktiven Grund-haltung der Mitarbeiter und dem Suchverhalten der Mitarbeiter empirisch untermauert wer-den. Matsuno et al. (2002) testeten in ihrer empirischen Arbeit erfolgreich die Hypothese, dass eine grundsätzliche „forward-looking perspective“ (Matsuno et al., 2002: 21) bzw. eine proaktive Grundhaltung der Mitarbeiter die Gewinnung von Markt-Informationen in einem Unternehmen fördert, da die Mitarbeiter hierdurch Informationsdefiziten in Bezug auf aktuel-le Marktbegebenheiten kritisch gegenüber eingestellt sind und sie zu einem entsprechenden Suchverhalten motiviert werden. Dieses Ergebnis unterstützt die Annahme, dass die durch ein

Klima für Eigeninitiative geförderte langfristig ausgerichtete und proaktive Haltung der Mit-arbeiter positiv auf die Gewinnung von Markt-Informationen wirkt.

In Bezug auf die zweite Dimension des exploitativen Verhaltens, der internen Weitergabe von Markt-Informationen in einem Unternehmen, wurde in der Marketingforschung bereits der positive Einfluss eines auf Optimierung und Innovation ausgerichteten Klimas auf den Infor-mationsaustausch postuliert: „A culture or climate that promotes change and innovative beha-vior would encourage active exchange of ideas and increased communication flows“ (Menon

& Varadarajan, 1992: 64). Das für Wandel und Anpassung förderliche Klima für Eigeninitia-tive unterstützt die Verteilung von Markt-Informationen, indem ein Klima für EigeninitiaEigeninitia-tive die Mitarbeiter dazu anhält, „to keep pace with changing requirements in knowledge and ski-lls“ (Frese et al., 2001: 139). Dazu ist es notwendig, sich neben der Akquise von Informatio-nen aus exterInformatio-nen Quellen, auch mit Kollegen auszutauschen und an Partizipationsprozessen teilzunehmen, um die von den Mitarbeitern gesammelten Informationen aus verschiedenen Blickwinkeln zu teilen und hinsichtlich einer zielführenden Lösung für sich ändernde Rah-menbedingungen abzustimmen (vgl. Frese et al., 2001). Mit der Motivation zur Interaktion zwischen den Mitarbeitern in einem Klima für Eigeninitiative wird das vorhandene Wissen im Unternehmen verteilt bzw. für die am Diskussionsprozess beteiligten Mitarbeiter verfüg-bar gemacht, so dass sich kritisches Wissen über aktuelle Kundenbedürfnisse, Trends und Entwicklungen schnell im Unternehmen verbreitet (vgl. Frese et al., 2001). Vor dem Hinter-grund der vorgenannten Annahmen ist der postulierte positive Zusammenhang zwischen ei-nem Klima für Eigeninitiative und der internen Weitergabe von Markt-Informationen im Rahmen des kollektiven exploitativen Verhaltens somit gerechtfertigt.

Die Reaktion auf Markt-Informationen als dritte Dimension des kollektiven exploitativen Verhaltens drückt sich über die zeitnahe Reaktion der Mitarbeiter bzw. des Unternehmens auf kunden- oder wettbewerbsgetriebene Veränderungen im Markt aus, die sich letztlich über Anpassungen bei Produkten, Prozessen oder dem Preis zeigen (vgl. Kohli, Jaworski, &

Kumar, 1993). In einem Klima für Eigeninitiative werden die Veränderungen am Status quo eines Unternehmens hin zu einer Verbesserung gefördert (vgl. Baer et al., 2003; Fay et al., 2000; Frese et al., 2001). In diesem Zusammenhang konnten Bär und Frese (2003) in ihrer empirischen Studie zeigen, dass ein Klima für Eigeninitiative die Mitarbeiter bei der

Generie-rung von neuen Ideen und deren ImplementieGenerie-rung unterstützt und damit die Reaktionsfähig-keit des Unternehmens auf Änderungen in der Unternehmensumwelt erhöht. Der für die Re-aktionsfähigkeit eines Unternehmens förderliche Einfluss eines Klimas für Eigeninitiative drückt sich dadurch aus, dass die Mitarbeiter in einem Klima für Eigeninitiative motiviert sind, Änderungen am Status quo entweder eigenständig zu entwickeln, gemachte Verände-rungen zu tolerieren oder die Implementierung der VerändeVerände-rungen zu unterstützen (vgl. Baer et al., 2003). Hierbei weisen Bär und Frese (2003) insbesondere darauf hin, dass die in einem Klima für Eigeninitiative geförderte Ausdauer der Mitarbeiter dafür sorgt, dass typischer-weise auftretende Probleme bei der Implementierung von Neuerungen bzw. Änderungen am Status quo mit Beharrlichkeit von den Mitarbeitern behoben werden und die Initiativen nicht bei ersten Rückschlägen fallen gelassen werden. Damit kann eine erfolgreiche Reaktion des Unternehmens auf Marktveränderungen sichergestellt werden. Im Fazit lässt sich somit fest-halten, dass für alle drei Dimensionen des kollektiven exploitativen Verhaltens positive Ef-fekte durch ein Klima für Eigeninitiative identifiziert werden können. Aufgrund dieses Er-gebnisses kann die nachfolgende Hypothese abgeleitet werden:

Hypothese 2a: Ein Klima für Eigeninitiative ist positiv verbunden mit dem kollektiven exploi-tativen Verhalten der Mitarbeiter in einem Unternehmen.