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1. EINLEITUNG

1.2 Allergien vom Spättyp / Kontaktallergien

1.2.1 Immunologische Grundlagen

Eine Allergie vom Spättyp bezeichnet man (nach Coombs und Gell) als

„Hypersensitivitätsreaktion vom verzögerten Typ“. Synonym wird die Begrifflichkeit

„Hypersensitivitätsreaktion des Typs IV“ verwendet. Diese Allergie vom Spättyp wird durch die Aktivierung antigenspezifischer T-Effektorzellen ausgelöst30.

Wenn chemische Substanzen durch Hautkontakt die Allergien auslösen, bezeichnet man die folgende Dermatose als Kontaktallergie30.

Hochreaktive, kleine Antigene sind die typischen Auslöser einer Hypersensitivitätsreaktion, da sie leicht die Haut durchdringen können30. Die Moleküle sind oft zu klein, als dass sie allein immunogen wirken können. Sie müssen zuerst mit körpereigenen Proteinen reagieren30, damit sogenannte „Protein-Hapten-Komplexe“ entstehen, die zu „Hapten-Peptid-Komplexen“

umgebaut werden können30. Diese Komplexe binden an MHC-Moleküle und werden deshalb von T-Zellen als fremde Antigene eingestuft30.

Allergische Reaktionen vom Spättyp können in eine Sensibilisierungs- und eine Effektorphase eingeteilt werden. In der Sensibilisierungsphase nehmen Langerhans-Zellen Antigene auf und prozessieren sie. Dann wandern sie zu regionalen Lymphknoten und lösen die Bildung antigenspezifischer T-Lymphozyten und insbesondere T-Gedächtniszellen aus30. Diese Phase kann einige Tage oder auch einige Wochen dauern31. Nun stehen genügend antigenspezifische T-Gedächtniszellen zur Verfügung, die bis in die Dermis wandern und bei erneutem Allergenkontakt freigesetzt werden können30. Während der Effektorphase führt der nochmalige Allergenkontakt dazu, dass den T-Gedächtniszellen in der Dermis Antigene präsentiert werden30. Dies bewirkt, dass die T-Gedächtniszellen Zytokine wie beispielsweise Interferon-γ oder IL-17 ausschütten30. Das wiederum stimuliert die Keratinozyten der Epidermis zur Freisetzung von Zytokinen wie zum Beispiel IL-1, IL-6, IL-8 oder TNF-α30. Diese Stoffe verstärken den Effekt der Entzündungsreaktion, da sie Monozyten zur Läsionsstelle locken und deren Entwicklung zu Makrophagen beschleunigen30. Ferner sorgen sie dafür, dass weitere T-Zellen an den Läsionsort gelangen30.

Die Effektorphase verläuft bei Allergien vom Spättyp meist innerhalb von 1 bis 2 Tagen, kann allerdings auch schon nach 2 Stunden auftreten31.

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16 1.2.2 Epikutantestungen

Allergische Sensibilisierungen des Spättyps können mit Hilfe eines Epikutantests, der auch Patch-Test genannt wird, nachgewiesen werden. Dabei werden die Testsubstanzen in standardisierten Konzentrationen mittels spezieller Testpflaster auf die gesunde Rückenhaut aufgeklebt und 24 bis 48 Stunden dort belassen28. Die Ablesung erfolgt nach 48 und 72 Stunden28. Bei bestimmten Substanzen wird zusätzlich eine Ultraspätablesung nach 96 Stunden oder gar 1 bis 2 Wochen durchgeführt. Eine positive Reaktion ist durch ein Erythem, Papeln, Bläschen etc. gekennzeichnet28. Die Graduierung nach einfach, zweifach oder dreifach positiv erfolgt durch die Stärke der Reaktion. Eine einfach positive Reaktion wird durch ein Erythem, ein Infiltrat und eventuell Papeln gekennzeichnet, eine zweifach positive Reaktion wird durch Erythem, Infiltrat, Papeln und Vesikel charakterisiert. Eine dreifach positive Reaktion zeigt neben Erythem, Infiltrat und Papeln auch konfluierende Vesikel.

