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1. Einleitung

1.5 Immunsuppressive Therapie

Die medikamentöse immunsuppressive Therapie in der Transplantationsmedizin gilt derzeit als unverzichtbar. Eine effektive Immunsuppression ist zur Vermeidung akuter und chroni-scher Abstoßungsreaktionen notwendig76. Die Medikamente sollten einerseits besonders wirksam und andererseits möglichst verträglich und wenig toxisch sein. Deshalb ist die Etab-lierung neuer medikamentöser Behandlungsmethoden nach wie vor ein wichtiges For-schungsgebiet. Hinzu kommt, dass auch bei den noch erfolglosen Versuchen bleibende spen-derspezifische Toleranz bei den Organempfängern auszulösen die Bedeutung einer möglichst wirksamen Immunsuppression ersichtlich wird77. Eine Reihe von publizierten Arbeiten haben in der Vergangenheit die Effizienz der immunsuppressiven Therapie mit Cyclosporin A mit der von Tacrolimus im Bereich der Leber- und Nierentransplantation untersucht, aber Lang-zeit- Vergleichsstudien dieser Medikamente im Bereich der Lungentransplantation sind selte-ner. Insbesondere untersuchte man in jenen klinischen Studien in der Regel solche mit Tacro-limus behandelten Patienten, die sekundär von Cyclosporin A auf TacroTacro-limus umgestellt wur-den78. Die primäre oder Induktions- Therapie mit Tacrolimus ist hingegen in der Lungen-transplantation unüblich und die Erfahrungen damit sind entsprechend äußerst begrenzt79. Dies steht in einem offensichtlichen Widerspruch zur großen Bedeutung, die der initialen immunsuppressiven Therapie aus immunologischer Sicht zukommt. Die erstmalige Konfron-tation naiver T-Zellen mit Spenderantigen, das Priming und die folgende Ausbildung einer

balancierten Immunantwort, die entweder eher vom regulierenden Typ ist (unter wünschens-wert idealen Voraussetzungen) oder die vom Effektortyp ist (und damit zur Abstoßung führt), finden alle unter dem Schutz der primären Immunsuppression statt. In Studien konnte gezeigt werden, dass insbesondere die erste Zeit nach einer Antigenexposition wichtig für die immun-regulatorischen Vorgänge ist80 81. Die sekundäre Umstellung von Cyclosporin auf Tacrolimus wegen wiederholter akuter Abstoßungsreaktion kommt hingegen wohl zu spät, um noch Ein-fluss auf jene primären Vorgänge nehmen zu können.

Todesursache nach einer Herz-Lungen oder Lungen-Transplantation ist an der medizinischen Hochschule Hannover in nahezu 44% der Fälle eine Infektion; am zweithäufigsten ist mit 18% eine chronische Abstoßungsreaktion.

Abbildung 1: Todesursachen nach Lungen/Herz-Lungentransplantation in %

Todesursachen nach Lungen/DoppelLungen/HerzLungen -Transplantation an der Medizinischen Hochschule Hannover

Blutung 18 (6%) Pankreatitis 4 (1%)

Maligne Erkrankung/Tumor 19 (6%) Andere

Unbekannt Ursachen 37 (12%) akute Abstoßung 5 (2%)

chron. Abstoßung/ BOS 55 (18%) Infektion/Sepsis 133 (44%) Lungenembolie 8 (3%) Hirnschädigung 12 (4%)

Diese beiden Haupttodesursachen nach einer Lungentransplantation zeigen die Problematik in Bezug auf die postoperative Therapie von transplantierten Patienten. Einerseits ist eine aus-reichend starke Immunsuppression zur Verhinderung einer Abstoßung unbedingt erforderlich, aber andererseits darf das Abwehrsystem des Patienten nicht zu sehr geschwächt sein, da an-sonsten gefährliche Infektionen drohen. Aufgrund dessen gab es im Bereich der immun-suppressiven Therapie im Laufe der letzten Jahre zahlreiche und unterschiedlich erfolgreiche neue Therapieoptionen82. In den ersten drei Monaten nach der Transplantation werden die Immunsuppressiva zunächst sehr hoch dosiert, bis sie dann in der Erhaltungsphase in geringe-rer und verträglichegeringe-rer Menge verabreicht werden können. An der medizinischen Hochschule

Hannover, aber auch an zahlreichen anderen Transplantationszentren werden die lungentrans-plantierten Patienten mit einer Dreifach-Therapie immunsuppressiv behandelt. Bei dieser wurden bis in die 90-er Jahre ein Kortikosteroid, ein Purinantagonist wie Azathioprin und ein Calcineurininhibitor kombiniert. Als Alternativmedikation zu Azathioprin kann auch der Pro-liferationshemmer Mycophenolat mofetil verabreicht werden. Zur Zeit werden in vielen Transplantationszentren auch OKT-3-Antikörper, Antithymozytenglobulin, Thymoglobulin und IL2-Rezeptor-Antagonisten als Induktionstherapie gegeben83. In der Erhaltungstherapie und experimentell auch in der Induktionstherapie scheint der Einsatz des Proliferationshem-mers Rapamycin (Sirolimus) sehr Erfolg versprechend zu sein84 85. Obgleich Rapamycin strukturell den Calcineurininhibitoren gleicht, unterscheidet es sich im Wirkungsmechanis-mus von diesen. Rapamycin hemmt eine Kinase („mammilian target of rapamycin“), die eine entscheidende Rolle in der Signaltransduktion hat, und interferiert auf diese Weise mit der Lymphozytenaktivierung86. Die Kortikosteroide und Azathioprin gehören zu den unspezifi-schen Immunsuppressiva, während die genannten anderen Medikamente selektiver für die Transplantatabstoßung relevante Teile des Immunsystems hemmen.

