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Allgemeine Merkmale von Monozyten und deren Bedeutung für S. suis:

2.3 Pathomechanismen und Erreger-Wirtszell-Interaktionen bei S. suis

2.3.2 Allgemeine Merkmale von Monozyten und deren Bedeutung für S. suis:

(Modifizierte) Trojan horse theory

Monozyten sind Teil der unspezifischen und spezifischen Immunantwort. Sie eliminieren Pathogene und Tumorzellen durch Phagozytose; außerdem wirken sie regulierend auf das Immunsystem ein, indem sie Zytokine produzieren und Antigene prozessieren und diese den Lymphozyten präsentieren. Sie stammen zusammen mit neutrophilen Granulozyten von einer gemeinsamen myeloiden Vorläuferzelle ab.

Obwohl während der Myelopoese eine Aufspaltung in die granulozytäre und monozytäre Zelllinie erfolgt, besitzen diese beiden Zelllinien viele gleiche Oberflächenantigene. Die myeloiden Vorläuferzellen differenzieren sich im Knochenmark über die Promonozyten zu den Monozyten aus, die schließlich ins Blut abgegeben werden. Im Blut können die Monozyten einige Tage zirkulieren, bevor sie in verschiedene Gewebe auswandern, wo sie weiter zu spezifischen Gewebsmakrophagen ausdifferenzieren (Gordon et al., 1988; van Furth et al., 1972).

Jede Zelle exprimiert bestimmte Oberflächenantigene, anhand derer sich die Zelle differenzieren und charakterisieren lässt. Hier erfolgt eine Beschreibung einiger wichtiger myeloider und speziell monozytärer Oberflächenantigene, um die Monozyten, die in dieser Arbeit über eine Oberflächenmarker-vermittelte paramagnetische Separation angereichert wurden, zu charakterisieren.

Die Oberflächenmarker SWC3/CD172a, CD14, CD16 und SWC1 (CD = engl.: cluster of differentiation; SWC = engl.: swine workshop cluster) sind charakteristisch für die myeloide Zelllinie. Das Oberflächenantigen SWC3 war der erste etablierte porzine

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myelomonozytäre Marker (Blecha et al., 1994). Dieser Marker diente als Hauptmarker der porzinen myelomonozytären Zellen, da er bereits auf den Vorläuferzellen und auch während des gesamten Differenzierungsprozesses der Monozyten und neutrophilen Granulozyten exprimiert wird (Summerfield und McCullough, 1997). Der porzine Marker SWC3 ist zum humanen Marker CD172a homolog (Alvarez et al., 2000). Ezquerra et al. (2009) vermuteten, dass die frühe Expression von CD172a und die mit der Zelldifferenzierung ansteigende Expression dieses Oberflächenantigens darauf hindeuten, dass dieses Molekül in der Kontrolle der Proliferation, Differenzierung und Aktivierung der Zellen involviert ist. Die Identifizierung des porzinen Markers CD14 beruhte ursprünglich auf seine Kreuzreaktivität mit Antikörpern, die gegen humane CD14-Marker gerichtet sind.

CD14 galt als einer der charakteristischsten myeloiden Marker. Er wird auf Monozyten, Gewebsmakrophagen und zu einem geringen Level auch auf Granulozyten exprimiert (Kielian et al., 1994; Domínguez et al., 1998). Für das humane CD14-Molekül wurde gezeigt, dass es an der Bindung von Lipopolysacchariden (LPS) gramnegativer Bakterien beteiligt ist (Triantafilou, M. und Triantafilou, K., 2002) und eine Rolle in der Erkennung und Phagozytose von Zellen, die apoptotisch sind, spielt (Gregory, 2000a; Gregory, 2000b). CD16 wird von porzinen Monozyten und Makrophagen und zu einem geringen Anteil von neutrophilen Granulozyten (Dato et al., 1992) und SWC1 wird ebenfalls sowohl von Monozyten als auch von Granulozyten exprimiert (Saalmüller et al., 1987).

Die Oberflächenantigene CD163 und SWC9/CD203a stellen wichtige Marker im Zuge des Differenzierungsprozesses der Monozyten und Makrophagen dar. Sie werden nicht von Granulozyten exprimiert. Sánchez et al. (1999) beschrieben, dass das porzine Oberflächenantigen 2A10 zu dem humanen Marker CD163 homolog ist.

