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2.3 Inflammatory bowel disease

2.3.3 Pathogenese der IBD

2.3.3.1 Immunpathologische Krankheitseinflüsse

Die Aufgabe des intestinalen Immunsystems besteht in einer Barrierefunktion der Mukosa und der Kontrolle des Antigenkontaktes (GERMAN 2012). Dabei sorgen die Mechanismen der oralen Toleranz für eine Unterdrückung einer überschießenden Immunantwort gegen harmlose Umweltantigene. Die kanine IBD entwickelt sich, wenn diese Abläufe gestört werden, zu einer unkontrollierten immunologischen Reaktion auf Antigene aus Nahrung und kommensaler Bakterienflora, dem Zusammenbruch der intestinalen Barriere und endet in einer unkontrollierten Entzündungsreaktion (GERMAN 2012). Erkenntnisse zur Immunpathogenese der IBD bei Hunden sind begrenzt und zeigen in einigen Fällen gegensätzliche Ergebnisse.

Mehrere immunhistochemische Untersuchungen zeigten eine veränderte Immunzellpopulation in der Lamina propria mucosae bei Hunden mit IBD.

JERGENS et al. (1996) beschreiben eine Abnahme der CD3+ T-Zellen und IgG-produzierenden Plasmazellen im Duodenum erkrankter Tiere. Ähnliche Untersuchungen von Bioptaten aus dem Dickdarm von Tieren mit lymphoplasmazellulärer Kolitis (JERGENS et al. 1999) und von transmuralen

Bioptaten aus Magen, Duodenum, Ileum und Kolon von Tieren mit lymphoplasmazellulärer und eosinophiler Enteritis (KLEINSCHMIDT et al. 2006) zeigten wiederum einen deutlichen Anstieg von CD3+ T-Zellen sowie IgA- und IgG-produzierenden Plasmazellen. STONEHEWER et al. (1998) berichten von einem Anstieg von T- und B-Lymphozyten in der Mukosa des Kolons von erkrankten Hunden. Eine Studie von GERMAN et al. (2001) wies einen signifikanten Anstieg von IgG-positiven Plasmazellen, CD3+ und CD4+ T-Zellen, Makrophagen und neutrophilen Granulozyten bei erkrankten Tieren als Ausdruck proinflammatorischer Veränderungen der Mukosa nach. Eine Untersuchung von DANDRIEUX et al. (2008) zeigte, dass die Apoptoserate von Lymphozyten im Bereich der Duodenalzotten bei gesunden Tieren höher ist als bei Hunden mit IBD und möglicherweise eine Apoptoseresistenz von Lymphozyten eine pathogenetische Bedeutung bei der kaninen inflammatory bowel disease zukommt.

Untersuchungen zum Verhalten von regulatorischen T-Zellen zeigten eine signifikante Abnahme dieser Zellen im Duodenum von Tieren mit lymphoplasmazellulärer und eosinophiler Enteritis, während in Magen und Kolon keine Unterschiede festgestellt wurden (JUNGINGER et al. 2012). Die Autoren vermuten eine gestörte Homöostase der regulatorischen T-Zellen als pathogenetischen Faktor bei der Krankheitsentstehung (JUNGINGER et al. 2012).

Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der oralen Toleranz spielen antigen-präsentierende dendritische Zellen. Eine Untersuchung von KATHRANI et al. (2011c) mit einem Marker gegen CD11c, welcher vor allem kanine dendritische Zellen detektiert, zeigte eine signifikante Abnahme positiver Zellen in Fällen kaniner IBD.

Einige Untersuchungen beschäftigen sich mit der Rolle von Mastzellen bei der kaninen IBD. Während GERMAN et al. (2001) von einer verminderten Mastzellzahl in der Mukosa des Duodenums von IBD Tieren berichten, beschreiben die Ergebnisse einer anderen Studie (KLEINSCHMIDT et al. 2006) ein differenzierteres Bild. Diese Untersuchung zeigte eine Abnahme der Mastzellzahlen bei LPE, während bei EGE die Mastzellenzahlen erhöht waren und deutet auf unterschiedliche Pathogenesemechanismen beider Krankheitsformen hin (KLEINSCHMIDT et al.

2006). Die Autoren vermuten einen Th1-dominierten Entzündungsprozess bei lymphoplasmazellulärer IBD und eine pathogenetische Bedeutung einer Typ 1 Hypersensitivitätsreaktion mit Th2-dominierter Immunantwort bei eosinophilen Formen der IBD (KLEINSCHMIDT et al. 2006). Eine Untersuchung von LOCHER et al. (2001) zeigte erhöhte Mastzellzahlen und vermehrt IgE-positive Zellen bei erkrankten Tieren, welche auf eine IgE-vermittelte Hypersensitivitätsreaktion bei der Krankheitsentstehung hindeuten.

