• Keine Ergebnisse gefunden

5.1 Aktivierungsexperimente mit Kalzium-Ionophore

5.1.2 Bestimmung der Entwicklungsfähigkeit in vitro gereifter, aktivierter Rinderoozyten nach IVF

Ziel dieses Versuchs war, die Aktivierung und Embryonalentwicklung in vitro fertilisierter Oozyten durch eine vorherige Ca-I-Behandlung positiv zu beeinflussen, und damitdieTeilungs-und Blastozystenratezusteigern.

Zum ZeitpunktderBefruchtungbefindetsichdieEizelleineinemZustand, indem der Zellzyklus im Metaphase II-Stadium arretiert. In diesem Stadium wird sie als reif bezeichnet und setzt ihre Meiose erst wieder bei der Fusion mit dem Spermium fort (NIEMANN und MEINECKE 1993). Die Überwindung dieser Blockade bezeichnet man als Aktivierung. Bei der Entwicklung des Verfahrens zur intrazytoplasmatischen Spermieninjektion konnte gezeigt werden, dass es beim Rind nicht ausreicht, ein Spermium im Zytoplasma der Eizelle zu platzieren. Erfolgt keine zusätzliche Aktivierung durch einen künstlichen Stimulus, degeneriert sie und die Embryonalentwicklung bleibt aus (KEEFER et al. 1990).

Während der Aktivierung laufen eine Reihe zellphysiologischer und biochemischer Vorgänge in der Oozyte ab. Der intrazytoplasmatische Ca2+-Anstieg wird dabei als die bedeutendste Veränderung angesehen (STEINHARDT et al. 1974; FULTON und WITTINGHAM 1978).

Die Fähigkeit der Ca-I, die intrazytoplasmatische Ca2+-Konzentration in der Oozyte zu erhöhen, wurde vielfach in wissenschaftlichen Veröffentlichungen beschrieben (STEINHARDT et al. 1977; LIU et al. 1998; NAKADA und MIZUNO 1998).

Mit einer IVF in vitro gereifter Rindereizellen werden im Regelfall Teilungsraten zwischen 65 und 85 % erzielt (ZHANG et al. 1992; YANG und SMITH 1993;

BOEDIONO und SUZUKI 1994; AVERY et al. 1998; LIU et al. 1998). In diesem Zusammenhang liegt die Vermutung nahe, dass bei den Eizellen, die nicht erfolgreich befruchtet worden sind, Störungen im Verlauf der IVF auftreten.

Möglicherweise induziert das Spermium bei der Fertilisation in vitro nur eine unzureichende Aktivierung, die für die Aufhebung des meiotischen Blocks nicht ausreicht. Da die Ca-I in der Lage ist, diese Vorgänge an der Rindereizelle

Diskussion 140

auszulösen (STEINHARDT et al. 1977), wurde versucht, durch zusätzliche Behandlung der Eizellen mit Ca-I unmittelbarvor der IVF, die Aktivierung der Eizelle und damitauchihreWeiterentwicklungzurBlastozystezuverbessern.

Die Reifungszeit der COKs spielt für die Befruchtung und Entwicklungsfähigkeit der Eizellen in der IVC eine große Rolle. Am Ende der Reifung sollen so viele Eizellen wie möglich die Befruchtungskompetenz, d.h. das Metaphase II-Stadium, erreicht haben. Die Dauer der Reifung wird andererseits durch die abnehmende Entwicklungskompetenz alternder Oozyten limitiert. Da SÜSS und WÜTHERICH (1985) sowie SIRARD et al. (1989) die ersten Metaphase II-Stadien nach 16-18 h IVM beobachten konnten, sollte die Reifungszeit mindestens über diesen Zeitraum erfolgen. Einige Forschungsgruppen erzielen mit dieser Reifungszeit die besten Blastozystenraten nach IVF (DOMINKO und FIRST 1992; TODOROV 1994). Eine Verlängerung der Reifungszeit auf 24 h führt zu gleich guten Ergebnissen nach IVF und IVC (PROKOFIEV et al. 1992). Die für das IVP-Verfahren am häufigsten verwendete Reifungszeit liegt bei 24 h (COXet al. 1993; SAEKI et al. 1997; AVERY et al. 1998; LIU et al. 1998; HELEIL 1999). 24 h gereifte Eizellen besitzen bei der IVF/IVC eine höhere Entwicklungskompetenz als länger (>30 h) gereifte Oozyten (SUSKO-PARRISH etal.1991).