Dieses Molekül ist entscheidend für die Untersuchung der Heterogenität von porzinen Monozyten und Makrophagen (Thacker et al., 2001). Humane CD163-Marker bilden Rezeptoren für Hämoglobin/Haptoglobin-Komplexe (Kristiansen et al., 2001) und eine Stimulation humaner Monozyten/Makrophagen über CD163 führt zur Produktion pro- und anti-inflammatorischer Zytokine (Philippidis et al., 2004; van den Heuvel et al., 1999). Das porzine Oberflächenantigen SWC9 stellte sich als homolog

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zum humanen Marker CD203a heraus (Petersen et al., 2007). Die Expression von SWC9 wird während der Differenzierung porziner Monozyten zu Makrophagen heraufreguliert und dient somit der Untersuchung des Reifegrades von Monozyten (Basta et al., 1999; Chamorro et al., 2000; McCullough et al., 1999).

Die Heterogenität humaner Monozyten basiert vornehmlich auf der Stärke der Expression von CD14 und CD16. So lassen sich grob die zwei Monozyten-Subpopulationen CD14high CD16- und CD14+ CD16+ unterscheiden (Passlick et al., 1989; Ziegler-Heitbrock et al., 1993). Im Gegensatz zu humanen Monozyten exprimiert der Hauptteil aller porzinen Monozyten kontinuierlich CD16. Porzine Monozyten können stattdessen basierend auf der CD163-Expression in zwei Subpopulationen unterteilt werden (Chamorro et al., 2000; Sánchez et al., 1999).

Zusammen mit der CD172a- und CD14-Expression und der Expression des sogenannten swine leucocyte antigen II (SLA-II) können porzine Monozyten in vier Subsets eingeteilt werden (Chamorro et al., 2005). Die Einteilung korrespondiert mit dem Reifegrad der Monozyten. Die Expression der Oberflächenmarker der vier Subsets ist in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Expressionsmuster von CD172a, CD163, CD14 und SLA-II innerhalb Subsets porziner Monozyten und deren Reifegrad (modifiziert nach Chamorro et al., 2005)

Subset CD172a CD163 CD14 SLA-II Reifegrad

I + - high - unreif

reif

II + - + low

III + + low high

IV + + - high

+ Expression, - keine Expression

Porzine Monozyten exprimieren außerdem SWC1, aber kein SWC9 (SWC1+ SWC9-).

Während der Ausreifung zu Makrophagen werden die Monozyten größer und produzieren mehr Granula. Außerdem kommt es zu einer rapiden Heraufregulierung von SWC9. Des Weiteren wird die Expression von CD163 weiter heraufreguliert und die von SWC1 und CD14 herunterreguliert. Reife Makrophagen exprimieren schließlich kein SWC1 mehr, wohingegen CD14 noch in sehr geringen Mengen

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vorhanden ist (Chamorro et al., 2000; McCullough et al., 1997; McCullough et al., 1999).

Es wird vermutet, dass porzine Monozyten in der Pathogenese von S. suis von Bedeutung sind. S. suis kann nach Überschreiten der Epithelzellbarriere ins Blut gelangen, sich dort ausbreiten und mit dem Blutstrom das Zielorgan erreichen, wobei die genauen Mechanismen bisher ungeklärt sind. Insbesondere das Erreichen des ZNS, wozu zusätzlich die Überwindung der Blut-Liquor-Schranke nötig ist, stellt eine Hürde in der Pathogenese von S. suis dar. In diesem Zusammenhang wurde die Trojan horse theory postuliert, die besagt, dass S. suis porzine Monozyten als Vehikel benutzt, um intrazellulär persistierend zum Gehirn zu gelangen (Williams und Blakemore, 1990). Hinweise für diese Theorie lieferten Monozyten, die aus dem Blut eines Schweines, das eine S. suis-Bakteriämie aufwies, gewonnen wurden. Der bakterienenthaltende Monozytenanteil war mit 2% allerdings nur sehr gering. Busque et al. (1998) konnten mittels Durchflusszytometrie ebenfalls eine Aufnahme von S. suis durch porzine und humane Phagozyten feststellen. Die Ergebnisse der meisten anderen Studien lassen allerdings vermuten, dass auch andere Wege existieren, die zur Dissemination von S. suis beitragen. Außerdem wurde gezeigt, dass die Kapsel vor Phagozytose schützt, während kapsellose Mutanten schneller phagozytiert und auch abgetötet werden (Charland et al. 1996; Smith et al., 1999).

Gottschalk und Segura (2000) stellten dagegen fest, dass eine hohe Bakterienanzahl an Phagozyten adhäriert, ohne phagozytiert zu werden, und postulierten daraufhin die modifizierte Trojan horse theory. Laut dieser Theorie wird vermutet, dass Bakterien zum größten Teil außen an die Monozyten binden, was eine Bakteriämie verursacht und so zur Verbreitung der Infektion führt.