Da eine Vielzahl von potentiellen Allergenen existieren, muss eine Vorauswahl an Testsubstanzen getroffen werden. Bei der Epikutantestung wird immer eine Standardreihe mit den häufigsten Allergenen getestet und gegebenenfalls mit anderen Testreihen ergänzt, die sich durch bestimmte Angaben in der Anamnese ergeben32. Die Testreihen wurden von dem Informationsverbund dermatologischer Kliniken (IVDK) entwickelt. Die Standardreihe beinhaltet die 30 häufigsten und relevantesten Einzelallergene aus allen Bereichen. Die weiteren Reihen, die immer als Ergänzung der Standardreihe getestet werden, sind jeweils speziellen Indikationen gewidmet. Sie beinhalten beispielsweise topische Antibiotika, Lokalanästhetika, Ophtalmika oder Konservierungsmittel. Zudem wurden bestimmte Reihen für einzelne Berufsgruppen wie das Bau-Hauptgewerbe, das Friseur- oder das Zahntechnikergewerbe entwickelt.

Sollte der Epikutantest eine positive Reaktion ergeben, muss das Ergebnis mit den anamnestischen Angaben des Patienten verglichen werden28. Dies rührt daher, dass es auch Sensibilisierungen gibt, die keine klinische Relevanz besitzen28. Diese Sensibilisierungen müssen von „echten“ Allergien abgegrenzt werden.

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17 1.2.3 Kontaktallergien als Reaktion auf Zahnersatz

Schon in der Gesamtbevölkerung wird die Prävalenz von Kontaktallergien auf Dentalmaterialien als hoch eingeschätzt. Thyssen und Menné gehen davon aus, dass bis zu 17% der Frauen und 3% der Männer eine Allergie gegenüber Nickel aufweisen und dass außerdem 1 bis 3% beispielsweise gegen Kobalt sensibilisiert sind31.

Dass die Prävalenz unter Patienten mit Dermatosen als noch höher eingeschätzt wird, macht die Relevanz des Themas der vorliegenden Arbeit deutlich.

In einer Studie aus Japan wiesen 103 der 148 (69,6%) getesteten Patienten eine Kontaktallergie auf33. Die häufigsten Allergene waren Nickel (25,0%), Palladium (24,4%), Chrom (16,7%) und Kobalt (15,9%). Als typische Symptome dieser Allergien wurden Pustulosis palmaris und plantaris, Lichen ruber, Stomatitis und Kontaktdermatitis beobachtet33. Interessanterweise hatten etwa 30% der Patienten jedoch keine oralen Symptome33. Die Autoren geben aber als Limitation ihrer Studie zu bedenken, dass 86% ihrer Patienten aus einer Haut- und Zahnklinik mit der Diagnose oder dem Verdacht auf eine Kontaktallergie rekrutiert wurden33, sodass die Ergebnisse der Studie wahrscheinlich etwas höher als in der Realität sind.

Auch in Deutschland wurde ein Kollektiv von 756 Patienten mit Symptomen an der Mundschleimhaut und Schwierigkeiten mit Dentalmaterialien ausgewertet, und zwar von Richter und Geier34: Die bei den Patienten am häufigsten auftretenden Kontaktallergene waren Nickelsulfat, Palladiumchlorid, Natriumthiosulfatoaurat, Benzoylperoxid und Amalgam34.

Aus früheren Zeiten existieren einige Publikationen, die eine Assoziation zwischen Kontaktallergien auf Dentalmetalle und Lichen ruber mucosae oris postulieren1,33,35-38. In den Niederlanden wurde beispielsweise eine Studie mit 200 Patienten durchgeführt, die alle suspekte Veränderungen der Mundschleimhaut hatten, welche im Verdacht standen, mit goldhaltigen Dentalmaterialien zusammenzuhängen35. In allen sechs Fällen, in denen nach der Entfernung des Zahnersatzes eine Verbesserung zu erkennen war, konnte eine Kontaktallergie auf Gold nachgewiesen werden35.

Zur Veranschaulichung zeigt Abbildung 2 lichenoide Veränderungen der Mundschleimhaut eines Patienten mit klinisch relevanter Kontaktallergie gegen Natriumthiosulfatoaurat.

