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Baulückenprogramme und Baugebote

Im Dokument 41 04 (Seite 172-177)

B Instrumente und Methoden der kommunalen Planung

Kategorie 1. Klassische Baulücken:

2.5.5 Baulückenprogramme und Baugebote

Mit Baulückenprogrammen und Baugeboten wird die Aktivierung von städtebaulich bedeutsamen Innenentwicklungspotenzialen angestrebt. Im Rahmen von Baulücken-programmen ist neben der reinen Beratung auch eine Ermittlung der Nutzungsvorstel-lungen der Eigentümer im Hinblick auf die Baulücken sowie der Hinweis auf ein mögli-ches Baugebot erforderlich. Die Ermittlung der Nutzungsvorstellungen der Eigentümer sollte schriftlich erfolgen durch ein formloses Anschreiben mit der Anfrage nach Nut-zungsabsichten, dem Hinweis auf kommunale Beratungsangebote, der Einladung zu einem persönlichen Gespräch und einer termingebundenen Rückantwort. Bei ausblei-bender Reaktion sollte eine 1. Erinnerung mit einer erneuten Betonung der Absicht der Gemeinde im Hinblick auf die Schließung von Baulücken versendet werden. In einem 2. Erinnerungsschreiben kann der Vorschlag zum Verkauf unterbreitet sowie auf die Möglichkeit zum Erlassen eines Baugebots nach § 176 BauGB hingewiesen werden (Hessisches Ministerium des Innern S. 57 f.).

Nach § 176 Abs. 1 BauGB kann eine Gemeinde im Geltungsbereich eines Bebau-ungsplans den Eigentümer eines Baulückengrundstücks durch ein Baugebot zur Be-bauung entsprechend der Festsetzungen des BeBe-bauungsplans innerhalb einer

ange-messenen Frist verpflichten. Baugebote sind nach § 176 Abs. 2 BauGB auch im unbe-planten Innenbereich zulässig, u. a. um Baulücken zu schließen. Die Zulässigkeit von Vorhaben richtet sich in diesem Fall nach § 34 BauGB (Franz 2000, S. 442).134

Der Erlass eines Baugebots ist jedoch stets das letzte Mittel, um Baulandreserven ei-ner Bebauung zuzuführen. Deshalb müssen dieser Maßnahme sehr umfangreiche Bemühungen vorausgehen, den Eigentümer zur Bebauung oder zum Verkauf des Baulückengrundstücks zu veranlassen. Scheitern diese Versuche und liegen die ge-setzlichen Voraussetzungen zum Erlass eines Baugebots vor, kann der Eigentümer zu einem Erörterungstermin nach § 175 BauGB vorgeladen werden, der eine Beratung über eine mögliche Durchführung der Baulückenschließung beinhaltet (Franz 2000, S. 433 f.).

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Baugebots sind gegeben, wenn die Bebauung aus städtebaulichen Gründen oder wegen des dringenden Wohn-bedarfs der Bevölkerung erforderlich (§ 175 Abs. 2 BauGB) und objektiv wirtschaftlich (§ 176 Abs. 3 BauGB) ist. Als Argumente einer städtebaulichen Erforderlichkeit können z. B. die Bodenschutzklausel (§ 1a Abs. 1 BauGB) und die bessere Ausnutzung beste-hender Infrastruktur angeführt werden. Die Wirtschaftlichkeit der Baulückenschließung muss lediglich objektiv und nicht subjektiv zumutbar sein. Der Eigentümer kann auf-grund einer subjektiven wirtschaftlichen Unzumutbarkeit verlangen, dass die Gemeinde das Grundstück übernimmt (Franz 2000, S. 433 ff.).

Die tatsächliche Anwendung des Baugebots ist mit einem hohen Aufwand für die Kommune sowie langen Verfahrenswegen verbunden. Trotz dieser Probleme kann das Baugebot ein wirkungsvolles Instrument zur Schließung städtebaulich bedeutsamer Baulücken darstellen. Allein die Androhung eines Baugebots löst häufig die Bereit-schaft des Eigentümers zur freiwilligen Bebauung oder zur Veräußerung an Bauwillige aus (Franz 2000, S. 435). Bisher scheuen sich allerdings aufgrund der deutlichen Nachteile eines restriktiven Zwangsinstruments (v.a. Konflikte mit den Bürgern, schwie-rige Verfahren) viele Kommunen, das Instrument des Baugebots anzuwenden. Anstelle einer stärkeren Nutzung von Zwangsmitteln scheint es angebracht, verstärkt Anreize für die Nutzung des vorhandenen Bauland-, Umnutzungs- und Nachverdichtungspo-tenzials zu setzen (Spannowsky 2002, S. 59 ff, S. 69).

Beispiel „Baulückenaktion der Stadt Köln“

Das kommunale Baulückenprogramm der Stadt Köln ist ein Bestandteil des Pro-gramms Wohnungsbau 2000. Dieses enthält den Auftrag an die Verwaltung, die Vor-aussetzungen für die Errichtung von 5000 neuen Wohnungen pro Jahr zu schaffen, da im Wohnungsgesamtplan für den Zeitraum von 1990 bis 2010 der Bedarf von 75000 neuen Wohnungen prognostiziert wurde. Vor diesem Hintergrund spielt die Mobilisie-rung von Baulücken, mindergenutzten Grundstücken und Nachverdichtungspotenzia-len eine besondere Rolle (Bosse, Scheve 1999, S. 30; Stadt Köln 1999, S. 4). Für die Durchführung des Baulückenprogramms ist eine Projektgruppe bestehend aus 6 Ar-chitekten und 2 Verwaltungsmitarbeitern verantwortlich, die im Amt für Stadtsanierung und Baukoordination angesiedelt ist.

