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AUS FEHLERN LERNEN – NEUE WEGE DER QUALITÄTSENTWICKLUNG

Im Dokument DOKUMENTATION GEMEINSAM. (Seite 64-68)

IM KINDERSCHUTZ

1 www.fruehehilfen.de/no_cache/wissen/ombuds-und-beschwerdestellen-in-der-kinder-und-jugendhilfe-in-deutschland/

Fälle, in denen sich Eltern, Kinder oder Jugendliche beschwert haben (z.B. Fälle aus Ombuds- und Beschwerdestellen)

Fälle mit einem hohen Konfliktniveau innerhalb des Hilfesystems

Für die Qualitätsentwicklung im Kinderschutz sollten neben der Analyse problematischer Fallverläufe auch Analysen erfolgreicher Fälle in Betracht gezogen werden.

Die Entwicklung einer Fehlerkultur: Fehleroffenheit vs. Anklage und Schuld

Ohne Beteiligung und Dialog mit den am Fall beteiligten Fachkräften können Dynamiken im Fallverlauf rückblickend kaum sichtbar gemacht werden. Von zentraler Bedeutung für die Untersuchung von Fällen sind daher das Einverständnis, die Unterstützung und das Vertrauen der Fachkräfte. Eine offene Auseinandersetzung mit problematischen Fallverläufen wird nur dann gelingen, wenn sie nicht als Suche nach dem Schuldigen, sondern als Chance zur Weiter-entwicklung verstanden wird. Die Entwicklung einer Fehler- und Vertrauenskultur ist daher von besonderer Bedeutung für das „Lernen aus Fehlern oder problematischen Verläufen“.

OMBUDS- UND BESCHWERDESTELLEN IN DER KINDER- UND JUGEND-HILFE IN DEUTSCHLAND UND DEREN MÖGLICHER BEITRAG ZUM „LER-NEN AUS FEHLERN IM KINDERSCHUTZ“

Prof. Dr. Ulrike Urban-Stahlstellte in ihrem Vortrag die Expertise über einrichtungsexterne Ombuds- und Beschwerdestellen in der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland vor, die sie im Auftrag des NZFH erstellt hat. Neben1den Strukturen, Arbeitsweisen und Erfahrungen von Ombuds- und Beschwerdestellen steht ihr möglicher Beitrag zum „Lernen aus Fehlern“

aus der Sicht der Betroffenen im Zentrum der Expertise.

Bestandsaufnahme

Ombuds- und Beschwerdestellen in der Jugendhilfe sind in Deutschland noch relativ neu. Erste Initiativen gab es 2002, nachdem der Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V. gegründet wurde.

Inzwischen gibt es zwölf dieser Institutionen (Stand Juli 2010). Eine der Schwierigkeiten bei der Etablierung von Ombuds- und Beschwerdestellen ist die fehlende gesetzliche Verankerung. Zwar sind Beschwerdestellen als freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe anerkannt, dennoch ist bis-her keine der Initiativen durch eine Regelfinanzierung abgesicbis-hert. Die Arbeit wird weitgehend ehrenamtlich erbracht. Die Arbeit der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird meist über Stiftungsmittel finanziert. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass Beschwerden und Beschwerdemanagement in der Kinder- und Jugendhilfe kaum etabliert sind.

Arbeitsweisen

In der Beratung geht es nie um eine anwaltliche Beratung in dem Sinne, dass die Wünsche der Betroffenen durchgesetzt werden. Vielmehr geht es um die Prüfung der Einhaltung der gesetz-lichen Vorgaben nach SGB VIII und SGB X.

Legt man die Statistik der ältesten und etabliertesten Initiative, des Berliner Rechtshilfefonds (BRJ), zugrunde2, so lässt sich feststellen, dass die mit Abstand am häufigsten beratene Alters-gruppe Jugendliche bzw. junge Erwachsene zwischen 17 und 18 Jahren waren.

In gut 20 Prozent der Fälle ging es darum, die Betroffenen über die Verfahren und die Ent-scheidung des öffentlichen Trägers aufzuklären. Wesentlich ist dabei, dass es sich um korrek-te Entscheidungen von Jugendämkorrek-tern handelt, die jedoch von den Betroffenen nicht akzep-tiert oder nachvollzogen werden. Die Hintergründe dafür können vielfältig sein, z.B.:

Den Betroffenen wurde das Verfahren und sein Ergebnis nicht ausreichend verständlich erklärt und begründet.

Die Betroffenen legen zur Absicherung ihrer Rechte Wert auf eine Prüfung der Entschei-dung durch eine unabhängige dritte Instanz.

Im Interesse der Betroffenen hat die außergerichtliche Vermittlung stets Vorrang. So erklärt sich auch, warum nur in 19 von 400 Fällen eine Hinwendung zum Gericht empfohlen wurde.

In der relativen Mehrheit der Fälle (40 Prozent) konnten die Betroffenen mit Hilfe des BRJ ihren Jugendhilfeanspruch beim öffentlichen Träger geltend machen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Mitarbeitenden in Ombuds- und Beschwerdestellen häufig als Vermittlerinnen oder Vermittler und bisweilen sogar als Mediatorinnen oder Mediatoren zwischen öffentlichem Träger und Betroffenen fungieren, die nicht blind partei-lich die Interessen der Betroffenen vertreten.

Möglicher Beitrag zum „Lernen aus Fehlern“

Bisher gibt es in den meisten Kommunen massive Vorbehalte gegenüber Ombuds- und Beschwerdestellen. Die Tätigkeit der Initiativen wird häufig als Angriff empfunden, als unbe-rechtigte Infragestellung oder gar als Bedrohung gedeutet.

