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Die Hawaiische Autonomiebewegung

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen

4.1 Die Hawaiische Autonomiebewegung

Institute for the Advancement of Hawaiian Affairs (I.A.H.A.) 149

Das Institute for the Advancement of Hawaiian Affairs (I.A.H.A.)150 wurde bereits 1985 von dem hawaiischen Anwalt Hayden F. Burgess, der vor allem den hawaiischen Namen Pōkā Laenui verwendet, gegründet. I.A.H.A. ist eine jener Bewegungsgruppierungen, deren Mitgliederzahl nicht bekannt und im Zweifel eher als gering einzuschätzen ist:151 1994 wurde das Institut in einer Aufstellung unterschiedlicher Organisationen der „Sovereignty“-Bewegung als

„a group consisting of Burgess and a handful of followers“ charakterisiert (Tachihata 1994:204) und in einem Artikel des Honolulu Star-Bulletin hieß es:

„Burgess has not organized a group or following around his proposal. He says he shares his approach with others in hopes that if they agree, they too will pass it on.“152

149 Die Reihenfolge der hier besprochenen Gruppierungen stellt keine Wertung oder Gewichtung meinerseits dar: die vier nach den o.g. Kriterien ausgewählten Initiativen werden in alphabeti-scher Reihenfolge behandelt.

Pōkā Laenui tritt als einziger Vertreter des Instituts in der Öffent lich-keit auf und zeichnet für sämtliche Publikationen des I.A.H.A. verantwortlich.

150 Das Akronym I.A.H.A. kann als iaha oder ‘aha gelesen werden; die beiden hawaiischen Synonyme bedeuten Versammlung, Zusammenkunft oder auch Partei [U.M.].

151 „Groups promoting sovereignty“, Kevin Hand (H S-B 24.8.1995:A-8).

152 „Burgess wants choice of total independence“ (H S-B 12.1.1993:A-6).

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen 107 Durch seine dauerhafte Medienpräsenz und Teilnahme an den öffentlichen Diskussionen der 1990er Jahre genoss das Institute for the Advancement of Hawaiian Affairs eine gewiss nicht geringe Aufmerksamkeit und konnte seine Vorstellungen zur Selbstbestimmung und Souveränität der Hawaiier publik machen:

„‚Self-Determination‘ is the deciding by the people of a nation what form of government they shall have, without reference to the wishes of any other nation. In making that decision, the people have a range of choices from total assimilation within another nation, territory status, autonomy (some erroneously call this ‚a nation within a nation‘), state-hood, free association, commonwealth, to total independence and sov-ereignty.

‚Sovereignty‘ is to be free from any other nation’s control - to have no higher legislature but God(s). Sovereignty is not a privilege to be granted by another nation but a right inherent in a people.

[...] Colonizing nations have used these same words to carry quite dif-ferent meanings in order to deny basic human rights. Let‘s not adopt their definitions and fall victims to their abuses“ (I.A.H.A. 1992:23).

Laenui propagiert also ein eigenstaatliches, von den USA unabhängiges und vollständig souveränes Hawai‘i, dessen Staatsgebiet den gesamten Archipel einschließlich der 200-Meilen Zone umfassen würde (Laenui 1992:19). Vor-stellungen einer Autonomie, wie sie von anderen Organisationen – so u.a. von Ka Lāhui oder auch dem Office of Hawaiian Affairs vertreten werden (s.u.) – erteilt er eine klare Absage. Die Errichtung einer autonomen Region Hawai‘i innerhalb der USA und damit der Verzicht auf die politische Souveränität eines Staates entspräche den bestehenden Indianernationen in den kontinentalen USA – hierzu Laenui:

„Our history and the American Indian experience are completely sepa-rate, although the U.S. government would like to have us see ourselves as the same. We come from a different national genealogy. We were an independent nation recognized throughout the world as an equal ... Our history is one of clear invasion of an internationally recognized inde-pendent nation by another nation which has never really withdrawn from that original occupation. To apply the U.S. solution to the Ameri-can indians for us would be inappropriate, we would be selling our-selves short“ (I.A.H.A. 1987:14).

