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3 Pflegebedürftige in Privathaushalten

3.5 Informationsstand, Begutachtung und Beratung .1 Informationsstand zur Pflegeversicherung

3.5.2 Inanspruchnahme von Pflegeberatung

Seit 1.01.2009 haben Pflegebedürftige nach § 7a SGB XI einen Rechtsanspruch auf eine individuelle Pflegeberatung. Aufgabe des Pflegeberaters bzw. der Pflegeberaterin ist es insbesondere, einen in-dividuellen Versorgungsplan zu erstellen, der nicht nur die Leistungen der Pflegeversicherung und gegebenenfalls weitere Sozialleistungen umfasst, sondern auch sonstige Hilfsangebote, die auf die Unterstützung von Menschen mit Pflege-, Versorgungs- oder Betreuungsbedarf ausgerichtet sind.

Darüber hinaus soll der Pflegeberater bzw. die Pflegeberaterin die Umsetzung des Versorgungsplans begleiten, die Pflegebedürftigen bei der Einholung der Genehmigungen durch den jeweiligen Leis-tungsträger unterstützen und den Versorgungsplan im Fall einer Bedarfsänderung entsprechend an-passen. Ziel dieser neuen Regelung ist es, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen das jeweils für sie passende Pflegearrangement finden und bei Bedarf und auf Wunsch auch bei der Umsetzung unterstützt werden. Der Rechtsanspruch auf eine individuelle Pflegeberatung war 2010 weniger als einem Drittel der Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen bekannt, und nur zehn Prozent nutzten die Pflegeberatung.

19 Teilweise fiel es den Befragten schwer zu beurteilen, wie leicht oder schwer man sich über die Qualität von Pflege informieren kann. Hier sind viele fehlende Anteile zu verzeichnen; dies gilt sowohl für teilstationäre Pflege wie auch für Heime.

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Sozialforschung

2016 haben 29 Prozent der Pflegebedürftigen eine Pflegeberatung genutzt, wobei in diesem Anteil nicht ausschließlich Beratungen nach § 7 eingeschlossen sind, sondern auch Pflegeberatung im wei-teren Sinne verstanden wurde. Wenn eine Pflegeberatung stattgefunden hat, dann in 62 Prozent der Fälle in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen oder weitaus seltener zuhause bei der Hauptpflegeperson, wenn diese nicht im selben Haushalt lebt. In 16 Prozent der Fälle wurde in einem Pflegestützpunkt beraten. Jeder Zehnte erhielt die Pflegeberatung direkt bei der Pflegekasse. Nur ein kleiner Teil der Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen ließ sich in einer unabhängigen Beratungs-stelle oder telefonisch beraten (Tabelle 3.30). In den meisten Fällen fand die Beratung der Pflegebe-dürftigen gemeinsam mit ihren Angehörigen statt (61%). Fast ein Viertel der Beratungen wurde mit Angehörigen ohne die pflegebedürftige Person durchgeführt. In zwölf Prozent der Fälle wurde aus-schließlich die pflegebedürftige Person beraten. Die Hälfte der Beratungen erfolgte innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung. Betrachtet man den Zeitpunkt der Beratung nur für Pflegebedürf-tige, die seit Anfang 2013 Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, erhöht sich der Anteil der Beratungen innerhalb von zwei Wochen nicht (51%). Um die Information und Beratung von Pflege-bedürftigen sicherzustellen, führte das PNG ein, dass die Pflegekassen den Antragstellern innerhalb von zwei Wochen einen Ansprechpartner benennen müssen.

Tabelle 3.30: Pflegeberatung, 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten, die eine Pflegeberatung in An-spruch genommen haben

2016 Wo fand die Beratung statt? (Mehrfachnennungen)

Bei der Pflegekasse 10

In einem Pflegestützpunkt 16

Bei einer unabhängigen Beratungsstelle mit Beratungsgutschein 2

Bei Compass telefonisch 2

Zuhause 62

Sonstiges 13

Wer wurde beraten?

Nur pflegebedürftige Person 12

Angehörige ohne die pflegebedürftige Person 23

Pflegebedürftige Person gemeinsam mit den Angehörigen 61

Pflegebedürftige und Angehörige, aber getrennt 4

Zeitpunkt der ersten Beratung (wenn angegeben)

Innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung 50

Zwischen zwei und fünf Wochen nach Antragstellung 24

Später als fünf Wochen nach Antragstellung 26

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

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Diejenigen, bei denen der Leistungsbezug der Pflegeversicherung nach Anfang 2009, also als der Rechtsanspruch schon gültig war, eintrat, haben mit 30 Prozent etwas häufiger eine Pflegeberatung in Anspruch genommen als diejenigen, die bereits seit 2008 oder früher pflegebedürftig sind. Sie haben sich etwas häufiger mit 18 Prozent bei Pflegestützpunkten beraten lassen. Die Unterschiede sind allerdings geringer als erwartet.

Ein zentrales Element der Pflegeberatung ist die Erstellung eines Versorgungsplans, der die individu-elle Situation der pflegebedürftigen Person berücksichtigt. Knapp zwei Drittel derjenigen, die eine Pflegeberatung in Anspruch genommen haben, berichten, dass der Pflegeberater bzw. die Pflegebe-raterin einen solchen Versorgungsplan erstellt hat. Die Pflegebedürftigen wurden hierbei ganz über-wiegend einbezogen (Abbildung 3.87).

