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Ca2+ spielen in allen eukaryontischen Zellen als Mediatoren bei der intrazellulären Signalübermittlung eine große Rolle. Den ersten Hinweis dafür lieferte 1947 ein Versuch, bei dem Ca2+ in eine Muskelzelle injiziert wurden und diese sich daraufhin zusammenzog. Auch bei der Befruchtung und künstlichen Aktivierung von Eizellen fungieren Ca2+als wichtigezentrale Modulatoren von Zellfunktionen(CHAMBERS et al. 1974; STEINHARDT und EPEL 1974; WHITTINGHAM 1980; CUTHBERTSON et al. 1981; EPEL 1982; JAFFE 1983; IGUSA und MIYAZAKI 1986). Bei der Fertilisation von Seeigel- (STEINHARDT et al. 1977) oder Mäuseeizellen (CUTHBERTSON et al. 1981) konnte durch Injektion des Ca2+-sensitiven PhotoproteinsAequorin eine erhöhte Lichtemission gemessen werden.Das lässtauf einen Anstieg des intrazellulären Ca2+-Gehaltes schließen. In früheren Studien konntemitHilfevonCa2+/Protonen-Ionophoren,strominduziertenMembranporenund Ca2+-Mikroinjektion bestätigt werden,dass einCa2+-Anstiegsowohl beiInvertebraten als auch bei Vertebraten ein universeller Aktivator ist (CHAMBERS et al. 1974;

STEINHARDT et al. 1974; FULTON und WHITTINGHAM 1978; CROSS 1981;

GILKEY 1983;ROSSIGNOLetal. 1983;JAFFE1985).

Damit Ca2+in der Zelle als Signalmolekül fungieren können, muss die ursprüngliche Konzentration niedrig gehalten werden. Im Ruhezustand besteht zwischen Extrazellularraum bzw. endoplasmatischem Retikulum (ER) und dem Zytosol ein starkes Konzentrationsgefälle (10-3 M bzw. 10-7 M; ALBERTS et al. 1995). Die Aufrechterhaltung dieses Konzentrationsgefälles erfolgt mittels einer Ca2+-ATPase und Ca2+-bindenden Molekülen im Zytosol. Eine Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration und damit die Aktivierung Ca2+-abhängiger Proteine führt über die Bindung von extrazellulären Signalmolekülen an Oberflächenrezeptoren zur Freisetzung von Ca2+ aus dem ER. Die Veränderungen an den Oberflächenrezeptoren werden mit den Ca2+-Kanälen am ER durch einen weiteren intrazellulären Botenstoff, das Inositol-triphosphat (IP3), gekoppelt. Dieser Inositol-Phospholipid-(PIP2)-Übertragungsweg läuft über mehrere Schritte ab und ist bei

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mehr als 25 verschiedenen Oberflächenrezeptoren gefunden worden. Er ist im Detail inAbbildung 2dargestellt(ALBERTSet al.1995).

Abbildung 2: Inositol-Phospholipid-Übertragungsweg (nach ALBERTS et al. 1995)

Nachdem diese Signalübertragungswege erkannt worden waren, hat man nach Substanzen gesucht, welche die Wirkungvon IP3und DAG nachahmenkönnen. So ist es mit Kalzium-Ionophore oder Ionomycin möglich, die Wirkung von IP3

auszulösen, während Phorbolester an die Proteinkinase C binden und diese aktivieren. Mit Hilfe dieser Substanzen konnte gezeigt werden, dass für eine vollständige zelluläre Antwort beide Übertragungswege in vielen Fällen zusammenspielenmüssen(ALBERTS etal.1995).

