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Fallstudie Dresden

Im Dokument 41 04 (Seite 197-200)

B Instrumente und Methoden der kommunalen Planung

Kategorie 1. Klassische Baulücken:

3 Fallstudien zu den Städten Dresden, Münster, Leipzig und Monheimund Monheim

3.2 Fallstudie Dresden

„Integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung als komplexer Ge-samtzusammenhang“

Zur Umsetzung einer qualitativen Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden ist das Qualitätskriterium „Integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung“ von besonde-rer Bedeutung. Eine integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung dient gleicherma-ßen dem Ressourcenschutz, der Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Land-schaftspflege sowie der Erhöhung der Aufenthalts- und Lebensqualität durch die Be-wahrung und Schaffung von Erholungsflächen für die Bevölkerung im Innen- und Au-ßenbereich.

Für eine integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung ist es wichtig, das komplexe Zusammenspiel zwischen dem Schutz und der Entwicklung von Grün- und Freiflächen im Innen- und Außenbereich sowie der Lenkung der Siedlungsentwicklung in den Be-stand einerseits und den komplexen Erfolgsfaktoren einer kommunalen Handlungs-strategie (formelle Instrumente, finanzpolitische Rahmenbedingungen und kulturelle In-Wert-Setzung von Freiflächen) andererseits zu beachten.

Eine Handlungsstrategie, die diesen Anforderungen entspricht, wurde von der Stadt Dresden entwickelt, nicht zuletzt, um die stadtbildprägende, identitätsstiftende Stadt-und Landschaftsstruktur Dresdens zu erhalten Stadt-und zu entwickeln. Die Praxisbeispiele der Stadt Dresden veranschaulichen die allgemeinen Herausforderungen einer integ-rierten Freiraum- und Siedlungsentwicklung. Die Ergebnisse der Fallstudie regen damit zur strategisch orientierten Anwendung des Kriteriums „Integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung“ an.157

3.2.1 Leitbildebene und strategische Planungsansätze

3.2.1.1 Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Stadt Dresden

Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Stadt Dresden (im Folgenden kurz: SEK) ist eine sonstige Planung im Sinne des § 1 Abs. 5 Nr. 10 BauGB. Durch das IN-SEK steuert die Stadt Dresden ihr Handeln mittels Selbstbindung in Form eines politi-schen Beschlusses (Stadt Dresden 2002). Das INSEK verdeutlicht implizit, dass sich die Stadt Dresden am Leitbild einer qualitativen Innenentwicklung orientiert:

• Mit dem INSEK bringt die Stadt Dresden ihre Verpflichtung gegenüber dem Leitbild der

„Europäischen Stadt“ zum Ausdruck, „d. h. einer kompakten Stadt mit einem funktionsfähi-gen und attraktiven Stadtzentrum und einer unverwechselbaren Stadtsilhouette sowie ei-nem ablesbaren Stadtgrundriss, eine Stadt mit einer lebendigen Stadtkultur, mit einer Mi-schung von Nutzungen auf engstem Raum und schließlich einer Stadt mit einem Weichbild, das erkennen lässt, wo die Stadt anfängt und wo sie aufhört sowie einer städtischen Peri-pherie, die in erster Linie durch den sie umgebenden Natur- und Landschaftsraum bestimmt wird.“ (Stadt Dresden 2001a, S. 4)

157Neben dem hier betrachteten Aspekt einer integrierten Freiraum- und Siedlungsentwicklung verfolgt die Stadt Dresden weitere Handlungsansätze einer qualitativen Innenentwicklung. Zu nennen sind hier beispielsweise ein Baulandkataster sowie die Koordinierung von baulichen und freiraumplanerischen Ansätzen bei einem Nachverdichtungsprojekt in Dresden Pieschen.

154 3.2 Fallstudie Dresden

• Das INSEK besteht zum einen aus sektoralen gesamtstädtischen Planungen für Wohnen, Arbeiten, Gewerbe und Wirtschaft, Verkehr, Stadt und Landschaft, Umwelt und Natur, Zent-ren, Stadttechnik sowie Kultur-, Bildungs-, Sport-, Freizeit- und Sozialeinrichtungen.

• Zum anderen werden räumliche und funktionale Schwerpunkte der Stadtentwicklung defi-niert und für diese Maßnahmenpläne und Teilraumkonzepte entwickelt.

Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Stadt Dresden wird im Folgenden nicht vollständig in die Betrachtung einbezogen. Es interessieren vor allem diejenigen Aus-sagen, mit denen die Möglichkeiten einer differenzierter Handhabung des komplexen Qualitätskriteriums „Integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung“ veranschaulicht werden können.

