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ERKENNTNISSE AUS DEN MODELLPROJEKTEN – ÜBERGREIFEND UND ZUSAMMENGEFASST

Im Dokument DOKUMENTATION GEMEINSAM. (Seite 113-116)

AUSGANGSLAGE

Das Aktionsprogramm

In den letzten Jahren haben Todesfälle von Kindern in Folge von Miss-handlung und Vernachlässigung in Politik und Öffentlichkeit Bestürzung ausgelöst. Die Notwendigkeit eines effektiveren Kinderschutzes rückte ins Zentrum der öffentlichen und politischen Diskussion. 2006 wurde daraufhin vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und Soziale Frühwarnsysteme“ auf den Weg gebracht. Es zielt darauf ab, Strukturen zu entwickeln, um Risikosituationen frühzeitig zu erkennen und Erziehungskompetenzen hoch belasteter Eltern zu stärken.

Dass die Verbesserung des Kinderschutzes mit dem Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) durch präventive Strategien weiter vorangebracht werden soll, wird auch im Koalitionsvertrag 2009 hervorgehoben.

Die Modellprojekte

Um die an vielen Standorten bereits vorhandenen guten Ansätze Früher Hilfen weiterzuentwickeln, hat das BMFSFJ im Rahmen des Aktions-programms mit den Ländern zehn Modellprojekte ausgewählt, die in allen 16 Bundesländern verortet sind. Eine Finanzierung gemeinsam mit den beteiligten Ländern, Gebietskörperschaften und in einzelnen Fällen auch mit Verbänden, Stiftungen oder kirchlichen Einrichtungen soll die Ini tia tiven auf eine breitere Basis stellen. Alle Projekte bestehen aus zwei Komponenten: dem Praxisangebot Früher Hilfen und seiner wissen-schaft lichen Begleitung. Der Fokus des Bundes liegt

auf der Förderung der wissenschaftlichen Begleitung,

der Koordination des Austauschs,

der Bearbeitung projektübergreifender Fragestellungen und

der zusammenfassenden Kommunikation der Ergebnisse, Erfahrungen und Erkennt nisse.

Diese Aufgaben gegenüber den Modellprojekten werden vom NZFH wahrgenommen.

Ein gemeinsames Anliegen

Die Modellprojekte unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Praxis-angebote und Untersuchungsschwerpunkte, sondern auch hinsichtlich des Forschungsdesigns und der Stichprobenauswahl sehr stark vonein-ander. Dennoch haben sie ein gemeinsames Anliegen: Die Suche nach Erkenntnissen, Erfahrungen und Forschungsergebnissen zu den im Aktionsprogramm formulierten Qualitätsdimensionen Frühe Hilfen.

Erste Ergebnisse dazu werden in diesem Poster zusammenfassend und projektübergreifend dargestellt. Die Darstellung basiert auf den Ergebnissen einer explorativen Befragung der Modellprojekte durch das NZFH.

FRAGEN …

Im Aktionsprogramm wurden Anforderungen an Frühe Hilfen formuliert. Diese Anforderungen – auch als Qualitätsdimensionen bezeichnet – sind Strategien, um Familien in Belastungslagen bei der Bewältigung ihrer Alltags- und Erziehungs-aufgaben sinnvoll zu unterstützen und so einer späteren Kindeswohlgefährdung präventiv zu begegnen.

Aber wie können diese Qualitätsanforderungen in der Praxis Früher Hilfen erfolgreich umgesetzt werden? Hierzu gibt es erheblichen Forschungsbedarf:

Systematisch und umfassend Zugang zur Zielgruppe fi nden

Systematische Zugänge zu Familien sollen weiter ausgebaut werden, um Fami-lien frühzeitig Hilfeangebote unterbreiten zu können. Dabei müssen Effektivi-tät und Praxistauglichkeit unterschiedlicher Zugänge vergleichend untersucht werden, um Empfehlungen für die Praxis aussprechen zu können und die Er-reichbarkeit hoch belasteter Familien weiter zu verbessern.