Mit einer Reifungszeit von 24 h werden Reifungsraten von etwa 90 % erreicht (NAGAI 1987; KONO et al. 1989; ZHANG et al. 1992; AVERY et al. 1998). Die Reifungsrate, die in Versuch 4.1.4 nach 24-stündiger Reifung erzielt wurde, bewegt sich aufgleichemNiveau(K:93,5 %).Nach18hIVMwarderAnteilgereifter Eizellen signifikant niedriger (K: 63,8 % bzw. 93,5 %). Da die Aktivierungskompetenz der Eizellen bei Behandlung mit Ca-I bei länger gereiften Eizellen (bis 30 h) zunimmt (WITTINGHAM 1980; KAUFMAN 1983; BARNES et al. 1993), wurde in Versuch 4.1.3 sowohl24alsauch30h gereift.

Im vorliegenden Versuch konnte mit 30 h gereiften COKs ohne Ca-I-Behandlung nach IVF sowohl eine höhere Teilungs- (K130h: 66,9 %; K230h: 78,8 %) als auch Blastozystenrate (bezogen auf die Anzahl eingesetzter Eizellen (BR/EZ ges.: K130h: 30,5 %; K230h: 25,3 %) erzielt werden als nach einer 24-stündigen IVM (TR: K124h:

Diskussion 141

60,5 %, K224h: 70,9 %; BR/EZ ges.: K124h: 24,6 %; K224h: 18,6 %). Dieses Ergebnis war unabhängig davon, ob Eizellen (K2) oder COKs (K1) befruchtet und kultiviert wurden. Auch BOEDIONO und SUZUKI (1994) erhielten nach Befruchtung 30 h gereifter COKs hohe Entwicklungsraten (TR: 73 %; BR/EZ ges.: 29 %). Dieeigenen Ergebnisse, die mit 24 h gereiften und mit Cumulusbesatz (K124h) fertilisierten Oozyten erzielt wurden, sind mit früheren Arbeiten aus dem ET-Labor des Besamungsvereins Neustadt an der Aisch, vergleichbar (TR: bis 61 % und BR/EZ ges.: bis 21 %; ASTIZ-BLANCO 1999; PEUCKMANN 2000). Andere Forschungsgruppen berichten über ähnliche oder zum Teil höhere Ergebnisse (TR: 65-85 %, BR/EZ ges.: 29-40 %; YANG und SMITH 1993; ZHANG et al. 1995;

SAEKI etal.1997;AVERYet al.1998;LIUetal.1998).

Wurden die Cumuluszellen vor der IVF entfernt, so konnte die Teilungsrate signifikant gesteigert werden (K124h: 60,5 % bzw. K224h: 70,9 %; K130h: 66,5 % bzw.

K230h: 78,8 %). Die Blastozystenrate, bezogen auf die geteilte Eizellenpopulation, war aber signifikant erniedrigt (BR/EM get.: K124h: 40,8 % bzw. K224h: 24,7 %;

K130h: 41,0 % bzw. K230h: 30,7 %). In Untersuchungen anderer Labors wirkte sich eine Cumulusentfernung vor der IVF eher negativ auf die Teilungsrate aus, hatte aber keinen bzw. ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Weiterentwicklung zur Blastozyste (MOCHIZUKI et al. 1991; GREVE et al. 1993a; ZHANG et al. 1995).