Verschiedene Studien untersuchten Veränderungen des Zytokinspektrums in Hinsicht auf pathogenetische Aspekte. GERMAN et al. (2000) beschrieben einen Anstieg proinflammatorischer und immunreguatorischer Zytokine (TNF-α bzw. TGF-β) auf mRNA-Ebene. Sowohl Zytokine einer Th1-Immunantwort wie IL-2, IL-12p40 und IFN-γ, als auch das für eine Th2-Immunreaktion charakteristische IL-5 waren aufreguliert, sodass ein uneinheitliches Zytokinprofil bei der kaninen IBD vermutet wird (GERMAN et al. 2000). PETERS et al. (2005) quantifizierten die mRNA-Expression verschiedener Interleukine und Zytokine mittels real time-PCR, stellten jedoch keine Unterschiede zwischen gesunden Tieren und Hunden mit chronischen Durchfallerkrankungen fest. Neuere Untersuchungen charakterisierten die Zytokinexpression verschiedener T-Zellsubpopulationen und stellten eine verminderte Expression von IL-17A-mRNA bei erkrankten Deutschen Schäferhunden und Hunden anderer Rassen fest, während die Expression weiterer Zytokine (IL-10, IL-22, IFN-γ, TGF-β) unverändert blieb und kein deutliches Th1/Th17-Zytokinmuster erkennen ließ (SCHMITZ et al. 2012). Die Autoren vermuten, dass ein Mangel an IL-17A zu einer erhöhten Permeabilität der epithelialen Barriere mit nachfolgender Verstärkung der entzündlichen Prozesse führt (SCHMITZ et al. 2012). Eine weitere Untersuchung der mRNA-Expression intestinaler Zytokine mit Meta-Analyse anderer Untersuchungen zeigte ebenfalls keine Tendenzen zu einer Th1- bzw. Th2 -dominerten Immunantwort (JERGENS et al. 2009). Es wurde eine konstitutive Expression von zahlreichen pro- und antiinflammatorischen Zytokinen im unveränderten Intestinaltrakt gesunder Tiere nachgewiesen, welche möglicherweise eine bedeutende Rolle für die intestinale Homöostase hat (JERGENS et al. 2009).

Einschränkend muss bei diesen Studien beachtet werden, dass es sich um Untersuchungen auf genetischer Ebene und nicht um Messungen der Zytokine auf Proteinebene handelt. Diese können zum Beispiel durch posttranskriptionelle Regulationsmechanismen voneinander abweichen (GERMAN et al. 2000; PETERS et al. 2005; SCHMITZ et al. 2012). In einer Studie von MAEDA et al. (2012) hingegen wurden das proinflammatorische Zytokin IL-1β und dessen endogenen Antagonisten IL-1Ra auf mRNA- und Proteinebene untersucht, wobei eine Imbalance bei IBD-Fällen im Vergleich zu gesunden Tieren und Hunden mit einem intestinalen Lymphom nachgewiesen wurde.

MAEDA et al. (2011) untersuchten auch die Rolle von Chemokinen bei kaniner IBD und beschrieben eine Aufregulation verschiedener Chemokine, die zur Migration von Entzündungszellen beitragen. Die zugehörigen Rezeptoren zeigten keine veränderte Expression (MAEDA et al. 2011).

Neben den Mechanismen der adaptiven Immunantwort ist anscheinend aber auch eine Dysfunktion der angeborenen Immunität bei der Pathogenese der IBD von Bedeutung (CATCHPOLE und ALLENSPACH 2012). So zeigen Tiere mit IBD eine veränderte Expression, Dysfunktion oder Dysregulation von toll like-Rezeptoren (TLR), die der Detektion von pathogenen Strukturen (PAMP) dienen (CERQUETELLA et al. 2010; ALLENSPACH 2011). BURGENER et al. (2008) berichten von einer Aufregulation von TLR-2, -4 und -9 in Duodenum und Kolon bei Patienten mit kaniner IBD und vermuten eine Verstärkung der Entzündungsreaktion durch Interaktion mit mikrobiellen Antigenen. Der Umstand, dass auch nach klinischer Remission eine erhöhte Expression von mRNA für diese Rezeptoren bestand, deutet möglicherweise auf eine genetische Prädisposition hin. Eine andere Untersuchung zeigte eine ebenfalls eine erhöhte Expression von TLR-2, die eine leichte Korrelation mit der klinischen Symptomatik (Aktivitätsscore) aufwies (MCMAHON et al. 2010).

Neben Zytokinen und toll like-Rezeptoren wurden zahlreiche, weitere serologische und gewebsspezifische Biomarker, wie pANCA (perinuclear anti-neutrophil antibody), CRP (C-reaktives Protein) und NFκB (nuclear factor kappa light-chain enhancer),

bezüglich ihrer diagnostischen und prognostischen Aussagekraft untersucht, dienen zur Zeit jedoch nur als ergänzende, klinische Werkzeuge (ALLENSPACH 2011;

JERGENS und SIMPSON 2012).