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3 Pflegebedürftige in Privathaushalten

3.3 Pflege und Versorgung in Privathaushalten .1 Pflegearrangements

3.4.1 Entwicklungen bei den Leistungen der Pflegeversicherung

Leistungsbezieher der Pflegeversicherung können nach § 28 SGB XI zwischen verschiedenen Leis-tungen der Pflegeversicherung wählen. Für die laufende häusliche Pflege stehen Pflegegeld, Sach-leistungen, eine Kombination von beidem – die sogenannten Kombinationsleistungen – und teilsta-tionäre Leistungen zur Auswahl. Teilstateilsta-tionäre Leistungen können auch mit Pflegegeld und Sachleis-tungen kombiniert werden.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Leistungen. So übernimmt die Pflegeversicherung im Falle der Verhinderung der privaten Pflegeperson – z. B. bei Urlaub oder Krankheit – für bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr die Kosten für eine häusliche Verhinderungspflege in Höhe von bis zu 1.612 Euro.

Kann die häusliche Versorgung vorübergehend auch mit teilstationären Leistungen nicht sicherge-stellt werden, so besteht pro Kalenderjahr Anspruch auf eine bis zu achtwöchige Kurzzeitpflege in einer stationären Einrichtung. Daneben haben Pflegebedürftige Anspruch auf Pflegehilfsmittel, wie z. B. ein spezielles Pflegebett oder ein Hausnotrufsystem, und – soweit erforderlich – auf Zuschüsse zu technischen oder baulichen Veränderungen des Wohnumfelds in Höhe von bis zu 4.000 Euro je Maßnahme. Seit 1. Januar 2015 sind zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (§ 45b) nicht mehr auf Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz beschränkt, sondern für alle Pflege-bedürftigen in häuslicher Pflege zugänglich. Die Leistungen der Pflegeversicherung wurden in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut, die letzten Neuerungen im Berichtszeitraum traten zum 1.01.2015 mit dem Pflegestärkungsgesetz I (PSG I) in Kraft. Mit den Pflegestärkungsgesetzen II und III werden weitere Neuerungen realisiert.

Ziel der Repräsentativerhebung war es auch, sich einen Überblick über die Bekanntheit der gesetzli-chen Änderungen aufgrund des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes (PNG) und des Pflegestärkungsge-setzes I (PSG I) bei den Anspruchsberechtigten zu verschaffen. So wurden die Pflegebedürftigen und ggf. ihre Angehörigen in Privathaushalten zur Bekanntheit und Inanspruchnahme einzelner Verän-derungen gefragt. In den folgenden Kapiteln wird daher neben der Inanspruchnahme der einzelnen Leistungsarten auch die Bekanntheit der gesetzlichen Änderungen aufgrund des PNG und des PSG I dargestellt.

Der größte Teil der Pflegebedürftigen nimmt nach wie vor regelmäßige Leistungen der Pflegeversi-cherung in Form von Geldleistungen in Anspruch. Allerdings ist beim Bezug von Pflegegeld ein steti-ger Rückgang zu verzeichnen. Waren es 1998 noch 78 Prozent, die ausschließlich Geldleistungen erhielten, ist der Anteil auf aktuell zwei Drittel gesunken. Ambulante Dienste sind bei fast einem Drittel der Pflegebedürftigen in privaten Haushalten mit an der Pflege beteiligt oder übernehmen die alleinige Versorgung. Im Zeitverlauf wird deutlich, dass der leichte Anstieg bei ausschließlicher In-anspruchnahme von Pflegesachleistungen, der noch 2010 sichtbar war, zugunsten von Kombinati-onsleistungen zurückgegangen ist. So liegt der Anteil derer, die ausschließlich Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen, 2016 bei neun Prozent, während der Anteil derjenigen, die eine Kombination aus Sach- und Geldleistungen beziehen, gestiegen ist und aktuell ein Fünftel der Pflegebedürftigen diese Versorgungsform gewählt hat. Teilstationäre Leistungen werden, wie bereits in den letzten Jahren auch, nur in sehr geringem Umfang genutzt. Jedoch ist hier ein leichter Anstieg der Nutzung auf vier Prozent zu verzeichnen (Abbildung 3.21).

