• Keine Ergebnisse gefunden

Chronische Abstoßungsreaktion bzw. Bronchiolitis obliterans Syndrom (BOS)

1. Einleitung

1.3 Abstoßung

1.3.3 Chronische Abstoßungsreaktion bzw. Bronchiolitis obliterans Syndrom (BOS)

Im Gegensatz zur akuten Abstoßung ist die chronische Abstoßung sehr schlecht therapierbar und führt langfristig oftmals irreversibel zum Organversagen. Die einzige bleibende Thera-pieoption ist dann eine Retransplantation. Bei der chronischen Abstoßungsreaktion kommt es langsam aber progredient zu einer Verschlechterung der Lungenfunktionsparameter, wobei das Voranschreiten der Abstoßung häufig zusätzlich durch Infektionen getriggert wird. Im Gegensatz zur akuten Abstoßungsreaktion verläuft die chronische Abstoßungsreaktion oft wesentlich langsamer und wird erst spät in Form von zunehmender Obstruktion symptoma-tisch. Vor allem die indirekte T-Zell-Aktivierung, also die Aktivierung durch antigen-präsentierende Zellen des Empfängers, die Spenderantigen präsentieren18, ist zusammen mit humoralen Abwehrmechanismen an ihrer Entstehung beteiligt19. Die chronische Abstoßungs-reaktion nach einer Lungentransplantation ist mit dem so genannten Bronchiolitis obliterans Syndrom identisch. Das Bronchiolitis obliterans Syndrom zeichnet sich durch eine häufig erst spät auftretende Klinik aus. Die Patienten leiden unter unspezifischen Symptomen wie zum Beispiel unter Hustenreiz und Einschränkung der Lungenfunktion.

1.3.3.1 Risikofaktoren für ein Bronchiolitis obliterans Syndrom

Die Pathogenese des Bronchiolitis obliterans Syndroms ist vielfältig. Als erwiesene Risiko-faktoren für die Entwicklung eines Bronchiolitis obliterans Syndroms gelten die Häufigkeit und die Schwere akuter Abstoßungsepisoden, die lymphozytäre Bronchitis bzw. Bronchiolitis nicht viraler Genese, der Grad des HLA-Mismatches20 sowie Cytomegalievirus (CMV)-Infektionen und die Incompliance des Patienten hinsichtlich der Medikamenteneinnahme.

Eine CMV-Infektion führt zur Schädigung des vaskulären Endothels und zur Erhöhung von inflammatorischen Faktoren. Diese Wirkungen sind maßgeblich an der Entwicklung eines Bronchiolitis obliterans Syndroms beteiligt. Insbesondere die Transplantation einer CMV-positiven Lunge in einen CMV-negativen Empfänger scheint risikoreich für die Entwicklung

eines Bronchiolitis obliterans Syndroms zu sein21. In neueren immunologischen Studien wird die so genannte heterologe Immununität für den Zusammenhang zwischen Abstoßungsreakti-onen und viralen Infekten verantwortlich gemacht. Heterologe Immunität bedeutet die Kreuz-reaktion von Spenderantigenen mit T-Zell-Rezeptoren, die spezifisch für virale Antigene sind, wie beispielsweise für CMV, auf Grund von Homologien mit Peptidsequenzen von Alloanti-genen22. Deshalb werden viele Strategien zur Prophylaxe bzw. zur besonders effektiven Be-handlung solcher CMV-Infektionen entwickelt23. Viele Forscher halten das fehlende HLA-Match hinsichtlich der minor und major Histokompatibilitätskomplexe für einen der Hauptri-sikofaktoren für die Entwicklung eines Bronchiolitis obliterans Syndroms24 25. Das Problem hinsichtlich dieser Beobachtung besteht in der Umsetzbarkeit von Verbesserungen. Bei der geringen Anzahl an geeigneten Spenderorganen und der oftmals bestehenden Dringlichkeit ist es praktisch unmöglich die nötige HLA-Kompatibilität zu gewährleisten26.

Zu den potentiellen Risikofaktoren zählen ein höheres Patientenalter, eine verlängerte Ischä-miezeit des Transplantates27 und vermutlich chronische Infektionen mit atypischen Erregern zum Beispiel mit Clamydia pneumoniae28. Während die CMV-Infektion höchstwahrschein-lich zur Entwicklung eines Bronchiolitis obliterans Syndroms beiträgt, wird die Gefährdung durch andere Infektionen des Respirationstraktes kontrovers diskutiert. Respiratorische Viren werden beispielsweise in einigen Studien nicht für die Pathogenese eines Bronchiolitis oblite-rans Syndroms verantwortlich gemacht29. Es gibt mehrere unterschiedliche Hypothesen, wie die verlängerte Ischämie des Transplantates im Kontext mit dem Bronchiolitis obliterans Syn-droms steht. Eine Studie beschreibt zum Beispiel, dass die bronchialen Epithelzellen eine we-sentlich tragendere Rolle bei der Entstehung des Bronchiolitis obliterans Syndroms haben als bisher vermutet. Wenn sie geschädigt werden, möglicherweise durch eine verlängerte I-schämie, können sie über erhöhte IL6 und IL8-Produktion Lymphozyten aktivieren und natür-liche Killerzellen anlocken30.