Schutz und Entwicklung von Freiflächen im Außenbereich und Bestand durch eine differenzierte Handlungsstrategie

Das INSEK Dresdens steht in der Tradition von Planungen zur Gewährleistung einer integrierten Freiraum- und Siedlungsentwicklung, welche sich von den ersten Bauzo-nenplänen bis zu den heutigen Planungsansätzen erstreckt.158

In Bezug auf die Freiraumentwicklung nennt das Integrierte Stadtentwicklungskonzept die Ziele, die vorhandenen Landschafts- und Freiraumpotenziale zu sichern sowie die aus Parks, Bachläufen und weiteren Grünverbindungen bestehenden inneren Land-schaften aufzuwerten und mit den äußeren LandLand-schaften zu vernetzen. Damit gilt es, die Freiräume im Außenbereich zu erhalten und diese mit bestehenden und noch zu schaffenden Freiräumen im städtischen Zentrum zu verknüpfen.

Der vor allem angesichts des hohen Leerstands von Wohn- und Gewerbegebäuden erforderliche Rückbau von Siedlungen im Außenbereich soll auch als Chance zur Wie-dergewinnung von Freiräumen gesehen werden (Stadt Dresden 2001a, S. 44). Zu prüfen ist auch die zwischenzeitliche Freiraumnutzung von Flächen, deren bauliche Inanspruchnahme bisher ausgeblieben ist (Stadt Dresden 2001a, S. 37).159

Zur Veranschaulichung und Differenzierung der Ziele einer integrierten Freiraum- und Siedlungsentwicklung unterscheidet die Stadt Dresden drei Handlungsfelder zur Ent-wicklung der Landschaftsstruktur und neun zur EntEnt-wicklung der Stadtstruktur (vgl. Ta-belle B. 18). Dass es sich um einen qualitätsorientierten Klassifikationsansatz handelt, zeigen vor allem die Bezeichnungen der Handlungsfelder (z. B. „Erhaltungs- und Ge-duldsräume“ der Landschaftsstruktur). Hervorstechend ist zudem die für Dresden spe-zifische Orientierung an Fragen eines auch ästhetisch überzeugenden Stadtbilds, nicht zuletzt in Anlehnung an das historisch überlieferte Bild vom „Alten Dresden“160.

158Aussage einer Vertreterin des Stadtplanungsamts auf dem Fachdialog zum Integrierten Stadtentwick-lungskonzept am 13.11.2001.

159Mit dem Projekt „Grün auf Zeit“ wird ein Beispiel für eine solche „Zwischennutzung als Freiraum“ gege-ben (vgl. unten Abschnitt B.3.2.2.1).

160Zur motivierenden Funktion von Bildern für Handlungsansätze auf der Leitbildebene vgl. oben Ab-schnitt B.3.1.3.1.

Tabelle B. 18: Handlungsfelder der Landschafts- und Stadtstruktur der Stadt Dresden (Eigene Darstellung nach Stadt Dresden 2001a, S. 39)

Handlungsfelder Charakteristik Handlungsansätze

Landschaftsstruktur Erhaltungs- und

Ge-duldsräume • Positiv prägende Bestandteile der Land-schaftsstruktur

• Freiflächen, in denen Aufwertungs-maßnahmen erforderlich sind

• Vermeidung und Beseitigung von Beeinträchtigungen

Reanimationsräume • Innerstädtische Grünzüge, die durch Verbauung oder Fehlnutzung negativ be-einträchtigt werden

• Rücknahme der Beeinträchti-gungen

Neuordnungs- und

Füll-räume • Negativ geprägte Landschaftsräume • Flächenhafte Umgestaltung, um eine landschaftlich geprägte Er-scheinung zu erreichen Stadtstruktur

Rekonstruktionsfelder • Zentrale stadtbildprägende Bereiche • Höchste Priorität für eine kriti-sche Rekonstruktion

Sorgfaltsfelder • Quartiere, die durch ihre Nähe zu stadt-bildprägenden Bereichen diese unmittel-bar beeinflussen

• Behutsame Entwicklung, stadt-bildprägender Strukturen als Vermittlung zwischen histori-scher Struktur und neuer Stadt durch Verdichtungen, Raumbil-dungen, hochwertige Baukörper und Freiraumgestaltung Reanimationsfelder • Bereiche mit stadtstrukturellen Mängeln

auf intaktem Stadtgrundriss

• Planmäßig entstandene homogene Strukturen

• Wiederbelebung von Stadt-struktur und -bild durch hoch-bauliche Maßnahmen, die Ges-taltung des öffentlichen Raumes und Erschließung

Umstrukturierungsfelder • Siedlungen industrieller Bauweise • Beseitigung von Defiziten

