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4   METHODIK UND AUFBAU DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

4.1   G RUNDLEGENDE METHODISCHE P RÄMISSEN

Die aktuelle empirische SHRM-Forschung wird hauptsächlich von Studien dominiert, in de-nen quantitative Methoden verwendet werden (vgl. Boselie et al., 2005; Fleetwood &

Hesketh, 2006; Hoobler & Johnson, 2004; Paauwe, 2009). Der Einsatz von quantitativen Me-thoden empfiehlt sich dann, wenn die empirische Forschung darauf abzielt, aus einem theore-tischen Fundament deduktiv abgeleitete Hypothesen zu testen (vgl. Bortz & Döring, 2006;

Schnell, Esser, & Hill, 2011). Das Ergebnis einer mit quantitativen Methoden durchgeführten Studie sind nomothetische Aussagen, die dazu verwendet werden, die postulierten Zusam-menhänge mit dem Hinweis auf die in der sozialen Realität erkannten Muster zu verallgemei-nern (vgl. Bortz et al., 2006). Alternativ ist es in der Forschungspraxis möglich, einem For-schungsinteresse mit qualitativen Methoden zu begegnen, wenn das Ziel besteht, ein Phäno-men in der Empirie erstmalig zu beschreiben bzw. explorativ und theoriebildend zu arbeiten, um das Phänomen zu verstehen (vgl. King, Keohane, & Verba, 1994). Die Auswahl einer Forschungslogik sollte sich somit grundsätzlich am Ziel einer Forschungsarbeit orientieren (vgl. Bortz et al., 2006; Schnell et al., 2011).

In der Literaturanalyse der vorliegenden Arbeit stellte sich heraus, dass die aktuelle SHRM-Forschung trotz vereinzelter Kritik (vgl. Fleetwood et al., 2006; Hesketh & Fleetwood, 2006) ein solides theoretisches Fundament bietet, aus dem sich deduktiv Hypothesen ableiten lassen,

deren empirische Relevanz in einem empirischen Test überprüft werden kann. Ziel der vorlie-genden Arbeit ist es, die bereits mit verschiedenen Bezugsrahmen in der SHRM-Forschung diskutierten Zusammenhänge zwischen dem HPWS und dem Unternehmenserfolg sowie den diskutierten Mediatoren und der Moderatorvariable in ein neues Forschungsmodell zu integ-rieren und empirisch zu überprüfen. Mit dieser Vorgehensweise sollen Hinweise auf den Gel-tungsbereich der theoretisch abgeleiteten Hypothesen gewonnen werden. Vor diesem Hinter-grund ergibt sich für die vorliegende Arbeit das Ziel, einen Hypothesentest mit quantitativen Methoden durchzuführen.

4.1.2 Analyseebene der Untersuchung

Die Auswahl der Analyseebene für eine empirische Arbeit wird durch die Forschungsfragen selbst sowie durch den theoretischen Bezugsrahmen, auf den sich die Arbeit bezieht, be-stimmt (vgl. Hitt, Beamish, Jackson, & Mathieu, 2007; Wright et al., 2003). Grundsätzlich lassen sich in der Organisationsforschung drei Analyseebenen unterscheiden: Die Ebene des Individuums, die Ebene der Gruppe von Individuen sowie die Ebene des Unternehmens, wel-che mehrere Gruppen umfasst (vgl. Drazin, Glynn, & Kazanjian, 1999). Grund für diese Ein-teilung einer Organisation ist die Annahme, dass sich innerhalb der drei Analyseebenen ei-genständige Interpretationen und Einstellungen der Individuen über ihre Umwelt herausbilden können, die sich jeweils zwischen den Analyseebenen unterscheiden (vgl. Drazin et al., 1999). So können z.B. die Antworten auf Fragen nach einer individuellen Meinung einer Per-son von den Antworten eines Repräsentanten einer Gruppe oder eines Unternehmens ver-schieden sein.

Die Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit behandeln ausschließlich organisationale Vari-ablen, die auf der Ebene des Unternehmens zu beobachten sind. Aufgrund der Auswahl dieser auf organisationale Phänomene bezogenen Variablen bewegt sich die Arbeit auf der Makro-Ebene, die mit der Ebene des Unternehmens oder der Niederlassung bzw. einem Unterneh-mensbereich gleichgesetzt werden kann (vgl. Hitt et al., 2007; Rogg et al., 2001). Auf Basis der Einordnung der Variablen des Forschungsmodells in die Makro-Ebene werden daher in der vorliegenden Arbeit im Einklang mit der SHRM-Forschungspraxis Unternehmen als Ana-lyseeinheiten verwendet (vgl. Wright et al., 2002).