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Abbildung 2: Klinisches Bild einer lichenoiden Mundschleimhautveränderung eines Patienten mit klinisch relevanter Kontaktallergie gegenüber Natriumthiosulfatoaurat.

Der schwarze Pfeil weist auf die lichenoide Veränderung hin.

Es ist bei den Kontaktallergien auf Dentalmetalle möglich, dass die Symptome nicht nur im Mund, sondern auch an der Hand, den Füßen oder am restlichen Integument auftreten33,39. Deshalb wird in dieser Arbeit nicht nur eine Assoziation zwischen Lichen ruber der Mundschleimhaut und Kontaktallergien auf Dentalmaterialien untersucht, sondern auch der Zusammenhang zwischen Lichen ruber am restlichen Integument und Kontaktallergien.

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19 1.2.4 Allergologisch relevante Inhaltsstoffe von Zahnersatz

Mutmaßliche oder tatsächliche Allergien gegenüber zahnärztlichen Werkstoffen stellen ein zunehmendes Problem bei der zahnärztlich-prothetischen Versorgung dar. Kronen, Brücken oder Zahnprothesen zu ersetzen, ist ein aufwendiges Unterfangen und zudem mit hohen Kosten verbunden. Daher sollte eine solche Zahnrestauration nur dann durchgeführt werden, wenn objektive Mundschleimhautveränderungen diagnostiziert werden können und ein Zusammenhang mit Zahnersatz festgestellt wird.

1.2.4.1 Amalgame

Amalgame werden in der Zahnmedizin als definitive Füllungsmaterialien verwendet39. Amalgam ist eine Legierung aus mehreren Metallen mit Quecksilber. Die Legierungspulver enthalten Silber, Zinn und Kupfer, gelegentlich auch Zink39. Amalgam ist sehr haltbar, kostengünstig und außerdem gut zu verarbeiten39. Sowohl Quecksilber(II)-amidchlorid als auch Amalgam und die Amalgam-Legierungsmetalle sind Substanzen, die in den Epikutantestreihen untersucht werden.

Früher waren Amalgame sehr korrosionsanfällig39. Auf die heutzutage verwendeten kupferreichen Amalgame trifft dies jedoch nicht mehr per se zu39. Man muss allerdings in Betracht ziehen, dass verschiedene exogene Einflüsse das Korrosionsverhalten des Amalgams verändern können, sodass doch eine erhöhte Menge an Quecksilber freigesetzt wird.

Ferner existieren auch organische Quecksilberverbindungen wie Phenylquecksilberacetat oder Thiomersal, die ebenfalls in bestimmten Epikutantestreihen vorkommen. Allergische Reaktionen auf diese Substanzen besitzen jedoch keine Aussagekraft für die Verträglichkeit von amalgamhaltigem Zahnersatz40.

Ist Zahnersatz vorhanden, werden geringe Mengen Quecksilber freigesetzt, die jedoch weit unter den biologisch tolerablen Grenzwerten liegen. Bei der Verarbeitung von Amalgam, mithin beim Einsetzen und Entfernen von Zahnersatz, wird hingegen eine größere Menge Quecksilber freigesetzt39, sodass eine gesundheitsgefährdende Belastung für Bedienstete im Bereich der Zahnmedizin gegeben ist.

1.2.4.2 Palladiumchlorid

Palladium ist ein relativ günstiges und korrosionsbeständiges Edelmetall. Palladium wird meistens mit Gold oder Silber, manchmal auch mit Kupfer oder Zink zu einer Legierung

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20 vermischt37. In den chemischen Eigenschaften ähnelt Palladium Nickel37. Dies führt dazu, dass Patienten, die eine Kontaktallergie auf Nickel aufweisen, zusätzlich auf Palladium allergisch reagieren, was man als Kreuzreaktion bezeichnet37. Auch bei positiven Resultaten gegenüber Palladium im Epikutantest ist somit deren Relevanz zu prüfen. Eine isolierte und damit klinisch relevante Kontaktallergie auf Palladiumchlorid ist selten37. Selbst wenn eine solche vorliegt, ist zudem zu klären, ob die Sensibilisierung durch ein palladiumhaltiges Zahnimplantat oder beispielweise durch Schmuck entstanden ist37.

