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2.3 Pathomechanismen und Erreger-Wirtszell-Interaktionen bei S. suis

2.3.3 Interaktion von S. suis mit Monozyten und Makrophagen

Es existiert eine Reihe von Studien, die sich mit der Assoziation von S. suis mit Phagozyten beschäftigen. In Bezug auf diese Arbeit war insbesondere die Assoziation mit Monozyten und Makrophagen von Interesse.

Charland et al. (1996) beschrieben, dass sowohl virulente als auch avirulente S. suis Serotyp 2-Stämme von Monozyten, die aus porzinem Blut gewonnen und adhärieren

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gelassen wurden, phagozytiert werden. Nach 3 h Ko-Inkubation wiesen etwa 20 bis 30% der Monozyten intrazellulär vorhandene Bakterien auf, wobei rund 20% der Bakterien des avirulenten Stammes und 40% der Bakterien des virulenten Stammes in den Monozyten überleben konnten. Des Weiteren vermuteten sie, dass das Vorhandensein von Sialinsäure in der Kapsel von S. suis wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Phagozytoserate hat. Charland et al. (1998) ermittelten, dass nach 1 h Ko-Inkubation der WT eines Serotyp 2-Stammes von knapp über 20% von porzinen Monozyten abstammmenden Makrophagen phagozytiert wurde, während zwei kapsellosen Serotyp 2-Mutanten von rund 70% der Makrophagen phagozytiert wurden. Für murine Makrophagen wurden ähnliche Ergebnisse erzielt. Zur Auswertung der von Charland et al. (1996 und 1998) ermittelten Ergebnisse wurden die intrazellulären Bakterien jeweils mit Farbstoffen sichtbar gemacht. Segura et al.

(1998) bestimmten das intrazelluläre Vorhandensein von Bakterien in adhärenten murinen Makrophagen erstmalig durch Ausplattieren der Bakterien mit anschließender quantitativer Auswertung. Extrazelluläre Bakterien wurden zuvor antibiotisch abgetötet. Sie verwendeten die murinen Makrophagenzelllinien J774 und P388D1 und murine peritoneale Exsudatmakrophagen. Sie stellten fest, dass ein bekapselter Serotyp 2-Stamm nach 90 min Ko-Inkubation fast gar nicht von den murinen Makrophagen phagozytiert wurde. Im Vergleich dazu konnte eine kapsellose Serotyp 2-Mutante von den murinen Makrophagen besser phagozytiert werden, wobei die Phagozytoserate mit 0,5% allgemein sehr gering war. Die Phagozytoserate eines bekapselten und eines unbekapselten Stammes von Gruppe B-Streptokokken (GBS) betrug dagegen jeweils bis zu 10%. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die phagozytierte kapsellose S. suis Serotyp 2-Mutante nicht in der Lage war, länger in den Makrophagen zu überleben – im Gegensatz zum bekapselten und kapsellosen GBS-Stamm. Die im Vergleich zu früheren Ergebnissen deutlich geringere Internalisation von S. suis begründeten Segura et al. (1998) mit den verschiedenen Methoden, mit denen die Ergebnisse erzielt und ausgewertet wurden.

Busque et al. (1998) beschrieben anhand durchflusszytometrischer Analysen, dass S. suis von jeweils über 90% der humanen neutrophilen Granulozyten und Monozyten phagozytiert wurde. Der Anteil an porzinen Leukozyten, der phagozytierte

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Bakterien aufwies, war etwas geringer. Es zeigten sich keine Unterschiede in der Phagozytose virulenter und avirulenter S. suis-Stämme. Diese hohen Phagozytosewerte stehen im Gegensatz zu der zuvor beschriebenen deutlich geringeren Internalisation durch adhärente Monozyten bzw. Makrophagen.

Smith et al. (1999) erforschten die Phagozytose und das Abtöten des S. suis Serotyp 2-Stammes 10 (WT) und zweier davon abgeleiteter kapsellosen Mutanten (10cps∆AB und 10cps∆EF) durch porzine Alveolarmakrophagen. Sie werteten ihre Versuche ebenfalls durch Ausplattieren der Bakterien mit anschließender Berechnung des quantitativen Anteils aus. Sie wiesen nach, dass der bekapselte WT nur zu einem minimalen Anteil von den Alveolarmakrophagen phagozytiert wurde, wohingegen die kapsellosen Mutanten effektiv phagozytiert wurden. Im Falle einer Phagozytose wurden der WT und die kapsellosen Mutanten allerdings mit einer ähnlichen relativen Effizienz abgetötet. Smith et al. (1999) vermuteten daraufhin, dass der Verlust der Kapsel mit dem Verlust der Fähigkeit, der Phagozytose zu widerstehen, korreliert. Diese Vermutung ging einher mit dem Verlust der Virulenz der kapsellosen Mutanten in einem Schweineinfektionsversuch. Diese Ergebnisse bestätigten die Kapsel von S. suis als einen wichtigen Virulenzfaktor, da sie vor Phagozytose schützt. Jener WT-Stamm des S. suis Serotyp 2-Stammes 10 und seine isogene Kapselmutante 10cps∆EF (hier: 10∆cps) wurden ebenfalls in dieser Arbeit verwendet. Segura und Gottschalk (2002) konnten zeigen, dass der WT eines S. suis Serotyp 2-Stammes an Zellen der murinen Makrophagenzelllinie J774 adhäriert, wobei mit steigender Bakterienkonzentration und steigender Inkubationszeit ein Anstieg der Adhäsion beobachtet werden konnte. Eine Vorbehandlung der Makrophagen mit Cytochalasin hatte keinen Einfluss auf die Adhärenz von S. suis an die Makrophagen, was bestätigte, dass es zu keiner Aufnahme von S. suis durch die Makrophagen kam. Ferner wurde ein zytotoxischer Effekt von S. suis auf die Makrophagen beschrieben. Segura et al. (2002) stellten fest, dass es durch die Interaktion von S. suis und Monozyten zu einer Zytokin- und Chemokinproduktion durch die Monozyten kommt. Sie verwendeten die humane THP-1 Monozyten-Zelllinie, die von einer akuten Monozytenleukämie abstammt.

