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1. Schriftlichkeit

Englisches wie deutsches Recht fordern eine schriftliche Schiedsvereinbarung.122

Nach englischem Recht gilt dieses Formerfordernis ausdrücklich auch für jede andere Vereinbarung der Parteien, die im Rahmen von Part I des Arbitration Act 1996 getroffen wird, Sec. 5(1). Damit sind insbesondere Vereinbarungen gemeint, mittels derer die Parteien die nicht zwingenden Vorschriften des 1996 Act abbedingen und/oder positive Regelungen im Hinblick auf das Schiedsverfahren treffen.

Die Begriffe schriftlich, Schriftlichkeit und schriftlicher Nachweis schließen jegliche Aufzeichnung, gleich welcher Art, also insbesondere durch moderne Speichermedien, ein.123 Auch Änderungen der Schieds- oder einer sonstigen Vereinbarung im Sinne von Sec. 5 bedürfen der Schriftlichkeit. Vereinbaren

120 Vgl. nur MünchKommZPO-Münch, § 1029, Rn. 2: „Ohne Schiedsvereinbarung kein Schiedsverfahren!“.

121 Vgl. Sec. 6; § 1029 Abs. 1 ZPO.

122 Vgl. Sec. 5(1): „...in writing.”; § 1031 Abs. 1 ZPO: „...Schriftstück...“.

123 Vgl. Sec. 5(6).

die Parteien jedoch, das Schiedsverfahren zu beenden, so bedarf diese (Beendigungs-) Vereinbarung selbst nicht der Schriftlichkeit.124

Erfüllt eine Schiedsvereinbarung das Schriftlichkeitserfordernis nicht, so fällt sie nicht in den Anwendungsbereich des Arbitration Act 1996, kann jedoch nach common law durchgesetzt werden.125

2. Einzelheiten

a) Unterschriftserfordernis

Im Gegensatz zum deutschen Recht, das nach § 1031 Abs. 1 1. Alt. ZPO im Grundfall die Unterschrift der Parteien auf dem Schriftstück fordert, kommt es nach englischem Recht nicht auf die Unterschrift an; nach Sec. 5(2)(a) ist es schon ausreichend, wenn die Schiedsvereinbarung bloß schriftlich abgefasst wurde.126

b) Austausch schriftlicher Kommunikation

In Übereinstimmung mit internationen Standards, insbesondere Art. 7 UNCITRAL-MG, genügt nach beiden Rechtsordnungen im Sinne einer Erleichterung ders Formerforndernisses im Geschäftsverkehr der Austausch schriftlicher Kommunikation, sofern sie einen Nachweis der Schiedsvereinbarung sicherstellt (vgl. Sec. 5(2)(b), (c); § 1031 Abs. 1 2. Alt.

ZPO).

Im englischen Recht gilt insoweit die Besonderheit, dass es auch als Nachweis im Sinne der Vorschrift anzusehen ist, wenn eine Partei oder ein Dritter mit Erlaubnis der Parteien eine Aufzeichnung über eine mündliche Vereinbarung anfertigt (vgl. Sec. 5(4)). Ohne diese Erlaubnis ist jedoch kein gültiger Nachweis möglich. Dritter in diesem Sinne kann auch das Schiedsgericht sein.

Damit können die Parteien auch im Verlauf einer mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht einvernehmlich Änderungen des Verfahrens beschließen, wenn diese vom Schiedsgericht aufgezeichnet werden. Die Flexibilität der Parteien, so das DAC, werde dadurch nicht wesentlich eingeschränkt, die Wahrscheinlichkeit eines Streits über den genauen Inhalt der Vereinbarung jedoch erheblich reduziert. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist aber

124 Vgl. Sec. 23(4).

125 Sec. 81(1)(b).

126 Zu verschiedenen Beispiels fällen der Schriftlichkeit siehe Landau, JIntArb 1996, Nr. 4, 113 (122).

nicht auf den genannten Beispielsfall beschränkt, vielmehr lässt die Gesetzesfassung eine Aufzeichnung einer mündlichen Vereinbarung in jeder Lage des Verfahrens zu.127

c) Bezugnahme auf eine schriftliche Regelung

Ebenfalls in Übereinstimmung mit dem UNCITRAL-MG (vgl. Art. 7 Abs. 2 S. 3) sehen sowohl das englische als auch das deutsche Recht vor, dass eine Schiedsvereinbarung auch durch Bezugnahme wirksam begründet werden kann.

