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2.4 Eizellaktivierung und Parthenogenese bei Säugetieroozyten

2.4.3 Künstliche Aktivierung

2.4.3.1 Kalzium-Ionophore A23187 (Ca-I)

Die Behandlung von Oozyten mit Kalzium-Ionophoren, alleine oder in Kombination mit anderen Stimuli, hat sich als effektive Aktivierungsmethode von Rinderoozyten bewährt (AOYAGI et al. 1992; SHI et al. 1993; CHIAN und SIRARD 1995; LIU et al.

1998a).

Ionophore sind kleine hydrophobe Moleküle, die sich in der Lipiddoppelschicht der Zellmembran lösen und deren Durchlässigkeit für bestimmte anorganische Ionen erhöhen (PRESSMAN et al. 1967). Die meisten Ionophore sindein Syntheseprodukt von Mikroorganismen. Man unterscheidet mobile Ionen-Carrier und Kanalbildner.

Beide Typen schirmen die Ladung des transportierten Ions ab, um ihnen das Durchdringen der Lipidschicht zu ermöglichen. Ionophore benötigen keine Energie.

Daher sind sie nur in der Lage, Ionen entsprechend ihres elektrochemischen Gefälles durchdieZellmembran zutransportieren(ALBERTSet al.1995).

Kalzium-Ionophore A23187 (Ca-I; MG: 523,62) ist ein mobiler Carrier und transportiert vor allem bivalente Kationen (Mn2+: Mangan; Ca2+; Mg2+: Magnesium;

Sr2+: Strontium). Monovalente Kationen (Li+: Lithium; Na+; K+: Kalium) werden nur sehrschwach gebundenundtransportiert (PFEIFFERetal.1974).

O O O

N O N

O O

N

Abbildung 1:chemischeFormelder Kalzium-IonophoreA23187 (C29H37N3O6)

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Im Rahmen der Reproduktionsmedizin wird die Ca-I zur Aktivierung von Eizellen und Spermien eingesetzt. Sie ist in der Lage, Eizellen sowohl von Meerestieren alsauch von Amphibien und Säugetieren zuaktivieren (Seeigelund Frosch: STEINHARDT et al. 1974; Hamster und Rind: STEINHARDT et al. 1977; Mensch: RHOTON-VLASAK et al. 1996). Die Ca-I vermittelt ihre aktivierende Wirkung auf die Eizelle durch die Freisetzung von Ca2+ aus intrazellulären Speichern (Seeigel: STEINHARDT und EPEL 1974). Der durch die Ca-I ausgelöste intrazelluläre Ca2+-Anstieg setzt vergleichbare Mechanismen in Gang, wie sie auch bei der Interaktion mit dem Spermium ablaufen. DieWirkungsstätte der Ca-Iist auchvon derSpezies abhängig.

Bei einer Ionophor-Behandlung von Seeigeloozyten konnte die gleiche Membrandepolarisation gemessenwerden wienach einerBefruchtung(CHAMBERS et al. 1974; STEINHARDT und EPEL 1974). Die Freisetzung derkortikalen Granula, eine Sauerstoff-Aufnahme sowie eine Protein- und DNA-Synthese (Kernaktivierung) wurden ebenfalls beobachtet. Die Pronukleusbildung und Freisetzung der kortikalen Granula nach Ca-I-Behandlung von Rindereizellen sind ebenfalls mit der nach Befruchtung vergleichbar (STEINHARDT et al. 1977). Die Aktivierung von Mäuseoozyten mit Ca-I führt dagegen nur zur Freisetzung der Hälfte der kortikalen Granula (WOLF et al. 1979). In Schweineoozyten induziert die Ca-I keine Kernaktivierung, sondern nur eine unvollständige Freisetzung der kortikalen Granula (CRANund CHENG1986;WANGetal.1997).

Neben der Spezies haben auch die Versuchsbedingungen, unter denen die Behandlung mit Ca-I durchgeführt wird, einen großen Einfluss auf die Aktivierungsfähigkeit der Ca-I. Aufgrund der meist sehr unterschiedlich gewählten Versuchsbedingungen in den veröffentlichten Studien, gestaltet sich eine Vergleichbarkeit der erzielten Aktivierungsraten schwierig. Drei Faktoren scheinen bei der Versuchsdurchführung von besonderer Bedeutung zu sein. Beeinflussend wirken sichsowohl die Reifungszeitder Oozyten(WHITTINGHAM 1980; FISSORE und ROBL 1992), als auch die Konzentration der Ca-I(AYOAGI et al. 1992; SHI et al. 1993) und das Vorhandensein von bivalenten Kationen (STEINHARDT et al.

1974; 1977; WHITTINGHAM und SIRACUSA 1978) im Aktivierungsmedium aus.

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Im Folgenden werden die Ergebnisse nach Aktivierung von Rinderoozyten aus der Literatur unterBerücksichtigungdieserdreiFaktoren verglichen.

Reifungszeitder Oozyten

Grundsätzlich steigt die Aktivierungskompetenz der Eizellen mit zunehmender Reifungszeit an (WHITTINGHAM1980; KAUFMAN 1983; BARNES etal. 1993), weil die Eizellen empfindlicher gegenüber äußeren Einflüssen, wie z.B. pH-Wert, Temperatur und Zusammensetzung des extrazellulären Milieus werden (WHITTINGHAM 1980). Die Stabilität der Zytoplasmamembran nimmt ab und der meiotische Blockkannleichterüberwunden werden(WHITTINGHAM1980).