Im Einklang mit der staatsrechtlichen Argumentation Laenuis stehen auch die Vorstellungen des I.A.H.A. hinsichtlich der zukünftigen Staatsbürgerschaft, die

ihm zufolge nicht von der biologischen Abstammung des Einzelnen abhängen könne. Vielmehr soll die Loyalität gegenüber dem neuen Staatswesen und sei-ner Ordnung – in der durchaus Sonderrechte für die hawaiisch-stämmige Be-völkerung, wie z.B. ein gewichtetes Wahlrecht, vorgesehen sind153 – die Zuge-hörigkeit zur hawaiischen Nation begründen:

„If the objective is truly to live up to the internationally recognized right of self-determination, the program scope for Hawaiian sovereign-ty and self-determination must be expanded to include a wider base of people as Hawaiian citizens. That base should be established on the grounds of how one relates to Hawai‘i, not on one‘s racial extraction“

(Laenui 1994:13).

Laenui und das I.A.H.A. nennen vor allem zwei Bereiche der internationalen Politik, in denen Hawaiier tätig werden müssten. Zum einen sei dies die Mitar-beit in der 1982 gegründeten UN-Working Group on Indigenous Populations (WGIP), um so den Status der Hawaiier als indigene Bevölkerung Hawai‘is zu dokumentieren sowie die daraus ableitbaren Rechte einzufordern. Zum anderen sollten die Bemühungen um die Wiederaufnahme Hawai‘is in die UN-Liste der

„Non-Self-Governing Territories“ intensiviert werden, damit eine Dekolonisa-tion des Archipels unter Aufsicht der Vereinten NaDekolonisa-tionen möglich wird (Laenui 1993).

Allerdings fordert Laenui nicht nur internationales Engagement; auch im Verhalten gegenüber dem US-Bundesstaat Hawai‘i und den USA sieht er konkrete Möglichkeiten, die seiner Meinung nach weiter bestehende Souverä-nität Hawai‘is zu demonstrieren und Forderungen nach ihrer Anerkennung Nachdruck zu verleihen:

„We must begin to live our Hawai‘i as we see Hawai‘i must be. I see Hawai‘i as an occupied nation. I see Hawai‘i as an independent nation.

So I must conduct my response accordingly. I refuse to recognize the United States’ jurisdiction over me. I therefore refuse to file an income tax return. I refuse to pay any taxes to a foreign government which is essentially attempting to hijack me, forcing me to finance its occupa-tion of my country“ (Laenui, in: Mast u. Mast 1996:416).

Laenui vertritt darüber hinaus den Standpunkt, dass Gesetze der USA wie des Bundesstaates Hawai‘i auf die souveränen hawaiischen Bürger nicht anzuwen-den wären – eine Ansicht, die er als Anwalt hawaiischer Mandanten immer wieder vor Gericht vertreten hat (Laenui, in: Mast u. Mast 1996:410-1).

153 Siehe Laenui 1992:19-20; 1994:46-9.

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen 109 ger spektakulär sind seine Aufrufe zu Gedenkveranstaltungen, wie sie z.B. aus Anlass der einhundertjährigen Wiederkehr der Annexion im Oktober 1997 stattfanden; sie bieten Möglichkeiten, allgemeine Aufmerksamkeit für die Sa-che der „Hawaiian Sovereignty“ zu erzielen und zugleich die Ansichten des I.A.H.A. und seines Direktors zu propagieren (Laenui 1997a; 1997b).154

Im deutlichen Unterschied zu anderen Gruppierungen der Autonomie-bewegung nimmt das I.A.H.A. eine eher positive Haltung gegenüber bundes-staatlichen Initiativen ein, wie z.B. der vom Staat Hawai‘i initiierten „Native Hawaiian Vote“. Anders als fast die gesamte Autonomiebewegung sieht Laenui in der Mitwirkung des Staates am Prozess der „Hawaiian Sovereignty“ auch keine widerrechtliche staatliche Einmischung oder gar den Versuch, die Auto-nomiebewegung zu schwächen, sondern nichts weniger als die Pflicht des Ko-lonialstaates, der für eine Dekolonisation im Einklang mit dem Völkerrecht Sorge zu tragen hat (Laenui 1996:pt. II). Sowohl die Gründung des Office of Hawaiian Affairs, die Entschuldigungsresolution des US-Kongresses von 1993 als auch die Vorbereitungen zur umstrittenen „Native Hawaiian Vote“ von 1996 sind für ihn wichtige Schritte auf dem Weg zu mehr hawaiischer Eigen-ständigkeit:

„The process in which the Native Hawaiian Vote was taken, the acknowledgement by the United States of its violation of the sovereign integrity of the Kingdom of Hawai‘i and the Office of Hawaiian Af-fairs are significant in domestic as well as international law for it re-flects a positive step forward in the practical development of indige-nous people‘s rights“ (Laenui 1996:pt. I).

