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Hawaiian Sovereignty Elections Council (HSEC)

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen

4.3 Hawaiian Sovereignty Elections Council (HSEC)

Das Hawaiian Sovereignty Elections Council (HSEC) war neben dem Office of Hawaiian Affairs die zweite staatsnahe Institution, die in der politischen Dis-kussion um die „Hawaiian Sovereignty“ und für die Entwicklungen der Jahre 1995-96 eine entscheidende Rolle spielte. HSEC wurde vom Staat Hawai‘i 1994 ins Leben gerufen, um eine Abstimmung unter der hawaiischen Bevölke-rung zu organisieren und durchzuführen. Sie sollte die Frage entscheiden, ob die Hawaiier eine weitergehende Unabhängigkeit vom Staat wünschten. Nach-dem diese Befragung schließlich 1996 stattgefunden hatte, wurde das Hawaiian Sovereignty Elections Council noch im gleichen Jahr durch Parlamentsbe-schluss aufgelöst.

Die Geschichte des HSEC beginnt mit seinen Vorläufern, dem Sovereignty Advisory Council (SAC) und der Hawaiian Sovereignty Advisory Commission (HSAC). Ersteres wurde bereits 1991 vom Parlament durch Gesetz eingerichtet: „The council shall develop a plan to discuss and study the sovereignty issue“ (Hawaii Session Laws 1991:909-10,Act 301[11,12]). Dieses Gesetz nannte 12 zumeist nicht-staatliche Organisationen, die in dem Gremium vertreten sein sollten und deren Vertreter im September 1991 die Arbeit auf-nahmen. Unter den genannten Gruppierungen und Institutionen befanden sich das Office of Hawaiian Affairs, das Department of Hawaiian Home Lands, die Association of Hawaiian Civic Clubs, Ka Lāhui, Ka Pākaukau, IAHA, das St a-te Council of Hawaiian Homesa-tead Associations und ‘Ōhana O Hawai‘i, die eine große Bandbreite der hawaiischen Repräsentanten vertraten.

Ein 1992 veröffentlichter Abschlussbericht des SAC enthielt einen Plan für das weitere Vorgehen und eine Liste mit Empfehlungen an den Gesetzgeber (SAC 1992). Die Autoren benennen in diesem Zusammenhang zwei Alternati-ven: zum einen das Modell einer autonomen hawaiischen Nation innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten, zum anderen ein nach außen und innen sou-veräner Staat Hawai‘i (SAC 1992:xx-xxi). Es scheint, dass die Legislatur wäh-rend der Sitzungsperiode 1992 nicht auf die Empfehlungen des SAC reagierte und auch sonst keine Maßnahmen hinsichtlich der „Hawaiian Sovereignty“

ergriff (siehe Mardfin 1994:33).

Im folgenden Jahr schuf das Parlament allerdings eine Institution, de-ren Vollmachten weit über jene des SAC hinausgingen. Mit dem Gesetz 359 (Hawaii Session Laws 1993:1009-13) wurde die Hawaiian Sovereignty Advi-sory Commission (HSAC) etabliert:

„The purpose of this Act is to acknowledge and recognize the unique status the native Hawaiian people bear to the State of Hawaii and to the

United States and to facilitate the efforts of native Hawaiians to be governed by an indigenous sovereign nation of their own choosing. [...]

There is established within the office of state planning for administra-tive purposes the Hawaiian sovereignty advisory commission, to advise the legislature in carrying out the purposes of this act“ (Hawaii Session Laws 1993:1010-11, Act 359[2,4]).

Dieses Gremium sollte den Gesetzgeber in der Frage eines hawaiischen Refe-rendums über die Bildung einer hawaiischen Verfassungsversammlung beraten und die Modalitäten dieser Abstimmung sowie der Einberufung einer solchen Versammlung erarbeiten. Das Gesetz schrieb 19 vom Gouverneur zu ernen-nende Kommissionsmitglieder vor, wobei für mindestens 12 der Mitglieder ein Vorschlagsrecht durch hawaiische Organisationen vorgesehen war. Den vier mitgliederstärksten hawaiischen Organisationen (das Gesetz nennt namentlich das Office of Hawaiian Affairs, Ka Lāhui Hawai‘i, State Council of Hawaiian Homestead Associations, Association of Hawaiian Civic Clubs) wurde ein Platz garantiert (Hawaii Session Laws 1993:1011, Act 359[4]). Insgesamt no-minierten 50 Organisationen über 100 Kandidaten, von denen schließlich 20 durch Gouverneur John Waihe‘e ernannt wurden (HSAC 1994:15).

