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3 Pflegebedürftige in Privathaushalten

3.1 Personelle Merkmale von Pflegebedürftigen

3.1.2 Alter, Geschlecht, Familienstand

Pflegebedürftigkeit kann bereits in jungen Jahren – z. B. bedingt durch eine schwere Krankheit oder einen Unfall – eintreten. Bei der überwiegenden Zahl der Pflegebedürftigen ist aber eine eigene Hochaltrigkeit das charakteristische Merkmal. Knapp die Hälfte der Pflegebedürftigen in Privathaus-halten ist 80 Jahre und älter, das Durchschnittsalter liegt bei 71,3 Jahren. 2010 lag das Durch-schnittsalter aller Leistungsbezieher der Pflegeversicherung in häuslicher Pflege bei 71,9 Jahren. Die-ser Rückgang im Durchschnittsalter ist nach den Ergebnissen der Repräsentativerhebung maßgeblich der Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtigten Leistungsbezieher um Personen der Pflege-stufe 0 geschuldet. Vergleicht man den Wert von 71,9 Jahren aus dem Jahr 2010 mit den Leistungs-beziehern der Pflegestufen I bis III 2016, also ohne Pflegebedürftige der Pflegestufe 0, zeigt sich ein leichter Anstieg des Durchschnittalters auf 72,4 Jahre im Jahr 2016.5

Betrachtet man die Veränderungen in der Altersstruktur der Pflegebedürftigen über die drei Reprä-sentativerhebungen von 1998, 2010 und 2016 hinweg, so bleibt allerdings der vor dem Hintergrund des demografischen Wandels erwartete leichte Trend in Richtung eines Anstiegs des Alters der Pfle-gebedürftigen zu erkennen. Der Anteil der 75-jährigen und älteren PflePfle-gebedürftigen ist seit 1998 leicht, aber stetig gestiegen. Der seit 2010 ebenfalls wieder leicht gestiegene Anteil der jüngeren

5 Zu den Strukturmerkmalen der Leistungsbezieher der Pflegestufe 0 siehe die folgenden Abschnitte.

42 TNS Infratest

Sozialforschung

Pflegebedürftigen bis 39 Jahre ist, wie bereits erwähnt, auf die Erweiterung des Kreises der Leis-tungsbezieher der Pflegeversicherung um Personen mit der Pflegestufe 0 zurückzuführen. Hier sind die Effekte aber eher gering, so stieg der Anteil von zehn Prozent 2010 auf aktuell elf Prozent (Abbildung 3.5).

Abbildung 3.5: Pflegebedürftige in Privathaushalten – Altersstruktur 1998, 2010 und 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Das im Durchschnitt hohe Alter der Pflegebedürftigen in Privathaushalten spiegelt sich auch in ande-ren soziodemografischen Merkmalen wider.

Drei Fünftel oder 60 Prozent der Pflegebedürftigen in Privathaushalten sind weiblich. In der Gruppe der Hochbetagten ab 80 Jahren trifft dies sogar auf 71 Prozent zu. Grund hierfür ist, dass Frauen im Durchschnitt eine höhere Lebenserwartung als Männer haben und dass insbesondere in den Jahr-gangskohorten, die 1930 und früher geboren sind, der Anteil der Männer an der Gesamtbevölkerung – auch bedingt durch den Zweiten Weltkrieg – nur rund 30 Prozent beträgt. Hochaltrige Männer sind allerdings seltener pflegebedürftig als Frauen derselben Altersgruppen. Besonders groß ist der Un-terschied in der Gruppe der 90-Jährigen und Älteren. Hier sind „nur“ 52 Prozent der Männer, aber 68 Prozent der Frauen pflegebedürftig (Statistisches Bundesamt, 2015a).

Im Zeitverlauf zeigt sich, dass der Anteil der Männer an allen Pflegebedürftigen in Privathaushalten in den letzten Jahren von 36 auf 40 Prozent zugenommen hat. Dieser Zuwachs ist in allen Pflegestu-fen sichtbar.