Das englische Recht geht hier sogar so weit, dass selbst die mündliche Bezugnahme auf eine schriftliche Regelung ausreicht (vgl. Sec. 5(3)). Dass eine Schiedsvereinbarung auch durch Bezugnahme wirksam begründet werden kann, stellt schon Sec. 6(2) klar. Danach begründet die Bezugnahme in einem Vertrag auf eine schriftliche Schiedsklausel oder ein Dokument, das eine Schiedsklausel enthält, eine Schiedsvereinbarung, wenn die Bezugnahme gerade dahin zu verstehen ist, dass die Schiedsklausel Bestandteil des Vertrages sein soll. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine spezifische Bezugnahme auf die Schiedsklausel nicht erforderlich. Vielmehr ist eine generelle Bezugnahme auf den die Schiedsklausel enthaltenden Vertrag ausreichend. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Bestehen der mündlichen Vereinbarung bewiesen werden kann.128

Nach deutschem Recht ist demgegenüber eine lediglich mündliche Bezugnahme auf eine schriftliche Regelung nicht ausreichend. Danach ist vielmehr erforderlich, dass der bezugnehmende Vertrag schriftlich abgefasst ist, § 1031 Abs. 3 ZPO. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs muss die Bezugnahme in Form einer Inkorporationsklausel (hier ist insbesondere die

127 DAC February 1996 Report, para. 37.

128 Aufgrund der hier vorgestellten weiten Definition der Schriftlichkeit im englischen Recht liegt die Behauptung nahe, „schriftlich“ wurde so definiert, dass im Ergebnis auch eine mündliche Vereinbarung die Definition erfülle. Dennoch bleibt es dabei, dass letztlich (jedenfalls) die (tatsächlichen) Bedingungen der Schiedsvereinbarung schriftlich niedergelegt sein müssen, auch wenn eine nur mündliche Bezugnahme erfolgt (Landau, JIntArb 1996, Nr. 4, 113 (123)). Die weite Definition des Arbitration Act 1996 steht nach Ansicht das DAC in Einklang mit Art. II Abs. 2 des authentischen englischen Textes des UNÜ. Dort heißt es nämlich „shall include“; insoweit handelt es sich nach Ansicht des DAC nicht um eine abschließende Aufzählung, so dass Raum für eine Erweiterung, wie durch den Arbitration Act 1996 geschehen, bleibt (DAC February 1996 Report, para. 34). Die Neuregelung des

Arbitration Act 1996 stellt eine Antwort auf die im Schrifttum geäußerte Kritik dar, nach der die Anforderungen sowohl des UNÜ als auch des UNCITRAL-MG mit den Anforderungen der Praxis nicht vereinbar sind (vgl. Kaplan, Arb Int 1996, 27 (29 ff); Cohen, Arb Int 1997, 273).

Bezugnahme des Chartervertrages im Konnossement ins Auge gefasst) erfolgen, eine lediglich allgemeine Verweisung auf die Bedingungen des die Schiedsklausel enthaltenden Vertrages genügt nicht.129

d) Schweigen auf ein Schriftstück

Begründet werden kann eine Schiedsvereinbarung auch durch Schweigen auf ein Schriftstück. Beide Rechtsordnungen sehen insoweit Regelungen vor, wobei die englische im Vergleich zu deutschen etwas enger gefasst ist.

Die englische Regelung beschränkt diese Möglichkeit auf Schriftstücke im gerichtlichen oder schiedsricherlichen Verfahren. Behauptet eine Partei in ihrem Schriftsatz im gerichtlichen oder schiedsrichterlichen Verfahren das Bestehen einer nicht-schriftlichen Vereinbarung und wird dies von der anderen Partei in ihrer (förmlichen) Erwiderung nicht bestritten, so gilt nach Sec. 5(5) die behauptete Vereinbarung ebenfalls als schriftlich. Damit soll jedoch einer Partei (oder gar einer am Verfahren nicht beteiligten Person) nicht die Verpflichtung auferlegt werden, aktiv der Behauptung einer Schiedsvereinbarung durch Einreichung eines Schriftsatzes entgegentreten zu müssen. Vielmehr hat die Partei nur dann, wenn sie überhaupt eine (förmliche) (Klage-) Erwiderung einreicht, in dieser auf das (aus ihrer Sicht) Nichtbestehen einer von der Gegenseite behaupteten Schiedsvereinbarung einzugehen.