Ka Lāhui Hawai‘i lehnte bereits im Vorfeld der Entscheidung über die Zusammensetzung der Hawaiian Sovereignty Advisory Commission jegliche Mitarbeit ab und begründete dies mit der mangelnden Staatsferne der Instituti-on (HSAC 1994:9). In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die Geschichte des Gesetzes angebracht, das auf einen Vorschlag des Office of Hawaiian Affairs zurückgeht. Da der Entwurf zeitgleich mit einem Gesetzesvorschlag Ka Lāhuis, der die Übereignung sämtlicher Treuhandgebiete beinhaltete, beraten wurde, kam es zu heftigen Kontroversen (Kame‘eleihiwa 1993:69).193 Der zu-ständige Ausschuss lehnte schließlich den Ka Lāhui-Vorschlag ab, während das Parlament eine überarbeitete Version des OHA-Gesetzentwurfs verabschie-dete.194

Die Hawaiian Sovereignty Advisory Commission nahm im August 1993 ihre Arbeit auf; ihre Finanzierung teilten sich je zur Hälfte Staat und Of-fice of Hawaiian Affairs (Hawaii Session Laws 1993:1012, Act 359[9]; HSAC 1994:12).

Dieses Gesetz sowie das Projekt eines hawaiischen Referendums wurde von Ka Lāhui, die ja noch intensiv im Sovereignty Advisory Council mitgea r-beitet hatte, sowie anderen hawaiischen Gruppierungen konsequent abgelehnt und bekämpft.

195

193 Siehe hierzu auch 6.3.

Die von Arbeitsgruppen ausgearbeiteten Vorschläge wurden durch

194 „A new plan for sovereignty referendum“, Kevin Dayton (HA 29.4.1993:A-3); „Sovereignty bill alive“, Darren Pai (HA 25.6.1993:A-7)

195 Insgesamt stand der Kommission ein Etat in Höhe von US$ 420.000 zur Verfügung.

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen 133 Anregungen aus der „Hawaiian Community“ ergänzt, die in 16 öffentlichen Informationsveranstaltungen auf allen Inseln sowie in den kontinentalen USA eingebracht werden konnten. Auf dieser Grundlage legte die Kommission einen Entwurf ihrer Empfehlungen an die Legislatur vor, der wiederum in 20 öffent-lichen Veranstaltungen diskutiert werden konnte (HSAC 1994:16-8). Die von den Besuchern dieser Veranstaltungen geäußerten Anregungen fasste die Hawaiian Sovereignty Advisory Commission wie folgt zusammen:

„(1) Provide more information and education on sovereignty before the plebiscite is held.

(2) Hawaiian groups need to work together and provide better leader-ship.

(3) Set up a process that is independent of the State.

(4) Stop State actions that decrease or mis-use Hawaiian national trust lands (Hawaiian Homelands, ceded public land trusts)“ (HSAC 1994:19).

Diese Bedenken griff die HSAC in ihren der Legislatur unterbreiteten Vor-schlägen sowie in zwei Gesetzentwürfen auf: So sollte das Parlament zum ei-nen ein von Hawaiiern gewähltes Hawaiian Sovereignty Elections Board schaf-fen und zum anderen ein Moratorium über den Verkauf von Ceded und Hawaiian Home Lands verhängen.196

1994 wurde schließlich mit dem Hawaiian Sovereignty Elections Council (HSEC) die Nachfolgeorganisation der lediglich beratenden Hawaiian Sovereignty Advisory Commission (HSAC) eingerichtet, um notwendige Maß-nahmen zur Durchführung eines Referendums einzuleiten (Hawaii Session Laws 1994:479-83, Act 200).