Das Institute for the Advancement of Hawaiian Affairs stellt nicht nur hinsichtlich der kaum nachvollziehbaren bzw. fehlenden Mitgliederbasis einen Sonderfall unter den am Autonomiediskurs der 1990er Jahre beteiligten Initia-tiven und Institutionen dar, sondern unterscheidet sich von den übrigen Grup-pierungen auch durch seine dezidiert am Völkerrecht und den allgemeinen Menschenrechten orientierten Argumentationen.

The Sovereign Nation of Hawai‘i – Ka Lāhui Hawai‘i

Mit Ka Lāhui Hawai‘i wende ich mich einer politischen Gruppierung der ha-waiischen Autonomiebewegung zu, bei der es sich in vielerlei Hinsicht um das Gegenteil des zuvor dargestellten I.A.H.A. handelt. Ka Lāhui Hawai‘i (im we i-teren Text Ka Lāhui genannt) lehnt nicht nur jegliche Einmischung staatlicher Stellen in den Autonomieprozess ab, in den 1990er Jahren verfügte die

154 Die Aufrufe sind von einer Organisation mit dem Namen „Of Sacred Times & Sacred Places“

gezeichnet, die allerdings die Adresse des I.A.H.A. angibt.

sation auch über die unbestritten größte Anhängerschaft unter der hawaiischen Bevölkerung sowie das bedeutendste, in zahlreichen Aktionen demonstrierte Mobilisierungspotential aller Bewegungsgruppierungen.

Ka Lāhui wurde 1987 in Keaukaha, einer hawaiischen Siedlung g e-gründet und versteht sich ausdrücklich als „a native initiative for Hawaiian self-governance, formed by and for native Hawaiians, without the interference of State or Federal agencies“ (Ka Lāhui 1993:2). Ka Lāhui erhebt den A n-spruch, die bereits existierende „Sovereign Nation of Hawai‘i“ zu sein – dies zeigt sich sowohl hinsichtlich der Organisationsstruktur der Gruppierung wie auch bei der Benennung verschiedener Funktionsträger, die sich beide an nati-onalstaatlichen Mustern orientieren.

Darüber hinaus verfügt Ka Lāhui über eine „Verfassung“, deren erster Entwurf auf der Gründungsversammlung der Organisation gebilligt worden war.155

Eine weitere Besonderheit der Verfassung Ka Lāhuis, in der der Grundrechtskatalog gesichert, die zukünftige Staatsbürgerschaft geregelt und die Regierungsform der Nation bestimmt wird, ist die dem hawaiischen Adel zugewiesene Rolle. So ist neben den an der klassischen Gewaltenteilung orien-tierten Staatsfunktionen der Legislative, der Exekutive und der Judikative auch ein mit Abkömmlingen hawaiischer Adliger (ali‘i) besetztes „Oberhaus“ unter Leitung eines „ali‘i nui“

So genannte „Constitutional Conventions“ in den Jahren 1989 und 1992 änderten und erweiterten diese Verfassung, wobei wesentliche Änderungen die Rolle von Native Hawaiians im Sinne des Hawaiian Homes Commission Act von 1921 betrafen. Sah die ursprüngliche Verfassung Ka Lāhuis (1991:4,7) noch vor, dass ausschließlich Native Hawaiians über alle Fragen in Zusam-menhang mit den Hawaiian Home Lands befinden dürfen und dass der als Gouverneur (kia‘āina) bezeichnete Vorsitzende ebenfalls aus den Reihen der Native Hawaiians zu wählen ist, so sind diese Passagen seit 1992 ersatzlos gestrichen. Die Betonung der hawaiischen Abstammung blieb aber in einem gewichteten Wahlrecht erhalten, das den „hawaiischen“ Stimmen mehr Ge-wicht gibt und wonach die Hälfte aller Abgeordneten der Legislative Ka Lāhuis aus Native Hawaiians bestehen muss, die wiederum ausschließlich von Native Hawaiians gewählt werden können (Ka Lāhui 1991:5; 1993:15).

