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2. D IGITALISIERUNG UND DIE S OZIALWIRTSCHAFT

2.4. Das Feld der Wohnungslosenarbeit

Im diesem Kapitel wird ein Überblick über das Feld der Wohnungslosenarbeit geboten und die relevanten Anspruchsgruppen vorgestellt. Es werden die Zugänge und Angebote der Wohnungslosenhilfe beleuchtet, die relevante Schlüsselbegriffe erläutert und eine Klärung des Begriffes „Wohnungslos“ unternommen.

2.4.1. Definition von Wohnungslosenarbeit

„Armut ist geschichtlich und regional durch unterschiedliche Relationen zwischen „arm“

und „reich“ bestimmt“. (Lutz et al. 2017: 33)

Im deutschsprachigen Raum werden die Zustandsbeschreibungen Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit umgangssprachlich oft synonym behandelt. Theoretisch wird jedoch zwischen den Begriffen unterscheiden. Laut FEANTSA, dem Europäischen Dachverband der Wohnungslosenhilfe, sind Obdachlose Menschen, die im öffentlichen Raum leben und nächtigen und nur bei Bedarf Notschlafstellen und andere niederschwellige Angebote als Übernachtungsmöglichkeit aufsuchen. (vgl. FEANTSA 2018). Von

„Wohnungslosigkeit betroffen“ bezeichnet als Terminus Personen, die in Einrichtungen und Übergangsquartieren des Wohnungslosennetzwerks untergebracht sind. In Wien ist die Wiener Wohnungslosenhilfe fest im Fond Soziales Wien (FSW) verankert.

Gemeinsam mit den Kooperationspartner*innen Volkshilfe Wien, dem Arbeiter Samariter Bund Wien, der Caritas der Erzdiözese Wien, dem Obdach Wien und dem Wiener Rotes Kreuz werden Beratung und Betreuungsangebote sowie passende Aufenthaltsräume, Tageszentren, Schlaf- und Wohnplätze angeboten. Vorrangiges Ziel bei all den Betreuungsangeboten ist stets eine dauerhafte Unterbringung bei gleichzeitiger Errichtung eines möglichst selbstständigen Lebens. (vgl. Fonds Soziales Wien 2021) Da die Wege in die Obdach- und Wohnungslosigkeit aufgrund der verschiedenen biografischen Hintergründe vielschichtig sind, reagieren die Organisationen und Hilfswerke in der Wohnungslosenarbeit mit unterschiedlichen Angeboten. Einrichtungen im Feld der Wohnungslosen Arbeit arbeiten entweder ambulant/stationär oder aufsuchend/mobil. In der ambulanten Betreuung werden meist Beratungstätigkeiten durchgeführt, in Übernachtungsmöglichkeiten, Übergangswohnungen und eigene Wohnungen vermittelt. Oft verfügen Organisationen in der Wohnungslosenhilfe selbst

über betreute Wohnmöglichkeiten, sowie Tageszentren, medizinische Versorgungsstellen, Cafés und Beratungseinrichtungen.

2.4.2. Gruppe der Wohnungslose

Die Grenzziehung zwischen Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit ist in der Praxis fließend, nicht selten wird der Versuch unternommen, eine Kategorienbildung auf die Art der Nächtigung und Form der Unterbringung vorzunehmen. Laut dem Netzwerk FEANTSA (European Federation of National Organisations working with the Homeless) betrifft die Kategorie Obdachlose Personen, die im öffentlichen Raum leben und die Kategorie Wohnungslose Menschen, die in Notunterkünften oder Übergangsquartiere permanent untergebracht sind. Als Unterkunft im öffentlichen Raum werden Übernachtungen in Parks, Verschläge, Brücken usw. gezählt. Notschlafstellen sind aufgrund ihres niederschwelligen Angebots ebenfalls zum Bereich der Obdachlosenhilfe hinzuzufügen, aber auf Grund der Frequentierung seitens wohnungsloser Personen verläuft hier eine Grenzziehung bereits fließend. Von „Wohnungslosigkeit betroffen“

bezeichnet als Terminus Personen, die in Einrichtungen und Übergangsquartieren des Wohnungslosennetzwerks untergebracht sind. Im öffentlichen Mediendiskurs wird jedoch von einer Differenzierung in diese Kategorien meist Abstand genommen, man spricht hier von beiderlei, Wohnungslosen und Obdachlosen im gleichen Atemzug. Weniger Beachtung findet hierbei die „versteckten Wohnungslosigkeit“ das bedeutet Menschen, die bei Bekannten mitwohnen, billige Pensionszimmer mieten oder extrem schwierige Lebensbedingungen ertragen, wie verdeckte Prostitution, um nicht auf der Straße zu landen. (vgl. Caritas 2020)