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Sozialforschung

Abbildung 3.21: Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung: monatliche Regelleistungen 1998, 2010 und 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

In Bezug auf die ambulanten Hauptleistungsarten Pflegegeld und Pflegesachleistungen entstehen aus den hier zu evaluierenden Gesetzen im Wesentlichen zwei Veränderungen für zwei unterschiedliche Gruppen von Leistungsberechtigten. Mit dem PNG haben die Personen mit eingeschränkter Alltags-kompetenz in den Pflegestufen I und II erhöhte Leistungsansprüche erhalten. Hieraus, ebenso wie aus den im PSG I vorgenommenen Leistungsdynamisierungen, dürften aber keine Steigerungen in den Inanspruchnahmequoten resultieren. Personen in Pflegestufe 0 mit eingeschränkter Alltagskom-petenz haben 2013 erstmals einen Anspruch auf Pflegegeld und Pflegesachleistungen erhalten. Die Inanspruchnahme ab 2013 drückt dann aus, wie sehr dieser Anspruch realisiert wurde.

Anhand der Ergebnisse der BARMER-GEK-Daten zeigt sich ebenfalls, dass es im Betrachtungszeit-raum von 2012 bis 2015 bei Pflegebedürftigen der Pflegestufen I bis III nicht zu einem Anstieg der Inanspruchnahme bei der ausschließlichen Geldleistung der Pflegeversicherung gekommen ist, son-dern vielmehr zu einem weiteren leichten Rückgang. Dieser ist bei den Männern sogar noch etwas stärker ausgeprägt als bei den Frauen (Abbildung 3.22).13

13 Die Anteile nach Leistungsart weichen zwischen der Repräsentativerhebung und den Daten der bei der BARMER GEK versi-cherten Pflegebedürftigen leicht ab. In der Tendenz ergeben sich aber keine Unterschiede.

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Abbildung 3.22: Anteil der Pflegebedürftigen (ohne PS 0), die innerhalb eines Monats Pflegegeld erhalten haben (%)

Basis: Versicherte der BARMER GEK, Erfassung über den Durchschnitt der ersten neun Monate des Jahres, Hochrechnung auf die BRD

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

In Bezug auf die Leistungsempfänger in Pflegestufe 0 mit eingeschränkter Alltagskompetenz zeigt sich, dass in direkter Folge des PNG eine hohe Inanspruchnahme von Pflegegeld entstanden ist (Ab-bildung 3.23). Etwa zwei Drittel dieser Personengruppe nehmen schon im ersten Jahr diese Leistun-gen in Anspruch, und dieser Anteil bleibt dann weitgehend konstant mit einem leichten Rückgang bei den Frauen.

Abbildung 3.23: Anteil der Leistungsempfänger in PS 0, die innerhalb eines Monats Pflegegeld erhalten haben (%)

Basis: Versicherte der BARMER GEK, Erfassung über den Durchschnitt der ersten neun Monate des Jahres, Hochrechnung auf die BRD

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

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Analoge Effekte zeigen sich bei den Pflegesachleistungen (inklusive Kombileistungen). Bis auf einen minimalen Rückgang der Anteilswerte für Frauen von 0,8 Prozentpunkten und einem daraus entste-henden Absinken der Gesamtinanspruchnahme sind die Werte auch bei den Pflegesachleistungen für Pflegebedürftige der Pflegestufen I bis III sehr konstant und scheinen weder durch das PNG noch durch das PSG I beeinflusst zu sein (Abbildung 3.24).

