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Hohe Qualität des Wohn- und Arbeitsumfelds

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B Instrumente und Methoden der kommunalen Planung

1 Elemente einer Strategie der qualitativen Innenent- Innenent-wicklungInnenent-wicklung

1.1 Ziele und Kriterien einer qualitativen Innenentwicklung

1.1.3 Hohe Qualität des Wohn- und Arbeitsumfelds

Eine hohe Qualität des Wohn- und Arbeitsumfelds steht in einem engen Zusammen-hang mit einer integrierten Freiraum- und Siedlungsentwicklung und einer angemesse-nen baulichen Dichte. Im Hinblick auf dieses Kriterium werden hier daher die kleinteili-gen, insbesondere städtebauliche Aufwertungen behandelt. Zu berücksichtigen ist, dass Arbeits- und Wohnumgebungen in Abhängigkeit von der städtebaulichen Gestal-tung bei gleicher baulicher Dichte und Freiraumversorgung sowohl eine hohe als auch eine geringe Qualität aufweisen können.

Von einem hochwertigen Wohn- und Arbeitsumfeld kann gesprochen werden, wenn es von Struktur und Gestaltung menschlichen Bedürfnissen entspricht, wenn sich Nutzer mit ihrem Umfeld identifizieren können, wenn Räume eine gestalterische Vielfalt auf-weisen und wenn private, halböffentliche und öffentliche Räume existieren, die sowohl

15 Zu einer vertieften Betrachtung siehe die Fallstudie Leipzig in B.3.4.

16 Zur Ermittlung der baulichen Verdichtungseignung sind auch Baulandpotenzialmodelle (siehe Kapitel B.2.1.3) von Bedeutung.

Rückzug als auch Kommunikation ermöglichen. Für eine hohe Qualität des Wohn- und Arbeitsumfelds sind die folgenden baulichen und sozialen Faktoren gleichermaßen bedeutsam:

Berücksichtigung städtebaulicher Kriterien zur Gestaltung dichter Wohngebiete: Gerade im Rahmen der Innenentwicklung ist der Umgang mit verdichteten städtebaulichen Strukturen von Bedeutung. Durch eine Beachtung bestimmter Gestaltungskriterien, die sich an menschlichen Bedürfnissen orientieren, kann die Qualität des Wohnumfelds auch in dichten und kompakten Strukturen erhöht werden. Beispiele für diese Kriterien sind: Die eindeutige Zuordnung von Räumen zu Bereichen unterschiedlichen Öffentlichkeitsgrads und zu den Nutzergruppen, die individuelle Erschließung von Wohneinheiten, die Schaffung von Vor-gärten und Hauseingangsbereichen und die Integration natürlicher Elemente (Westphal 2000, S. 73 ff.; Newman 1972; Sperling 1999, S. 161 ff.).

Vielfältige und anregende öffentliche Räume: Von Menschen werden vor allem diejenigen Räume bevorzugt, in denen eine Ausgewogenheit zwischen Bekanntem und Neuem vor-liegt (Kruse, Graumann, Lantermann 1990, S. 131 ff.). Die Gestaltung öffentlicher Räume sollte dieses Spannungsfeld zwischen Altbekanntem und Neuem berücksichtigen.

Stadtsanierung und -erneuerung: Eine Strategie qualitativer Innenentwicklung basiert auf einer hohen Qualität und Akzeptanz des Siedlungsbestands. Eine hohe Wohn- und Aufent-haltsqualität in bestehenden Siedlungsstrukturen kann z. T. Abwanderung und damit auch eine weitere Außenentwicklung verhindern. Ansätze einer kleinteiligen Stadtsanierung und -erneuerung können zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualitäten bestehender Siedlungen beitragen.

Einflussmöglichkeiten durch die Bewohner: Die Zufriedenheit der Nutzer mit ihrem Umfeld hängt maßgeblich davon ab, ob sie sich mit diesem Umfeld identifizieren können. Die Zu-friedenheit wird gestärkt, wenn die Bewohner sich ihre Umgebung aneignen können und in-sofern auf Gestaltung und Nutzungsmöglichkeiten Einfluss ausüben. Diese Möglichkeiten der Einflussnahme reichen von einer frühzeitigen Ermittlung der Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer über eine Beteiligung an Planungsprozessen bis zur Beteiligung der Nutzer an der Gestaltung und Verwaltung ihres Umfelds.

1.1.4 Nutzungsmischung

Während in der Nachkriegszeit das Leitbild der Funktionstrennung vorherrschte, wird vor dem Hintergrund der Diskussion um eine nachhaltige Stadtentwicklung der Ruf nach nutzungsgemischten Quartieren lauter, zumal sich aufgrund des wirtschaftlichen und technologischen Wandels die Wohnverträglichkeit v. a. kleiner und mittlerer Be-triebe in den letzten Jahren deutlich erhöht hat. Nutzungsmischung umfasst die funkti-onale Mischung (Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeit), die soziale Mischung (Einkommensgruppen, Haushaltstypen, Lebensstilgruppen) und die baulich-räumliche Mischung im Hinblick auf die Gestaltung (BfLR 1996, S. 20). Hinsichtlich der Körnigkeit der Nutzungsmischung ist zwischen der Mischung innerhalb eines Gebäudes, eines Blocks oder eines Quartiers zu unterscheiden (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 1).

