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Indikatorengestützte Erfolgskontrolle kommunaler Handlungs- Handlungs-zieleHandlungs-ziele

Im Dokument 41 04 (Seite 177-181)

B Instrumente und Methoden der kommunalen Planung

Kategorie 1. Klassische Baulücken:

2.6 Indikatorengestützte Erfolgskontrolle kommunaler Handlungs- Handlungs-zieleHandlungs-ziele

Durch die internationale Diskussion um eine nachhaltige Entwicklung haben Indikato-renkonzepte einen deutlichen Bedeutungsgewinn im Kontext der Raum- und Stadtpla-nung erfahren. Die Veröffentlichungen zu Nachhaltigkeitsindikatoren mit raum- und stadtplanerischem Bezug sind kaum mehr überschaubar (Expert Group on the Urban Environment 2001; Fuhrich 2001; Apel et al. 2000; Birkmann, Brückner, Strauss 2000;

Blach, Irmen 1999; Happe et al.1999; Birkmann 1999), wenngleich spezifische Indika-torenkonzepte mit Bezug zur baulich-räumlichen Entwicklung von Gemeinden noch selten sind (so z. B. bei Apel et al. 2000, S. 32 ff.).

Unter einem Indikator wird im Allgemeinen eine Mess- oder Kenngröße verstanden, die der Beschreibung eines vorgefundenen Sachverhalts oder eines gewünschten Zustan-des dient. Indikatoren ermöglichen eine Operationalisierung von nicht direkt beobacht-baren bzw. messbeobacht-baren Sachverhalten. Sie werden eingesetzt, wenn Primärdaten feh-len oder wenn eine Vielzahl von Einzelbeobachtungen und Messwerten einen

”Verdichtungsprozess” des Datenbestands erforderlich macht. Aber auch in der Ver-mittlung von Problemzusammenhängen, die aufgrund ihrer Komplexität nur schwer fassbar sind, liegt eine wesentliche Funktion von Indikatoren (Birkmann 1999, S. 121).

Ein wesentlicher Vorteil von Indikatorenkonzepten besteht in der Möglichkeit, die Er-mittlung und die Bewertung von Zuständen oder Veränderungen in einer transparenten Weise aneinander zu koppeln. Dazu muss den gewählten Indikatoren eine Bewer-tungsskala zugeordnet werden, aus welcher die Zielerfüllung der gemessenen Indika-torausprägungen abgelesen werden kann. Indikatorenkonzepte sind daher häufig mit Richtwerten oder Umweltqualitätszielen verbunden, was die Möglichkeit einer kontinu-ierlichen Kontrolle des Zielerreichungsgrads bietet (Fuhrich 2000). Indikatorenkonzepte sind für eine Erfolgskontrolle der Innenentwicklung in mehrfacher Hinsicht von Bedeu-tung:

• Erstens können einzelne Innenentwicklungsmaßnahmen auf ihre ökologische und soziale Verträglichkeit überprüft werden. Hier kann vor allem die Anwendung von Flächenfunkti-onswerten im Sinne einer „Vorher-Nachher-Betrachtung“ zielführend sein. Die planerische Maxime eines „ökologischen Verschlechterungsverbots“ kann mit Indikatoren operationali-siert und evaluiert werden.

• Zweitens lassen sich die Wirkungen zahlreicher Maßnahmen auf das gesamtstädtische Umweltqualitätsniveau mit Indikatoren erfassen. Die Wirkungen einer Baulandmobilisie-rungsstrategie (z. B. Baulückenaktion; siehe Kapitel B.2.5.5) werden einzelprojektübergrei-fend einschätzbar.

• Drittens können Indikatoren im Rahmen der Einschätzung der Zielerreichung von Innen-entwicklungskonzepten eingesetzt werden (strategische Erfolgskontrolle). Eine Vorrangent-scheidung „Innen- vor Außenentwicklung“ kann mit jährlichen Bilanzen der Bautätigkeit und Flächennutzung im Hinblick auf Umsetzung kontrolliert werden.

Stadtökologische Soll-Ist-Bilanzen

Die ökologische Bewertung von Innenentwicklungsmaßnahmen kann vor allem auf die in der Vergangenheit entwickelten stadtökologischen Kennwerte zurückgreifen (einen Überblick bieten Heber, Lehmann 1993). Die bekanntesten sind die Grünvolumenzahl (Grossmann et al. 1984), die Bodenfunktionszahl (Pohl 1991), der Biotopflächenfaktor

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(Meißner 2001; Boetticher, Fisch 1988) und der ÖKO-Wert (Heber, Lehmann 1993).

Gemein ist diesen Ansätzen, dass sie mehrere Umweltparameter (z. B. Versiegelungs-grad) zu einem einheitlichen Kennwert aggregieren und damit eine Komplexitätsreduk-tion erreichen.