Beobachtet man den Verlauf der Ca2+-Konzentration im Zytoplasma von Eizellen nach Interaktion mit Spermatozoen (IGUSA und MIYAZAKI 1986; FISSORE und ROBL 1993) oder mit anderen aktivierenden Stimuli (FISSORE und ROBL 1992;

COLLAS et al. 1993a), so kann ein wellenförmiger Verlauf der Ca2+-Konzentration beobachtet werden. Die Fertilisation von Mäuseoozyten bewirkte Ca2+-Anstiege von 4-5 µM in Abständen von 20 Minuten (CUTHBERTSON et al. 1981). Diese Ca2+-Wellenkonnten beiMäuseoozyten biszu4h (CUTHBERTSONund COBBOLD

extrazelluläres

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1985) und bei denen von Hamstern bis zu 100 Minuten (MIYAZAKI et al. 1986) nach der Fusion von Spermium und Eizelle beobachtet werden. Von periodischen Ca2+-Oszillationen in der Eizelle wird auch nach Fertilisation von Rinderoozyten berichtet (FISSORE et al. 1992; SUN et al. 1994). Wurden Ca2+-Erhöhungen in der Eizelle durch Mikroinjektion von Ca2+-Chelatoren in diese vor der Befruchtung bzw.

künstlichen Aktivierung blockiert, so wurde auch die Eizellaktivierung bei Seeigeleizellen (SWANN und WHITAKER 1986; TURNER et al. 1986), Froscheizellen (KLINE 1988) sowie Rindereizellen (HOMA 1991) unterdrückt.

Verläuft dieCa2+-Stimulationunzureichend oderzuexzessiv,wirktsichdas nachteilig auf dieEntwicklungderEizelleaus(COLLASet al.1993a).

Bei den Interaktionen von Spermatozoen mit Eizellen scheint das G-Protein/PIP2 -System in den Mechanismus zur Auslösung periodischer Ca2+-Freisetzungen involviert zu sein (CHIBA et al. 1990; PARKER und IVORRA 1990). Durch Mikroinjektion von IP3 konnten Seeigeleizellen (WHITAKER und IRVINE 1984), Hamstereizellen (CRAN et al. 1988; MIYAZAKI 1988) und Rindereizellen (YUEet al.

1995) aktiviert werden. Die intrazelluläre Antwort ist dabei die Freisetzung von Ca2+

aus dem ER (EISEN und REYNOLDS 1985; NUCITELLI et al. 1989). Die Fähigkeit der Oozyte, auf eine IP3-Exploration zu antworten, ist abhängig von ihrem Reifezustand (WHITE und YUE 1996). Das bedeutet, dass die IP3-Rezeptoren entweder währendderReifungaktiviertodersynthetisiertwerden müssen.

Obwohl der Einfluss des intrazellulären Ca2+-Anstiegs auf bestimmte mitotische Ereignisse dokumentiert ist (BAITINGER et al. 1990; KAO et al. 1990; WHITAKER und PATEL1990), istwenigüberdenCharakter derCa2+-Wellen,wiedie Periodizität oder dieMaximabekannt,diefür dieAktivierungerforderlichsind.

Inwieweit die Aktivierung GTP-bindender Proteine (G-Proteine), wie in Abbildung 2 dargestellt, im Rahmen der Befruchtung und Aktivierung von Eizellen für die Auslösung des PIP2-Mechanismus und damit der Ca2+-Wellen verantwortlich ist, ist noch nicht geklärt. Bisher wurde noch von keinem Spermien-gebundenenAgonisten berichtet, der G-Proteine von Eizellen aktivieren kann (SWANN 1990). G-Proteine können durch Bindung einer Vielzahl von Botenstoffen (Neurotransmitter, Hormone,