Maßnahmen der Innenentwicklung, z. B. die Entwicklung von innenstadtnahen Brach-flächen, verfügen über besondere Potenziale zur Realisierung von Nutzungsmischung (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 1; Feldtkeller 2001, S. 14 ff.). Ebenso weisen inner-städtische Bestandsgebiete häufig bereits eine feinkörnige Nutzungsmischung aus Wohnen und Arbeiten auf, die es durch den Einsatz planungsrechtlicher Instrumente

14 1.1 Ziele und Kriterien einer qualitativen Innenentwicklung

sowie Information und Beratung zu stabilisieren und zu modernisieren gilt. In Stadter-weiterungsgebieten am Stadtrand erweist es sich dies hingegen als schwierig (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 1). Im Hinblick auf die Steigerung der Umwelt-, Aufenthalts-und Lebensqualität im Rahmen der Innenentwicklung erbringt Nutzungsmischung die folgenden Vorteile:

Voraussetzung für Verkehrsvermeidung: Nutzungsmischung ist eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Voraussetzung zur Vermeidung von Verkehr und zur Verlagerung von Verkehren auf den Umweltverbund (BfLR 1996, S. 20). Vor allem die Nähe von Versor-gungseinrichtungen und Dienstleistungen wird von den Bewohnern angenommen und trägt somit zu einer Verkürzung der Wege und einer häufigeren Bewältigung dieser Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad bei. Aufgrund der hohen Berufsmobilität kann eine Nähe von Wohn-und Arbeitsort allerdings nur selten erreicht werden, sodass eine Verkehrsvermeidung im Berufsverkehr kaum möglich ist. Verkehrsvermeidung bedarf neben einer baulichen und funktionalen Nutzungsmischung begleitender Maßnahmen wie z. B. einer Vergabe von Be-legungsrechten an benachbarte Betriebe oder der Information der Firmen über Wohnungs-angebote im Quartier (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 6).

Hohe Aufenthalts- und Lebensqualität: Nach nutzungsgemischten Quartieren besteht – trotz der damit verbundenen höheren Störungsintensität – eine hohe Nachfrage. Nachfrager sind vor allem solche Personen, die vielfältige und lebendige Stadtquartiere und die Nähe von Angeboten suchen. Nutzungsmischung bedeutet für diese Zielgruppe eine deutliche Ver-besserung ihrer Aufenthalts- und Lebensqualitäten (Feldtkeller 2001, S. 10 ff.; Pätz, Soehl-ke 2001, S. 56 ff.).17

Flexible und robuste Stadtquartiere: Ein wesentlicher Vorteil nutzungsgemischter Quartiere besteht in ihrer Robustheit. Sie sind gegenüber strukturellen Änderungen weitaus flexibler und damit anpassungsfähiger als monofunktionale Quartiere am Stadtrand (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 5; Feldtkeller 2001, S. 39). Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass die externen ökologischen und sozialen Kosten von Mischquartieren mit sich weiter ausdifferenzierenden Lebens-, Arbeits-, Bildungs- und Erholungsformen deutlich geringer sind als diejenigen monofunktionaler Quartiere (Stadt München 1995, S. 49 ff.). Aus Nut-zungsmischung ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile, da in nutzungsgemischten und dichten Quartieren die Wirtschaftlichkeit technischer und sozialer Infrastruktur sowie von Versorgungseinrichtungen erhöht wird (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 5).

Auf einer strategischen Planungsebene ist eine grundsätzliche Zuordnung der Nutzun-gen zueinander möglich, z. B. durch die Festsetzung von Bauflächen und Baugebieten im Flächennutzungsplan (MI und MK für eine feinkörnige Mischung und WA, GE, MI oder SO für eine grobkörnige Nutzungsmischung) (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S.

3). Zur Operationalisierung und Realisierung von Nutzungsmischung ist v. a. die Ebene konkreter Projekte von Bedeutung. Dabei sind sowohl die verbindliche Bauleitplanung als auch informelle Instrumente wie z. B. Beratung und Betreuung von Investoren und vertragliche Regelungen von Bedeutung (Breuer, Müller, Wiegandt 2000, S. 4; Pätz, Soehlke 2001, S. 57 ff.).

17 Das Beispiel „Tübingen Französisches Viertel“ zeichnet sich durch eine offensive Vermarktungsstrate-gie der Vorteile der Nutzungsmischung aus. Mit dem Slogan „Mischen sie mit“ wurde erfolgreich für ein lebendiges und nutzungsgemischtes Stadtquartier geworben.

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