Der Biotopflächenfaktor (BFF) wurde explizit als eine Art „Controlling-Instrument“ für eine umweltverträgliche Bewältigung der Innenentwicklung erarbeitet (Senatsverwal-tung für Stadtentwicklung 2001). Er kann eine Sicherung ökologischer Bodenfunktio-nen bei baulichen Maßnahmen im Bestand gewährleisten. Der BFF beschreibt das Verhältnis von ökologisch wirksamen Flächen eines bebauten Grundstücks zur ge-samten Grundstücksfläche. Er ist ein quantitativer Wert, qualitative Aspekte finden über die einzuschätzende Flächenwertigkeit Berücksichtigung. Die Wertigkeit einer Grund-stücksteilfläche wird entsprechend der Bodenbeschaffenheit mit einem Faktor festge-legt. Die Spannbreite reicht dabei von 0 bei versiegelten Flächen bis 1,0 bei Vegetati-onsflächen mit Anschluss an den bestehenden Boden. Dieser Faktor wird mit der Grö-ße des betreffenden Grundstücksteils multipliziert. Die Summe der Teilflächen bildet die Gesamtsumme der ökologisch wirksamen Flächen eines Grundstücks. Wird dieser Wert ins Verhältnis zur Gesamtgröße des Grundstücks gesetzt, ergibt sich der Be-stands-BFF (zwischen 0 und 1).

Kennwerte wie der Biotopflächenfaktor können nicht nur als Bestandsgröße, sondern auch als Planungszahl angegeben werden (so z. B. in der Berliner Landschaftspla-nung). Grundstückseigentümer können verpflichtet werden, bei Vorhaben des § 29 BauGB (Errichtung und Änderung baulicher Anlagen) den festgesetzten Faktor nicht zu unterschreiten (siehe z. B. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2001). Die relativ einfache Erhebbarkeit solcher Indikatoren erlaubt regelmäßige Bilanzen der stadtöko-logischen Situation und ihrer Veränderung. Die Einhaltung ökologischer Qualitätsan-forderungen an bauliche Verdichtungsstrategien wird dadurch in Grenzen überprüfbar.

Soll-Ist-Bilanzen des Maßes der Innenentwicklung

In welcher Verteilung Baurechte in einem bestimmten Zeitraum durch Maßnahmen der Innen- oder Außenentwicklung gewonnen wurden, ist bislang offensichtlich nur in we-nigen Kommunen Gegenstand einer differenzierten Erhebung. Eine quantitative Bilan-zierung auf höheren raumplanerischen Ebenen wie der Regionalplanung fehlt ebenso regelmäßig. Es gibt bislang keine Statistik, die hierüber in der gebotenen sachlichen und räumlichen Differenzierung Auskunft gewähren könnte:

• Mit den Daten der amtlichen Flächenstatistik (Bodenfläche nach Art der tatsächlichen Nut-zung) kann zwar auf den Umfang baulicher Außenentwicklung geschlossen werden, nicht jedoch auf die quantitative Bedeutung von Innenentwicklungsmaßnahmen.

• Auch die Bautätigkeitsstatistik gibt keine präzise Auskunft über das Verhältnis von Innen- zu Außenentwicklung. Zwar konnte die Anzahl der genehmigten Gebäude bis 1995 nach der städtebaulichen Festsetzung differenziert werden. Aber auch aus dem Verhältnis von ge-nehmigten Gebäuden innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen und solchen Gebäuden, die nach einem Bebauungsplan genehmigt werden, kann nicht auf den Umfang von Innenentwicklungsmaßnahmen geschlossen werden. Denn gerade Bebauungspläne können die Zulässigkeit von Vorhaben im Siedlungs- sowie im Außenbereich schaffen.

Darüber hinaus wird das Merkmal „Genehmigte Gebäude nach Art der städtebaulichen Festsetzung“ im Rahmen der Bautätigkeitsstatistik seit einigen Jahren nicht mehr erhoben.

• Aus den in der Bautätigkeitsstatistik enthaltenen Daten zu den baulichen Vorhaben „an bestehenden Gebäuden“ kann ebenfalls nur eingeschränkt auf die statistische Relevanz von Innenentwicklungsmaßnahmen geschlossen werden, da gebäudebezogene Maßnah-men nur einen geringen Teil der Innenentwicklung darstellen.

In der Literatur verfügbare Angaben zur quantitativen Bedeutung des bestandsbezoge-nen Bauens beruhen daher zumeist auf kommunalen Schätzungen. Nach der Bau-landumfrage 1997/98 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung konnten im Durchschnitt der befragten Kommunen etwa 30% der jährlichen Wohnbauleistung in-nerhalb des Siedlungsbereichs, z. B. durch Nachverdichtung oder Baulückenschlie-ßung lokalisiert werden (Beckmann et al. 1999, S. 35). Will sich eine Stadt jedoch ge-nauere Informationen verschaffen, welche quantitative Bedeutung der Innenentwick-lung für ihre bauliche EntwickInnenentwick-lung zukommt und wie sich das Verhältnis von Innen- und Außenentwicklung im Zeitverlauf verändert, wird eine anspruchsvollere Erfolgskontrolle erforderlich.