Entsprechend der Arbeit von MOCHIZUKI et al. (1991) verbessern Cumuluszellen dieBefruchtungsrate,wennsiemit derEizelleverbundensind.Cumuluszellensind in der Lage, die Spermienpenetration und Befruchtung zu erleichtern (FUKUI 1990;

MOCHIZUKI et al. 1991; YOUNIS und BRACKETT 1991). COX et al. (1993) vermuteten, dass die Cumuluszellen positiv auf den Kapazitationsmechanismus einwirken und damit die Interaktion von Spermium und Zona erleichtern. ZHANG et al. (1995) schrieben den Cumuluszellen darüber hinaus die Fähigkeit zur Induktion der Akrosomenreaktion (FUKUI 1990; TAKAHASHI und FIRST 1993), sowie einen hemmenden Effekt auf das Zonahardening zu (DOWNS et al. 1986; MATTIOLI et al.

1988). Obwohlinden eigenenExperimenten keinEinfluss derCumuluszellenbei der IVF auf die Teilungsrate zu beobachten war, wurde die Entwicklung zur Blastozyste im Vergleich zu Eizellen positiv beeinflusst. Die Blastozystenrate der mit Cumulus

Diskussion 142

oophorus befruchteten Oozyten war signifikant erhöht (BR/EM get.: K1: 40,8 % bzw.

K2: 24,7 %). Durch das vollständige Fehlen von Cumuluszellen während der IVF gelingt es auch weniger motilen und lebensfähigenSpermien, die Zona pellucida zu erreichen und zu penetrieren. Dadurch steigt der Anteil unphysiologischer Befruchtungsstadien (VANDERHYDENund ARMSTRONG 1989),die dann imLaufe der Kultivierung der Retardierung verfallen können. Dies könnte eine Erklärung für die niedrigere Blastozystenrate trotz höherer Teilungsraten nach IVF cumulusfreier Oozyten sein. Die genaue Bestimmung der Polyspermierate sowie des Anteils abnormer BefruchtungenistindiesemVersuchjedoch nichtdurchgeführtworden.

Die signifikant niedrigere Blastozystenrate der ohne Cumulus befruchteten Eizellen könnte auch durch die Art der Kultivierung bedingt sein. Es ist möglich, dass die Kultivierung auf einem Cumuluszellmonolayer weniger effizient ist, als die IVC befruchteter Eizellen im Verband mit locker anhaftenden expandierten Cumuluszellen. Dagegen spricht aber die hohe Weiterentwicklungsrate cumulusfreier, Ca-I-behandelterundfertilisierterEizellen,die imeigenenVersuchauf Cumuluszellmonolayern erzielt worden ist (BR/EM get.: G324h: 42,2 % und G330h: 37,0 %). Dass das Vorhandensein von Cumuluszellen im Kultursystem die Entwicklung zur Morula und Blastozyste signifikant steigern kann, wurde auch in anderen Untersuchungen festgestellt (EYESTONE und FIRST 1989; KANE et al.

1992; THIBODEAUX und GODKE 1992; ZHANG et al. 1995). Verbleiben ein paar Cumuluszellen an der Zona unterstützen sie möglicherweise die Entwicklung der Embryonen (HAWK et al. 1992). Vor allem während der ersten 20 Stunden nach IVF scheint der Cumulusbesatz von Vorteil zu sein (ZHANG et al. 1995). Gesichert ist, dass sich die Kokultivierung mit Cumuluszellen positiv auf die Entwicklung der Embryonen auswirkt. Die Verbindung zur Zona pellucida ist dabei weniger von Bedeutung. Auch wenn die Cumuluszellschicht nach der Befruchtung wieder kompakter zu werden scheint (SUZUKI et al. 1994), sind die interzellulären Verbindungen (gap junctions) bereits während der Reifung verloren gegangen (EPPIG undWARD-BAILEY1982;HYTTEL etal.1989).