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Licht) an Rezeptoren aktiviert werden. G-Proteine stimulieren wiederum die Phospholipase C, die PIP2 hydrolysiert (GILMAN 1987). Durch Mikroinjektion des GTP-Analogons GTP-γ-S konnte eine Aktivierung von Frosch- und Hamsteroozyten induziert werden (KLINE et al. 1990). Dies beweist aber noch nicht, dass sich das Spermium bei der Eizellaktivierung ebenfalls dieses Übertragungsweges bedient. In einem weiteren Versuch wurden Seeigeleizellen mit Heparin, einem kompetitiven Hemmer des IP3-Rezeptors, beladen und nachfolgend die Ca2+-Freisetzung nach Kontakt mit Spermien, Injektion von IP3 sowie GTP-γ-S untersucht (RAKOW und SHEN1990; CROSSLEYetal.1991).DerCa2+-Anstiegwurdenurnach Injektionvon IP3 und GTP-γ-S, nicht aber nach Befruchtung reduziert (SUN et al. 1994). Diese Beobachtung beweist, dass Spermien nicht allein durch die IP3-Produktion Ca2+-Wellen auslösen. Neben dem IP3-Rezeptor könnte auch noch ein zweiter Rezeptor, der Ryanodine-Rezeptor, der durch die zyklische Adenosin-diphosphat-Ribose (cADPR)aktiviert wird,eineRolle beiderEizellaktivierungspielen (RUSINKO und LEE 1989; DARGIE et al. 1990; KOSHIYAMA et al. 1991). Die Injektion von cADPR in die Eizelle führt zu einem Ca2+-Anstieg. In gereiften Rindereizellen existieren beide Rezeptoren unabhängig voneinander (YUE et al. 1995).

Eine alternative Hypothese für das Auslösen der Ca2+-Freisetzungen durch das Spermium vertreten DALE (1988) sowie SWANN und WHITAKER (1990). Da die Freisetzung von Ca2+ bei Seeigeleizellen erst nach der Fusion von Eizelle und Spermium beobachtet werden konnte (MC CULLOH und CHAMBERS 1986), gehen sie davon aus, dass das Spermium nach der Fusion mit der Eizelle einen löslichen Faktor in die Eizelle abgibt, der die Freisetzung von Ca2+ auslöst. Durch Injektion eines Spermienextraktes konnten sowohl Seeigel- als auch Kaninchen- und Mäuseoozyten aktiviert werden (DALE et al. 1985; STICE und ROBL 1990). Beim Hamster konnte das Vorhandensein eines Proteinfaktors im Zytoplasma der Spermien nachgewiesen werden, der in der Lage ist, sowohl spermienspezifische Ca2+-Wellen als auch eine Hyperpolarisation an der Eizellmembran auszulösen und die Eizelle zu aktivieren (SWANN 1990). Die Fragen nach der Identität des Faktors sowie seines Wirkungsmechanismus in der Eizelle bleiben aber noch offen. Die Tatsache, dassEizellen durch Mikroinjektionvon IP3aktiviertwerden können (CRAN

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et al. 1988), lässt vermuten, dass auch der Spermienfaktor seine Wirkung über IP3

als „Second messenger“ vermittelt. Diese Vermutung würde aber gegen die Auslösung desCa2+-Anstiegsdurch dieBindungdes Spermiumsaneinen G-Protein-Rezeptor sprechen. Eine andere Möglichkeitkönnte sein, dass das Spermium selbst IP3indieEizelletransportiert (JAFFE1990;SWANN1990).

Die spezifischen Reaktionen nach erhöhten intrazellulären Ca2+-Konzentrationen

werden folgendermaßen erklärt. In Säugetierzellen gibt es verschiedene Ca2+-bindende Proteine,vondenendas CalmodulindiegrößteBedeutunghat.Durch

die Bindung von Ca2+ an Calmodulin erfährt das Molekül eine Konformationsänderung, die es ihm ermöglicht, an verschiedene Zielproteine zu binden und deren Aktivität zu verändern. Unter den Zielproteinen sind Enzyme und Membrantransportproteine zufinden.Über denbeschriebenenMechanismus - durch die Bindung von Calmodulin an die Ca2+-ATPase - funktioniert beispielsweise die negative Rückkopplung, mit der Ca2+ wieder aus der Zelle ausgeschleust werden.

Meist bindet Calmodulin jedoch an Ca2+/Calmodulin-abhängige Kinasen (CaM-Kinasen) und löst damit indirekt über die Phosphorylierung von Proteinen

spezifische ReaktioneninderZelleaus (ALBERTSetal.1995).