Die Hawaiian Sovereignty Advisory Commission schlug darüber hinaus die Durchführung eines „Hawaiian Sovereignty Plebiscite“ für das Jahr 1995 vor, das den Hawaiiern die Frage vorlegen sollte: „‚E ho‘omaka ‘anei kākou e ho‘okō i na kuleana o ka ho‘iho‘i ea o kō Hawai‘i aupuni‘ ‚Shall a process begin to restore the Sovereign Hawaiian Nation?‘“ (HSAC 1994:20-3).

197

196 Ein Moratorium über die Veräußerung von genannten Landflächen zog die Legislatur aller-dings nicht in Betracht (Mardfin 1994:34).

197 Das Gesetz sah die Übernahme aller Mitglieder der HSAC in die neue Institution vor, ansons-ten ernannte der Gouverneur neue Mitglieder. Insgesamt sechs Mitglieder werden aufgrund von Vorschlägen hawaiischer Organisationen neu aufgenommen, da alte Mitglieder zurücktraten. Ka Lāhui Hawai‘i lehnte den ihr zustehenden Sitz im HSEC wiederum ab (HSEC 1995:15). Dem Hawaiian Sovereignty Elections Council stand für das Jahr 1994/95 ein Budget aus Mitteln des Staates sowie des Office of Hawaiian Affairs in Höhe von US$ 1,8 Mio. zur Verfügung (HSEC 1996:11-2).

Die Registrierung der potenziellen Wähler begann am 17. Januar 1995 und wurde noch im Juli desselben Jahres abgeschlossen; allerdings musste die Ab-stimmung, ursprünglich für November 1995 vorgesehen, wegen finanzieller Probleme auf den Juli/August des folgenden Jahres verschoben werden (HSEC 1996:11).198

Allerdings wies das Hawaiian Sovereignty Elections Council darauf hin, dass die Abstimmung nur ein erster Schritt auf dem Weg zur hawaiischen Autonomie sein könne: „True self-determination appropriate to the historical experience and contemporary circumstance of a sovereign nation of Hawai‘i will not be fully accomplished under the present limitations of the states’s leg-islation“ (HSEC 1995:Anh. A). Es handele sich bei der „Native Hawaiian Vote“ schließlich um eine Willensbekundung der hawaiischen Bevölkerung, die den Staat in seinen Entscheidungen nicht binde, wie eine der Schlussbe-stimmungen des grundlegenden Gesetzes sehr deutlich festlegte:

Die Frage, die das Hawaiian Sovereignty Elections Council schließlich den wahlberechtigten Hawaiiern in Englisch und Hawaiisch vorleg-te, unterschied sich in einem wesentlichen Punkt vom früheren Vorschlag der Hawaiian Sovereignty Advisory Commission und lautete: „‚Shall the Hawaiian people elect delegates to propose a native Hawaiian government?‘

‚He pono inā koho nā Hawai‘i i nā ‘elele no ka noi ‘ana i kekahi aupuni Hawai‘i maoli‘“ (HSEC 1995:5). Im Gegensatz zum früheren Vorschlag, der ja die grundsätzliche Frage nach dem Beginn eines Autonomieprozesses stellte, wird nun nach der Wahl von Delegierten gefragt, die wiederum die Bildung einer hawaiischen Regierung anregen sollen – wobei die Begriffe “sovereign”

und “nation” im Gegensatz zur früheren Fragestellung ausgeklammert blieben.

„Nothing arising out of the Hawaiian convention provided for in this Act, or any results of the ratification vote on proposals from the Hawai-ian convention, shall be applied or interpreted to supersede, conflict, waive, alter, or affect the constitution, charters, statutes, laws, rules, regulations, or ordinances of the State of Hawaii or its political subdi-visions, including its respective departments, agencies, boards, and commissions“ (Hawaii Session Laws 1994:483, Act 200[14]).