Die fehlende Kooperation und der mangelnde Austausch über Einzelfälle hinaus sind sehr bedauerlich. Ombuds- und Beschwerdestellen können wertvolle Hinweise über Außenwahr-nehmung des öffentlichen Trägers und Hilfeprozessverläufe geben. Dabei geht es keineswegs darum, alle Beschwerden von Eltern, Kindern und Jugendlichen den Jugendämtern anzulas-ten. Dies wird alleine schon dadurch deutlich, dass beinahe ein Viertel der Fälle richtig beschieden wurden und die Aufgabe der Beschwerdestelle v.a. darin bestand, den Betroffenen die Entscheidung des Jugendamtes zu erläutern.

Auch nach Ende des Forums

„Aus Fehlern lernen – neue Wege der Qualitätsentwick-lung im Kinderschutz“ wurde noch angeregt diskutiert.

FORUM 6 AUS FEHLERN LERNEN – NEUE WEGE DER QUALITÄTSENTWICKLUNG IM KINDERSCHUTZ

2400 Fälle in 2009

DIE BOTSCHAFTEN

1. Sowohl Familien als auch die Kooperationspartnerinnen und -partner sollten über die Angebote und Leistungen, Aufgaben und Arbeitswei-sen des Jugendamtes ebenso wie über die Beschwerdemöglichkei-ten und -stellen informiert werden.

2. Die Jugendämter sollten aktiv auf Eltern, Kinder und Jugendliche zugehen und z.B. durch Fragebogenbefragungen einen Eindruck davon zu be -kommen, wie die Betroffenen die Arbeit des Jugendamtes einschätzen.

3. Ombuds- und Beschwerdestellen sollten zu einem festen Bestandteil der Infrastruktur in der Kinder- und Jugendhilfe werden. Vorausset-zung dafür wäre die Aufnahme von unabhängigen Ombuds- und Beschwerdestellen in die Regelfinanzierung.

4. Die Entwicklung einer Fehlerkultur im Kinderschutz muss weiter gefördert werden. Nur so kann es gelingen, dass kritische Situatio-nen frühzeitig offen angesprochen werden. Grundlage dafür ist eine Grundhaltung (auf allen Hierarchieebenen) von Anerkennung, Wert-schätzung, Offenheit aber auch Schutz, Rückhalt und Unterstützung.

5. Ein konstruktiver Umgang mit problematischen Fallverläufen im Hin-blick auf das Lernen aus Fehlern setzt voraus, dass die Fehlerfrage von der Schuldfrage getrennt wird.

6. Grundlage für die Analyse problematischer Fallverläufe sollte ein sys-temorientiertes Fehlerverständnis bilden.

7. Die leistungsorientierte Bezahlung kann sich kontraproduktiv auf die Entwicklung einer Fehlerkultur auswirken. Das Eingestehen von Schwä-chen, Unsicherheiten oder Fehlern könnte dadurch erschwert werden, dass die Fachkräfte befürchten, bei der Ausschüttung des leistungsori-entierten Gehaltsbestandteils nicht berücksichtigt zu werden.

8. Problematische Fallverläufe und tragische Kinderschutzfälle werden sich niemals gänzlich verhindern lassen. Bestandteil eines qualifizier-ten Risikomanagements in Institutionen der Jugendhilfe ist daher auch ein geregelter und kompetenter Umgang mit den Medien.

Referentinnen und Referenten:

Agnes MaliHochschule für Angewandte Wissenschaft Hamburg

Ingrid Schneider-RabeneickLandratsamt Rems-Murr-Kreis – Kreisjugendamt Prof. Dr. Gerhard SuessHochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg Moderation:

Julia Hartmannselbständige Moderatorin und Organisationsberaterin, Berlin

Dr. Heinz Kindler (Wissenschaftlicher Referent des DJI im NZFH) gab einleitend einen Überblick über die verschiedenen Begrifflichkeiten der Professionen im Zusammen-hang mit den Leitkonzepten „Beteiligung – Mitwirkung“.

Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe kann durch das gemeinsame For-mulieren von Zie-len und die gemeinsame Auswahl von Programmen und Hilfen zum Ausdruck kommen. Hier komme es häufig zu Enttäuschungen, da dies oft schwierig umzusetzen sei. Engagement bedeute auch Zuverlässigkeit. Engagement im Rahmen der Frühen Hilfen könnte auch bedeuten, dass sich ehemalige Klientinnen oder Klienten an Maßnahmen Früher Hilfen und an der Planung und Weiterentwicklung von Konzepten beteiligen. Bisher habe die Mitarbeit von ehemaligen Klienten im Rahmen von Gremien noch keine Bedeutung im Bereich der Frühen Hilfen.

DER ERSTE KONTAKT ZU FAMILIEN IST VON ZENTRALER BEDEUTUNG Dr. Kindler berichtete von Studien, die den Zusammenhang von Verhalten und innerer Betei-ligung untersuchen. Die Untersuchungen ergaben, dass es in Programmen stets eine Gruppe von Klientinnen und Klienten gibt, die formal Angebote mitmachen, aber nicht innerlich beteiligt sind. Eine weitere Gruppe ist innerlich beteiligt, aber z.B. unzuverlässig. Innere Betei-ligung kann sich bei-spielsweise dadurch ausdrücken, dass Klientinnen und Klienten von FORUM 7 MIT GEWINN BETEILIGT? –

PARTIZIPATION VON FAMILIEN IM FELD FRÜHER HILFEN

FORUM 7

MIT GEWINN BETEILIGT? – PARTIZIPATION

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