134§ 176 Abs. 2 BauGB: Das Baugebot kann außerhalb der in Absatz 1 bezeichneten Gebiete, aber in-nerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile angeordnet werden, um unbebaute oder geringfügig bebaute Grundstücke entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen oder einer baulichen Nutzung zuzuführen, insbesondere zur Schließung von Baulücken.

130 2.5 Instrumente zur Mobilisierung von Flächen

Abbildung B. 11: Verfahrensablauf Baulückenaktion Köln „Positiver Verlauf“ (MSKS 1995, S. 102)

Den ersten Schritt des Programms bildete die Erfassung aller im Stadtgebiet vorhan-denen Baulücken sowie deren lagemäßige Darstellung in Karten. Erstmals flächende-ckend erfasst wurden die Baulücken des Stadtgebiets 1989/90 in einer mit Städtebau-fördermitteln geförderten und von Architekturstudenten durchgeführten Erhebung.

Seitdem werden die Zahlen von der Verwaltung kontinuierlich aktualisiert (Stadt Köln 1999, S. 4). Als Baulücken definiert sind hier „unbebaute Grundstücke an erschlosse-nen Straßen, mit einer Straßenfront bis zu 80 m und bebaute Grundstücke, die zu we-niger als 50 % genutzt werden.“ (Bosse, Scheve 1999, S. 30).

Alle Eigentümer von Baulücken werden angeschrieben, bezüglich ihrer Nutzungsab-sichten im Hinblick auf die Baulücke befragt und auf das städtische Beratungsangebot hingewiesen. Zusätzlich erfolgt eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. So fanden z. B. in einigen Stadtbezirken abendliche Informationsveranstaltungen zur Notwendigkeit der Baulückenschließung statt. Ebenso kooperierte die Stadt Köln mit dem Haus- und Grundbesitzerverein, der einerseits ein ähnliches Beratungsangebot wie die Stadt an-bietet und andererseits die Eigentümer zu einer Zusammenarbeit mit der Stadt auffor-dert (Bosse, Scheve 1999, S. 31; Stadt Köln 1999, S. 8). Bei positiver Reaktion auf das

Anschreiben erfolgt eine Beratung der Eigentümer, die die Erarbeitung eines mit der Bauaufsicht abgestimmten Planungsvorschlags inklusive einer Wirtschaftlichkeitsrech-nung umfasst. Weiterhin werden der Eigentümer und sein Architekt im Baugenehmi-gungsverfahren unterstützt und begleitet (Wolff 2000, S. 6; siehe auch Abbildung B. 11). - ggf. Widerspruch bearb.

- ggf. Klageerwiderung

Abbildung B. 12: Verfahrensablauf Baulückenaktion Köln „Negativer Verlauf“ (MSKS 1995, S. 103)

Zeigen die Eigentümer kein Interesse oder Beantworten die Anfrage nicht, erfolgen zwei weitere Anschreiben, wovon das letzte als Einschreiben mit Rückschein versen-det wird (MSKS NRW 1995, S. 100-103; Bosse, Scheve 1999, S. 32). Bei fortbeste-hender negativer Einstellung des Grundstückseigentümers bezüglich des Verkaufs

132 2.5 Instrumente zur Mobilisierung von Flächen

oder der Bebauung der Baulücke werden die Voraussetzungen zum Erlassen eines Baugebots geprüft.

Ein Baugebot kann erlassen werden, wenn der dringende Wohnbedarf der Bevölke-rung sowie die objektiv wirtschaftliche Durchführbarkeit nachgewiesen sind. Der drin-gende Wohnbedarf der Bevölkerung wird in Köln mit erheblichen Engpässen auf dem Wohnungsmarkt begründet, die durch die Fortschreibung des Wohnungsgesamtplans 1995 dokumentiert sind. Um die objektive Wirtschaftlichkeit der Lückenschließung auf-zuzeigen, wird ein detailliertes und genehmigungsfähiges Nutzungskonzept ausgear-beitet, dessen wirtschaftliche Umsetzbarkeit eine Wirtschaftlichkeitsrechnung prüft (Wolff 2000, S. 7).

Erscheint der Eigentümer nicht zum Erörterungstermin nach § 175 Abs. 1 S. 2 BauGB oder verweigert er auch nach diesem Termin die Zusammenarbeit, wird ein Baugebot erlassen. Dieses besagt, dass innerhalb von sechs Monaten ein genehmigungsfähiger Bauantrag einzureichen und innerhalb von zwei Jahren mit dem Bau zu beginnen ist.

Folgt der Eigentümer dem Baugebot nicht, wird ein Zwangsgeld von 5000 DM erhoben (Wolff 2000, S. 7 f.; siehe auch Abbildung B. 12).

Bis Anfang 2000 wurden in Köln 7 rechtskräftige Baugebote ausgesprochen und 39 Baugebotsverfahren eingeleitet. Nur ein einziges rechtskräftiges Baugebot wurde zwischenzeitlich umgesetzt (Wolff 2000, S. 7 f.). Allein die Androhung des Baugebots und die Durchführung eines Erörterungstermins führte in fast allen Fällen zu einer Akti-vierung der Baulandreserven (Stadt Köln 1999, S. 13). Bis Ende 1999 wurden im Rahmen des Baulückenprogramms 11500 Wohnungen in mehr als 2000 inzwischen geschlossenen Baulücken errichtet (Wolff 2000, S. 3).

2.6 Indikatorengestützte Erfolgskontrolle kommunaler

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