Darüber hinaus hat der Pflegeberater bzw. die Pflegeberaterin überwiegend die Wünsche und Be-dürfnisse der pflegebedürftigen Person berücksichtigt und Hinweise auf Angebote der Selbsthilfe, staatliche Sozialleistungen sowie Angebote in der Region gegeben. In der Hälfte der Fälle wurde ein Folgetermin vereinbart. Bei einem Drittel der Beratungen wurden auch notwendige Kontakte herge-stellt. 41 Prozent der Pflegebedürftigen, die eine Beratung in Anspruch genommen haben, wurden von ihrem Pflegeberater bzw. ihrer Pflegeberaterin bei der Einholung von erforderlichen Genehmi-gungen unterstützt.

Abbildung 3.87: Merkmale der individuellen Pflegeberatung 2010 und 2016 (Mehrfachnennungen, %)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten, die eine Pflegeberatung in An-spruch genommen haben

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Eingehen auf Wünsche und Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person Erstellung eines Versorgungsplans Unterstützung bei Einholung von Genehmigungen Herstellung notwendiger Kontakte Hinweis auf Angebote der Selbsthilfe Information über Angebote in der Region Hinweis auf staatliche Sozialleistungen

Vereinbarung eines Folgetermins

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Sozialforschung

Abbildung 3.88: Verbesserung der Pflegesituation durch die Pflegeberatung, 2016 (%) Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten, die eine Pflegeberatung in An-spruch genommen haben

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Insgesamt berichten zwei Drittel der Pflegebedürftigen, dass sich bei ihnen die Pflegesituation durch die Pflegeberatung verbessert hätte (Abbildung 3.88). 14 Prozent der Pflegebedürftigen sehen für sich eher keine Verbesserung der Pflegesituation, 18 Prozent sagen, dass dies gar nicht der Fall war.

2016 waren 37 Prozent derjenigen, die eine Pflegeberatung in Anspruch genommen haben, mit der Beratung sehr zufrieden. Weitere 47 Prozent waren zufrieden. 17 Prozent waren allerdings weniger zufrieden oder sogar unzufrieden. 2010 war noch die Hälfte der Pflegebedürftigen oder deren Ange-hörige sehr zufrieden mit der Pflegeberatung und weitere 35 Prozent waren zufrieden (Abbildung 3.89).

28%

38%

14%

18%

Ja, sehr Ja, aber nur etwas Eher nicht Gar nicht

Fehlend zu 100 = Keine Angabe

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Abbildung 3.89: Zufriedenheit mit der Pflegeberatung 2010 und 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten, die eine Pflegeberatung in An-spruch genommen haben

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Zwei Fünftel der Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen, die bisher keine Pflegeberatung in spruch genommen haben, war diese Leistung nicht bekannt (Abbildung 3.90). Aus den offenen An-gaben wird deutlich, dass einige sich diese Information gewünscht hätten und es gut gefunden hät-ten, wenn aktiv auf sie zugegangen worden wäre. Zum Teil herrscht zusätzlich zur Unbekanntheit der Leistung aber auch die Meinung, bereits schon genügend über die Pflegesituation zu wissen. Dass bereits ausreichend Informationen über andere Wege beschafft wurden, ist für die große Mehrheit ein Argument, warum keine Beratungsleistungen in Anspruch genommen wurden (61%). Jeder Zehnte führt an, dass aufgrund der belastenden Pflegesituation keine Zeit für die Beratung ist. Acht Prozent der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen geben zu, Schwierigkeiten damit zu haben, mit Fremden über ihre häusliche Pflegesituation zu sprechen. Aber auch organisatorische Gründe wie

„Beratungsstelle ist zu weit weg“ und „kein passender Termin“ werden angesprochen.

50

35 37

47

11 11

4 6

2010 2016

Sehr zufrieden Zufrieden Weniger zufrieden Unzufrieden

Fehlend zu 100 = Keine Angabe

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Sozialforschung

Abbildung 3.90: Gründe für eine Nicht-Inanspruchnahme der Pflegeberatung, 2016 (%) Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten, die keine Pflegeberatung in An-spruch genommen haben

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Die Ergebnisse der Repräsentativbefragung zeigen, dass mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen keine Pflegeberatung in Anspruch genommen haben. 40 Prozent geben als Grund hierfür an, dass ihnen dieser Anspruch nicht bekannt war. Hier besteht noch ein Informati-onsdefizit, das es zu beheben gilt. Denn nur wenn den Betroffenen der Rechtsanspruch auf eine umfassende Beratung bekannt ist, haben sie überhaupt die Gelegenheit, diese Beratungsleistung auch zu nutzen und so das bestehende Pflegearrangement mit Unterstützung des Pflegeberaters oder der Pflegeberaterin optimal zu gestalten und alle hierfür zur Verfügung stehenden Leistungen der Pflegeversicherung oder anderer Träger in Anspruch zu nehmen.

Auf Frage nach den Gründen geben die meisten Pflegebedürftigen oder deren Angehörige an, dass die Beratung aus ihrer Sicht nicht notwendig war. Vielleicht waren aber auch die Inhalte der Pflege-beratung nicht hinreichend bekannt, so dass der Nutzen nicht richtig eingeschätzt werden konnte.

Dies kann dazu geführt haben, dass die Kosten der Inanspruchnahme höher eingeschätzt wurden als der erwartete Nutzen. Zu den Kosten zählen dabei nicht nur Zeit oder Geld in Form von Fahrtkosten, sondern z. B. auch die Überwindung der Bedenken, mit einer fremden Person über Details der priva-ten Pflegesituation zu sprechen.