1.2.4.3 Kunstharze

Bei den Kunstharzen ist Methylmethacrylat das häufigste Allergen41. Weitere Allergene können in Kompositematerialien auftreten, zum Beispiel andere Methacrylate wie 2-Hydroxyethylmethacrylat und Ethylenglycoldimethacrylat oder auch Urethane wie Diurethandimethacrylat41. Diese Stoffe verfügen über ein hohes Allergiepotential41. Die Indikation für eine Epikutantestung mit diesen Materialien ist folglich besonders streng zu stellen, da die Gefahr einer iatrogenen Sensibilisierung gegenüber Kunstharzen besteht41. 1.2.4.4 Weitere relevante Stoffe

Sensibilisierungen durch Kunststoffadditiva oder auch Benzoylperoxid sind möglich, aber selten, und treten dann auch häufig in Folge beruflicher Exposition auf42. Des Weiteren sind Substanzen aus dem Bereich Duftstoffe / ätherische Öle / Perubalsam in differentialdiagnostische Überlegungen mit einzubeziehen43. Allergien gegenüber diesen Stoffen sind häufig und nehmen zu. Diese Substanzen können in Zahnpflegeprodukten auftauchen und Mundschleimhautveränderungen bewirken.

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1.3 Die Infektionskrankheiten Hepatitis B und C

1.3.1 Grundlagen zu Hepatitis B und C

Hepatitis B und C sind Virusinfektionen, die die Leber befallen, chronifizieren können und mit verschiedenen Autoimmunkrankheiten assoziiert sind44.

Da sowohl Hepatitis B als auch C eine chronische Entzündung oder eine veränderte Immunantwort auslösen können, ist es möglich, dass ein Virus oder auch beide einen Triggerfaktor für Lichen ruber darstellen44. Es wird auch vermutet, dass Lichen ruber eine extrahepatische Manifestation der Infektion mit Hepatitis C sein könnte. Zudem existiert die Theorie, dass umgekehrt Lichen ruber die Infektion mit Hepatitis triggert.

1.3.2 Hepatitis B 1.3.2.1 Epidemiologie

Nach Angaben der WHO hat ein Drittel der Weltbevölkerung (2 Milliarden) eine Infektion mit Hepatitis B durchgemacht. Etwa 5% (350 Millionen) sind chronisch mit Hepatitis B (HBV) infiziert45. Von einer chronischen Hepatitis spricht man, wenn eine Leberentzündung länger als 6 Monate anhält und ohne wesentliche Besserung verläuft46.

Die Prävalenz ist weltweit sehr unterschiedlich. In Deutschland wird sie laut Bundesgesundheitssurvey von 1998 auf 7 % geschätzt47. Ferner sind in Deutschland 50-60%

aller gemeldeten Hepatitisfälle durch das HBV bedingt46. 1.3.2.2 Erreger

Hepatitis B ist ein DNA-Virus aus der Familie der Hepadnaviren. In der serologischen Untersuchung des Blutes kann man neben dem vollständigen Virus sphärische Partikel und tubuläre Gebilde nachweisen46. Diese Gebilde sind Teile der Virushülle und entsprechen dem HBs-Antigen (s=surface)46. Der Innenkörper des HBV enthält das HBc-Antigen (c=core) und das HBe-Antigen (e=envelope), das in struktureller Beziehung zum HBc-Antigen steht46,48. 1.3.2.3 Übertragungswege

Da die Übertragung im Wesentlichen parenteral verläuft, sind vor allem medizinisches Personal sowie Patienten, die mit Blutprodukten in Kontakt kommen, gefährdet46. Auch Drogenabhängige, die die Substanzen intravenös konsumieren, stellen eine Risikogruppe dar46. Zudem kann eine Übertragung durch sexuellen Kontakt stattfinden46. Des Weiteren

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22 können sich Säuglinge peri- oder postnatal bei einer HBs-Ag-positiven Mutter anstecken46. Dies ist zwar weltweit die häufigste Übertragungsform46, spielt jedoch in Deutschland eine untergeordnete Rolle.