Diese Beobachtung machten auch FISSORE und ROBL (1992) sowie VAN STEKELENBURG-HAMERSetal.(1993). DieAutorenkonnten zeigen,dassEizellen mit zunehmender Reife auf eine Ca-I-Behandlung leichter mit einem Ca2+-Anstieg reagieren und stärker aktiviert werden. In einer Studie von VAN STEKELENBURG-HAMERS et al. (1993) stieg bei Verlängerung der Reifungszeit von 20 auf 30 h, die Aktivierungsrate von 11 auf 76 %,ohne dass sich dieintrazelluläre Ca2+-Freisetzung dabei veränderte. SHI et al. (1993) aktivierten Rinderoozyten mit einer 10 µmolaren Ca-I-Lösung nach 18, 24 bzw. 30 h IVM und beobachteten ebenfallseinen Anstieg derAktivierungsrate von14auf25bzw.72%.WAREetal.(1989)berichtendarüber, dass mit einer Ca-I-Behandlung von Rinderoozyten, die 18, 22, 26 bzw. 30 h gereift wurden,eine ErhöhungderAktivierungsratevon6auf 38,68bzw.96%möglichwar.

Demnach besitzen Rinderoozyten nach einer Reifungszeit von 22-30 h die höchste Aktivierungskompetenz (WARE et al. 1989).

DieKonzentrationder Ca-I

AYOAGI et al. (1992) aktivierten Rinderoozyten mit Ca-I-Konzentrationen von 0,1, 1,0 und 5,0 µM über eine Dauer von 5 Minuten. Die Aktivierungsrate stieg mit zunehmender Konzentration von 12,5auf 72,7 bzw.93,1 %. In eineranderen Studie wurde mit einer Ca-I-Konzentration von 1 µM bereits eine Aktivierungsratevon 96 % erreicht (WARE et al. 1989). Eine Erhöhung auf 10 bzw. 100 µM führte zu keiner weiteren Steigerung der Aktivierungsrate. Bei niedrigeren Konzentrationen (1, 10, bzw. 100 nM, 1 µM) wurde ein kontinuierlicher Anstieg der Aktivierungsrate

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beobachtet (29, 44, 49 bzw. 96 %). SHI et al. (1993) erreichten mit einer 10 µmolaren Ca-I-Lösung bei gleicher Reifungsdauer eine vergleichsweise geringe Aktivierungsrate(72 %).

Vorhandensein vonbivalentenKationenimAktivierungsmedium

Für die Aktivierung von Eizellen spielt das Vorhandensein bivalenter Kationen (Ca2+; Mg2+) imextrazellulären Milieueine großeRolle. Sokönnen Mäuseoozyten im Ca2+/Mg2+-freien Medium ohne eine zusätzliche Ca-I-Behandlung aktiviert werden (WHITTINGHAM und SIRACUSA 1978). Sie wurden vergleichbar stark aktiviert wie Oozyten, denen Ca2+ direkt ins Zytoplasma injiziert wurde (FULTON und WHITTINGHAM 1978). In beiden Fällen war ein Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration messbar. Demnach muss die intrazelluläre Ca2+-Zunahme bei der Abwesenheit von Ca2+ im extrazellulären Milieu auf einer Freisetzung aus zelleigenen Speichern erfolgen (CUTHBERTSON et al. 1981). Da die Behandlung von Oozyten mit Ca-I den intrazellulären Ca2+-Anstieg ebenfalls durch Freisetzung von Ca2+ aus intrazellulären Speichern bewirkt (LIU et al. 1998a), scheint ein Ca2+-freies Milieuden Aktivierungseffektder Ca-I zuverstärken(STEINHARDT et al.

(1974; 1977). Bei Aktivierung von Seeigel- und Hamsteroozyten mit Ca-I im Ca2+/Mg2+-freien Medium konnte eine höhere Aktivierungsrate sowie eine schnellere Aktivierung erzielt werden als im Ca2+/Mg2+-haltigen Medium (STEINHARDT et al.

(1974; 1977).

Das Vorhandensein von Mg2+ im extrazellulären Milieu spielt für die Aktivierung von Oozyten eine eher untergeordnete Rolle. Eine direkte iontophoretische Injektion von Mg2+ in Mäuseeizellen aktiviert diese im Vergleich zur Ca2+-Injektion nur geringfügig (4,5 % bzw. 49,8 %; FULTON und WHITTINGHAM 1978). Auf die Aktivierung von

ovulierten Mäuseoozyten haben Mg2+ sowohl im Ca2+-freien als auch im Ca2+-haltigen Medium keinen direkten Einfluss (WHITTINGHAM und SIRACUSA

1978). Im Gegensatz dazu konnte in zwei anderen Versuchen mit Mäuseoozyten durch Verwendung von Ca2+-haltigem aber Mg2+-freiem Medium eine höhere spontane Aktivierungsrate erzieltwerden alsbei Abwesenheitbeider Kationen (AZIM etal. 1977;MASUIetal.1977).

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2.5 Die Bedeutung von Ca2+ für die Befruchtung und künstliche