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DIE DISKUSSION

Im Dokument DOKUMENTATION GEMEINSAM. (Seite 74-79)

QUALIFIZIERUNG IM FELD FRÜHER HILFEN – BEDARF ERKANNT UND JETZT?

DIE DISKUSSION

Ausgangsbedingungen und Standards

Die GAIMH (German Association of Infant Mental Health) als erstrangige Gesellschaft für die frühe Kindheit hat bereits vor Jahren Standards für den Bereich der Begleitung, Beratung und Psychotherapie für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern entwickelt. Wie kann es gelingen, das NZFH als Plattform zu nutzen, um konzentriert diese Standards umzusetzen?

Das NZFH will zukünftig Aus- und Weiterbildungskonzepte sondieren und bewerten, jedoch kein eigenes Curriculum „Frühe Hilfen“ erstellen. Stattdessen sollen Standards für Multipli-katoren entwickelt werden. Eine bedeutende Hilfestellung stellt dabei der „Deutsche Qualifi-kationsrahmen“ dar.

Bezüglich einer Qualifikation hat beispielsweise das Deutsche Jugendinstitut bereits ein Tages-mütter-Curriculum entwickelt. Es wurde angeregt, wieder eine Trennung von Sozialarbeit und Sozialpädagogik einzuführen. Studierenden (z.B. der Sozialpädagogik) sollten bereits fundierte Kenntnisse über z.B. Entwicklungspsychologie, psychische Störungen und Kinder-schutz erhalten. Spezialisierungen im Studium sollten ermöglicht werden, damit früh mehr Fachkenntnis für den Bereich Frühe Hilfen erworben werden kann.

FORUM 8 QUALIFIZIERUNG IM FELD FRÜHER HILFEN – BEDARF ERKANNT UND JETZT?

Fachkräfte diskutieren an den Postern der Modellprojekte Früher Hilfen.

Herausforderungen

Die Kommunikation zwischen den Berufsgruppen ist nicht immer leicht. Konflikte müssen gemeinsam erkannt und bearbeitet werden. Dies gestaltet sich nicht immer einfach, denn der Bereich Frühe Hilfen ist nicht explizit umgrenzt und festgesetzte Qualitätsstandards bestehen nicht. Es bleibt daher in diesem Zusammenhang bedeutsam, weiter an einer klaren Definiti-on der Frühen Hilfen zu arbeiten. Der QualifikatiDefiniti-onsbedarf ist bei den einzelnen ProfessiDefiniti-onen teilweise noch unklar. Es braucht beispielsweise mehr Fachwissen in der Sozialgesetzgebung, der Einschätzung von Eltern-Kind-Interaktionen, zum Entwicklungsstand von Kindern oder zu Kindeswohlgefährdung. Ebenfalls ist Qualitätsmanagement einschließlich standardisierter Dokumentation wichtig. Beispielsweise durch gemeinsame interdisziplinäre Fallbesprechun-gen sollte dabei eine enge Anbindung an kommunale Strukturen gegeben sein.

Es braucht eine Erweiterung von Beratungskompetenzen und die Fähigkeit zur Reflexion und Kooperation. In die Qualifizierung müssen beispielsweise auch Kinderärztinnen und -ärzte, Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie Pädagoginnen und Pädagogen einbezogen werden.

Besonders im Bereich der Betreuung Frühgeborener existieren Lücken in der Unterstützung.

Die Beratung der Eltern muss dringend integriert werden. Wichtig ist auch die Bestandsauf-nahme und Evaluation von Weiterbildungen. Was können andere Disziplinen? Was braucht meine Disziplin mehr oder weniger? Welches Wissen zu Themen wie „problematische Fami-lien, psychische Erkrankungen, etc.“ wird vermittelt? Was sind diesbezüglich die Zielsetzun-gen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten?