1.3.2.4 Klinisches Bild

Eine Infektion mit Hepatitis B kann sich auf verschiedene Weise manifestieren. Eine akute Infektion läuft in zwei Drittel der Fälle asymptomatisch oder subklinisch ab49 und bleibt daher häufig unentdeckt. Das restliche Drittel der Patienten erlebt entweder nur leichte Symptome wie Müdigkeit und Übelkeit oder stärkere Zeichen wie Ikterus. Dabei können dann auch pathologische Laborwerte wie hohe Transaminasen, hohes Bilirubin oder ein Abfall des Quickwertes auftreten46. Ein akutes Leberversagen ist selten49. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 2 und 6 Monate46.

1.3.2.5 Diagnostik

Um eine Hepatitis B zu diagnostizieren, ist der serologische Nachweis von Virusantigenen (HBsAg, HBcAg und HBeAg) sowie der dagegen gebildeten Antikörper (HBs, Anti-HBc, Anti-HBe) geeignet. Diese verschiedenen Marker können im Verlauf einer Hepatitisinfektion auftreten und dienen zur Einteilung in eine akute, chronische oder persistierende Hepatitisform beziehungsweise helfen auch bei der Identifikation eines lediglich geimpften Patienten, der beispielsweise nur Anti-HBs-Antikörper aufweist. Eine Infektion mit Hepatitis B gilt als belegt, wenn gleichzeitig HBs-Ag und Anti-HBc-IgM-Antikörper bei der serologischen Untersuchung des Blutes nachgewiesen werden können46. 1.3.2.6 Verlauf

Eine Chronifizierung findet nur bei etwa 5 bis 10 % der betroffenen Patienten statt46. Diese erhöht zwar das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulärem Carcinoms (HCC), jedoch bedingt sie es nicht notwendigerweise. Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass ein Drittel der Fälle von HCC in Deutschland mit Hepatitis B assoziiert ist50.

1.3.2.7 Therapie

Die Therapie der akuten Hepatitis B besteht lediglich in einer Symptombehandlung. Neben absoluter Alkoholkarenz sollten keine hepatotoxischen Medikamente verordnet werden. Nur Patienten, die eine chronische Hepatitis B aufweisen und bei denen zudem ein Leberzellschaden mittels Biopsie nachgewiesen wurde, werden behandelt46. Die Therapie beinhaltet Interferon-α oder aber pegyliertes Interferon über 24 Wochen46,51. Als Ersatz stehen beispielsweise Lamivudin oder Adefovir zur Verfügung46,51.

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23 1.3.2.8 Prognose

Mit der Therapie wird beabsichtigt, eine Serokonversion von HBeAg hin zu Anti-HBe zu erreichen46. Zudem soll der Nachweis von HBV-DNA im Blut nicht mehr möglich sein, die Transaminasen mögen sich ebenso wie die Leberhistologie normalisieren46. Das Behandlungsziel der Serokonversion wird durch Interferon-α in 42 % der Fälle erreicht, während Lamivudin in 52% der Fälle HBV-DNA im Blut eliminiert46.

1.3.2.9 Prävention

Einer Infektion mit Hepatitis B kann durch eine Immunisierung vorgebeugt werden. In Deutschland wird die aktive Immunisierung für alle Kinder empfohlen, bei Erwachsenen jedoch nur für die Risikogruppen (zum Beispiel Beschäftigte im Gesundheitswesen, Dialysepatienten, Prostituierte, Drogenabhängige etc.)46. Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen. Die Laborkontrolle des Anti-HBs-Titers dient dazu, den Erfolg der Immunisierung zu überprüfen. Sollte kein entsprechender Titer vorliegen, kann nachgeimpft werden.

Als Postexpositionsprohylaxe zum Beispiel nach einer Nadelstichverletzung wird eine simultane aktive und passive Immunisierung mit Hepatitis-B-Hyperimmunglobulin empfohlen46.