Abbildung 3.24: Anteil der Pflegebedürftigen (ohne PS 0), die innerhalb eines Monats Pflegesach- oder Kombileistungen erhalten haben (%)

Basis: Versicherte der BARMER GEK, Erfassung über den Durchschnitt der ersten neun Monate des Jahres, Hochrechnung auf die BRD

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

Abbildung 3.25: Anteil der Leistungsempfänger in PS 0, die innerhalb eines Monats Pflegesach- oder Kombileistungen erhalten haben (%)

Basis: Versicherte der BARMER GEK, Erfassung über den Durchschnitt der ersten neun Monate des Jahres, Hochrechnung auf die BRD

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − Universität Bremen 2016

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Beim Inanspruchnahmeverhalten von Pflegesachleistungen inklusive Kombileistungen der Personen in Pflegestufe 0 (Abbildung 3.25) sind gegenüber den Ergebnissen zum Pflegegeld deutlichere Stei-gerungen zu erkennen. Schon 2013 auf einem Niveau von 25,1 Prozent beginnend, steigert sich diese in 2014 deutlich und noch einmal leicht in 2015 auf dann 30,4 Prozent. Diese Entwicklung verläuft für beide Geschlechter dabei gleichermaßen, jedoch bei den Frauen auf einem etwa zehn Prozentpunkte höheren Niveau. Zu vermuten ist hierbei, dass die unterschiedliche Entwicklung bei der Inanspruchnahme von Pflegegeld und Pflegesachleistungen auf zwei einflussnehmende Faktoren zurückgeführt werden kann. Erstens ist der Bezug von Pflegegeld formal einfacher durchzuführen, da hierzu keine Einbindung eines professionellen Pflegedienstes erforderlich ist. Das Pflegegeld kann somit von jedem Leistungsberechtigten ohne Veränderung des Versorgungssettings in Anspruch ge-nommen werden. Demgegenüber ist der Bezug von Sachleistungen an ein – zumindest teilweise formelles – Pflegearrangement gebunden. Dieses wird bei Einführung des PNG nur für einen relativ kleinen Teil der Personen in Pflegestufe 0 bereits bestanden haben, da bis zu diesem Zeitpunkt alle hierdurch entstehenden Kosten privat zu tragen waren. Zweitens kann ab 2015 durch die Regelungen des PSG I ein Anteil von bis zu 40 Prozent der Pflegesachleistungen auch für Betreuungsleistungen aufgewendet werden. Diese sind aber primär für PEA, somit auch für die Personen in Pflegestufe 0, erforderlich. Hierauf könnte der nochmalige – wenn auch geringe – Anstieg im Jahr 2015 zurückge-führt werden.

Aufgrund von falschen Doppeltzählungen in den Ausgangsdaten der hier genutzten Routinedaten, des Wechsels zwischen den Versorgungsformen und Personen, die keine der Hauptleistungsarten in Anspruch nehmen, kann sich die Summe der Anteilswerte von Pflegegeld- und -sachleistungen ge-ringfügig von 100 Prozent unterscheiden. Werden beide Anteilswerte dennoch addiert, zeigt sich schon für 2013, dass praktisch alle Personen in Pflegestufe 0 Pflegegeld oder -sachleistungen in Anspruch genommen haben. Länger andauernde Einführungseffekte durch verzögerte Realisierung des Leistungsanspruchs sind also nicht zu erkennen.

Weitere Unterstützungsleistungen

Zusätzlich zu den monatlichen Pflegeleistungen gewährt die Pflegeversicherung, wie bereits ange-sprochen, weitere Unterstützungsleistungen. Der Zugang zu diesen weiteren Leistungen und auch deren Umfang wurde mit den letzten beiden Pflegereformen in den letzten Jahren deutlich erweitert und ergänzt, wie auch die Flexibilisierung und Substituierbarkeit von Leistungen erhöht wurden.