Systematisch und objektiviert Risiken erkennen

In der Praxis des Gesundheitswesens und der Kinder- und Jugendhilfe sollen Hinweise auf psychosoziale Risikolagen für eine gesunde Entwicklung der Kinder frühzeitig erkannt werden, um rechtzeitig Hilfe anbieten zu können.

Der Einsatz von Instrumenten zur Erkennung und Einschätzung von Risiken bedarf einer wissenschaftlichen Begleitung, um Erkenntnisse zu Zweck und Praktikabilität zu erhalten.

Familien zur aktiven Teilnahme an Hilfen motivieren

Ansätze zur Aktivierung von Eltern in gravierenden Unterversorgungslagen müssen weiter vorangebracht werden, ebenso ihre Verbreitung in die Fläche.

Aber welche Strategien zur Motivierung von Familien erweisen sich in der Praxiserprobung als geeignet?

Hilfen an den Bedarf der Familie anpassen

Die Passgenauigkeit einer Hilfe ist ein entscheidendes Qualitätskriterium für ihren Erfolg. Es gibt noch wenig fundiertes Wissen zur Einschätzung verschie-dener Methoden der Feststellung spezifi scher Hilfebedarfe von Familien.

Monitoring des Verlaufs der Hilfeerbringung

Familien bei Bedarf langfristig zu begleiten, ist – insbesondere dann, wenn unterschiedliche Hilfen und Hilfeanbieter am Prozess beteiligt sind – eine besondere Herausforderung für die Praxis.

NZFH

ERKENNTNISSE AUS DEN MODELLPROJEKTEN –

ÜBERGREIFEND UND ZUSAMMENGEFASST

POSTER NZFH | ERKENNTNISSE AUS DEN MODELLPROJEKTEN – ÜBERGREIFEND UND ZUSAMMENGEFASST

Vernetzung und verbindliche Kooperation der Akteure

Durch die Disziplinen übergreifende Kooperation zwischen Akteuren im Bereich Früher Hilfen sollen sichere Übergänge zwischen den Systemen geschaffen werden. Es gibt einen hohen Forschungsbedarf hinsichtlich der Struktur und Effektivität verschiedener Kooperationsmodelle.

Verankerung der Frühen Hilfen im Regelsystem

Um langfristig wirken zu können, müssen die Frühen Hilfen den Status von Modellprojekten verlassen und im Regelsystem verankert werden. Aus den Erfahrungen der Modellprojekte werden Hinweise auf praktische Chancen und Barrieren erwartet.

Die Qualitätsanforderungen an die Frühen Hilfen sind eine Herausforderung für die wissenschaftliche Begleitung: Es gilt kritisch zu überprüfen, welche Entwick-lungen in der Praxis geeignet sind, die Anforderungen zu erfüllen. Und welche Schwierigkeiten müssen dabei bewältigt werden?

… UND WEGE ZU DEN ANTWORTEN

Mehrmals wurden die Projekte in der Förderphase vom NZFH um die Beant-wortung von Fragebögen gebeten. Diese Erhebungen ermöglichen eine zusam-menfassende Einschätzung der Erkenntnisse, Erfahrungen und Ergebnisse zu ausgewählten gemeinsamen Forschungsthemen. In der aktuellen Befragung vom Februar 2010 wurden die Modellprojekte gezielt nach Erkenntnissen entlang der Qualitätsdimensionen gefragt. Da die meisten Projekte noch nicht abgeschlossen sind, handelt es sich um erste Einschätzungen, die jedoch einen guten Einblick in die Situation erlauben. Alle zehn Modellprojekte haben den Fragebogen zurück-gesandt. Die Bögen wurden – je nach Zuständigkeit – zum Teil von der wissen-schaftlichen Begleitung, zum Teil von Mitarbeitenden des Praxisteams beantwor-tet. Die Auswertung erfolgte durch das NZFH.