S. suis konnte die Produktion des Tumornekrosefaktor Alpha (TNF-α), von Interleukin

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(IL)-1, IL-6, IL-8 und des monocyte chemotactic protein one (MCP-1) durch die Monozyten induzieren. Die Stärke der Induktion war dabei dosis- und inkubationszeitabhängig. Lun et al. (2003) konnten nach Stimulation mit rekombinant hergestelltem Suilysin eine IL-6-Produktion durch porzine Alveolarmakrophagen und Monozyten feststellen und eine TNF-α-Produktion durch humane Monozyten (jeweils adhärente Zellen). Sie vermuteten, dass das Suilysin an der Pathogenese der Meningitis beteiligt sein könnte, da eine Produktion von TNF-α, IL-1- und IL-6 mit bakterieller Meningitis assoziiert ist (van Furth et al., 1996). Lun et al. (2003) stellten außerdem fest, dass eine Suilysin-defiziente S. suis-Mutante in porzinem Vollblut ebenso gut überleben konnte wie der WT, und vermuteten, dass das Suilysin nicht zur Resistenz gegenüber Phagozytose oder Abtötung durch sonstige bakterizide Faktoren beiträgt. Durchflusszytometrischen Analysen von Lun und Willson (2004) ergaben, dass ohne Opsonisierung der Bakterien nur maximal 6% der neutrophilen Granulozyten und Monozyten S. suis phagozytierten. Dabei war die Phagozytoserate des bekapselten, des Suilysin-defizienten und des unbekapselten S. suis-Stammes gleich niedrig. Nach Opsonisierung stieg die Phagozytoserate des unbekapselten Stammes durch die neutrophilen Granulozyten und Monozyten um jeweils etwa das zehnfache an. Der bekapselte und der Suilysin-defiziente Stamm wurden nicht stärker phagozytiert, was die Autoren vermuten ließ, dass das Suilysin keinen Einfluss auf die Phagozytose hat.

Fluoreszenzmikroskopische Aufnahmen zeigten, dass der unbekapselte Stamm bereits 10 min nach der Aufnahme der Phagozyten ganz oder teilweise lysiert wurde.

Tanabe et al. (2010) ließen Monozyten zu Makrophagen ausdifferenzieren und stellten eine dosisabhängige Sekretion von TNF-α, IL-1b, IL-6 und IL-8 nach Stimulation mit S. suis fest, wobei die kapsellose Mutante jeweils eine stärkere Sekretion als der WT hervorrief. Die präparierte S. suis-Zellwand induzierte ebenfalls die Sekretion dieser Zytokine. Die Autoren schlossen aus den Ergebnissen, dass das Fehlen der Kapsel Bestandteile der Zellwand freilegt, was zu einer Stimulation der Makrophagen führt und spekulierten, dass die Kapsel einerseits die Immunantwort des Wirtes unterdrücken könnte oder andererseits, dass der Kapselverlust eine verstärkte Immunantwort bedingt durch die freigelegte Zellwand hervorrufen könnte.

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Liu et al. (2011) untersuchten die Veränderung der Genexpression von THP-1 Monozyten nach Stimulation S. suis. Insgesamt waren nach der Stimulation 328 Gene differentiell exprimiert. Ein Großteil der Gene spielt u. a. eine Rolle in der Apoptose, Zellteilung, Immunabwehr, im Stoffwechsel, in der Signaltransduktion, Transkription und Translation. Dieses breite Spektrum demonstriert den großen Einfluss von S. suis auf die Physiologie und Funktion des Wirtes.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Assoziationsstudien bisher nur mit adhärenten Monozyten bzw. Makrophagen durchgeführt wurden; auch eine vorherige Affinitätsaufreiniging von monozytären Zellen fand nicht statt. Im Gegensatz dazu wurde in dieser Arbeit zum ersten Mal die Assoziation von S. suis mit affinitätsaufgereinigten, in Suspension befindlichen Monozyten ermittelt.