Visionen

Bei der Entwicklung eines neuen Bundeskinderschutzgesetzes sollte der Bereich der Qualifi-kation verstärkt verankert und somit auch finanziert werden. Es gibt oft keine vertraglichen Vereinbarungen mit Krankenkassen. Der Öffentliche Gesundheitsdienst muss verstärkt als Ressource gesehen werden.

Wichtig ist auch eine nachhaltige Finanzierung von Supervision für die Fachkräfte. Die Frage für die Kommunen ist, wie unterschiedliche Professionen zusammen kommen und wie diese ohne Mehraufwand gemeinsam qualifiziert werden können. Es gibt sehr unterschiedliche Berufsprofile und Kompetenzen. Alle Professionen können ihren Beitrag im Bereich Frühe Hilfen leisten.

Die Botschaften

Es hat sich gezeigt, dass die Diskussion über Qualifikation im Bereich Frühe Hilfen komplex ist. Als Zusammenfassung der Ergebnisse wurden drei Botschaften formuliert.

1. Bestands- und Bedarfsaufnahme

In den Frühen Hilfen wurden bereits gute Qualitätsstandards entwickelt. Diese sollen in Zukunft verstärkt auch flächendeckend genutzt und gesetzlich verankert werden. Wie wird in der Fort- und Weiterbildung mit der Vielfalt umgegangen und wie kann Komplexität redu-ziert werden? Es muss sich intensiver am individuellen Bedarf der Eltern orientiert werden.

Mütter und Väter sollten stets in die Prozesse der Hilfen integriert werden. Jede Profession sollte sich die Frage stellen: Was funktioniert in meiner Disziplin gut und was nicht? Eine besondere Bedeutung kommt auch der fachlich transparenten Entwicklung von allgemein gültigen Standards und Abgrenzungen der verschiedenen Bereiche zu. Nur so kann anstatt einer rein additiven Bedarfszusammenführung eine stärkere Orientierung an gelingenden Faktoren erreicht werden.

2. Qualifizierung und Ausbildung

Die Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit von Bildungsgängen muss sichergestellt werden.

Stärkere Qualifizierung darf nicht dahin gehen, dass manche Professionen kein Arbeits- und Betätigungsfeld mehr bekommen und in Bildungssackgassen geraten. Die gewünschte Ent-wicklung sollte zu besseren Arbeitsmarktchancen führen. Ein besonderer Qualifizierungsbe-darf besteht generell im Umgang mit schwierigen Eltern, der Erweiterung der Interventions-möglichkeiten bei schwierigen Interaktionen zwischen Elternteil und Kind und dem Umgang mit dem Thema Kindeswohlgefährdung.

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3. Interdisziplinarität und Kooperation

Die Identifikation und Evaluation von Gelingensfaktoren in der interdisziplinären Zusam-menarbeit der Frühen Hilfen ist essentiell und sollte im neuen Bundeskinderschutzgesetz ver-ankert werden. Bedarfe sind vielgestaltig, daher ist Interdisziplinarität mit genauer Auftrags-klärung und einem kompetenzen- und arbeitsteiligen Verständnis wichtig. So kann die Komplexität von Fällen reduziert werden. Interdisziplinäre Zusammenarbeit sollte für alle Berufsgruppen gesetzlich verankert sein. Ein integrierter Bestandteil in der universitären Aus-bildung ist wünschenswert. Neben der formellen Fort- und WeiterAus-bildung sollte es zusätzlich auch informelle Fallkonferenzen in interdisziplinären Teams geben.

DIE BOTSCHAFTEN

Der Qualifikationsbedarf der unterschiedlichen Berufsgruppen sollte erhoben werden.

Fortbildungs- und Weiterbildungsangebote müssen evaluiert werden.

Die Qualifizierung von Fachkräften sollte im Bundeskinderschutzge-setz verankert und ihre Finanzierung gesichert sein.

Die Kommunikations- und Beratungskompetenz aller beteiligten Berufsgruppen ist optimierungsbedürftig.

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