Dass die Ca2+-Wellen letztendlich zur Exozytose der kortikalen Granula führen und Ereignisse initiieren, welche die Eizellaktivierung (Fortsetzung der Meiose und Ausbildung des2. Polkörpers)auslösen, konntevonJAFFE (1985)undMIYAZAKI et al. (1986) gezeigt werden. Allerdings sind viele Proteine, die bei der Aktivierung von Säugetiereizellen durch Ca2+ reguliert werden und diese Ereignisse hervorrufen, noch nicht bekannt (SCHULTZ und KOPF 1995). Ergebnisse von Versuchen an Froscheizellen lassen vermuten, dass auch hier CaM-Kinasen für die Inaktivierung des MPF (LORCAet al. 1993)und für die Fortsetzungder Meioseeine Rollespielen (KALOUS et al. 1993a). Durch Mikroinjektion eines autoinhibierenden Peptids der CaM-Kinase in Froscheizellen in der Metaphase II, konnte die Eizellaktivierung gehemmt werden (LORCA et al. 1993). Ob die CaM Kinase bei der Aktivierung von Säugetiereizellen ebenfallsinvolviertist,istnochunklar(SCHULTZundKOPF1995).

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Die Bedingungen in In-vitro-Systemen ermöglichen nicht immer eine optimale Reifung und Befruchtung der Oozyten. Die Ursache für eine deutlich geringere Entwicklungsfähigkeit der Oozyten nach Fertilisation in vitro im Vergleich zur Entwicklung in vivowird entweder ineiner verzögerten (DOMINKO und FIRST1992;

VAN DER WESTERLAKEN et al. 1992) oder einer unzureichend ablaufenden IVM gesehen (GREVE et al. 1987; WEHREND und MEINECKE 1998). So wurde beobachtet, dass bei der Zytoplasmareifung die Verteilung der kortikalen Granula entlang des Oolemms unvollständig abläuft (HYTTEL etal. 1989). Derartige Eizellen sind dann bei der Befruchtung nicht in der Lage, einen ausreichenden Polyspermieblock zu initiieren (HYTTEL et al. 1989). Dieses Problem stellt sich vor allem bei der IVF von Schweineoozyten. FUNAHASHI et al. (1993) kamen daher zu dem Ansatz, durch eine zusätzliche künstliche Aktivierung vor derIVF unterstützend in die Reifungs- und Befruchtungsvorgänge in vitro einzugreifen. Sie versuchten, durch eineBehandlungvonSchweineoozyten mitelektrischenPulsenvorderIVF die kortikale Reaktion zu verbessern und damit die Polyspermierate zu verringern. Die Behandlung mit elektrischen Pulsen wirkte sich jedoch eher nachteilig auf die männliche Vorkernbildungaus.

Mit Eizellen anderer Säugetiere sind bisher keine Versuche bekannt, bei denen eine künstliche Aktivierung vor der IVF durchgeführt wurde. Die künstliche Aktivierung findet in diesem Zusammenhang vor allem bei der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) ihre Anwendung. Bei einigen Spezies hat sich herausgestellt, dass die Spermieninjektion allein nicht ausreicht, um die Eizelle zu aktivieren (KEEFER etal. 1990). Einezusätzliche AktivierungderEizelle mitCa-I als aktivierendem Stimulus hat sichbeider ICSIals besonders geeigneterwiesen (Rind:

GOTO et al. 1990,KEEFER et al. 1990, CHENund SEIDEL 1997; Pferd:GUIGNOT et al. 1996, KATO et al. 1997; Mensch: TESARIK und TESTART 1994; TESARIK und SOUSA 1995). Die Folge dieser Behandlung ist eine direkte Dekondensation des Spermiums sowie eine physiologische Vorkernbildung und Weiterentwicklung derZygotenzuTeilungs- undEmbryonalstadien(KEEFER etal.1990).

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