156vorgesehen, das Ka Lāhui wie folgt beschreibt:

155 In ihrer Eigendarstellung weist Ka Lāhui ausdrücklich auch darauf hin, dass sowohl die juris-tische Seite wie auch die Bedürfnisse und Vorstellungen der hawaiischen Bevölkerung in diese

„Verfassung“ eingeflossen wären: „Ten years of legal and historical research, and many commu-nity meetings, were conducted to identify the best way for Hawaiians to reinstate their sovereign nation“ (Ka Lāhui 1993:2).

156 Ali‘i nui (großer, hoher Adliger [U.M.]) bezeichnete in der traditionellen hawaiischen Gesell-schaft die jeweils höchstrangigen Oberhäupter.

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen 111

„The Ali‘i Nui Branch is responsible for matters relating to culture, tradition, and protocol. The Ali‘i Nui has no voting or veto power. The Ali‘i Nui branch includes two councils: the ‘Aha Ali‘i, which is com-prised of individuals of chiefly clans who have produced genealogies proving their Ali‘i lineage; and the ‘Aha Kūkā o Ke Ali‘i Nui, com-prised of specialists who advise the Ali‘i Nui on matters of history, ge-nealogy, language, and cultural traditions“ (Ka Lāhui 1993:5).157 Hier sieht also die Verfassung der zukünftigen autonomen Nation die Wieder-belebung und Integration eines auch unter Hawaiiern umstrittenen Aspektes der traditionellen hawaiischen Gesellschaftsstruktur vor: zwar spricht man in Tex-ten, Diskussionen und Gesprächen immer wieder mit großer Achtung von den Ali‘i, sieht aber ansonsten die Stratifizierung der traditionellen Gesellschaft und insbesondere die Rolle des hawaiischen Adels im 19. Jahrhundert durchaus kritisch.158 Was die politische Bedeutung einer hochrangigen Herkunft im Kon-text der Autonomiebestrebungen anlangt, so lehnt der Großteil der Hawaiier die Zuweisung einflussreicher Positionen auf der Basis eines Geburtsranges ab.159

Trotz einer offenbar sehr straffen Organisationsstruktur bleiben die Angaben zu den Mitgliederzahlen Ka Lāhuis eher vage: nannte die Organisati-on für 1989 noch eine Zahl vOrganisati-on 5.000 eingeschriebenen Mitgliedern, die dem Selbstverständnis der Organisation entsprechend als „Bürger“ („citizens“) be-zeichnet werden, so wurden für 1992 bereits 10.000 und für 1993 schließlich 16.000 Bürger der souveränen Nation angegeben (Ka Lāhui 1993:6). Im Jahre 1995 nannte Mililani Trask, zu der Zeit gewählte Gouverneurin oder kia‘āina Ka Lāhuis, schließlich eine Gesamtzahl von fast 25.000 Mitgliedern.160

157 Es gab Berichte, dass ein noch minderjähriger Ali‘i Nui bereits 1988 auf seine mögliche zukünftige Rolle vorbereitet wurde, wobei mir keine späteren Nachrichten zu diesem Thema bekannt sind („Noa de Guiar, little boy who would be ali‘i nui of Hawaiian nation“ [H S-B 1.11.1988:B-1]). Auffällig ist jedoch, dass die ja weiterhin bestehende monarchische Linie der Kawananakoas, den ali‘i nui des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die in der Nachfolge Kalākauas auch Anspruch auf den hawaiischen Thron erheben könnten, von Ka Lāhui nicht vorgesehen wurde. Hierbei mag die Zugehörigkeit der Familie Kawananakoa zum gesellschaftlichen und politischen Establishment des Staates Hawai‘i eine gewichtige Rolle gespielt haben.