So fügte das Hawaiian Sovereignty Elections Council den Wahlscheinen eine Erklärung bei, die klarstellte, „that the plebiscite is not an election by Hawai-ians to relinquish their inherent sovereignty as a people or over their national lands to the United States or the State of Hawai‘i“ (HSEC 1995:6).

Nach intensiven Informations- und Werbekampagnen, die Werbung in Radio, TV und Printmedien sowie Informationsveranstaltungen auf allen Inseln einschlossen, begann im Juli 1996 unter scharfem Protest hawaiischer

198 „Sovereignty vote jeopardized?“, Mark Matsunaga (HA 1.3.1995:A-7).

4. Politische Gruppierungen und staatliche Institutionen 135 sationen199 der Versand von insgesamt 81.598 Wahlscheinen an die registrier-ten Wähler (HSEC 1996:12, 37-40). Bis zum 15. August 1996 wurden 30.783 gültige Stimmzettel zurückgeschickt, was einer Wahlbeteiligung von 37,77%

entsprach. Der Anteil der Jastimmen lag bei 73,28% (22.294), mit Nein stimm-ten 26,72% (8.129) (HSEC 1996:28). Trotz der sehr niedrigen Wahlbeteiligung begannen nun die Vorbereitungen zu einer verfassungsgebenden Ver-sammlung. Da das Hawaiian Sovereignty Elections Council dem entsprechen-den Gesetz zufolge zum Ende des Jahres 1996 aufgelöst wurde und der Staat keine weiteren Mittel zur Verfügung stellte, übertrugen die Mitglieder des HSEC die weiteren Vorbereitungen an eine gemeinnützige Organisation – Hā Hawai‘i.200

„Hā Hawai‘i’s sole objective is to carry out the Hawaiian Vote Manda-te to propose a Hawaiian government“ (Hā Hawai‘i 1998a) – zu diesem Zweck hatte die Organisation, die von zehn hawaiischen Organisationen unterstützt wurde und keine staatliche Unterstützung erhielt, im April 1998 mit der Regist-rierung von Wählern und Kandidaten begonnen; die Wahl einer „Native Hawaiian Convention“ sollte am 17. Januar 1999 stattfinden (1998b).201

199 Der Protest gegen die „Native Hawaiian Vote“ ging vornehmlich von Ka Lāhui Hawai‘i und Ka Pākaukau aus. Letzterer hatte sich mit anderen Gruppierungen in einer „Coalition to stop the state-sponsored plebiscite“ zusammengeschlossen.

Hā Hawai‘i führte diese Delegiertenwahl unter dem Protest des größten Teils der Bewegung und von Vertretern des Office of Hawaiian Affairs durch, allerdings gibt es keine weiteren Nachrichten über eine tatsächlich abgehaltene „Constitu-tional Convention“. Aus der von hawaiischen Organisationen angeregten, qua-si-staatlichen Initiative, die allerdings nur unzureichend gefördert und finanzi-ell ausgestattet war, wurde schließlich eine der bis heute immer wieder auftre-tenden Splittergruppen. Diese Gruppierungen nehmen zwar für sich in An-spruch, alle Hawaiier zu repräsentieren, verfügen aber über keinen nennens-werten Rückhalt in breiteren Kreisen der hawaiischen Bevölkerung.

200 Aufgrund von Budgetkürzungen hatte das Hawaiian Sovereignty Elections Council die ge-meinnützige Organisation Hā Hawai‘i bereits 1995 als „Spendensammler“ gegründet (HSEC 1996:57).

201Die Unterstützer von Hā Hawai‘i waren: State Council of Hawaiian Homestead Associations, Association of Hawaiian Civic Clubs, Native Hawaiian Chamber of Commerce, Native Hawaiian Bar Association, Native Hawaiian Legal Corporation, Nation of Hawai‘i, Hui Kalai‘āina, Pa Kui a Holo, Nation of Kū, Council of Hawaiian Organizations (Hā Hawai‘i 1998b). Außer der Nation of Hawai‘i befanden sich unter diesen Unterstützergruppen keine maßgeblichen Vertreter der

„Sovereignty-Bewegung“.

4.4 Der Bundesstaat Hawai‘i und die „Hawaiian