Die Ziele für eine intensive Forschung zur künstlichen Aktivierung von Eizellen bestehen vor allem darin, immer effizientere Aktivierungsverfahren für die

Diskussion 143

Anwendung bei modernen Reproduktionstechniken zu entwickeln, sowie die biochemischen und zellphysiologischen Vorgänge während der Eizell- und Embryonalentwicklung zuuntersuchen.Eswerdenz.B.aktivierteEizellenfür dieICSI (KEEFER et al. 1990; TESARIK und TESTART 1994; CHEN und SEIDEL 1997;

RYBOUCHKIN et al. 1997; YAMANO et al. 2000) und die Klonierung (TSUNODA et al. 1986; STICE et al. 1987; COLLAS et al. 1989; ROBL et al. 1992; YANG et al.

1992) benötigt.

Die Wirkung der künstlichen Aktivierung in Kombination mit der IVF wurde in der Literatur bishernurseltenbeschrieben.

FUNAHASHI et al. (1993) aktivierten Schweineoozyten vor der IVF mit elektrischen Pulsen. Da bei Schweineoozyten die kortikale Reaktion nach IVF bzw. nach künstlicher Aktivierung mit Ca-I meist unvollständig abläuft (CRAN und CHENG 1986), wollten sie durch die kombinierte Behandlung einen effektiveren Polyspermieblock induzieren. Die Behandlung wirkte sich allerdings eher nachteilig aus. Die Anzahl penetrierter Spermien war nur geringfügig (80 % bzw. 89 %) erniedrigt,dafür wurdedieBildungdesmännlichen Vorkernsherabgesetzt.

Eine andere Forschungsgruppe versuchte, Rinderspermien vor der Fertilisation mit der Ca-I Ionomycin zu aktivieren (BALL et al. 1983). Die Autoren konnten keinen positivenEffektauf dieBefruchtungfeststellen.

Die Behandlung in vitro gereifter Oozyten mit Ca-I vor der IVF wirkte sich in den eigenen Experimenten je nach Versuchsbedingungen unterschiedlich aus. Bei der Untersuchung wurde erneut der Einfluss der Reifungszeit, des Vorhandenseins von Ca2+ und Mg2+ im Aktivierungsmedium sowie des Cumulus oophorus während der Ca-I-Behandlungdeutlich.

Wurden 30 h gereifte Oozyten vorder IVF mit Ca-I behandelt,so konnten weder die Teilungsrate noch die Weiterentwicklungsrate im Vergleich zu den entsprechenden Kontrollen verbessert werden (TR: G1: 73,0 % und G2: 68,7 % bzw. K1: 66,9 %;

G3: 76,2 % und G4: 66,6 % bzw. K2: 78,8 %; BR/EZ ges.: G1: 33,3 % und G2: 32,5 % bzw. K1: 30,5 %; G3: 29,0 % und G4: 8,3 % bzw. K2: 25,3 %). Aus den