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Abbildung 3.26: Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung: zusätzliche Leistungen 1998, 2010 und 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Diese weiteren Leistungen, wie unter anderem häusliche Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege oder zusätzlicher Betreuungs- und Entlastungsleistungen und die Finanzierung von baulich-techni-schen Maßnahmen, sind hier nur kurz in ihrer Entwicklung dargestellt und werden in den folgenden Kapiteln im Detail erläutert. Gestiegen ist die Zahl derjenigen, die in den letzten zwölf Monaten eine Verhinderungspflege in Anspruch genommen haben, während bei der Kurzzeitpflege eine Stagnation bzw. ein Rückgang eingetreten sind (Abbildung 3.26). 2010 wurde die Zunahme der beiden Leis-tungsarten mit der gestiegenen Bekanntheit und dem Infrastrukturausbau begründet. Trifft dies zu, kann man annehmen, dass der Bedarf an Kurzzeitpflege mit 12 bis 14 Prozent gedeckt ist. Der Zuwachs bei der Inanspruchnahme von baulich-technischen Maßnahmen lässt sich – in Abhängigkeit von der Dauer der Pflegebedürftigkeit – mit der erheblich längeren Zeitspanne begründen, in der Maßnahmen umgesetzt werden konnten.

79 3.4.2 Pflegegeldleistungen

Fast 90 Prozent aller Leistungsbezieher der Pflegeversicherung in der häuslichen Pflege erhalten Pfle-gegeldleistungen. Drei Viertel der Geldleistungsbezieher beziehen ausschließlich Pflegegeld, während das andere Viertel die Geldzahlung vorwiegend mit dem Angebot der ambulanten Dienste kombiniert (Kombileistungen). Mit steigender Pflegestufe nimmt der Anteil der Pflegebedürftigen, die ihre Pflege ausschließlich mit Bezug von Pflegegeld organisieren, ab. Ein geringer Teil aller Pflegebedürftigen nimmt neben Geldleistungen auch teilstationäre Leistungen in Anspruch (Tabelle 3.13).

Tabelle 3.13: Bezug von Pflegegeld und ggf. zusätzlichen Sachleistungen oder teilstationären Leistungen, 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

Ins-

gesamt Stufe 0 Stufe I Stufe II Stufe III

Bezug von Pflegegeld 89 77 90 89 86

Kombination mit Sachleistung und teilstationärer Leistung

Ausschließlich Pflegegeld 66 67 70 59 56

Zusätzlicher Bezug von Sachleistungen und/oder teilstationären Leistungen (Kombileistungen)

23 10 20 30 30

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Verwendung des Pflegegeldes

Das Pflegegeld wird in der Regel für verschiedene Zwecke verwendet. Am häufigsten dient es zur Deckung der durch die Pflege entstehenden laufenden Ausgaben (69%). Dies gilt für Pflegebedürftige in der Pflegestufe III mit 77 Prozent noch einmal mehr als in den anderen Pflegestufen. Oft wird von dem Pflegegeld auch eine Aufwandsentschädigung für pflegende Angehörige und Bekannte gezahlt (59%). 41 Prozent der Pflegebedürftigen nutzen das ausbezahlte Pflegegeld für Sachleistungen, die in der Pflegeversicherung nicht vorgesehen sind. Dieser Anteil steigt ebenfalls mit zunehmendem Pflegebedarf. Von Pflegebedürftigen der Pflegestufe III nutzen 60 Prozent das Pflegegeld zum Teil für diesen Zweck. Insgesamt betrachtet werden ehrenamtliche Betreuungskräfte und niedrigschwel-lige Betreuungsangebote eher selten vom Pflegegeld finanziert, wobei auch für diesen Verwendungs-zweck ein Anstieg mit dem Grad der Pflegebedürftigkeit zu vermerken ist.

