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4. Diskussion

4.1 Diskussion der Methoden

Wie bereits in dem Kapitel „Material und Methoden“ erläutert wurde, gliedert sich der hier beschriebene Versuch zeitlich in zwei Versuchsabschnitte, zum einen in den postoperativen Nachbeobachtungszeitraum über vier Wochen, in dem vorrangig die immunologischen Ver-änderungen nach Transplantation unter Immunsuppression untersucht werden konnten, zum anderen in einen zeitlich nicht festgelegten Beobachtungszeitraum ohne Immunsuppression.

Der zweite Versuchsabschnitt endet mit dem primären Studienendpunkt Transplantatabsto-ßung. Während im ersten Versuchsabschnitt die röntgenologischen, bronchoskopischen und differentialblutbildanalytischen Verlaufsuntersuchungen zur Überwachung des Lungenzu-standes in kurzen zeitlichen Abständen vorgenommen wurden, wurden diese im zweiten Ver-suchsabschnitt in größeren zeitlichen Abständen vorgenommen. Da die erwähnten Untersu-chungen teilweise invasiv sind und die Versuchsergebnisse durch unerwünschte Nebenwir-kungen und Komplikationen negativ beeinflusst werden könnten, musste hier ein Kompro-miss zwischen der erwünschten Häufigkeit der Messzeitpunkte und der praktischen Durch-führbarkeit gefunden werden. Letztlich wurden zweiwöchige Intervalle gewählt. Zu bedenken war hierbei unter anderem, dass beispielsweise zu häufig durchgeführte transbronchiale Biop-sien die Integrität der Lunge stören und Komplikationen, wie Pneumothorax, Blutungen oder Entzündungsreaktionen, hervorrufen können, die das Überleben der Versuchstiere negativ beeinflussen könnten.

4.1.2 Diagnostik der Abstoßungsreaktion

Bei der klinischen Lungentransplantation können viele Informationen mit Hilfe einer guten Anamnese und der Lungenfunktionsdiagnostik gewonnen werden. Bei Tierversuchen müssen objektive diagnostische Methoden zur Untersuchung herangezogen werden. Die Diagnose Abstoßung wird beim Menschen in der Regel anhand der klinischen Parameter getroffen und die Entnahme von transbronchialen Biopsien seltenen, unklaren Fällen vorbehalten. Neben der Gefährdung durch die Anästhesie kann die Biopsienentnahme einen Pneumothorax oder eine endobronchiale Blutung auslösen und die Einführung eines Fremdobjektes in den Tra-chealtrakt ist grundsätzlich als Möglichkeit zur Keimverschleppung anzusehen134, die im Rahmen eines Tierversuchmodells einen negativen Einfluss auf das Überleben der Tiere ha-ben könnte. Außerdem ist an der Entnahme der transbronchialen Biopsien neha-ben der Kompli-kationsgefahr die hohe Fehlerquote nachteilig. Nicht bei allen entnommenen Biopsien ist auch tatsächlich Lungenmaterial vorhanden. Oftmals wird nachträglich bei der histologischen Auf-arbeitung festgestellt, dass fast ausschließlich Bronchusmaterial entnommen wurde.

Die Verlaufsbeobachtung erfolgte in der vorliegenden Arbeit daher mit Hilfe einer Kombina-tion aus Differentialblutbildanalyse, der transbronchialen Biopsie, der Bronchoskopie zur Gewinnung der bronchoalveolären Lavage, in Narkose nach Intubation, und insbesondere anhand von röntgenologischen Untersuchungen, die allerdings eine Sedierung des Tieres er-forderten. Aber auch der klinische Zustand des Versuchstiere war maßgeblich für die Ent-scheidung zur elektiven Tötung. Auf Grund dieser Problematik konnte bei den Versuchstieren der Zeitpunkt des Beginns der Abstoßungsreaktion nicht genau erfasst werden. Dies erklärt die unterschiedlichen Abstoßungsgrade zum Zeitpunkt der elektiven Tötung. Eine Versuchs-beendigung mit dem natürlichen Tod der Versuchstiere war aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht möglich, hätte aber auch auf Grund von Nekrosen des Lungengewebes und Entwicklung von systemischen Entzündungsreaktionen, die Biopsiematerialien für die pathologische Auf-arbeitung unbrauchbar gemacht.