-15 16-39 40-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90+

1998 2010 2016

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Tabelle 3.2: Pflegebedürftige in Privathaushalten – Strukturmerkmale nach Alter (%) Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

2010 2016

Insgesamt

bis 59 Jahre 60–79

Jahre 80 Jahre und älter

Männlich 36 40 56 45 29

Weiblich 64 60 44 55 71

Verheiratet 36 35 20 55 28

Verwitwet 41 38 1 21 66

Geschieden 7 9 5 18 3

Ledig 16 18 74 6 3

Eingetragene

Lebenspart-nerschaft 0 - 0 0

Kinderlos 21 24 75 16 7

1 Kind 22 21 8 23 26

2 Kinder 29 30 12 36 34

3 und mehr Kinder 28 25 5 25 33

Alleinlebend 34 34 19 33 40

2-Personen-Haushalt 39 38 22 55 34

3-Personen-Haushalt 13 15 25 8 15

4- und mehr

Personen-haushalt 14 13 34 4 11

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

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Sozialforschung

Etwas mehr als ein Drittel der Pflegebedürftigen in Privathaushalten ist verheiratet, 38 Prozent sind verwitwet und 18 Prozent sind ledig (Tabelle 3.2). Insgesamt haben drei Viertel der Pflegebedürftigen in privaten Haushalten Kinder. Erwartungsgemäß bestehen bei beiden Merkmalen Unterschiede zwi-schen den verschiedenen Alterskohorten. Pflegebedürftige unter 60 Jahre sind in der Mehrzahl ledig und kinderlos, und fast 60 Prozent von ihnen leben in einem Haushalt mit drei und mehr Personen.

Von den 60- bis 79-Jährigen ist etwas mehr als die Hälfte verheiratet, und ein großer Teil von ihnen lebt zu zweit mit dem Partner in einem Haushalt. Diejenigen, die 80 Jahre und älter sind, sind über-wiegend verwitwet, und mit 40 Prozent ist der Anteil der Alleinlebenden in dieser Gruppe am größten.

Gut ein Viertel von ihnen lebt in einem Haushalt mit drei oder mehr Personen.

Nach den Daten der BARMER GEK ist der Altersdurchschnitt der pflegebedürftigen Männer von 2012 auf 2015 von 64,5 auf 65,1 Jahre angestiegen (ermittelt aus klassierten Werten für 5-Jahres-Altersklassen). Bei den Frauen zeigt sich ein etwas geringerer Anstieg des Durchschnittsalters von 74,7 Jahren auf 75,0 Jahre. Diese leichten, für den kleinen Betrachtungszeitraum dennoch merklichen Veränderungen zeigen sich auch in Abbildung 3.6 und Abbildung 3.7.

Abbildung 3.6: Altersstruktur pflegebedürftiger Männer Basis: Versicherte der BARMER GEK, Hochrechnung auf die BRD

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

0%

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100%

2012 2013 2014 2015

0-60 60-80 80-85 85-90 90+

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Abbildung 3.7: Altersstruktur pflegebedürftiger Frauen Basis: Versicherte der BARMER GEK, Hochrechnung auf die BRD

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

Bei den Männern zeigt sich der Effekt insbesondere bei den 85-Jährigen und Älteren, deren Anteil an allen Pflegebedürftigen von 16,8 Prozent im Jahre 2012 auf 18,6 Prozent im Jahr 2015 ansteigt. Bei den Frauen ist der Anstieg des Anteils der 90-Jährigen und Älteren an allen Pflegebedürftigen von 15,6 Prozent auf 16,6 Prozent bemerkenswert.

Auch das Geschlechterverhältnis verschiebt sich im Betrachtungszeitraum geringfügig (Tabelle 3.3).

So steigt der Männeranteil an allen Pflegebedürftigen im Betrachtungszeitraum um 0,8 Prozent-punkte, während der Frauenanteil entsprechend sinkt. Damit zeichnet sich hier bereits ab, dass Pflege „männlicher“ wird, ein Trend, der auch für die Zukunft zu erwarten ist (Rothgang et al. 2016:

85).

