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3   FORSCHUNGSMODELL UND HYPOTHESEN

3.2   HPWS UND K LIMA FÜR E IGENINITIATIVE

3.2.5   HPWS als System und Klima für Eigeninitiative

Wie bereits einleitend in dieses Kapitel ausgeführt wurde, wirken die Personalpraktiken in einem HPWS nicht nur jeweils für sich einzeln aktivierend auf ein Klima für Eigeninitiative.

Vielmehr ergeben sich stärkere Signale für ein Klima für Eigeninitiative, die die Mitarbeiter durch die systematische und gleichzeitige Kombination und Anwendung der Personalprakti-ken in einem HPWS erreichen und die daher den durch einzelne PersonalpraktiPersonalprakti-ken isoliert ausgesendeten Signalen im Hinblick auf ihre Signalwirkung überlegen sind. Die in der

SHRM-Forschung diskutierten stärkeren Signale eines HPWS gegenüber den Signalen ein-zelner Personalpraktiken werden zum einen auf die Prominenz des HPWS in einem Unter-nehmen und der damit verbundenen höheren Sichtbarkeit und klarer verständlichen Botschaft der durch ein HPWS gesendeten Signale an die Mitarbeiter zurückgeführt (vgl. Bowen et al., 2004). Zum anderen sind stärkere Signale aufgrund der inhaltlichen Bandbreite durch die verschiedenen Personalpraktiken des HPWS zu erwarten, die sich aus der gleichzeitigen An-wendung der Personalpraktiken auf das Klima für Eigeninitiative ergeben (vgl. Bowen et al., 2004).

Eine theoretische Begründung für die Prominenz und die damit verbundene Sichtbarkeit und Klarheit eines HPWS für die Mitarbeiter liefert das Konzept der „Strength of the HRM Sys-tem“ von Bowen und Ostroff (2004), das sich mit der Stärke und Eindeutigkeit des Einflusses eines Personalmanagementsystems auf weitere Variablen im Unternehmen beschäftigt. Im Sinne dieses Konzeptes übt gerade die Kombination einer Vielzahl von Personalpraktiken in einem Personalmanagementsystem, wie in einem HPWS, einen besonderen Einfluss auf die Entstehung und Kontinuität eines organisationalen Klimas aus. Gründe hierfür sind der kon-sistente Aufbau des Personalmanagementsystems aus Personalpraktiken mit klarem Bezug zu den Unternehmenszielen sowie die klare Unterstützung durch das Top Management. Diese Aspekte lassen ein HPWS als ein für alle Mitarbeiter starken, eindeutigen Bestandteil eines Unternehmens sichtbar werden (vgl. Bowen et al., 2004; Haggerty & Wright, 2009). Auf das Klima für Eigeninitiative übertragen, stellt das HPWS ein klar erkennbares, strategisch abge-stimmtes und durch das Top Management unterstütztes System im Unternehmen dar, das mit den bereits erläuterten Signalen seiner Personalpraktiken zur Förderung eines Klimas für Ei-geninitiative von den Mitarbeitern im Vergleich zu einzelnen, nicht systematisch verbundenen Personalpraktiken nicht übersehen und missverstanden werden kann und darf. Schließlich müssten die Mitarbeiter für die Missachtung der Signale eines HPWS mit Sanktionen seitens des Unternehmens rechnen, so dass eine Missachtung für die Mitarbeiter nicht zielführend, sondern karriereschädlich ist. Darüber hinaus sorgt die Menge an verwendeten Personalprak-tiken in einem HPWS dafür, dass die Mitarbeiter kontinuierlich mit den für ein Klima für Ei-geninitiative förderlichen Signalen aus den verschiedenen Personalpraktiken in Berührung kommen – beginnend mit der selektiven Personalauswahl im Rahmen des Unternehmensein-tritts, weitergehend mit regelmäßigen Leistungsbeurteilungen und Entwicklungsmaßnahmen,

bis hin zu zielgerichtet gesteuerten Partizipationsmöglichkeiten. Dadurch kann die Relevanz eines Klimas für Eigeninitiative von den Mitarbeitern nicht vergessen werden, als wenn die Mitarbeiter beispielsweise nur ein singuläres Signal zu Beginn ihrer Karriere im Rahmen der Personalauswahl erhalten, das dann nicht mehr kontinuierlich durch andere Personalpraktiken im Verlauf ihrer Karriere aufgegriffen wird.