Dies wirft sicherlich nochmals die Frage auf, ob ein Großtierversuchsmodell hinsichtlich der hier behandelten Fragestellung gut geeignet ist. Da aber, wie schon in der „Einleitung“ er-wähnt, in diesem frühen Forschungsstadium die Arbeit mit menschlichen Probanden nicht möglich ist und die Ergebnisse eines Großtiermodells am ehesten Schlüsse auf die Wirkung beim Menschen zulässt, muss dieser Nachteil akzeptiert werden. Außerdem erfolgte nach der Tötung der Tiere zur Sicherung der Diagnose Transplantatabstoßung die vollständige Autop-sie einschließlich der histologischen Untersuchung.

4.1.3 Medikamentöse Therapie

Die Dreifachtherapie, die in dem vorliegenden Versuch durchgeführt wurde, ist grundsätzlich vergleichbar mit der Therapie nach einer Lungentransplantation am Menschen. Steroide stel-len schon seit Beginn der Transplantationsgeschichte als unspezifische, aber dem physiologi-schen Cortison verwandte Immunsuppressiva einen wesentlichen Therapiebestandteil dar.

Wegen der starken Nebenwirkungen wird versucht den Einsatz von Steroiden zu reduzieren, aber der gänzliche Verzicht auf diese ist, insbesondere bei der Lungentransplantation, noch experimentell und auch bei der Nierentransplantation von fraglichem Erfolg135. Azathioprin, ein gut steuerbares und effektives Standardmedikament zur Immunsuppression mit weit zu-rückreichender Historie, wurde in der vorliegenden Arbeit wegen der sehr gut untersuchten Wirkungen und Nebenwirkungen bevorzugt. Wie in aktuellen Datenerhebungen seitens der ISHLT festgestellt wurde, wird es auch derzeit in vielen Transplantationszentren eingesetzt.

In mehreren Studien im Bereich der Nierentransplantation wird jedoch der Vorteil einer The-rapie mit dem bislang weniger untersuchten Mycophenolat mofetil beschrieben und eine Cal-cineurininhibitor-Vergleichsstudie, basierend auf einer Kombinationsmedikation mit My-cophenolat mofetil, könnte ein zukünftiger Untersuchungsgegenstand sein136. Derzeit gibt es im Bereich der Lungentransplantation noch keine Studien, die den Vorteil von Mycophenolat mofetil gegenüber Azathioprin belegen, sondern in einigen Studien zum Thema Lungentrans-plantation wird eine vergleichbare Wirksamkeit festgestellt137.

Abbildung 27: Die angefügte Graphik zeigt eine Übersicht der derzeit gängigen Immunsup-pression bei erwachsenen Patienten nach Lungentransplantation.

Immunsuppression Verlaufsuntersuchung Januar 2002 und Juni

J Heart Lung Transplant 2007; 26: 782-795

In der vorliegenden Arbeit wurden Blutzielspiegel von 300-500ng/ml Cyclosporin und 16-26ng/ml angestrebt. Diese Blutzielspiegel orientieren sich an klinischen Zielspiegeln in der frühpostoperative Phase nach Lungentransplantation (300 respektive 16ng/ml), wie sie auch im klinischen Transplantationsprogramm der Medizinischen Hochschule Hannover Verwen-dung finden.