Mögliche weitere Risikofaktoren sind: Genpolymorphismus von Zytokinen31 und gastro-ösophagealer Reflux. Der Zusammenhang zwischen gastroösophagealem Reflux und dem Bronchiolitis obliterans Syndrom erklärt sich aus der chronischen Aspiration von Mageninhalt und daraus resultierenden Magensäure-vermittelten Schädigungen des Lungengewebes. Der genaue Pathomechanismus ist allerdings noch nicht geklärt, aber die Korrelation zwischen Patienten mit gastroösophagealem Reflux und dem Bronchiolitis obliterans Syndrom weist auf eine kausale Beziehung hin. Hinzu kommt, dass gastroösophagealer Reflux gehäuft bei

transplantierten Patienten vorkommt, was wahrscheinlich eine Folge der Immunsuppression mit Cyclosporin A oder Tacrolimus ist32.

1.3.3.2 Pathogenese

Das Bronchiolitis obliterans Syndrom ist eine Erkrankung der kleineren Bronchien und Bron-chiolen, die durch eine lymphohistiozytär vermittelte Zytotoxizität hervorgerufen wird. Zu-nächst wird die Submukosa des Bronchialepithels von Lymphozyten infiltriert, welche die Basalmembran überwunden haben. Dann kommt es zur Zellnekrose und zur Enukleation des Epithels, an der spezifische inflammatorische Mechanismen beteiligt sind. Hierdurch ange-regt, wandern Fibroblasten und Myofibroblasten in das Entzündungsgebiet ein. Je stärker die Entzündung voranschreitet, desto mehr wächst das Granulationsgewebe in das Bronchus-lumen hinein. Das Bronchiolitis obliterans Syndrom ist ein sehr heterogenes Krankheitsbild, bei welchem unterschiedliche Grade von Entzündungen parallel zueinander existieren kön-nen. Dieses Phänomen erklärt auch, warum die Symptomatik bei Patienten mit Bronchiolitis obliterans Syndrom noch verbessert werden kann, obgleich dieses prinzipiell irreversibel ist.

Wenn es gelingt durch eine Erhöhung der Immunsuppression oder aber durch andere Thera-pieformen das Bronchiolitis obliterans Syndrom einzudämmen, können Lungenabschnitte, in denen die Entzündung nicht so stark vorangeschritten ist, das Defizit anderer Gewebsbezirke ausgleichen33. Viel versprechend im Hinblick auf therapeutische Optionen ist der Wechsel von einer auf Cyclosporin A basierenden Therapie zu Tacrolimus34.

1.3.3.3 Diagnostik

Histologisch kann die Diagnose eines Bronchiolitis obliterans Syndroms aus kleinen Biop-sien, bedingt durch den heterogenen Befall des Gewebes, nur schwer gestellt werden. Daher werden klinische Lungenfunktionsparameter für die Diagnosestellung herangezogen. Im Jahre 1993 wurden erstmals klinische Kriterien für das Bronchiolitis obliterans Syndrom festgelegt.

Eine Verschlechterung des FEV1 („forced expiratory volume“) um mehr als 20% kann auf ein Bronchiolitis obliterans Syndrom hinweisen. Zusätzlich sollte aber auch die MEF25-75 („middle expiratory flow rate“) zur Diagnosestellung hinzugezogen werden, da viele Studien diesen Parameter als sehr sensitiv für ein Bronchiolitis obliterans Syndrom bewerten35. Neben den zuvor genannten klinischen Parametern, die auf ein Bronchiolitis obliterans Syndrom hinweisen, kann auch die bronchoalveoläre Lavage zur Diagnostik herangezogen werden. Vor allem die Differentialanalyse der Leukozyten kann bei der Unterscheidung von infektiösen und immunologischen Abwehrmechanismen hilfreich sein. Außerdem gibt es viele

experi-mentelle Ansätze andere immunmodulatorische Mediatoren in der bronchoalveolären Lavage nachzuweisen, die möglicherweise im Zusammenhang mit einer chronischen Abstoßungsre-aktion stehen. In der bronchoalveolären Lavage erkrankter Patienten konnten in vielen Stu-dien vermehrt neutrophile Granulozyten, aber auch die Erhöhung von IL8 und IL1236 auf Grund des oxidativen Stresses, neutrophiler Elastase, TGF-β, plated derived growth factor (PDGF-1), Collagen 1 und 3 und insulin like growth factor 137 nachgewiesen werden.