Ergebnissen wird deutlich, dass die Behandlung von Eizellen bzw. COKs nach 30 h

Diskussion 144

IVM mit Ca-I weder einen positiven noch einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der befruchteten Oozyten ausübte. Nur die Behandlung cumulusfreier Eizellen im Ca2+/Mg2+-freien Medium führte zu signifikant schlechteren Ergebnissen (TR: G4: 66,6 % bzw. K2: 78,8 %; BR/EZ ges.: G4: 8,3 % bzw. K2: 25,3 %). Genau dieses Behandlungsschema führte in den Versuchen ohne Befruchtung zur signifikant höchsten Aktivierungs- und Teilungsrate (47,1 % und 57,1 %). In diesem Fall hat vermutlich die Ca-I die Eizelle so früh aktiviert, sodass die Exozytose der kortikalen Granula möglicherweise ausgelöst wurde, bevor eine Penetration der Spermien stattgefunden hatte. Bei der Bestimmung der doch relativ hohen Teilungsrate (66,6 %)könnten auch parthenogenetischeEntwicklungsstadienerfasst worden sein, denn nur 11,3 % der geteilten Eizellen waren in der Lage, sich zu Blastozysten weiterzuentwickeln. Diese stammen dagegen sicher aus befruchteten Zygoten, denn aufgrund der Ergebnisse von Experiment 4.1.2, entwickelten sich keine Eizellen nach Behandlung mit Ca-I zur Blastozyste. Ein weiterer Grund für die geringe Ausbeute an Blastozysten in dieser Versuchsgruppe, der durch die Ca-I verursacht worden ist, ist eine frühzeitige Kernaktivierung der Oozyte. Damit könnte das ProblemderasynchronenEntwicklungdes männlichenundweiblichen Vorkerns, das XU und GREVE (1988) bei der Befruchtung im In-vitro-System sahen, noch verstärkt worden sein. Die intrazelluläre Ca2+-Freisetzung, die zum einen durch die Behandlung mit Ca-I und die Interaktion mit dem Spermium ausgelöst werdenkann, wurde in diesem Versuchsansatz durch das Fehlen von Ca2+ und Mg2+ im extrazellulären Milieu zusätzlich stimuliert. Dass das Fehlen von Ca2+ und Mg2+ im extrazellulären Milieu eine aktivierende Wirkung auf die Eizelle ausübt, wurde von BAR-AMI (1978) und MARUSKA et al. (1984) gezeigt. Die intrazytoplasmatische Ca2+-Freisetzung verlief in dieser Versuchsgruppe zu exzessiv. Wie bedeutend das richtige Ausmaß der Ca2+-Stimulation für die Entwicklung der Eizelle ist, erkannten auch COLLAS et al. (1993a). Sie beschrieben sowohl bei unzureichender als auch bei zu exzessiverCa2+-Stimulation, eine nachteilige Wirkungauf die Entwicklung der Eizellen. Dieser negative Effekt ließ sich im eigenen Experiment allein durch die Zugabe von Ca2+und Mg2+zumAktivierungsmedium beheben (TR:G3: 76,2 %bzw.

G4: 66,6%;BR/EZges.:G3:29,0 %bzw. G4:8,3%).

Diskussion 145

Wie in der Hypothese zu Beginn dieser Arbeit vermutet, konnte die Blastozystenrate unter bestimmten Versuchsbedingungen durch eine Ca-I-Behandlung der Oozyten vorderIn-vitro-Befruchtung verbessertwerden.

Dazu mussten COKs 24 h gereift werden und als COKs mit Ca-I behandelt und befruchtetwerden. DasVorkommen vondivalentenKationen imAktivierungsmedium hatte keinen Einfluss auf die Blastozystenrate (BR/EZ ges.: K1: 24,6 % bzw.

G1: 40,3 % und G2: 38,0 %; p<0,05). Wurden den Eizellen vor der Behandlung mit Ca-I der Cumulus oophorus entfernt, so musste das Aktivierungsmedium zur signifikanten Steigerung der Blastozystenrate im Vergleich zur entsprechenden Kontrollgruppe Ca2+ und Mg2+ enthalten (BR/EZ ges.: K2: 18,6 % bzw. G3: 31,6 %;

p<0,05).

In Experiment 4.1.4 dieser Arbeit wurde bei 24-stündiger IVM eine Reifungsrate von 94,8 % erzielt. Die Kernreifung scheint daher bei einer Reifungszeit von 24 h fast vollständig abgeschlossen zu sein. Dies gibt allerdings keine ausreichende Auskunft über dieReifungsvorgängeim ZytoplasmaderEizelle.LEIBFRIED-RUTLEDGE etal.