4.1.3 Zu befragende Personen

Korrespondierend zur Frage nach der Analyseebene der empirischen Erhebung stellt sich die Frage nach der adäquaten Auswahl der zu befragenden Personen, die über die interessieren-den organisationalen Phänomene Auskunft geben können. Insbesondere werinteressieren-den in der SHRM-Forschung die Fragen hinsichtlich der Auswahl und Anzahl der zu befragenden Per-sonen in einer Analyseeinheit diskutiert, um daraus entstehende mögliche Verzerrungen und Messfehler zu minimieren, welche die Qualität des Ergebnisses einer Studie negativ beein-trächtigen könnten (vgl. Gerhart, Wright, McMahan, & Snell, 2000b). Im Rahmen dieser Dis-kussion wird deutlich, dass es zu diesen Fragen keine Standardantwort gibt und stattdessen die Lösung des Zielkonflikts zwischen Aufwand und Nutzen ein ausschlaggebendes Kriteri-um bei der Entscheidung für die Auswahl und Anzahl der Befragten darstellt (vgl. Becker et al., 2006). Darüber hinaus müssen auch inhaltliche Erwägungen für die Auswahl der zu be-fragenden Personen mit in Betracht gezogen werden. So ist es zum einen wichtig, dass die zu befragenden Personen überhaupt fähig sind, zu den gefragten Konstrukten inhaltlich Auskunft zu geben. Zum anderen ist sicherzustellen, dass eine Vergleichbarkeit zwischen den Analy-seeinheiten gegeben ist. Dies kann dadurch ermöglicht werden, indem stets Personen aus demselben Funktions- oder Tätigkeitsbereich bzw. mit demselben hierarchischen Hintergrund befragt werden (vgl. Glick, 1985; Ostroff et al., 2003). Darüber hinaus ist darauf zu achten, den „common source bias“ (Podsakoff, MacKenzie, Lee, & Podsakoff, 2003: 881) in einer empirischen Datenerhebung zu vermeiden. Dieser entsteht dann, wenn sowohl die unabhängi-ge Variable wie auch die abhängiunabhängi-ge Variable durch ein und dieselbe Person erhoben wird. Ist dies der Fall, ist damit zu rechnen, dass künstliche Kovarianzen zwischen der abhängigen und unabhängigen Variable entstehen (vgl. Podsakoff et al., 2003). Diese können aufgrund des Bedürfnisses der befragten Person nach einem konsistenten Antwortverhalten, aufgrund von Vermutungen über implizite Theorien und Zusammenhänge, der Tendenz zu sozial erwünsch-tem Antwortverhalten, Zustimmungstendenzen sowie positiver oder negativer Affektivität und Erinnerungseffekten entstehen (vgl. Podsakoff et al., 2003).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Aspekte zur Auswahl der zu befragenden Personen wurde für diese Arbeit eine spezifische Mitarbeitergruppe, die Gruppe des mittleren Mana-gements in einem Unternehmen, als Pool von möglichen zu befragenden Personen ausge-wählt. Mit der Konzentration der Befragung auf das mittlere Management kann die Annahme

in der aktuellen SHRM-Forschung berücksichtigt werden, dass Personalpraktiken nicht für alle Mitarbeitergruppen in einem Unternehmen gleichermaßen gelten und stattdessen je nach hierarchischer Ebene bzw. strategischer Bedeutung der Mitarbeitergruppe für das Unterneh-men, Unterschiede zwischen Mitarbeitergruppen gemacht werden, wie z.B. im Bereich der leistungsorientierten Entlohnung oder bei der Verteilung von Bonuszahlungen (vgl. Chuang et al., 2010; Haggerty et al., 2009; Lepak & Snell, 2002; Wright et al., 2002). Ferner wird mit der Konzentration auf Führungskräfte aus dem mittleren Management eine Personengruppe in einem Unternehmen befragt, die ein profundes Wissen und tiefe Einblicke in die Unterneh-menspraxis hat (vgl. Lepak et al., 2006; Lepak et al., 2002; Wooldridge & Floyd, 1990).