Abbildung 2: Cyclosporin A

1.5.1 Cyclosporin A

Cyclosporin A (Abbildung 2) wird aus dem Pilz Tolypocladium inflatum isoliert und gehört zu der Medikamentengruppe der Calcineurininhibitoren. Cyclosporin A bildet mit dem En-zym Ciclophilin einen Komplex, der seinerseits die durch Calcium aktivierte Serin-Threonin-Phosphatase Calcineurin hemmt. Diese aktiviert durch Phosphorylierung Transkriptionsfakto-ren wie zum Beispiel NFAT oder NFkb. Die Hemmung der Calcineurin Phosphatphosphatase

unterbindet also die Aktivierung und Migration dieser Transkriptionsfaktoren in den Zellkern.

Auf diese Weise wird die Synthese von Zytokinen und ihren Rezeptoren verhindert. Insbe-sondere die Inhibition des IL2, welches entscheidend an der Stimulierung der Lymphozy-tenproliferation beteiligt ist, erklärt die immunsuppressive Potenz von Cyclosporin A87. IL2 gehört zu den inflammatorischen Zytokinen, welches von TH1 Zellen gebildet wird und vor allem auf NK Zellen, T-und B-Zellen wirkt und zur Infiltration von Neutrophilen und Makrophagen im entzündeten Gewebe führt. Neben der T-Lymphozytenproliferation ist es teilweise auch für das B-Lymphozytenwachstum verantwortlich.

Cyclosporin besitzt eine gute Bioverfügbarkeit und wird über das Cytochrom P450 System der Leber zu mehreren Metaboliten umgesetzt. Da Cyclosporin ein so genanntes „critical do-se“ Medikament ist, also eine geringe therapeutische Breite hat, sollten seine Blutspiegelwerte genau überwacht werden. Es gibt zahlreiche Studien zu den schwerwiegenden Nebenwirkun-gen von Cyclosporin A. Bei entsprechender Prädisposition, zum Beispiel durch Vorerkran-kungen, können hepatotoxische, neurotoxische88 und die schon frühzeitig erkannten nephrotoxischen8990 Probleme einer Cyclosporin-Therapie auftreten.

Allerdings ist Cyclosporin neben Tacrolimus generell ein sicheres und gut erforschtes Basismedikament bei der immunsuppressiven Therapie nach einer Lungentransplantation91.

Abbildung 3: Tacrolimus (FK506)

1.5.2 Tacrolimus (FK506)

Erfolgreiche Studien wurden zu dem neuen aus Streptomyces Tsukubaensis isolierten Calci-neurininhibitor Tacrolimus (Abbildung 3) veröffentlicht92 93. Dieser gehört aufgrund seines

chemischen Aufbaues zur Gruppe der Makrolide. Während Cyclosporin A innerhalb der T-Zelle an Ciclophilin bindet, bildet Tacrolimus mit dem immunophilen „FK binding“-Protein einen Komplex. Die nachfolgenden Reaktionsmechanismen beider Medikamente ähneln ein-ander. Der entstandene Komplex hemmt die Aktivität des Calcineurin-Calmodulin-Komplexes, der, wie schon erwähnt, eine wichtige Rolle bei der Transkriptionskaskade für die Synthese von IL2 spielt94. Neben der Hemmung der IL2 Produktion hat Tacrolimus im Gegensatz zu Cyclosporin A durch direkte Hemmung der TNFα Gentranskription auch noch einen direkt negativen Einfluss auf die B-Zell-Proliferation. Tacrolimus wird wie auch Cyc-losporin A in der Leber metabolisiert und dann biliär ausgeschieden95. Die Nebenwirkungen von Tacrolimus scheinen trotz einiger Studien, die eine geringere Nephrotoxizität96 von Tac-rolimus angeben, vergleichbar mit denen von Cyclosporin A zu sein97. Die Nephrotoxizität von Calcineurininhibitoren ist dosisabhängig und bei einer niedrig dosierten Therapie mit Tacrolimus ist das Nebenwirkungsspektrum und insbesondere die Nephrotoxizität vergleich-bar mit der von Cyclosporin129. Der entscheidende Vorteil von Tacrolimus gegenüber Cyc-losporin scheint in seiner wesentlich höheren immunsuppressiven Potenz zu liegen98. Durch die Therapie sollen das Transplantatüberleben und auch die Infektionsgefährdung günstig beeinflusst werden99 100. Eine schon beginnende Abstoßung lässt sich durch Tacrolimus bes-ser behandeln als mit Cyclosporin A101. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen mit Tacroli-mus hat es den Anschein, dass auch eine primär auf TacroliTacroli-mus beruhende Therapie sehr Er-folg versprechend sein kann102.

Wirkmechanismen von Cyclosporin A und Tacrolimus

Abbildung 4: Anhand der folgenden Abbildung kann man den Wirkmechanismus von FK und Cyclosporin A erkennen. FK (violett) bindet an das FK-bindende Protein (rosa) und Cyc-losporin (rot) bildet mit Cyclophilin (orange) einen Komplex. Beide Pharmakon-Enzym-Bindungen inhibieren ihrerseits die Calcineurinphosphatphosphatase (hellgrün), die Transkriptionsfaktoren (dunkelgrün), welche an der IL2 Synthese beteiligt sind, durch Phosphorylierung aktiviert.

1.6 Versuchsmodelle