Erwidert eine Partei überhaupt nicht auf die Behauptung einer Schiedsvereinbarung der Gegenseite, so hat dies nicht die Wirkung, dass die behauptete Schiedsvereinbarung als bestehend gilt.130

Die deutsche Regelung geht demgegenüber in § 1031 Abs. 2 ZPO über die englische in Sec. 5(5) insofern hinaus, als auch außergerichtlich das bloße Schweigen der Gegenpartei nach der Verkehrssitte als Zustimmung zu dem schriftlichen Angebot der anderen Partei zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung anzusehen sein kann, z.B. im Fall des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben.

3. Besonderheiten bei der Beteiligung von Verbrauchern

Während das UNCITRAL-MG auf die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit beschränkt ist, gelten der Arbitration Act und das zehnte Buch der ZPO auch bei Beteiligung von Verbrauchern. Mit Blick

129 BegrRegE zu § 1031 ZPO, (BR-DrS. 211/96), S. 119.

130 DAC February 1996 Report, para. 38.

auf die Schiedsvereinbarung gelten deshalb Besonderheiten, um Verbaucher zu schützen.

§ 1031 Abs. 5 ZPO verschärft die Form der Schiedsvereinbarung bei Beteiligung eines Verbrauchers. Die Parteien müssen die Schiedsvereinbarung eigenhändig unterzeichnen (Ersetzung der Schriftform durch elektronische Form nach § 126 a BGB ist zulässig) und die Schiedsvereinbarung muss in einer besonderen Urkunde enthalten sein. Diese besondere Urkunde muss die vollständige Schiedsklausel oder die Bezugnahme auf sie enthalten, darf andere Vereinbarungen nicht enthalten und muss räumlich vom Hauptvertrag getrennt, oder, bei räumlicher Verbindung, gesondert unterschrieben sein.131

Im englischen Recht wird der Verbraucherschutz über die Verweisung auf eine aufgrund der EG-Verbraucherschutzrichtlinie 93/13 aus dem Jahre 1993 ergangenen Verordnung132 verwirklicht. Diese stellt – anders als das deutsche Recht – weder ein besonderes Formerfordernis für Schiedsvereinbarungen auf (vgl. § 1031 Abs. 5 ZPO), noch werden bestimmte Streitigkeiten an denen typischerweise Verbraucher beteiligt sind, für objektiv nicht schiedsfähig erklärt (vgl. § 1030 Abs. 2 ZPO); vielmehr regelt die Verordnung ganz allgemein die Unwirksamkeit von Klauseln in Verträgen mit Verbrauchern durch eine Art Inhaltskontrolle. Danach ist eine Vertragsklausel in einem Vertrag mit einem Verbraucher unwirksam, wenn (i) keine Individua lvereinbarung vorliegt, (ii) die Klausel in Widerspruch zu Treu und Glauben („good faith“) steht und (iii) ein erhebliches Ungleichgewicht bezüglich der Rechte und Pflichten der Parteien zu lasten des Verbauchers besteht. Bemerkenswert ist, dass nach Sec. 90 die Verordnung auch juristische Personen als Verbraucher schützt, soweit der in Rede stehende Vertrag nicht mit der Geschäftstätigkeit dieser juristischen Person im Zusammenhang steht.

Nach deutschem Recht können demgegenüber Verbraucher zwingend bloß natürliche Personen sein.133

4. Zwischenergebnis zu I.

Die im englischen wie im deutschen Recht vorgesehen Formerfordernisse für die Schiedsvereinbarung lehnen sich stark an internationale Standards an. Sie sind weitgehend vergleichbar ausgestaltet, wobei sich im englischen Recht eine

131 Thomas/Putzo, § 1031, Rn. 10.

132 Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994, zitiert nach Merkin, S. 121.

133 MünchKommZPO-Münch, § 1031, Rn. 23.

Tendenz zu einer großzügigeren Haltung feststellen lässt (kein Unterschriftserfordernis, mündliche Bezugnahme möglich). Eine Besonderheit des deutschen Rechts ist dagegen die Formverschärfung bei der Beteiligung von Verbrauchern.

II. Subjektive Schiedsfähigkeit