Tabelle 3.3: Geschlechteranteile der Pflegebedürftigen (%) Basis: Versicherte der BARMER GEK, Hochrechnung auf die BRD

2012 2013 2014 2015

Männer 42,4 42,7 42,9 43,2

Frauen 57,6 57,3 57,1 56,8

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

0%

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2012 2013 2014 2015

0-60 60-80 80-85 85-90 90+

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Sozialforschung

3.1.3 Familienformen

2016 leben 34 Prozent der Pflegebedürftigen alleine ohne weitere Angehörige in ihrem Haushalt, 28 Prozent leben gemeinsam mit dem Partner, und 17 Prozent der Pflegebedürftigen leben nach dem Tod des Ehepartners gemeinsam mit Angehörigen zusammen (Abbildung 3.8). Vergleicht man die aktuellen häuslichen Lebensformen der Pflegebedürftigen in Privathaushalten mit denen von 2010, so zeigt sich ein weitgehend gleiches Bild. Blickt man weiter zurück, wird deutlich, dass 1998 der Anteil der alleinlebenden Pflegebedürftigen um zwölf Prozentpunkte niedriger lag, ebenso lag der Anteil der Verwitweten, die bei Angehörigen lebten, mit 28 Prozent deutlich höher als heute. Es ist anzunehmen, dass dieser Wandel in den Lebensformen Pflegebedürftiger hin zu alleinlebenden Pfle-gebedürftigen durch einen sozialen Wandel bedingt ist. Damit zeigt sich nach einer Konsolidierungs-phase in den ersten Jahren nach Einführung der Pflegeversicherung eine Stabilisierung der häuslichen Pflege. Schon 2010 wurde angenommen, dass der Wunsch der Pflegebedürftigen, auch nach dem Tod des Partners noch möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung zu leben, zugenommen hat. Mög-licherweise spielt dabei auch der Wunsch, den Angehörigen nicht mehr als nötig zur Last zu fallen, eine Rolle. Andererseits mögen auch die Angehörigen selber darauf hinwirken, noch möglichst lange eine räumliche Distanz zu der pflegebedürftigen Person zu wahren. Dies lässt sich anhand der erho-benen Daten allerdings nicht überprüfen.

Ein weiterer Grund für die Zunahme der 1-Person-Haushalte unter den Pflegebedürftigen dürfte darin liegen, dass die Leistungen der Pflegeversicherung und der Ausbau der wohnortnahen Versorgungs-strukturen diese Lebensform zunehmend erleichtern. Es kann also als Verdienst der Pflegeversiche-rung angenommen werden, dass alleinlebende pflegebedürftige Menschen trotz ihres Hilfebedarfs die Möglichkeit haben, weiter in ihrer gewohnten Umgebung zu leben und der Umzug ins Alten- und Pflegeheim kein Automatismus wurde.

Abbildung 3.8: Pflegebedürftige in Privathaushalten – Häusliche Lebensformen 1998, 2010 und 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Fehlend zu 100 = Keine Angabe

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Neben den verwitweten Pflegebedürftigen, die mit 65 Prozent die Mehrheit der Alleinlebenden stellen, umfasst diese Gruppe auch Menschen mit Behinderung, die – z. T. mit Unterstützung persönlicher Assistenzkräfte – in ihrer eigenen Wohnung leben und so ein in höherem Maße selbstbestimmtes Leben verwirklichen können.

Der Anteil der Pflegebedürftigen, die alleine leben, ist in der Pflegestufe I mit 38 Prozent am höchs-ten. Doch auch von den Pflegebedürftigen, die in Pflegestufe II eingruppiert sind, leben 29 Prozent alleine, und selbst in der Pflegestufe III sind es 15 Prozent, die alleine in ihrer Wohnung leben.

Welche häuslichen Pflegearrangements hinter dieser Lebensform stehen, wird in Abschnitt 3.3.1 be-schrieben.

Alleinlebende Pflegebedürftige geben zu 85 Prozent an mindestens eine private Hauptpflegeperson zu haben. Dabei handelt es sich bei der Mehrheit um die Kinder der pflegebedürftigen Person, die aber nicht im gleichen Haushalt leben. Aber auch Nachbarn finden sich im pflegende Personenkreis.

Alleinlebende geben sogar etwas häufiger an vier und mehr Hauptpflegepersonen zu haben. Weiter beziehen alleinlebende Pflegebedürftige etwas häufiger Sachleistungen und im Gegenzug etwas sel-tener ausschließliche Geldleistungen.

3.2 Finanzielle Situation und Sozialhilfeabhängigkeit