AUSGEWÄHLTE ERGEBNISSE

Systematisch und umfassend Zugang zur Zielgruppe fi nden Die Modellprojekte arbeiten mit mehreren Akteuren des Gesundheitswesens und der Kinder- und Jugendhilfe sowie mit Leistungserbringern weiterer Hilfesysteme zusammen. Viele dieser Kooperationen zielen (auch) darauf ab, einen systemati-schen und umfassenden Zugang zur Zielgruppe zu fi nden. Dabei sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Die angebotenen Leistungen sollen potenziell allen jungen Eltern rund um die Geburt zugänglich sein.

Die Inanspruchnahme der Leistung soll in der Zielgruppe hoch akzeptiert sein und (auch) deshalb nicht als stigmatisierend erlebt werden.

Der Kontakt soll frühzeitig erfolgen, möglichst bereits während der Schwanger-schaft oder der Geburt des Kindes.

Aber wie funktionieren diese Kooperationen in der Praxis? Inwieweit eignen sich die verschiedenen Akteure – aus Sicht der Modellprojekte und vor dem Hinter-grund der Erfahrungen, die in der praktischen Arbeit gewonnen wurden – als Zu-gangswege zu hoch belasteten Familien?

Um zu ermitteln, welche Kooperationen im Kontext Früher Hilfen aus Sicht der Modellprojekte erfolgreich waren, wurden die Projektleitungen und Mitarbei-tenden um eine Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit potenziellen Kooperationspartnern anhand einer fünfstufi gen Skala gebeten (von 1 „sehr gut“

bis 5 „gar nicht gut“). In der Tabelle sind die Ergebnisse für einen Teil der insge-samt 20 Kooperationspartner dargestellt.

Die Ergebnisse zeigen, dass mit Blick auf die Zugänge zu hoch belasteten Familien die Qualität der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, den Hebammen und den Schwangerschaftsberatungsstellen als hoch bewertet wird. Noch nicht zufrieden-stellend ist insbesondere die Kooperationsqualität mit den niedergelassenen Ärz-tinnen und Ärzten.

Tabelle 1: Bewertung der Qualität der Zusammenarbeit hinsichtlich der Herstellung eines Zugangs zu hoch belasteten Familien

Ausgewählte Akteure / Institutionen Antwortkategorie 5-stufi g: sehr gut bis gar nicht gut

Jugendamt, ASD / BSA 1,9

Schwangerschaftsberatungsstellen 2,2

Hebammen 2,3

Niedergelassene Kinderärzte/Kinderärztinnen 3,4

Niedergelassene Gynäkologen/Gynäkologinnen 4,4

Basis: N = 10 Modellprojekte

Frage 6.1.2: Bitte bewerten Sie die Zusammenarbeit mit Blick auf die Zugänge für jeden Akteur / jede Institution – Allgemein: Qualität der Zusammenarbeit

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Die Länderkarte zeigt, in welchen Bundesländern die einzel-nen Modellprojekte – Praxis und wissenschaftliche Begleitung – verortet sind.

Baden-Württemberg| Rheinland-Pfalz| Bayern| Thüringen

Guter Start ins Kinderleben

Brandenburg

Wie Elternschaft gelingt (WIEGE – STEEP™)

Hamburg

Wie Elternschaft gelingt (WIEGE – STEEP™)

Nordrhein-Westfalen| Schleswig-Holstein

»Soziale Frühwarnsysteme in NRW« und »Schutzengel für Schleswig-Holstein«

Evaluation Früher Hilfen und Sozialer Frühwarnsysteme in NRW und Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Familienhebammen im Land Sachsen-Anhalt

FrühStart: Familienhebammen im Land Sachsen-Anhalt

Niedersachsen

Familienhebammen im Landkreis Osnabrück

Familienhebammen. Frühe Unterstützung – frühe Stärkung?

Hessen | Saarland

Keiner fällt durchs Netz (KFDN)

Frühe Interventionen für Familien (PFIFF)

Berlin

Netzwerk Kinderschutz als Soziales Frühwarnsystem in Berlin-Mitte

Evaluation und Coaching zum Sozialen Frühwarnsystem in Berlin-Mitte

Mecklenburg-Vorpommern

Chancen für Kinder psychisch kranker und/oder suchtbelasteter Eltern

Niedersachsen |Bremen |Sachsen

Pro Kind

LÄNDERKARTE

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