• Keine Ergebnisse gefunden

Kategorisierung der Standortindikatoren

Im Dokument Projekt I C 4 – 02 08 15 – 12/11 (Seite 57-61)

Tabelle 3-6: Position der deutschen Industrie nach Erfolgsfaktoren und Zeit Rang unter 45 Industrieländern

4 Konzept zur Messung der industriellen Standortqualität

4.2 Beschreibung zentraler Ebenen und Wirkungszusammenhänge

4.3.2 Kategorisierung der Standortindikatoren

Aus der Vielzahl unterschiedlicher Standortindikatoren der Inputebene und der intermediären Ebene, die in der Literatur theoretisch und empirisch als wachstumsrelevant abgeleitet werden, lassen sich insgesamt 14 Kategorien (Obergruppen) zuordnen (Spalte A im

IW-Wettbewerbsfähigkeits-Schema):

Ordnungsrahmen: Hierzu gehören vor allem verlässliche Eigentums-, Rechts- und Wettbewerbsordnung. Je besser diese (und weitere) grundlegenden ökonomischen Institutionen ausgeprägt sind, desto höher sind Wachstum und Pro-Kopf-Einkommen, wie verschiedene Studien (für große Ländersample) zeigen (Acemoglu et al., 2002, Rodrik et al., 2002, Easterly/Levine, 1997).

Governance: Das gleiche lässt sich auch für Indikatoren nachweisen, die etwa Faktoren wie Rechtssicherheit, Pressefreiheit, politische Stabilität, Staatseinfluss und Korruption umfassen. Sie haben Einfluss auf die Höhe von Transaktionskosten und binden somit Ressourcen, die für eine produktive Verwendung nicht mehr zur Verfügung stehen (Kaufmann et al. 2010, De Soto/Abbot 1990).

Regulierungen: Auch für verschiedene Regulierungen lassen sich Wachstumseinflüsse feststellen. Das gilt etwa für die Produkt- oder Arbeitsmarktregulierung, die die OECD im Rahmen ihrer Strukturpolitikindikatoren messbar gemacht hat. Auch für die vielfältigen unternehmensrelevanten Regulierungen, die die Weltbank mit ihrer „Doing Business― seit einigen Jahren erfasst, lässt sich ein Zusammenhang zwischen weniger Regulierung und mehr Wachstum feststellen (Blanchard/Giavazzi, 2011; Blanchard, 2005; Loayza et al., 2005; Enste/Hardege, 2006) .

Geografie/Internationalisierung: Mit Blick auf die Außenwirtschaftspolitik, die aus Sicht der deutschen Wirtschaftspolitik zu weiten Teilen in Händen der EU liegt, lässt sich auf Studien verweisen, die Handels- oder Weltmarktoffenheit zumindest grundsätzlich als positiv für Wachstum und Wohlstand einschätzen (Krugman, 1991).

Infrastruktur: Eine funktionsfähige Infrastruktur ist ebenfalls ein Wachstumstreiber. Sie erhöht die Rentabilität unternehmerischer Investitionen und liefert damit Anreize zur Ausweitung privater Investitionen. Öffentliche Investitionen in die Infrastruktur und private unternehmerische Investitionen in den betrieblichen Sachkapitalstock sind somit häufig komplementär (SVR, 2002; Fölster/Henrekson, 2001).

Humankapital: Nicht nur die Ausstattung mit Sachkapital, sondern auch mit Humankapital ist von zentraler Bedeutung für die zukünftigen Wachstumsperspektiven einer

Volkswirtschaft. Für Länder mit nur geringem Reichtum an natürlichen Ressourcen gilt dies in besonderem Maße. Insbesondere die neue Wachstumstheorie hat die herausragende Rolle von Wissen und Humankapital für das wirtschaftliche Wachstum herausgearbeitet (Romer, 1986, Lucas, 1988, Aghion/Howitt, 1992). Auch empirisch lässt sich die

Humankapitalausstattung als Wachstumstreiber identifizieren (SVR, 2002, IW Köln, 2005).