(1987) zeigten, dass Eizellen mit abgeschlossener Kernreifung nicht zwangsläufig ihre volle Befruchtungs- und Entwicklungskompetenz besitzen. Vermutlich läuft die zytoplasmatische Reifung im In-vitro-System oft unvollständig oder asynchron zur Kernreifung ab (SÜSS et al. 1988; NIEMANN und MEINECKE 1993). Eine verzögerte Reifung in vitro im Vergleich zur In-vivo-Reifung sehen GREVE et al.

(1987) als Grund für die schlechtere Entwicklung an. Daher könnte man annehmen, dass unter den Versuchsbedingungen im eigenen Experiment das Zytoplasma vor allem nach 24 h Reifung noch nicht hinreichend gereift ist. Die Ca-I hat möglicherweise die Reifeprozesse im Zytoplasma positiv beeinflusst oder beschleunigt. Dadurch könnten die Eizellen kompetenter für die anschließende Befruchtung und Weiterentwicklung zur Blastozyste geworden sein. Durch eine alleinige Verlängerung der Reifungszeit konnte die Entwicklungskompetenz der Eizellen nach Befruchtung zwar ebenfalls verbessert werden (BR/EZ ges.:

K124h: 24,6 % bzw. K130h: 30,5 %), aber nicht in dem Masse wie es durch die Behandlung 24 h gereifter Oozyten mit Ca-I möglich war (BR/EZ ges.: G124h: 40,3 %bzw.G130h:33,3%).

Diskussion 146

Die höchsten Blastozystenraten sowohl bezüglich der geteilten (49,2 % bzw. 43,9 %) als auch der gesamten Eizellenpopulation (40,3 % bzw. 38,0 %) konnten mit Ca-I-Behandlung 24h gereifter COKs erzielt werden. Unter diesen Versuchsbedingungen wurde in Experiment 4.1.1 eine signifikante Steigerung der spontanen Aktivierungsrate im Vergleich zur Kontrolle erzielt. Die parthenogenetische Entwicklungskompetenz dieser aktivierten Eizellen war jedoch gering (s. Versuch 4.1.2). Diese Beobachtung zeigt, dass Ca-I unter den beschriebenen Versuchsbedingungen aktivierende Mechanismen in den Oozyten ausgelöst hat.

Vermutlich wurden durch die Stimulation der intrazellulären Ca2+-Freisetzung biochemische Abläufe, vor allem im Zytoplasma, in Gang gesetzt, die förderlich auf dieEntwicklungsfähigkeit derEizellennachIVFwirken.

Durch die Behandlung 24 h gereifter COKs mit Ca-I im eigenen Experiment (TR: 84,2 %; BR/EZ ges.: 40,3 %) konnten IVP-Ergebnisse erzielt werden, die mit

den besten in der Literatur beschriebenen Ergebnissen vergleichbar sind (TR: 80-85 %; BR/EZ ges.: 30-40 %; ZHANGet al. 1995; AVERY et al. 1998; LIU et

al.1998).

Die zytologische Auswertung der Morula- und Blastozystenstadien ergab keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Untersuchungsgruppen.Die Behandlung mit der Ca-I hatte keine Auswirkungen auf die Morphologie und Anzahl der Blastomeren indenEntwicklungsstadien.

Offen bleibt die Frage, ob sich die nach Ca-I-Behandlung und Befruchtung entstandenen Embryonen nach Transfer auch zu gesunden Kälbern entwickeln.

TESARIK und TESTART (1994) ist es bereits gelungen, nach Transfer sperma-injizierter mit Ca-I aktivierter Embryonen gesunde Kälber zu erzeugen. Auch wenn bereits ein gesundes Kind nachICSI und Ca-I-Aktivierunggeboren wurde, sindnoch weitere Studien notwendig, um die Sicherheit der Ca-I zu beweisen. YAMANO et al.

(2000) untersuchen dieteratogene und mutagene Aktivitätder Ca-Iinihrem Labor in Japan.

Diskussion 147

5.1.3 Bestimmung der Entwicklungsfähigkeit von Rindereizellen nach