Abb. 5: FEANTSA European Federation of National Associations Working with the Homeless AISBL

Vorrangiges Ziel bei all den Betreuungsangeboten ist die dauerhafte Unterbringung bei gleichzeitiger Errichtung eines möglichst selbstständigen Lebens. (vgl. Fonds Soziales

Wien 2021) Christian Stark, Leiter des Masterstudiengang Soziale Arbeit an der FH OÖ, definiert die Wohnungslosenarbeit wie folgt:

• Sie ist primär niederschwellig, Niederschwelligkeit bezeichnet ein professionelles Hilfsangebot, das potentiellen Klient*innen den Zugang zum Hilfssystem erleichtern soll.

• Aufsuchende offene Sozialarbeit, der*die Sozialarbeiter*in begibt sich in den öffentlichen Raum, sucht die Klient*innen auf und fungiert als Vermittlerin in ihrem Interesse.

• Beratungsleistung und Begleitung der Sozialarbeiter*innen bei behördlichen Wegen

• Die Gewährleistung der Grundversorgung in niederschwelligen Einrichtungen durch Dusch- und Waschmöglichkeiten, Kleiderausgabe, Mahlzeiten und Kochmöglichkeiten, Aufenthalts- und Übernachtungsmöglichkeiten und das Angebot einer medizinischen Versorgung (Notversorgung, wöchentliche Sprechstunden durch einen Arzt/Ärztin).

• Freizeitangebote, der Schaffung von Freizeitangeboten für Wohnungslose. (vgl.

Stark 2012)

2.4.3. Zugänge und Angebot der Wiener Wohnungslosenhilfe

In Wien ist die Wiener Wohnungslosenhilfe fest im Fond Soziales Wien (FSW) verankert.

Gemeinsam mit den Kooperationspartner*innen Volkshilfe Wien, dem Arbeiter Samariter Bund Wien, der Caritas der Erzdiözese Wien, dem Obdach Wien und dem Wiener Roten Kreuz werden Beratung und Betreuungsangebote sowie passende Aufenthaltsräume, Tageszentren, Schlaf- und Wohnplätze angeboten. Dabei kommen fünf Arbeitsfelder zur Anwendung:

• Tageszentren und Straßensozialarbeit

• Akutunterbringung

• Wohnen mit Betreuung

• Gesundheitsförderung

• FSW-Winterpaket: Notquartiere und Wärmestuben (vgl. FSW 2021)

In den Beratungszentren der Wohnungslosenhilfe werden Erstberatungen, Aufnahme und Unterkunftsvermittlung durchgeführt. Wohnungslose Personen erhalten Informationen über mögliche Leistungsangebote sowie Förderungen und werden nach einem Clearinggespräch in die passende Unterkünfte vermittelt, sofern die Voraussetzung für eine Förderung gegeben ist. Betreute Tageszentren unterstützen zusätzlich wohnungs- und obdachlose Menschen in Wien, indem sie Infrastruktur, Wasch- und Duschmöglichkeiten, Kochgelegenheiten und sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten für Wertsachen offerieren. Die anwesenden Mitarbeiter*innen beraten und vermitteln in weitere Angebote der Wiener Wohnungslosenhilfe.

Kombiniert wird dieses Angebot mit einer aufsuchenden Straßensozialarbeit, welche obdachlose Menschen über bestehende Angebote informiert und mit dem Notwendigsten versorgt. Für Menschen, die akut von Wohnungslosigkeit betroffen bzw. obdachlos geworden sind, bieten die Chancenhäuser Notunterbringung, Tagesaufenthalt und sozialarbeiterische Betreuung für obdachlose Menschen, jedoch ist der Aufenthalt nur als Übergangslösung gedacht. (ebd.) Zusätzlich werden in Kooperation mit anderen Einrichtungen wie neunerhaus und Go on!login medizinische Versorgung und psychologische Betreuung und Gesundheitsberatung angeboten.

Einzelpersonen, Paare, Familien und Alleinerziehende mit Kindern, die aufgrund ihrer besonderen psychosozialen Bedingungen und Lebensverhältnisse Betreuung und Unterstützung beim Wohnen benötigen, unterstützt der FSW durch betreute, auch dauerhafte Wohnformen. (ebd.) In Kooperation mit Netzwerkpartner*innen unterhält der Fond Soziales Wien das jährliche FSW-Winterpaket. Dabei stehen von Oktober bis April des Folgejahres Notquartiere und Wärmestuben im Umfang von 1.400 Schlafplätzen für obdachlose Menschen zu Verfügung. (vgl. Hammer et al. 2019)