1.3.2.10 Assoziationen mit anderen Krankheiten

Besonders bei schweren Verläufen einer Hepatitis B muss eine Superinfektion mit Hepatitis D in Betracht gezogen werden. Als extrahepatische Manifestationen der Hepatitis B gelten ein serumkrankheitsähnliches Bild in der Inkubationsphase der Infektion, ferner das Gianotti-Syndrom und die chronische membranöse Glomerulonephritis46.

Zudem ist eine Assoziation von HBs-Antigenen mit Panarteriitis nodosa und rheumatoider Arthritis nachgewiesen worden46.

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24 1.3.3 Hepatitis C

1.3.3.1 Epidemiologie

Hepatitis C ist ein Virus, das weltweit eine der wichtigsten Ursachen für eine chronische Leberinsuffizienz darstellt52 und damit die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen in signifikanter Weise betrifft. Obwohl die Gesamtzahl der infizierten Personen auf etwa 170 Millionen geschätzt wird, ist die Prävalenz je nach Region sehr unterschiedlich53. Sie beträgt in Skandinavien weniger als 0,5 %, jedoch in Ägypten mehr als 20 %53. Es gibt auch Unterschiede in Bezug auf das Erkrankungsalter: In den USA und Australien sind meist Menschen zwischen 30 und 49 Jahren betroffen, wohingegen in Japan und Italien eher ältere Personen erkranken53.

Die Prävalenz in Deutschland wird laut Bundesgesundheitssurvey von 1998 auf 0,4%

geschätzt47. Unter Blutspendern beträgt sie etwa 0,5-1,5 %46. 1.3.3.2 Erreger

Hepatitis C ist ein RNA-Virus aus der Gruppe der Flaviviren, das sich in 6 Hauptgenotypen und noch viele weitere Subtypen kategorisieren lässt. Diese Einteilung ist insbesondere für die Auswahl der jeweiligen Therapie entscheidend. So sprechen beispielsweise Patienten mit Genotyp 2 oder 3 recht gut auf Interferon an, solche mit Genotyp 1 oder 4 hingegen nicht53. 1.3.3.3 Übertragung

Hepatitis C wird parenteral von infiziertem Blut oder infizierten Blutprodukten, durch Transplantation eines Organs von einem Infizierten oder durch gemeinsame Benutzung von Nadeln bei Drogenabhängigen übertragen. Die Ansteckung über Geschlechtsverkehr oder im Gesundheitswesen über versehentliche Nadelstichverletzungen besitzt demgegenüber nur eine untergeordnete Bedeutung53. Das Hepatitis-C-Virus ist weniger infektiös als das Hepatitis-B-Virus46.

Der hauptsächliche Infektionsweg unterliegt jedoch regionalen Besonderheiten: In den USA ist hier der Missbrauch von Drogen auf intravenösem Zugangsweg zu nennen, in Japan und Italien dagegen kontaminiertes Material im Gesundheitswesen53. In Ägypten sind alle Altersklassen betroffen und beide eben genannten Infektionswege spielen eine Rolle53.

1.3.3.4 Klinisches Bild

Unabhängig von der Art der Virusübertragung entwickelt sich eine akute Hepatitis C innerhalb von 4 bis 12 Wochen. Sie verläuft in den meisten Fällen asymptomatisch, lediglich

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25 in etwa 25 % der Fälle klagen die Patienten über Müdigkeit, Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, leichtes Fieber oder Ikterus46,53.

Insbesondere diese Tatsache verdeutlicht die Relevanz unserer Untersuchung: Sollte Lichen ruber sich tatsächlich als extrahepatische Manifestation der Infektion mit Hepatitis C herausstellen, so ist diese Information bei einem sonst symptomlosen Verlauf der Erstinfektion extrem bedeutsam.

Ein schwerer Verlauf der Infektion mit Hepatitis C ist selten. Dieser kann sich mit einer aplastischen Anämie, Agranulozytose und einer peripheren Neuropathie manifestieren46. Es gilt allerdings zu bedenken, dass eine Chronifizierung bei Hepatitis C mit 60-80% sehr häufig ist46. Ebenso entwickeln bis zu 35 % der Patienten eine Zirrhose46, etwa 5-16 % gar ein hepatozelluläres Carcinom46,53.