Diese hohen Zahlen zweifelten Kritiker wiederholt an, da Ka Lāhui keine nachprü f-baren Mitgliederzahlen veröffentlicht und M. Trask in diesem Zusammenhang

158 Ausnahmen sind sicherlich die herausragenden, am Beginn und am Ende des hawaiischen Königreichs stehenden Monarchen Kamehameha I. und Lili‘uokalani.

159 Diese Ablehnung lässt sich nicht durch Zahlen belegen, wird jedoch nach einer Wiedereinfüh-rung der Monarchie in Hawai‘i gefragt, so lehnten dies im Jahre 1995 61% der befragten Ha-waiier ab, während die Monarchie von 20% befürwortet wurde (repräsentative Umfrage im Auftrag des Honolulu Advertiser: „Most Hawaiians say: no kings need apply“, Mark Matsunaga [HA 20.11.1995:A-1]).

160 „Ka Lahui takes ‚realistic‘ path to self-rule“, Mililani Trask (HA 13.8.1995:B-3).

lediglich auf die Kontrolle der mehrfach durchgeführten Wahlen zur Leitungs-ebene der Organisation durch die renommierte „League of Women Voters“

hinweist (Honolulu 1993:70).161

Ka Lāhui benannte zwar auf allen Inseln Sprecher der jeweiligen so genannten „District Councils“, jedoch konzentrierte sich die öffentliche Auf-merksamkeit in den 1990er Jahren vor allem auf die Rechtsanwältin Mililani Trask. Daneben traten ihre Schwester, die Autorin und damalige Direktorin des Center for Hawaiian Studies der University of Hawai‘i at Mānoa, Haunani-Kay Trask und die Historikerin Lilikalā Kame‘eleihiwa, ebenfalls Professorin am Center for Hawaiian Studies, als Sprecherinnen für Ka Lāhui in Erscheinung.

Ähnlich wie bei I.A.H.A. und ungeachtet der sicher größeren Anhängerschaft Ka Lāhuis verband die weitere Öffentlichkeit auch diese Organisation mit we-nigen Einzelpersonen und deren Aussagen und Auftreten – die drei genannten Frauen gehörten auch nach 2000 zu den bekanntesten Befürwortern einer ha-waiischen Autonomie.

Anders als das Institute for the Advancement of Hawaiian Affairs strebt Ka Lāhui allerdings keine nationalstaatliche Souveränität an. Das politi-sche Ziel der Gruppierung ist vielmehr das Modell einer „nation within a nati-on“ nach dem Muster der „Indian Nations“ in den kontinentalen USA:

„Ka Lāhui’s approach to gain sovereignty is simple. Ka Lāhui seeks i n-clusion of the Hawaiian people in the existing U.S. federal policy which affords all Native Americans the right to be self-governing and provides access [to] federal courts for judicial review ... Once this is achieved, the sovereign nation can relate „Nation to Nation“ with the United States and would be in a position of standing and authority to effectively advance and resolve Hawaiian claims to native trusts and other entitlements“ (Ka Lāhui 1993:3).

Neben der Staatsnähe des Office of Hawaiian Affairs ist seine dezidierte Ab-lehnung durch Ka Lāhui162

161 Das Fehlen verlässlicher Zahlen lässt sich unter Umständen auch auf die doch eher informel-len Strukturen der Mitgliedschaft zurückführen: es wurden keine Beiträge erhoben und offenbar wurde auch kein Mitgliederverzeichnis geführt – wie bei den US-amerikanischen Parteien offen-bart sich das Ausmaß der Anhängerschaft also vor allem bei Wahlen und konkreten Anlässen wie Demonstrationen o.ä.

auch darin zu suchen, dass Ka Lāhui sich selbst in der Rolle als Verhandlungspartner des Staates sowie als Adressat und Admi-nistrator zukünftiger Landübertragungen und Ausgleichszahlungen sieht und insoweit mit dem OHA konkurriert.

162 Die immer wieder angeführte „offizielle“ Begründung für die ablehnende Haltung gegenüber dem Office of Hawaiian Affairs bezieht sich auf die Staatsnähe der Institution.