Ein leistungsfähiges Bildungssystem, das die in der Wirtschaft benötigten Qualifikationen in ausreichendem Maße hervorbringt, ist somit von hoher Bedeutung.

Innovation und Forschung: Der technische Fortschritt ist eine wesentliche Quelle der Produktivitätssteigerung in einer Volkswirtschaft und damit von Wachstum und Wohlstand.

In welchem Maße diese Quelle sprudelt hängt maßgeblich davon ab, ob das Innovationssystem die adäquaten Anreize setzt, damit in ausreichendem Maße in Forschung und Entwicklung investiert wird. Da Forschung und Entwicklung mit positiven externen Effekten verbunden ist, hat auch der Staat eine Aufgabe, hier unterstützend tätig zu werden, sei es durch eine steuerliche Forschungsförderung, die Finanzierung von Hochschulen oder die Organisation des Wissenstransfers von Hochschulen in die Unternehmen (Grossman/Helpman, 1991; Hülskamp/Koppel, 2005; Hanusch/Canter, 1993).

Finanzpolitik: Der Staat beeinflusst die wirtschaftliche Entwicklung nicht nur über den Rechtsrahmen (Rahmenbedingungen), sondern auch direkt über die Einnahmen und Ausgaben seines Haushalts, also über die Steuer- und Beitragssysteme, die Subventionen und die Verschuldungsaktivitäten. Hohe durchschnittliche und marginale

Steuerbelastungen beeinflussen das Arbeitsangebot und die Investitionsfähigkeit und — neigung der Unternehmen. Dass auch eine übermäßige Verschuldung des Staates zur Wachstumsschwäche führt, haben in einem vielbeachteten Aufsatz Reinhart und Rogoff 2009 aufgezeigt: Bei Überschreitung einer Verschuldungsquote von 90 Prozent sind in entwickelten Volkswirtschaften dauerhafte Wachstumsverluste wahrscheinlich. Ein weiteres Problem wachsender staatlicher Kreditaufnahme sind „Crowding-out―-Effekte, d. h. dass der Staat private Nachfrager über Zinserhöhungen vom Kapitalmarkt verdrängt und so die unternehmerische Investitionstätigkeit Schaden nimmt (Reinhart/Rogoff, 2009; Easterly, 2002; Rebelo; Tanzi/Zee, 1997; Paesani/Strauch/Kremer, 2006).

Arbeitsbeziehungen: Der Preis für den Faktor Arbeit (Lohn und Lohnzusatzkosten) wirkt nicht allein auf die Arbeitsnachfrage, sondern bestimmt auch maßgeblich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die Tarif- und Betriebsparteien nehmen in

vielfältiger Form auf diese Faktorkosten Einfluss – sie legen die Lohnhöhe und die anderen Arbeitsbedingungen fest und sie wirken über die Mitbestimmungsorgane auf das

Betriebsgeschehen ein. Die Organisation der Arbeitsbeziehungen und die

Konfliktbereitschaft der Vertragsparteien beeinflussen das Streikverhalten und damit die betriebs- und gesamtwirtschaftlichen Kosten von Arbeitskonflikten. Relevant für die Wachstumsperformance ist darüber hinaus auch der Koordinationsgrad (Zentralisierung oder Dezentralisierung) des Lohnfindungsprozesses. (Calmfors/Driffil, 1988; Addision et al., 2007; Fitzenberger/Franz, 1997; Schnabel, 2005).

Energie/Rohstoffe/Umwelt: Eine sichere und preiswerte Versorgung mit Energie und Rohstoffen ist insbesondere aber nicht nur für die energieintensiven Industriezweige ein zentraler Wettbewerbsfaktor. Sie bestimmt maßgeblich über die preisliche

Wettbewerbsfähigkeit und damit die wirtschaftlichen Perspektiven dieser Branchen und der Volkswirtschaft insgesamt. Wie stark Verteuerungen oder Verknappungen dieser

Produktionsinputs das Wirtschaftswachstum beeinflussen, hängt davon ab, wie effizient die Unternehmen und die Volkswirtschaft insgesamt mit diesen Ressourcen umgehen. Je höher die Ressourcenproduktivität, desto stärker kann eine (relative) Entkoppelung von Wachstum und Ressourcenverbrauch gelingen (Bardt/Hüther, 2006; Bettzüge, 2011;

Binswanger et al., 2005).