Beispiel „Indikatorengestützte Erfolgskontrolle in den „Städten der Zukunft“

Das Modellprojekt „Städte der Zukunft“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen sowie des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung zielt auf eine Erprobung von quantitativen und qualitativen Maßstäben der Beurteilung von Stadtentwicklungsprozessen ab. Entwickelt werden sollen Kriterien, die den Pfad zu einer nachhaltigen Entwicklung von Städten und Gemeinden anzeigen. Vier Modell-städte (Münster, Heidelberg, Dessau und Güstrow) haben sich in einer „Qualitätsver-einbarung“ mit dem Bund vertraglich zu einer prozessbegleitenden Erfolgskontrolle verpflichtet. Ausgangspunkt sind vereinbarte Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, deren Erreichung durch Indikatoren operationalisiert und in einem zweijährigen Erfah-rungsaustausch auf ihre Praxistauglichkeit erprobt wurde.

Die mehr als dreijährige Entwicklungsphase des Forschungsfelds konnte Ende 2001 abgeschlossen werden. Basierend auf einem intensiven Dialog zwischen Vertretern aus der kommunalen Praxis und der Forschung ist ein Katalog von 24 Indikatoren in fünf Handlungsfeldern entwickelt worden, mit denen eine Erfolgskontrolle nachhaltiger Stadtentwicklung möglich erscheint. Gegenwärtig erfolgt ein Breitentest, an dem 48 deutsche Städte den Indikatorensatz auf dessen Praxistauglichkeit überprüfen (http://www.staedte-der-zukunft.de/Empfang/aktuelles.htm am 10.09.02).

Im Rahmen von sog. Qualitätsvereinbarungen haben sich die an diesem Modellprojekt teilnehmenden Städte dem Bund zu einer prozessbegleitenden Erfolgskontrolle ver-pflichtet (Fuhrich 2001, S. 1). Erarbeitet wurde ein Kriterienkatalog, mit dem der Um-setzungserfolg einer nachhaltigkeitsorientierten Stadtentwicklung überprüft werden soll.

Das Leitziel einer städtebaulichen Innenentwicklung („Haushälterisches Bodenmana-gement“) wurde mit mehreren Indikatoren untersetzt:

• Siedlungs- und Verkehrsfläche,

• Mobilisierung baureifer Baulandreserven,

• innerstädtische Wohnungsfertigstellungen und Leerstandsnutzung,

• Nutzung von Gewerbebrachen und Konversionsbauflächen,

• Siedlungsdichte.

136 2.6 Indikatorengestützte Erfolgskontrolle kommunaler Handlungsziele

Angestrebt wird ein Verhältnis von Innenentwicklung zu Außenentwicklung von drei zu eins. Hierzu haben die Beispielstädte eine (rein analytischen Zwecken dienende) Ab-grenzung des Innenbereichs nach § 34 BauGB vorgenommen. Neben dieser planungs-rechtlichen Abgrenzung kann die Abgrenzung auch nach realnutzungsbezogenen oder statistischen Kriterien erfolgen. Die in einer Bilanzperiode erfolgte Bautätigkeit wird dann nach ihrer Lokalisierung als innenbereichs- oder außenbereichsbezogen ausge-wiesen. Als Bemessungsgrundlage kann das Nettobauland oder auch die (zugebaute) Geschossfläche herangezogen werden.

Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Zielwert 3:1 sind ambivalent: die vorliegenden ersten Bilanzen (meist Zeitraum Mitte bis Ende der 90er Jahre) zeigen zunächst, dass eine Berechnung des Verhältnisses von Innen- zu Außenentwicklung prinzipiell mög-lich ist. Alle Beispielstädte konnten den gesetzten Zielwert erfüllen. Andererseits wird aber darauf verwiesen, dass eine Fortschreibung des Verhältnisses von Innen- und Außenentwicklung sehr aufwendig ist. Erforderlich ist der Einsatz eines GIS, welcher aber aufgrund der häufig angespannten Personalsituation in den Kommunalverwaltun-gen nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann. Problematisch ist auch die Abgren-zung des Innenbereichs nach § 34 BauGB. Diese ist hochpolitisch – obwohl die ge-wählte Abgrenzung ausdrücklich nur analytischen Zwecken dient, also nicht zwingend Satzungscharakter hat, kann einer solchen Grenzfindung eine politische Bindungswir-kung kaum abgesprochen werden. Sicherlich ist nicht jeder Stadt- und Gemeinderat zu einer solchen informellen Selbstbindung bereit.135

135Telefonische Auskunft eines Mitarbeiters der BBR.

3 Fallstudien zu den Städten Dresden, Münster, Leipzig

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