Es wurden 10mg/kg Cyclosporin und 0,05mg/kg Tacrolimus zweimal täglich über 28 Tage intravenös verabreicht, da 20ng/ml Cyclosporin von der Wirksamkeit her annähernd 1ng/ml Tacrolimus entsprechen. Hierbei ergibt sich ein Problem daraus, dass es für die intravenöse Applikation von Cyclosporin keine Dosierungsempfehlungen und keine Zielspiegel gibt, da es intravenös eine andere Immunokinetik hat als oral verabreicht. Die höhere Dosierung von Cyclosporin als die von Tacrolimus entspricht dem klinischen Unterschied, welcher anwen-dungsorientiert anhand der immunsuppressiven Potenz bestimmt worden war. Tacrolimus wird in der Klinik in einer geringeren Dosierung als Cyclosporin verabreicht. Eine mögliche Ursache des geringeren Tacrolimusbedarfs könnte die schon zuvor erwähnte stärkere Hem-mung der Phosphataseaktivität sein.

Spiegel oberhalb dieser Blutzielspiegel erwiesen sich bei Hunden, Primaten und im Besonde-ren bei Menschen als potentiell nephrotoxisch, eine der wesentlichen unerwünschten Neben-wirkungen von Calcineurininhibitoren138. Aber auch zahlreiche andere Nebenwirkungen wie zum Beispiel Hepatotoxizität und Neurotoxizität wurden bei zu hohen Blutspiegeln beschrie-ben. Es gibt eine vergleichbar zu dieser Arbeit aufgebaute Studie an Minipigs, in der über 12 Tage wesentlich höhere Tacrolimus-Dosen verabreicht wurden129. Im Rahmen der genannten Studie wurden die Calcineurininhibitor spezifischen Nebenwirkungen jedoch nicht ausgewer-tet. Auf Grund des relativ kurzen Beobachtungszeitraums konnten in der erwähnten Studie diese spezifischen Nebenwirkungen vermutlich noch nicht miterfasst werden. Einige Studien konnten allerdings auch belegen, dass bei Schweinen ohnehin wesentlich höhere Dosen an Calcineurininhibitoren verabreicht werden können, als bei anderen Spezies, ohne eine toxi-sche Wirkung zu erzielen139.

Die spezielle Untersuchung von nephrotoxischen Nebenwirkungen im Rahmen der vorliegen-den Studie war aus praktischen Grünvorliegen-den nicht umsetzbar. Einer der sensitivsten Parameter zur Untersuchung einer Nierentoxizität ist neben der Biopsie die Ermittlung der Kreatinin-clearance. Da aber die Versuchstiere über Wochen in einem Stall mit entsprechendem

Bewe-gungsfreiraum gehalten wurden, konnte aus hygienischen Gründen kein Sammelurin per Dauerkatheter gewonnen werden. Außerdem ist die nephrotoxische Wirkung bei nierenge-sunden Versuchstieren, Schweinen, die laut einiger Studien ohnehin eine höhere Toleranz gegenüber den toxischen Nebenwirkungen von Calcineurininhibitoren haben und die nur über vier Wochen Immunsuppression erhalten haben, voraussichtlich relativ geringfügig.

Die geringfügig supraklinischen Blutzielspiegelwerte im vorliegenden Versuchstiermodell sind notwendig, da Calcineurininhibitoren im Schwein anders metabolisiert werden als im menschlichen Organismus140. Die hepatische Metabolisierung über das Cytochrom P450 Sys-tem kann aufgrund von Genpolymorphismen eine Ursache für die interindividuellen Schwan-kungen der Medikamentenblutspiegel sein141. In einer Studie von Zheng wurde beobachtet, dass Patienten, die Cytochrom3A5 exprimieren, wesentlich höhere Tacrolimusdosierungen benötigen als Patienten, die kein Cytochrom3A5 exprimieren142. Des Weiteren ist die Biover-fügbarkeit von Calcineurininhibitoren im Schwein wesentlich geringer als im Menschen143. Im Laufe der vorliegenden Experimente, ähnlich wie bei einer Vergleichsstudie zwischen Mensch und Schwein, wurde herausgefunden, dass bei Schweinen die 2-4-fache Dosis von Cyclosporin verabreicht werden muss, um den gleichen Blutspiegelwert wie bei einem Men-schen zu erreichen.