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen 113 Ka Lāhui benennt verschiedene Faktoren, die von der Organisation als Grund-voraussetzung für die Schaffung der anvisierten „Nation in der Nation“ gese-hen werden. Sie sollen hier vollständig zitiert werden, da sie noch einmal Grundvorstellungen und Ziele Ka Lāhuis zusammenfassen und verdeutlichen.

„1. A STRONG AND ABIDING FAITH IN THE AKUA because a spiritually empty people do not make a strong nation.

2. A PEOPLE WITH A COMMON CULTURE, language, tradition, and history. For example: Po‘e Hawai‘i (Hawaiian people).

3. A LAND BASE so that Hawaiians are able to live and practice their cultural traditions. Ka Lāhui is working to secure the Hawaiian Home Lands Trust, which includes approximately 200,000 acres, and the 5(f) Ceded Lands Trust, which includes approximately 1.4 million acres.

4. A GOVERNMENTAL STRUCTURE to enable Hawaiians to be self-determining. Self-determination is the ability of a Nation of peo-ple, through their government structure, to manage their lands and nat-ural resources and to create a plan for their future.

5. AN ECONOMIC BASE that will enable Hawaiians to be self-sufficient. Economic self-sufficiency is the goal of nationhood“ (Ka Lāhui 1993:2 [Hervorhebungen im Original]).

Ka Lāhui stellt in den Punkten 1 bis 3 zunächst kulturelle Faktoren in den Vo r-dergrund, wobei insbesondere der zweite Punkt eher den Charakter einer poli-tisch nutzbaren Fiktion hat, da zur Zeit der Programmabfassung Hawaiisch nur wenig gesprochen wurde und die einstige Basis einer gemeinsam gelebten ha-waiischen Kultur und Tradition so nicht mehr vorhanden war. Punkt 3 ver-knüpft die vorausgesetzten gemeinsamen hawaiischen Traditionen mit kon-kreten Forderungen nach Rückgabe von Landflächen, die einen großen Teil des Staatsgebietes umfassen, während die beiden letzten Punkte noch einmal die angestrebte politische Autonomie und die ökonomischen Eigenständigkeit ei-nes hawaiischen Gebietes hervorheben.

Im Jahre 1995 legte Ka Lāhui mit dem so genannten „Master Plan“

dann ein Programm vor, das eine konkrete Strategie für die Erlangung von Selbstbestimmung im Sinne Ka Lāhuis formulierte (Ka Lāhui 1995:12-3). Ne-ben der Information der hawaiischen Bevölkerung und dem Aufbau einer de facto-Regierungsstruktur stand dabei die Änderung des rechtlichen Verhältnis-ses zwischen USA, Bundesstaat und Hawaiiern im Vordergrund, das nach wie vor einer formalen Vormundschaft z.B. hinsichtlich der Landrechte gleicht; wie bei I.A.H.A. steht auch für Ka Lāhui die neuerliche Einschreibung Hawai‘is in die UN-Liste der „Non-Self Governing Territories“ obenan auf der Agenda.

Des weiteren soll durch die Intensivierung der Beziehungen zu anderen indige-nen Natioindige-nen sowie eine stärkere Vernetzung untereinander die internationale

Unterstützung für den Schutz der Territorial- und Menschenrechte indigener Völker gefördert werden.

Ka Lāhui hat sich zur Gewaltlosigkeit verpflichtet, steht Aktionen des zivilen Ungehorsams aber ausdrücklich positiv gegenüber (Ka Lāhui 1995:3).

Die Organisation steht für eine strikte Staatsferne, die auch schon die Verfas-sung von 1993 reflektierte, deren Artikel II (C) die Übernahme eines Amtes durch gewählte Funktionsträger des Staates verbietet (Ka Lāhui 1993:12).

Die oben genannten „Arbeitsbereiche“ drückten sich auch im konkre-ten Vorgehen der Gruppierung aus: hierzu zählkonkre-ten die Teilnahme am bundes-staatlichen Gesetzgebungsverfahren163, die Partizipation an allen wesentlichen Anhörungen des Parlaments, die Durchführung von Bildungsmaßnahmen unter der hawaiischen Bevölkerung164

Trotz der eher gemäßigten Positionen Ka Lāhuis in Hinblick auf Ford

Trotz der eher gemäßigten Positionen Ka Lāhuis in Hinblick auf Ford