1.3.3.5 Diagnostik

Um eine Hepatitis C (HCV) zu diagnostizieren, kann man entweder direkt HCV-RNA oder aber Anti-HCV-Antikörper im Blut mittels Serologie oder PCR bestimmen. Meistens weisen die Patienten 1 bis 2 Wochen nach der Infektion HCV-RNA auf, die nach der Ausheilung nicht mehr detektiert werden kann46. Die Anti-HCV-Antikörper lassen sich erst 1 bis 5 Monate nach Erkrankungsbeginn nachweisen48. Hier besteht eine diagnostische Lücke48. Wenn dann jedoch Anti-HCV-Antikörper vorliegen, persistieren diese über Monate46.

Etwa 50% der Erkrankten mit Anti-HCV-Antikörper weisen auch HCV-RNA auf, während bei Erkrankten ohne Anti-HCV-Antikörper trotzdem HCV-RNA im Blut gefunden werden kann46.

Charakteristisch für eine Hepatitis C sind im Verlauf stark schwankende Transaminasenwerte.

Eine Erhöhung bis zum Zehnfachen des Normwertes ist möglich46. Ebenso können die Werte lange Zeit im Normbereich liegen46.

Eine Therapieindikation wird zum einen durch den serologischen Nachweis und zum anderen durch die histologische Beurteilung einer Leberbiopsie gestellt.

1.3.3.6 Therapie

Die Therapie der akuten Hepatitis C sollte mit Interferon-α (oder aber pegyliertem Interferon) über einen Zeitraum von 24 Wochen durchgeführt werden46. Die chronische Hepatitis C wird mit einer Kombination von pegyliertem Interferon-α2 und Ribavirin behandelt46. Bei Genotyp

1. EINLEITUNG

26 1 der Hepatitis C soll die Therapiedauer 48 Wochen, bei Genotyp 2 und 3 24 Wochen betragen46. Die Therapiedauer kann je nach Abfall der Viruslast individuell angepasst werden46. Bei 50% der Patienten ist nach einem halben Jahr mit dieser Therapie der HCV-Serummarker eliminiert46.

1.3.3.7 Prävention

Eine Impfung existiert derzeit nicht. Als präventive Maßnahme werden alle Blut- und Plasmaspender routinemäßig auf Anti-HCV-Antikörper getestet46.

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1.4 Zielsetzung der Arbeit

Seit vielen Jahren wird diskutiert, inwieweit es einen kausalen Zusammenhang zwischen Kontaktallergien auf Dentalmaterialien und Lichen ruber mucosae oris gibt. Ebenso werden Infektionen mit Hepatitis B und C als Triggerfaktoren des Lichen ruber und des Lichen ruber mucosae oris angesehen.

Auf der Grundlage der mutmaßlichen Assoziationen gehört es zum bewährten medizinischen Vorgehen, bei allen Patienten mit Lichen ruber mucosae oris einen Epikutantest und außerdem eine serologische Untersuchung auf Hepatitismarker durchzuführen. Ob es eine Evidenz für diese Maßnahmen gibt, ist folglich sowohl aus medizinisch-ethischen Aspekten als auch aus ökonomischen Gründen relevant.

In der vorliegenden Dissertation sollen daher folgende Fragen geklärt werden:

1. Sind bei den Patienten mit Lichen ruber mucosae oris Kontaktallergien auf Dentalmaterialien im Epikutantest nachweisbar?

2. Gibt es eine Geschlechterprädisposition im Auftreten von Kontaktallergien bei Lichen ruber mucosae oris?

3. Treten Kontaktallergien gegenüber Dentalmaterialien gehäuft bei Patienten mit Lichen ruber mucosae oris, bei Patienten mit Lichen ruber mucosae oris und Zahnersatz, bei Patienten mit Lichen ruber ohne Beteiligung der Mundschleimhaut oder bei Patienten mit verschiedenen anderen Dermatosen auf?

4. Lassen sich signifikante Unterschiede in Bezug auf das Auftreten von

4. Lassen sich signifikante Unterschiede in Bezug auf das Auftreten von