Schließlich arbeitet das mittlere Management mit allen übrigen Mitarbeitergruppen in einem Unternehmen (Top Management, unteres Management, operative Mitarbeiter) zusammen, so dass in dieser Mitarbeitergruppe auch Kenntnisse über Wissen, Fähigkeiten und Motivationen in anderen Mitarbeitergruppen vorhanden sind und so auch die Auskunftsfähigkeit zu Fragen hinsichtlich anderer Mitarbeitergruppen gegeben ist (vgl. Keenoy, 1993; Young, Bartram, Stanton, & Leggat, 2010).

Neben der zuvor beschriebenen guten Vernetzung des mittleren Managements in einem Un-ternehmen und der daraus folgenden profunden Auskunftsfähigkeit zu spezifischen Aspekten des Unternehmens nimmt das mittlere Management selbst eine wichtige gestaltende Stellung im Rahmen der Entwicklung eines Unternehmens ein. Zum einen ist es aufgrund seiner Posi-tion in der Mitte der Hierarchie gefordert, sowohl aktiv bei der Entwicklung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens mitzuwirken, als auch an der Umsetzung und Optimierung der operativen Prozesse teilzuhaben (Floyd et al., 1997). Zum anderen hat erst das mittlere Management im Gegensatz zu tieferen Hierarchieebenen überhaupt die Berechtigung, bedeu-tende Prozesse oder strategische Entscheidungen in einem Unternehmen zu ändern oder zu beeinflussen (vgl. O'Reilly III et al., 2013). Schließlich hat das mittlere Management die Auf-gabe, als „linking pin“ (Gong et al., 2009b: 264) für das Top Management zu fungieren. Zum einen hat es Entscheidungen des Top Managements für die Mitarbeiter aus den tieferen Hie-rarchieebenen begreifbar zu machen bzw. für die operative Umsetzung der Entscheidungen zu sorgen und zum anderen hat es essentielles Feedback der tieferen Hierarchieebenen zu strate-gischen Entscheidungen an das Top Management zu übermitteln (vgl. Floyd & Wooldridge, 1994, 2000).

Auf Basis dieser Aufgaben und Berechtigungen des mittleren Managements ist schließlich auf die spezifische Rolle des mittlere Managements als „change masters“ (Floyd et al., 1994: 51) im Unternehmen hinzuweisen. So nehmen Floyd und Wooldridge (1992) an, dass das mittlere Management ein Unternehmen flexibler macht und die Anpassungsfähigkeit des Unterneh-mens positiv beeinflusst. Das mittlere Management unterstützt die Flexibilität und Anpas-sungsfähigkeit des Unternehmens, indem es selbst Initiativen ergreift und gleichzeitig auch seine Mitarbeiter dabei unterstützt, Initiativen zu entwickeln (vgl. Floyd et al., 1994). Damit nimmt das mittlere Management eine zentrale Funktion für den Aufbau und die Pflege eines Klimas für Eigeninitiative in einem Unternehmen ein, so dass sich das mittlere Management einmal mehr als eine besonders gut geeignete Mitarbeitergruppe für die Befragung auszeich-net.

Innerhalb dieser Mitarbeitergruppe wurde jeweils eine Führungskraft aus der Marketing- und Vertriebsabteilung sowie der Personalabteilung als „key informant“ (Marshall, 1996) pro Un-ternehmen ausgewählt. Mit dieser Maßnahme wurde versucht sicherzustellen, dass die Perso-nen auch tatsächlich auskunftsfähig zu den Konstrukten sind, die in ihrer Ausprägung vor-nehmlich von Personen aus dem Personal- sowie dem Marketing- und Vertriebsbereich kom-petent bewertet werden können. Darüber hinaus konnten auf diese Weise die abhängige und unabhängige Variable in der Wirkungskette zwischen einem HPWS und dem Unternehmens-erfolg getrennt voneinander mittels zweier auf die beiden befragten Personen zugeschnittenen Fragebögen erhoben werden und damit das Risiko des common source bias vermindert wer-den (vgl. Podsakoff et al., 2003). Die Aufteilung der jeweiligen Fragen auf die beiwer-den befrag-ten Personengruppen wird im nachfolgenden Kapitel dargestellt.