Des Weiteren ermöglicht die inhaltliche Bandbreite an Personalpraktiken in einem HPWS Synergien in den Signalen, die den isolierten Signalen der einzelnen Personalpraktiken über-legen sind. Sie sorgt für eine Verstärkung der Effekte auf ein Klima für Eigeninitiative, indem die Signale einer Personalpraktik in Kombination mit weiteren Personalpraktiken für die Mit-arbeiter in ihrer Sinnhaftigkeit vervollständigt oder unterstrichen werden (vgl. Boselie et al., 2005; Combs et al., 2006; Patel et al., 2013) Die selektive Personalauswahl sorgt zunächst dafür, dass ausschließlich Mitarbeiter mit einem für ein Klima für Eigeninitiative förderlichen Wissen und förderlichen Fähigkeiten rekrutiert werden. Auf dieses spezifisch eingekaufte Wissen und die eingekauften Fähigkeiten wird mittels der extensiven Mitarbeiterentwicklung aufgebaut, indem es kontinuierlich zur Bewältigung und Optimierung der aktuellen Prozesse im Unternehmen entwickelt und auf dem neusten Stand gehalten wird. Dies wirkt sich förder-lich auf ein Klima für Eigeninitiative aus, indem die Bewältigung und Optimierung von Pro-zessen und Produkten im Vordergrund steht (vgl. Patel et al., 2013). Schließlich verliert das einmal eingekaufte Wissen neuer Mitarbeiter durch das Veralten des Wissens schnell an Nut-zen für das Unternehmen und damit an förderlichem Wert für ein Klima für Eigeninitiative, so dass eine kontinuierliche Entwicklung des Wissens notwendig ist und sich so die beiden Personalpraktiken gegenseitig unterstützen (vgl. Probst, 2006). Darüber hinaus senden die Personalpraktiken selektive Personalauswahl und die dazu korrespondierende kontinuierliche Mitarbeiterentwicklung den Mitarbeitern gemeinsam ein stärkeres Signal, dass eine hohe Qualität an kognitiven Fähigkeiten sowie deren Einsatz im Unternehmen erwünscht ist. Dies wiederum ist für die Entstehung eines Klimas für Eigeninitiative förderlich, indem kognitive Fähigkeiten die Voraussetzung für die aktive Gestaltung und Lösung von Problemen sind (vgl. Bae et al., 2000; Fay et al., 2000). Auch Partizipationsmöglichkeiten und der damit ver-bundene Informationsaustausch zwischen den Mitarbeitern sorgen als zusätzliche Wissens-quelle dafür, dass das Wissen der Mitarbeiter entwickelt wird und unterstützen damit eben-falls das grundsätzliche Ziel der Personalpraktik Mitarbeiterentwicklung.

Regelmäßige Leistungsbeurteilungen sowie die erfolgsabhängige Bezahlung setzen schließ-lich gemeinsam Signale in Form von klaren Leistungszielen für die Mitarbeiter, die notwen-dig sind, um das erworbene und optimierte Wissen inklusive der Fähigkeiten zielgerecht zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen im Unternehmensalltag einzusetzen (vgl. Patel et al., 2013). Darüber hinaus unterstützen regelmäßige Leistungsbeurteilungen den Nutzen einer selektiven Personalauswahl, da hiermit der Leistungsgedanke nicht nur zu Beginn einer Karriere eine Rolle spielt sondern auch im Arbeitsalltag kontinuierlich aufgegriffen wird (vgl.