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Auffällig ist, dass der von allen Pflegebedürftigen am häufigsten angegebene Verwendungszweck

„Deckung der durch die Pflege entstandenen Kosten“ von Pflegebedürftigen der Pflegestufe 0 in ge-ringerem Umfang angeführt wird. Pflegebedürftige, die in diese Pflegestufe eingruppiert sind, geben am häufigsten die Aufwandsentschädigung für die Hauptpflegeperson oder andere privat Pflegende an (Tabelle 3.14).

Tabelle 3.14: Verwendung des Pflegegeldes, 2016 (Mehrfachnennungen, %)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten mit Bezug von Pflegegeld

Insgsamt Stufe 0 Stufe I Stufe II Stufe III Als Aufwandsentschädigung für die

pri-vate Hauptpflegeperson in der Familie oder für sonstige pflegende Angehörige oder Bekannte

Zur Deckung der durch die Pflege

entste-henden laufenden Ausgaben 69 55 68 74 77

Für Sachleistungen, die in der

Pflegever-sicherung nicht vorgesehen sind 41 25 37 47 60

Für laufende Ausgaben zum

Lebensun-terhalt 28 14 28 29 44

Für Sonstiges 13 11 13 13 11

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

28 Prozent der Pflegebedürftigen verwenden das Geld nicht nur für Ausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pflege stehen, sondern auch für laufende Ausgaben zum Lebensunterhalt.

Dies trifft am häufigsten auf Pflegebedürftige der Pflegestufe III zu. Dabei ist davon auszugehen, dass das Pflegegeld hier zum Teil das fehlende Erwerbseinkommen der Hauptpflegeperson ersetzt, die aufgrund des Pflegeaufwands nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig ist.

Verglichen mit 2010 zeigt sich, dass in der aktuellen Repräsentativerhebung insgesamt weniger Ver-wendungsmöglichkeiten benannt wurden (Möglichkeit zur Mehrfachnennung), sodass der Anteil in allen Kategorien rückläufig ist (Tabelle 3.15). In diesem Licht betrachtet, signalisieren die auf glei-chem Niveau gebliebenen Werte bei der Verwendung des Pflegegelds für ehrenamtliche Pflegekräfte und für niederschwellige Betreuung (mit je 10%) eine weitere Etablierung dieser Leistungsarten in den Pflegearrangements.

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Tabelle 3.15: Verwendung des Pflegegeldes 2010 und 2016 (Mehrfachnennungen, %) Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten mit Bezug von Pflegegeld

2010 2016 Als Aufwandsentschädigung für die private

Haupt-pflegeperson in der Familie oder für sonstige pfle-gende Angehörige oder Bekannte

Zur Deckung der durch die Pflege entstehenden

lau-fenden Ausgaben 80 69

Für Sachleistungen, die in der Pflegeversicherung

nicht vorgesehen sind 47 41

Für laufende Ausgaben zum Lebensunterhalt 31 28

Für Sonstiges 24 13

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

Gründe für den ausschließlichen Bezug von Pflegegeldleistungen

Wirft man einen Blick auf die Gründe für die Entscheidung, ausschließlich Pflegegeld in Anspruch zu nehmen, wird deutlich, dass – über alle Pflegestufen hinweg – der Grund „Pflegebedürftiger möchte nicht von Fremden gepflegt werden“ am häufigsten genannt wird (Tabelle 3.16). Für den ausschließ-lichen Bezug von Pflegegeld werden zwei weitere Argumente von knapp der Hälfte der Pflegebedürf-tigen und ihrer Angehörigen genannt. So meinen über alle Pflegestufen hinweg zwischen 47 und 50 Prozent, dass die Betreuung der Pflegebedürftigen durch ausschließliches Pflegegeld angemessener umgesetzt werden kann, und zwischen 43 und 54 Prozent geben an, dass das Pflegegeld zur Deckung der entstehenden Ausgaben benötigt wird. In etwas mehr als einem Drittel der Fälle möchte die Hauptpflegeperson nicht, dass die pflegebedürftige Person von Fremden gepflegt wird. Dies trifft mit 62 Prozent in besonders hohem Maße bei Pflegebedürftigen der Pflegestufe 0 zu. Ebenfalls über-durchschnittlich ist der Anteil bei den Pflegebedürftigen der Pflegestufe III mit 49 Prozent. Dass auf Wunsch der Hauptpflegeperson keine Fremden in die Pflege einbezogen werden, tritt überwiegend dann auf, wenn auch die pflegebedürftige Person selbst eine Pflege durch Fremde ablehnt. Lediglich in 17 Prozent der Fälle, in denen die Hauptpflegeperson eine Betreuung durch Fremde ablehnt, trifft dies nicht auch für die pflegebedürftige Person zu. Zum Teil wird dabei das Gefühl einer moralischen Verpflichtung zur Pflege der Angehörigen eine Rolle spielen sowie die Wahrnehmung der Pflege als eine Privatangelegenheit, in die keine Fremden einbezogen werden sollten.