• Aufwertung und Qualifizierung erhaltenswerter Strukturen

• Um- und Rückbau Neuordnungsfelder • Bereiche, deren überdimensionierte

Strukturen Stadt- und/oder Landschafts-bild aufgrund der Lage im Hangbereich, an Magistralen oder im/angrenzend an den Landschaftsraum beeinträchtigen

• Um- und Rückbau

• Zurückgewinnung von Land-schafts- und Grünräumen

• Gestaltung der öffentlichen Räume

Füllfelder • Bereiche mit bestehendem Baurecht • Entwicklung Erhaltungsfelder • Bereiche mit weitgehend intakten

Struk-turen

• Sicherung städtebaulicher Qua-litäten

Geduldsfelder • Bereiche, die benachbarte Räume zwar negativ beeinträchtigen, jedoch nicht kurzfristig aufgewertet werden können

• Kontinuierliche Neuordnung

Magistralen • Grundgerüst der verkehrlichen Erschlie-ßung, von dem man als Besucher oder Bewohner die Stadt erlebt

• Herstellung stadtgestalterisch angemessener Räume

• Vorleistungen der öffentlichen Hand als Initialzündung für eine weitere Entwicklung

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Die Stadt Dresden differenziert also das Qualitätskriterium „Integrierte Freiraum- und Siedlungsentwicklung“ in einen Katalog von zwölf Handlungsfeldern mit entsprechen-den Handlungsansätzen zur integrierten Entwicklung der Stadt- und Landschaftsstruk-tur. Diese Klassifikation dient zur flächendeckenden Abbildung von räumlich konkret verorteten Handlungsansätzen auf gesamtstädtischer Ebene in Form einer visuellen Darstellung.

Lenkung der Siedlungsentwicklung in den Bestand

Vor dem Hintergrund einer ressourcenschonenden Siedlungsentwicklung wird im Integ-rierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Dresden eine bauliche Wiedernutzung von Brachflächen und damit eine Lenkung der Siedlungsentwicklung in den Bestand ange-strebt. Um eine weitere Zersiedlung und den daraus resultierenden Anstieg der CO2 -Emissionen einzudämmen sowie die Funktionsfähigkeit städtischer Infrastrukturen zu sichern, ist die künftige Siedlungsentwicklung vor allem auf vorhandene Flächenpoten-ziale im Bestand zu lenken (Stadt Dresden 2001a, S. 42).

Gerade für Wohnnutzungen wird im INSEK eine weitgehende Innenentwicklung ange-strebt. Damit erfolgt zu einem gewissen Grad auch eine Korrektur der bestehenden strategischen Planungen, in dem Standorte, die im Flächennutzungsplan als Wohn-baustandorte ausgewiesen sind, wieder zurückgenommen werden.161 Dazu werden für die Wohnbaustandorte vier verschiedene Prioritäten definiert und Standorte für 2.700 Wohneinheiten vorgeschlagen, die zurückzustufen sind. Weiterhin werden Standorte für insgesamt 9.400 Wohneinheiten identifiziert, die grundsätzlich für eine Wohnbe-bauung geeignet, jedoch erst langfristig zu entwickeln sind.

Im Einzelnen werden in diesem Zusammenhang die folgenden Entwicklungsziele for-muliert (Stadt Dresden 2001a, S. 15):

Schwerpunkt Bestandsentwicklung: In den nächsten 10 Jahren soll der Schwerpunkt des Wohnungsbaus in der Weiterentwicklung und Aufwertung des Wohnungsbestands liegen.

Dabei sind Sanierung und Stadtumbau gezielt zur Qualitätsaufwertung anzuwenden, um die Nutzungsansprüche verschiedener Bewohner im Bestand erfüllen zu können.

Stärkung der Wohneigentumsbildung im Bestand: Angestrebt wird die Förderung der Bil-dung von selbstgenutztem Wohneigentum im Bestand.

Aufwertung von Wohngebieten durch Umbau: Der in einigen Gebieten hohe Leerstand bie-tet eine Möglichkeit zur Verbesserung der Wohnqualität durch Entdichtung, Auflockerung und Durchgrünung von Quartieren sowie die Beseitigung stadtgestalterischer Missstände.

Wohnungsneubau vorrangig durch Innenentwicklung: Auch der Wohnungsneubau soll vor allem im Innenbereich erfolgen. Wohnungen sollten nur dann neu gebaut werden, wenn der Wohnungsbedarf nicht im Bestand gedeckt werden kann.

Auch für gewerbliche Nutzungen wird das Ziel einer Innenentwicklung genannt. Die Entwicklung von Gewerbeflächen auf Altstandorten oder stadträumlich integrierten Standorten soll Vorrang haben vor einer Nutzung bisheriger Freiflächen im

161Gespräch mit einem Vertreter des Stadtplanungsamts.

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