Huselid, 1995). Außerdem werden im Rahmen der Leistungsbeurteilungen Wissensdefizite bei den Mitarbeitern oder Verbesserungspotentiale hinsichtlich der Mitarbeiterentwicklung deutlich, so dass die kognitive Basis der Mitarbeiter auf Basis dieses Feedbacks angepasst und auf einem hohen, für das Klima für Eigeninitiative förderlichen Qualitätsstandard gehal-ten werden kann. Schließlich sorgt die in der erfolgsabhängigen Bezahlung implizite Beloh-nung dafür, dass die Mitarbeiter langfristig zur Erreichung eines Klimas für Eigeninitiative motiviert werden und damit der nachhaltige Bestand dieses spezifischen Klimas sichergestellt werden kann. Die Nachhaltigkeit des Klimas für Eigeninitiative in einem Unternehmen wird auch über die Personalpraktik Karriereplanung und Beförderungspolitik unterstützt. Die im Rahmen der Karriereplanung und Beförderungspolitik entstehenden langfristigen Karrie-reaussichten für die Mitarbeiter senden gemeinsam mit der regelmäßigen Leistungsbeurtei-lung und der erfolgsabhängigen BezahLeistungsbeurtei-lung das motivierende und spezifische Signal, sich auch langfristig für den Erfolg eines Unternehmens aktiv und eigenmotiviert einzusetzen, da sich der Einsatz für die Unternehmensziele auch tatsächlich für die Mitarbeiter auszahlt. Die-ser langfristige Einsatz wirkt sich in Summe positiv auf die Entstehung und den Bestand des Klimas für Eigeninitiative aus, in dem es für die Mitarbeiter zum Alltag gehört, sich für den Erfolg des Unternehmens einsetzen (vgl. Takeuchi et al., 2009). Wird die Leistungsbeurtei-lung und Beförderungspolitik nicht mit einer erfolgsabhängigen BezahLeistungsbeurtei-lung kombiniert, be-steht die Gefahr, dass die Mitarbeiter nur die für ihre kurzfristige persönliche Weiterentwick-lung dienlichen Schritte unternehmen und dabei den langfristigen Erfolg des gesamten Unter-nehmens aus den Augen verlieren. Die erfolgsabhängige Bezahlung führt darüber hinaus ge-meinsam mit der Personalpraktik der Partizipation in und durch Teams, wie zuvor beschrie-ben, zu mehr Handlungsspielräumen für die Mitarbeiter. Dies gilt als starkes Signal für die Mitarbeiter, die Handlungsspielräume auch aktiv und gemeinsam im Team für die Entwick-lung des Unternehmens zu nutzen. Schließlich werden die aus den

Partizipationsmöglichkei-ten in Teams entstehenden Handlungsspielräume erst dann sicher im Sinne des Unterneh-menserfolges genutzt, wenn sie mit dem motivationalen Faktor der erfolgsabhängigen Bezah-lung kombiniert werden.

Die große inhaltliche Bandbreite an Personalpraktiken, die von den Mitarbeitern wahrge-nommen wird, lassen schließlich bei den Mitarbeitern den Eindruck entstehen, dass ihr Unter-nehmen breit in die Entwicklung der Person investiert und diese wertschätzt (vgl. Gong et al., 2009b; Searle, Hartog, Weibel, Gillespie, Six, Hatzakis, & Skinner, 2011). Dieser von den Mitarbeitern wahrgenommenen Rückhalt im Unternehmen, der durch das kontinuierliche In-vestment seitens des Unternehmens in die Mitarbeiter entsteht, lässt bei den Mitarbeitern das notwendige Selbstvertrauen zur Ausprägung von Flexibilität und Veränderungswillen im Hinblick auf die Implementierung von innovativen Ideen entstehen, was sich wiederum för-derlich auf die Entwicklung eines Klimas für Eigeninitiative auswirkt (vgl. Gong et al., 2009b; Patel et al., 2013). Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Zielerreichung einer Personalpraktik durch den weiteren Einsatz korrespondierender Personalpraktiken ent-scheidend gefördert werden kann und damit ein HPWS die Entstehung und den Fortbestand eines Klimas für Eigeninitiative stärker unterstützt, als isoliert eingesetzte Personalpraktiken.

Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen zu den Auswirkungen der einzelnen Personal-praktiken eines HPWS auf das Klima für Eigeninitiative sowie den besonderen Effekten eines HPWS als System auf ein Klima für Eigeninitiative wird die nachfolgende Hypothese abge-leitet:

Hypothese 1a: Ein HPWS ist positiv verbunden mit einem Klima für Eigeninitiative.