Darüber hinaus wird mit zunehmender Pflegestufe häufiger bemängelt, dass man bei den diensten keinen Einfluss auf die Art und Weise hat, wie die Leistung erbracht wird. Bei der Pflege-stufe III wird dies mit 42 Prozent weitaus häufiger als bei den anderen PflegePflege-stufen angegeben. Dass

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Sozialforschung

mit dem Pflegegeld andere Leistungen ambulanter Pflegedienste finanziert werden können, die bei den Sachleistungen der Pflegeversicherung nicht vorgesehen sind, wird mit ebenfalls 42 Prozent am häufigsten von Leistungsbeziehern der Pflegestufe 0 angegeben. Dies weist darauf hin, dass die vorgesehenen Sachleistungen der Pflegeversicherung die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen der Pfle-gestufe 0 nicht immer abdecken und hier individuelle Lösungen gefunden werden. Die Angaben zu den von Pflegebedürftigen selbst finanzierten Leistungen zeigen ferner, dass hier neben der Grund-pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung u. a. auch solche Hilfen in Anspruch genommen wer-den, die bei den Sachleistungen der Pflegeversicherung zumindest bisher nicht vorgesehen sind:

Hilfen bei der Tagesgestaltung und persönliche Betreuung im Alltag (vgl. Abschnitt 3.6.2).

Dass es keine ambulanten Pflegedienste in der Nachbarschaft gibt oder unbekannt ist, wie diese Dienste in Anspruch genommen werden können, ist hingegen nur für fünf Prozent der Pflegebedürf-tigen ein Grund dafür, ausschließlich Pflegegeld in Anspruch zu nehmen. Besorgniserregend ist hin-gegen, dass Pflegebedürftige der Pflegestufe III diesen Grund mit 14 Prozent überdurchschnittlich oft eingebracht haben. Ob diesem Defizit mit gezielter Information oder passgenauerem Leistungs-angebot der ambulanten Dienste entgegengewirkt werden kann, muss geprüft werden.

Tabelle 3.16: Ausgewählte Gründe für den ausschließlichen Bezug von Geldleistungen, 2016 (Mehrfachnennungen, %)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten, die ausschließlich Pflegegeld in Anspruch nehmen

Insge-samt Stufe 0 Stufe I Stufe II Stufe III

Pflegebedürftige Person möchte nicht von

Fremden gepflegt werden 69 85 69 65 63

Die Betreuung ist dadurch angemessener 49 49 49 47 50

Das Pflegegeld wird zur Deckung der

entste-henden laufenden Ausgaben gebraucht 49 43 49 49 54

Hauptpflegeperson möchte nicht, dass die pflegebedürftige Person von Fremden ge-pflegt wird

36 62 33 34 49

Bei Pflegediensten besteht kein Einfluss auf die Art und Weise, wie die Leistung erbracht wird