Wettbewerbsverhalten: Alleinstellungsmerkmale beeinflussen die Position auf den Weltmärkten, weil sie temporäre (und partielle) Monopolstellungen begründen. Die Preiselastizität der Nachfrage ist in diesen Fällen gering, so dass sich hohe

Wertschöpfungsbeiträge erwirtschaften lassen. Alleinstellungsmerkmale lassen sich begründen durch eine besondere Qualität der Produkte, durch eine hohe Liefertreue, eine starke Kundenorientierung und Investitionen in den Markenaufbau sowie die Markenpflege (Grossman/Helpman, 1991; Kempermann/Lichtblau, 2012).

Wertschöpfungsketten: Auch das Managen von hochkomplizierten und globalen Wertschöpfungsketten kann solche Alleinstellungsmerkmale begründen. Darüber ist die Bildung von Netzwerken, insbesondere von Wissensverbünden, hilfreich, um

Wachstumspotenziale zu erschließen. So lässt sich beispielsweise zeigen, dass Regionen mit Unternehmensclustern schneller wachsen (Lichtblau/Neligan, 2008; Grömling/Lichtblau, 2006; Barney, 1991).

Kapitalmarkt: Öffentliche und private Investitionen sind Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. Damit Investitionen in ausreichendem Maße umgesetzt werden können, bedarf es eines funktionsfähigen Kapitalmarkts oder Finanzsystems, insbesondere dann, wenn die Investitionen eine lange Nutzungsdauer haben und hohe Kapitalbeträge binden. Die im Zusammenhang mit der Finanzkrise immer wieder aufkeimende Angst vor einer

Kreditklemme, also die Befürchtung, dass die Banken den Unternehmen die benötigten Investitionskredite nicht oder nur zu sehr hohen Kosten bereitstellen, unterstreicht dies. Wie gut die Finanzmärkte diese Finanzierungsfunktion wahrnehmen können, hängt natürlich maßgeblich von der Regulierung dieser Märkte ab, die in der Zuständigkeit des Staates liegt. Darüber hinaus legt der Staat häufig im Rahmen seiner Mittelstandspolitik

Förderkreditprogramme auf, um gezielt kleinen und mittleren Unternehmen, die keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben, zu helfen (Jäger-Ambrozewicz/Matthes, 2012; Dufrénot et al., 2007; Hassan/Yu, 2007; Levine, 2005).

Prozesspolitik: Nicht zuletzt beeinflusst auch die Prozesspolitik die wirtschaftliche

Entwicklung. Allerdings ist sie grundsätzlich eher kurz- bis mittelfristig ausgerichtet und zielt

weniger auf die dauerhafte Stärkung der Wachstumsgrundlagen. Der Versuch der

Konjunktursteuerung über die öffentlichen Haushalte ist ein typisches Beispiel. Allerdings wurde diese Form der Staatseingriffe in der Vergangenheit überwiegend asymmetrisch eingesetzt, d. h. die Defizite in den öffentlichen Haushalten wurden im Boom nicht wieder in dem Maße zurückgeführt, wie sie im Abschwung ausgeweitet wurden. Die Folge war ein trendmäßiger Anstieg der Staatsverschuldung, die mit Erreichen kritischer Werte dann das Wirtschaftswachstum dämpft (Brügelmann, 2010; Balassone/Francese, 2004;

Reinhart/Rogoff, 2009)

Fazit: Die Sichtung der Literatur hat eine ganze Reihe von Indikatoren aufgezeigt, die potenziell die Standortqualität eines Landes beschreiben. Die Einordnung in das Drei-Säulen-Schema hilft, sie nach Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu sortieren und zu Oberthemen zusammenzufassen.

Im Dokument Projekt I C 4 – 02 08 15 – 12/11 (Seite 57-61)