Da postoperativ die orale Applikation von Calcineurininhibitoren wegen der unkontrollierba-ren Nahrungsaufnahme der Versuchstiere und der unterschiedlich starken enteralen Absorpti-on144 sowie wegen Medikamenteninteraktionen145 ähnlich wie beim Menschen schwankende Medikamentenblutspiegel zur Folge haben kann, wurde in dem Versuchsmodell der vorlie-genden Arbeit die intravenöse Applikationsform gewählt. Die interindividuellen bzw. intrain-dividuellen Schwankungen der Calcineurininhibitorspiegel sind vergleichbar mit den Schwankungen bei menschlichen Patienten. Die Ernährung und die Verdauungsaktivität kön-nen als Erklärung für die Variabilität herangezogen werden.

4.1.4 Labormethoden

Von tragender Bedeutung für die zuvor erwähnte Diagnosestellung ist also die Anfertigung von Histologien der Autopsieproben, die auch zur Archivierung geeignet sind. In dieser Ar-beit wurde eine einfache HE-Färbung der Biopsien vorgenommen. Die Auswertung der Pro-ben wurde nach den Kriterien der ISHLT146 von einem unabhängigen Pathologen vorgenom-men, dem keinerlei Informationen über den Hintergrund der Proben bekannt waren, sodass

eine objektive Diagnosestellung ermöglicht wurde. Die in dieser Arbeit verwendete durch-flusszytometrische Untersuchung ist eine etablierte und wenig anfällige Labormethode um Lymphozyten zu differenzieren und die Lymphozytensubpopulationen im Versuchsverlauf zu überwachen. Das für diese Untersuchung benötigte Blutvolumen konnte unkompliziert über den zentralen Venenkatheter gewonnen werden.

Nachteilig für die Qualität der Ergebnisse könnten sicherlich Kreuzreaktionen von unspezifi-schen Antikörpern sein. Der 74-11-10 Antikörper ist gut geeignet zur Dedektierung eines Chimärismus. In einer Studie an Minipigs wurde festgestellt, dass 74-11-10 spezifisch für den MHC I Haplotyp d ist und daher gut geeignet für den Nachweis von Chimärismus. Auch der Antikörper 74-22-15 färbt gezielt porcine Makrophagen an. Der in dieser Studie verwendete Antikörper 76-7-4 ist ein Marker für periphere B-Zellen und Thymozyten, der aber nicht mit T-Zellen reagiert. Hingegen reagieren 74-12-4 und 76-2-11 spezifisch mit T-Zellen. Ersterer färbt CD4+, also T-Helfer-Zellen und zweit genannter erwies sich als spezifisch für CD8+, also für zytotoxische Zellen. Die genannten Antikörper färben lang bekannte und gut er-forschte Marker147.

Neu im vorliegenden Konzept ist die genauere Untersuchung von CD25 positiven Zellen.

Dieser Antikörper ist relativ spezifisch für regulatorische T-Zellen, obgleich, wie schon im Kapitel derzeitiger Forschungsstand erwähnt wurde, auch andere aktivierte Lymphozytenpo-pulationen CD25 exprimieren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dieser Antikörper jedoch am besten geeignet für die Bestimmung regulatorischer T-Zellen148. Darüber hinaus wurden zur Vermeidung von unspezifischer Anfärbung standardmäßig bei jeder Messung Negativkontrol-len mit isotypspezifischen Antikörpern vorgenommen.

Ein weiteres Problem bei der Ergebnisqualität durchflusszytometrischer Untersuchungen könnte sich aus der Überschneidung der Absorptionsmaxima der verwendeten Farbstoffe PE und FITC scheinbar ergeben. Dieses Defizit kann jedoch durch die Kompensation am Durch-flusszytometer selbst minimiert werden. Außerdem zeichnen sich die verwendeten Farbstoffe durch eine effektive Kosten-Nutzen-Relation aus und werden in vielen Laboratorien erfolg-reich eingesetzt149.