31 28 29 33 42

Der Bezug der Geldleistung erlaubt es, auch andere als die vorgesehenen Sachleistungen in Anspruch zu nehmen

29 42 28 28 30

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

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Auch im zeitlichen Verlauf hat der Hauptgrund für den ausschließlichen Bezug von Geldleistungen nicht an Bedeutung verloren. Der Wunsch der Pflegebedürftigen, nicht von Fremden gepflegt zu werden, liegt weiterhin an erster Stelle (Tabelle 3.17). Die Wichtigkeit des Pflegegeldes zur Deckung der laufenden Ausgaben hat ebenfalls nicht an Brisanz verloren. Zwar sind die Anteilswerte hier nicht direkt vergleichbar,14 doch die Kernaussage bleibt bestehen.

Tabelle 3.17: Ausgewählte Gründe für den ausschließlichen Bezug von Geldleistungen 2010 und 2016 (Mehrfachnennungen, %)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten , die ausschließlich Pflegegeld in Anspruch nehmen

2010 2016

Pflegebedürftige Person möchte nicht von Fremden gepflegt werden 67 69

Die Betreuung ist dadurch angemessener 73 49

Das Pflegegeld wird zur Deckung der entstehenden laufenden

Aus-gaben gebraucht (2016) 49

Das Pflegegeld wird zur Deckung der durch die Pflege entstehenden

laufenden Ausgaben gebraucht (2010) 83

Geld wird für laufende Ausgaben zum Lebensunterhalt benötigt

(2010) 22

Hauptpflegeperson möchte nicht, dass die pflegebedürftige Person

von Fremden gepflegt wird 47 36

Bei Pflegediensten besteht kein Einfluss auf die Art und Weise, wie

die Leistung erbracht wird 37 31

Der Bezug der Geldleistung erlaubt es, auch andere als die

vorgese-henen Sachleistungen in Anspruch zu nehmen 43 29

Studie zur Wirkung des PNG und PSG I − TNS Infratest Sozialforschung 2016

3.4.3 Pflegesachleistungen und Kombinationsleistungen

Insgesamt nehmen 29 Prozent der Leistungsbezieher der Pflegeversicherung die Hilfe von ambulan-ten Pflegediensambulan-ten in Anspruch. Etwa ein Drittel der Sachleistungsbezieher erhält ausschließlich Sachleistungen. Zwei Drittel erhalten zusätzlich Pflegegeld und beziehen die Sachleistungen als so-genannte Kombileistung. Der Anteil der Pflegebedürftigen, die sich durch ambulante Dienste unter-stützen lassen, wächst mit der Schwere der Pflegebedürftigkeit. In Pflegestufe I erhalten 28 Prozent Sachleistungen, in Pflegestufe III sind es 37 Prozent (Abbildung 3.27). Das Verhältnis von 2:1 beim

14 2010 wurde der finanzielle Aspekt in zwei getrennten Statements abgefragt, 2016 wurde dies in ein Statement zusammen-geführt.

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Sozialforschung

Vergleich von Kombileistungen zu Sachleistungen über alle Pflegestufen hinweg findet sich meist auch in den einzelnen Pflegestufen wieder. In Pflegestufe II ist der Anteil an Kombileistungen etwas höher, und in Pflegestufe 0 überwiegt der ausschließliche Bezug von Sachleistungen den Anteil der Kombileistungen. Dies dürfte daran liegen, dass aufgrund des geringeren Leistungsvolumens in Pfle-gestufe 0 bei regelmäßiger Hilfe durch ambulante Dienste kaum noch ein Betrag für die Zahlung als Pflegegeld übrig bleibt.

Abbildung 3.27: Bezug von Pflegesachleistungen und Kombileistungen nach Pflegestufen, 2016 (%)

Basis: Repräsentativerhebung, Pflegebedürftige in Privathaushalten

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Gründe für ausschließliche Sachleistungen

Gründe für ausschließliche Sachleistungen